Das Schädelhirntrauma und der neurologische Rehabilitationsprozess

Langzeitrehabilitation (Phase F), neuropsychologische Defizite und deren Auswirkung. Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung


Bachelorarbeit, 2007

113 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


1. Einleitung

In einer industrialisierten Nation wie der Bundesrepublik Deutschland stellt das Schädel-Hirn-Trauma schweren Grades die Haupttodesursache bei Menschen unter 40 Jahren dar, während die hohe Letalität von 35 bis 40% bei schwer Schädel-Hirn-Verletzten vor allem auf die Entwicklung von sekundären Hirnschäden im posttraumatischen Verlauf zurückzuführen ist.[1] Von jährlich etwa 300.000 Menschen mit Hirnverletzungen erleiden 100.000 Patienten mittelschwere und schwere Traumen.[2] Neben der Todesfolge, welche nach einer einjährigen Studie in den Modellregionen Hannover und Münster in 0,97 % aller SHT-Patienten[3] noch während der Rehabilitation eintritt, kommt es infolge schwerer Hirn-Verletzungen bei bis zu 45.000 Patienten zu langanhaltenden oder andauernden Schäden.[4]

Tabelle1.1: Verstorbene im Rahmen der Versorgung (n= 6783)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Rickels/ von Wild/ Wenzlaff/ Bock: Schädel-Hirn-Verletzung – Epidemiologie und Versorgung, 2006, S. 87

Im Hintergrund dieser Traumata stehen meist Schicksalsschläge, die junge und gesunde Menschen ihrem sozialen Umfeld entreißen und aufstrebenden beruflichen Werdegängen ein abruptes Ende setzen. Das Resultat sind neben einem „lang andauernden Leidensweg für den Einzelnen und seine Familie (...) auch permanente soziale Folgekosten durch Leistungs- und Erwerbsminderungen, Arbeitsausfälle oder Dauerpflege.“[5] Obgleich die medizinische Versorgung von Schädel-Hirn-Traumatisierten in Deutschland bereits einen fortgeschrittenen Standard erreicht hat, entstehen fortwährend Diskussionen über die Notwendigkeit unaufhörlicher Verbesserungen der Rehabilitationsprozesse und entsprechender Netzwerkstrukturen. Auf dem „zukunftsorientierte[n] Weg, die akutmedizinische Behandlung sowie die nahtlos anschließende Rehabilitation im Sinne eines integrativen Gesamtkonzepts mehr und mehr zu realisieren[, werden] neben Notfallversorgung, Intensivmedizin, Diagnostik, operative und medikamentöse Behandlungsmethoden verbessert sowie die therapeutischen Möglichkeiten durch Frührehabilitation, Neuropsychologie, Musik- und Kunsttherapie erweitert. Gleichzeitig entwickelten sich (...) spezialisierte Angebote zur Kurz- und Langzeitpflege.“[6] Auch die gesetzliche Unfallversicherung nimmt an Überlegungen zur Versorgungsoptimierung teil und baut somit auf ihrem gesetzlichen Auftrag gemäß § 26 Abs. 2 SGB VII auf, „mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern“.

Im Nachfolgenden soll dargestellt werden, welche medizinischen Anforderungen ein umfassendes Heilverfahren nach Schädel-Hirn-Verletzungen stellt und unter Anwendung welcher Möglichkeiten die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung versuchen, den neurologischen Rehabilitationsprozess möglichst optimal zu gestalten. Schwerpunkt der Arbeit bildet dabei die Betrachtung von Schwerstverletzten sowie dauerhaft verbleibende neurologische und neuropsychologische Defiziten mit der Folge der Langzeitrehabilitation. Leichte und mittelschwere Traumata mit anschließender beruflicher und sozialer Rehabilitation sowie das Phänomen der Restitutio ad integrum[7] finden hingegen keine Beachtung. Es sollen zunächst auf Grundlage der verschiedenen Verletzungsmuster die möglichen Gesundheits- und Folgeschäden sowie die Ausgestaltungsformen der Symptomatik erläutert werden, während anschließend das Versorgungssystem bei Schädel-Hirn-Verletzungen beschrieben wird. Zudem wird ein Überblick über die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung geboten.

