Es ist Sonntag, der 24. November 2002. Millionen Österreicher wählen einen neuen Nationalrat – und verändern das Kräfteverhältnis der politischen Parteien grundlegend. Die rechtspopulistische FPÖ stürzt von 26,9% auf 10,0% der Stimmen ab. Ihr bisheriger und auch künftiger Koalitionspartner Österreichische Volkspartei (ÖVP) gewinnt 15,4 Prozentpunkte auf nun 42,3% hinzu. Die FPÖ, die in den letzten Jahrzehnten einen beispiellosen Aufstieg von einer 5%-Partei bis zur zweitstärksten Kraft erlebte, ist am Boden, was sich auch bei der Nationalratswahl 2006 nicht wesentlich ändern wird.
Knapp sechs Jahre später, Sonntag, der 28. September 2008. Wieder wird in Österreich ein neuer Nationalrat gewählt. Und wieder verändern sich die Kräfteverhältnisse der Parteien grundlegend. Die regierenden großen Parteien SPÖ und ÖVP verlieren dramatisch, sie büßen zusammen mehr als 14 Prozentpunkte ein. Beide Parteien erreichen das deutlich schlechteste Ergebnis seit dem zweiten Weltkrieg. Die SPÖ kommt nur noch auf 29,4 Prozent der Stimmen, die ÖVP erhält 25,8%. Die FPÖ gewinnt deutlich und erreicht 17,7%. Das 2005 von der FPÖ abgespaltene Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) gewinnt unter dem Spitzenkandidaten Jörg Haider 10,8%. Die beiden rechten Parteien sind damit zusammen stärker als je zuvor und kommen nur knapp hinter der SPÖ auf Platz zwei.
Wie konnte das passieren? Wie konnte eine rechtsextremistische Partei, die von 1999 bis 2006 sieben Jahre an der Regierung war, sich innerparteilich zerstritt, spaltete und dramatische Stimmverluste erlitt, innerhalb dieser kürzesten Zeit wieder so politisch stark werden? Wie konnte eine Partei und ihre Abspaltung binnen sechs Jahre von der fünftstärksten zur zweitstärksten Kraft werden, innerhalb zwei Jahre um fast 14 Prozentpunkte zulegen?
Im Folgenden soll versucht werden, eine Antwort auf diese Fragen zu geben. Um die tieferen Gründe für diese – europaweit einmaligen – dramatischen Veränderungen im österreichischen Parteiensystem zu verstehen, wird zunächst der Aufstieg und vermeintliche Fall der FPÖ unter Jörg Haider zwischen 1986 und 2008 skizziert. Anschließend wird das Ergebnis der Nationalratswahl 2008 genauer betrachtet. Daraufhin werden eine Reihe möglicher Gründe für das Wiedererstarken der rechten Parteien analysiert. Abschließend soll eine kurze Betrachtung der heutigen Situation sowie ein Resumée der politischen Entwicklung Österreichs die Arbeit abrunden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Aufstieg und vermeintlicher Fall des „dritten Lagers“
- Von der Wahl Jörg Haiders zum FPÖ-Chef 1986 bis zur Nationalratswahl 1999
- Die Regierungsbeteiligung der FPÖ und die Abspaltung des BZÖ's
- Die Nationalratswahl 2008: Starke Verluste für die Volksparteien, Gewinne für FPÖ und BZÖ - die Ergebnisse im Detail
- Gründe für das Wiedererstarken der rechten Parteien
- Tiefgreifender Wandel des Parteiensystems in Folge schwindender Basis der Konsensdemokratie
- Feste Etablierung der Parteien in Regionen
- Die Popularität Jörg Haiders
- Die klare inhaltliche Positionierung
- Die desaströse Politik der vorangegangenen Jahre
- Resumée
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Wiederaufstieg rechter Parteien in Österreich, insbesondere den Erfolg der FPÖ und des BZÖ bei der Nationalratswahl 2008. Sie analysiert die Entwicklung der FPÖ unter Jörg Haider, ihren vermeintlichen Fall und die überraschende Erholung. Die Arbeit zielt darauf ab, die Gründe für diesen bemerkenswerten politischen Wandel zu identifizieren und zu erklären.
- Der Aufstieg und Fall der FPÖ unter Jörg Haider
- Die Ergebnisse der Nationalratswahl 2008
- Faktoren, die zum Wiedererstarken rechter Parteien beitrugen
- Wandel des österreichischen Parteiensystems
- Die Rolle von Jörg Haider
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt den dramatischen Unterschied zwischen den Ergebnissen der Nationalratswahlen 2002 und 2008. Sie hebt den starken Einbruch der FPÖ 2002 und den ebenso starken Wiederaufstieg der rechten Parteien (FPÖ und BZÖ) 2008 hervor. Dieser Gegensatz bildet den Ausgangspunkt der Arbeit und stellt die zentrale Forschungsfrage nach den Ursachen dieses politischen Wandels.
Aufstieg und vermeintlicher Fall des „dritten Lagers“: Dieses Kapitel skizziert die Entwicklung der FPÖ von 1986 bis 2008. Es beschreibt den Aufstieg Jörg Haiders zum Parteivorsitzenden, seine strategische Ausrichtung auf rechte Wähler und Protestwähler, sowie seine medienwirksame Opposition gegen die große Koalition. Es beleuchtet auch den Einfluss von Haiders rhetorischen Strategien (z.B. die umstrittene Aussage über die "ideologische Missgeburt" Österreichs) und dessen Populismus auf den Erfolg der Partei. Die Regierungsbeteiligung der FPÖ und die anschließende Spaltung mit der Bildung des BZÖ werden als wichtige Zwischenereignisse dargestellt, welche aber den langfristigen Erfolg der rechtspopulistischen Kräfte nicht nachhaltig beeinträchtigten.