2. Die Arten der Schädel-Hirn-Verletzungen

Der Begriff der Schädel-Hirn-Verletzungen umfasst als diagnostischer Oberbegriff alle bei einer Krafteinwirkung möglichen Schäden des Gehirns und seiner Hüllen. So können sich auf den Kopf treffende mechanische Kräfte sowohl am äußeren Weichteilmantel, am knöchernen Gerüst des Gesichts- und Hirnschädels, als auch am Schädelinnenraum (Hirnhaut, Hirngefäße, Hirnsubstanz) auswirken. „Das Spektrum reicht von der Gehirnerschütterung über innere Blutungen bis hin zur offenen Fraktur mit Austritt von Hirnsubstanz.“[8] Die historische Annahme, Schädelbrüche seien die Todesursache bei Kopfverletzten, verlor bereits Ende des 19. Jahrhunderts an Bedeutung. So stellte Helferich[9] 1897 folgendes fest: „Während man früher glaubte, Schädelbasisfrakturen seien absolut tödliche Verletzungen, ist es jetzt durch klinische Beobachtung und durch Sektionen bewiesen, daß Schädelbasisbrüche wohl heilen können, wenn nicht durch allzu grobe Gewalt schwere Läsionen des Hirns und der großen Nervenstämme oder Hämatome innerhalb der Schädelkapsel zum Tode führen.“[10]

2.1 Schädelfrakturen

Frakturen der einzelnen Schädelknochen müssen nicht zwingend mit Hirnschädigungen einhergehen. Abhängig von der Lokalisation und der Ausprägung der Fraktur kann die Hirnsubstanz unverletzt bleiben. Jedoch können durch Impressionsfrakturen die unter Kalottenniveau verlagerten Knochenfragmente eine Druckschädigung des Gehirns verursachen. Kommt es durch eine Fraktur zu einer traumatisch entstandenen Verbindung zwischen dem Gehirn und der Außenwelt, so liegt eine offene Schädelhirnverletzung vor, welche als entscheidendes Kriterium die traumatische Eröffnung der Dura[11] aufweist und automatisch eine schwere Schädel-Hirnverletzung darstellt.[12] Der gesamte Schädel besteht aus 18 Einzelknochen. Der das Gehirn umschließende Hirnschädel (Neurocranium) setzt sich aus dem Schädeldach und der Schädelbasis zusammen. Der Gesichtsschädel (Viscerocranium) schließt sich dem Hirnschädel an und bildet die knöcherne Basis für Augen, Nase und Mund.[13]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: http://www.diss.fu-berlin.de/2006/478/2_Schaedelanatomie.pdf

2.1.1 Frakturen der Schädelkalotte

Die Schädelkalotte (das Schädeldach) setzt sich zusammen aus dem Os frontale und temporale, dem Os parietale, dem Os occipitale, dem Os ethmoidale und Teilen der großen Flügel des Os sphenoidale. Häufige Formen dieser Schädelfrakturen sind Impressionsfrakturen bei Krafteinwirkung auf eine Aufschlagfläche von weniger als 8 cm2. Bei größerer Aufschlagfläche kommt es hingegen eher zu Kompressionsfrakturen.[14]

2.1.2 Schädelbasisfrakturen

Die Schädelbasis bildet den unteren Teil des Neurocraniums und umfasst Übergänge zur Halswirbelsäule, zum Nasen-Rachenraum und Gesichtsschädel. Die Schädelbasisfrakturen sind klinisch geprägt durch Brillenhämatome, retroaurikuläre Hämatome sowie Blut- und Liquorausfluss aus Nase, Mund und Ohr.[15] Eine typische Erscheinung sind die fronto-basalen Frakturen mit Beteiligung des Stirn- und Siebbeins sowie der vorderen Schädelbasis.

2.1.3 Frakturen der Gesichtsschädelknochen

Zu den Gesichtsschädelknochen zählen jene Knochen, welche die Augen- und Nasenhöhlen sowie die Mundhöhe bilden und somit das Gesicht formen. Dies sind im Einzelnen: Maxilla, Os palatinum, Os zygomaticum, Os lacrimale, Os nasale, Concha nasalis inferior, Vomer, Mandibula und das Os hyoideum.[16]

2.2. gedeckte Schädel-Hirn-Verletzungen

Bei auftretenden gedeckten Schädel-Hirn-Verletzungen wird das Gehirn in Mitleidenschaft gezogen, während jedoch die Hirnhaut unversehrt bleibt.