Die Nationalratswahl 2008: Starke Verluste für die Volksparteien, Gewinne für FPÖ und BZÖ - die Ergebnisse im Detail: Dieses Kapitel analysiert im Detail die Ergebnisse der Nationalratswahl 2008. Es zeigt die deutlichen Verluste der etablierten Parteien (SPÖ und ÖVP) und den erheblichen Stimmenzuwachs für die FPÖ und das BZÖ auf. Die Zahlen verdeutlichen den beispiellosen Erfolg der rechten Parteien und bilden die empirische Grundlage für die folgenden Kapitel, welche sich mit den Ursachen dieses Erfolgs befassen.
Gründe für das Wiedererstarken der rechten Parteien: Dieses Kapitel untersucht die Gründe für den Wiederaufstieg der rechten Parteien. Es analysiert den Wandel des Parteiensystems, die regionale Verankerung der Parteien, die Popularität Jörg Haiders, die klare Positionierung der FPÖ/BZÖ und die Unzufriedenheit mit der Politik der etablierten Parteien. Jeder dieser Punkte wird detailliert untersucht und mit entsprechenden Beispielen und Argumenten belegt, um ein umfassendes Bild der Ursachen zu liefern. Es wird darauf hingewiesen, dass diese Faktoren in einem komplexen Wechselspiel zusammenwirken und sich gegenseitig verstärken.
Schlüsselwörter
Österreich, Nationalratswahl, FPÖ, BZÖ, Jörg Haider, Rechtspopulismus, Parteiensystem, Wahlverhalten, Protestwähler, Konsensdemokratie, politische Entwicklung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Wiederaufstieg rechter Parteien in Österreich
Was ist das Thema dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert den Wiederaufstieg rechter Parteien in Österreich, speziell den Erfolg der FPÖ und des BZÖ bei der Nationalratswahl 2008. Sie untersucht den Aufstieg und vermeintlichen Fall der FPÖ unter Jörg Haider und die Gründe für deren überraschende Erholung.
Welche Aspekte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Aspekte: den Aufstieg und Fall der FPÖ unter Jörg Haider, die Ergebnisse der Nationalratswahl 2008, die Faktoren, die zum Wiedererstarken rechter Parteien beitrugen, den Wandel des österreichischen Parteiensystems und die Rolle von Jörg Haider.
Welche Zeiträume werden betrachtet?
Der Fokus liegt auf der Entwicklung der FPÖ von 1986 (Wahl Jörg Haiders zum FPÖ-Chef) bis zur Nationalratswahl 2008, mit besonderer Berücksichtigung der Regierungsbeteiligung der FPÖ und der Abspaltung des BZÖ.
Welche Methode wird angewendet?
Die Arbeit verwendet eine analytische Methode. Sie untersucht die Ergebnisse der Nationalratswahl 2008 im Detail und analysiert verschiedene Faktoren, die zum Wiedererstarken rechter Parteien beigetragen haben. Diese Faktoren werden detailliert untersucht und mit Beispielen belegt.
Welche Ergebnisse werden präsentiert?
Die Arbeit präsentiert eine detaillierte Analyse der Nationalratswahl 2008, die die starken Verluste der etablierten Parteien (SPÖ und ÖVP) und den erheblichen Stimmenzuwachs für FPÖ und BZÖ aufzeigt. Sie identifiziert und erklärt verschiedene Gründe für diesen bemerkenswerten politischen Wandel, einschließlich des Wandels im Parteiensystem, der regionalen Verankerung der Parteien, der Popularität Jörg Haiders, der klaren Positionierung der FPÖ/BZÖ und der Unzufriedenheit mit der Politik der etablierten Parteien.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Österreich, Nationalratswahl, FPÖ, BZÖ, Jörg Haider, Rechtspopulismus, Parteiensystem, Wahlverhalten, Protestwähler, Konsensdemokratie, politische Entwicklung.
Welche Kapitel beinhaltet die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Einleitung, Aufstieg und vermeintlicher Fall des „dritten Lagers“, Die Nationalratswahl 2008, Gründe für das Wiedererstarken der rechten Parteien und Resumée. Jedes Kapitel wird zusammengefasst und die wichtigsten Inhalte werden erläutert.
Welche zentrale Forschungsfrage wird gestellt?
Die zentrale Forschungsfrage ist: Was waren die Ursachen für den starken Wiederaufstieg rechter Parteien in Österreich, insbesondere der FPÖ und des BZÖ, bei der Nationalratswahl 2008, nach deren deutlichem Einbruch 2002?
Für wen ist diese Arbeit gedacht?
Diese Arbeit ist für akademische Zwecke gedacht und dient der Analyse politischer Entwicklungen in Österreich. Sie eignet sich für Wissenschaftler, Studenten und alle, die sich für österreichische Politik und den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien interessieren.
- Quote paper
- Peter Seybold (Author), 2010, Die österreichische Nationalratswahl 2008 und ihre Vorgeschichte: Wie konnte es zum Wiederaufstieg der rechten Parteien in Österreich kommen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151561