Abbildung 2: Aufbau des Gehirns

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: http://www.neuro24.de/glossarm.htm

„Inwieweit das Gehirn von der Verletzung mitbetroffen ist, lässt sich nicht durch den äußeren Anschein erkennen. (...) Verläßlicher ist hingegen die Beurteilung der Bewusstseinslage. (...) Das Gehirn als Organ ist so empfindlich, daß es bei einer Gewalteinwirkung als erste Fehlfunktion mit einem Bewußtseinsverlust reagiert.“[17] Die meisten Verletzungsmechanismen führen aber „zu einer Reduktion der Sauerstoffversorgung und damit zur Schädigung der sehr vulnerablen zerebralen Zellstrukturen.“[18]

2.2.1 Gehirnerschütterung

Die Gehirnerschütterung ist eine reversible Hirnfunktionsschädigung, wobei nachweislich keine morphologisch fassbaren Veränderungen des Gehirns vorliegen. Es kommt zu einer mechanischen Irritation der Großhirnrinde, was als Schädel-Hirn-Trauma I. Grades klassifiziert wird. Die Commotio Cerebri äußert sich durch kurzzeitige Bewusstlosigkeit, anterograde sowie retrograde Amnesie und vegetative Beschwerden wie Erbrechen und Kopfschmerzen. Diese Symptome klingen jedoch nach kurzer Zeit restlos ab.[19]

2.2.2 Hirnsubstanzschädigung

Bei der Contusio Cerebri, welche als Schädel-Hirn-Trauma II. und III. Grades bezeichnet wird, kommt es zu einer nachweislichen morphologischen Schädigung des Gehirns, welche sich als Prellungsherd darstellt. Neben den Prellungs- oder Kontusionsherden können auch ausgedehnte und multilokuläre – die sogenannten diffusen - Hirnschäden entstehen. Abhängig von der Lokalisation der Hirnsubstanzschädigung kommt es häufig zu neurologischen Ausfällen, welche als Herdsymptome bezeichnet werden. Zudem sind intrakranielle Drucksteigerungen sowie Hirnödeme als sekundäre Hirnschädigung typische Folgen.[20] Aufgrund der Irreversibilität einer Zellschädigung im Zentral-Nervensystem ist die ursächliche Behandlung dieser primären Hirnschädigung nicht möglich. Ziel ist es daher immer, eine sekundäre Schädigung zu verhindern.[21]

2.2.3 Intrakranielle Drucksteigerung

Eine durch Druck verursachte Schädigung des Gehirns – die Compressio Cerebri – kann auf Hirnödemen oder auf Hirnblutungen basieren. Ein erhöhter intrakranieller Druck zeichnet sich durch zunehmende motorische Unruhe, Verschlechterung der Bewusstseinslage, Veränderung des Atmungsmusters, Störungen der Pupillenreaktionen sowie Bradykardie aus. Durch die Zunahme der Hirnmasse oder der Blut- und Liquormenge kommt es zu Hirnschwellungen und Abszessen.

2.2.3.1 Intrazerebrale Hämatome

Intrazerebrale Hämatome (Abb. 3), welche überall im Gehirn in unterschiedlichem Ausmaß vorkommen können, werden durch das Zerreißen von Gefäßen im Hirninneren infolge regionaler massiver Gewalteinwirkung verursacht und sind einhergehend mit Gewebszerstörungen in den entsprechenden Bereichen. Sie haben oft Halbseitensymptome wie Hemiparesen zur Folge. Auch Erbrechen, Pupillenerweiterung sowie Atem- und Bewusstseinsstörungen sind häufige Symptome.

2.2.3.2 Subdurale Hämatome

Subdurale Hämatome werden vorwiegend durch Blutungen aus Rindenprellherden mit Verletzung kortikaler Gefäße, durch Ein- oder Abrisse der Brückenvenen zwischen Hirn und harter Hirnhaut oder durch Verletzungen venöser Gefäße verursacht. Die flächenhaften Blutungen sind zwischen Gehirnoberfläche und Dura mater lokalisiert (Abb. 4) und verursachen nach Ausschöpfung der zerebralen Reserveräume eine Verschiebung des Gehirns zur Gegenseite. Häufig gehen subdurale Hämatome mit deutlich reduziertem Glasgow-Koma-Skala-Wert[22] einher.

2.2.3.3 Epidurale Hämatome

Epidurale Hämatome befinden sich zwischen der Dura mater und dem knöchernen Schädeldach (Abb. 5) und sind meist an der Stelle der Krafteinwirkung am stärksten ausgeprägt. Häufige Ursache dieser Hämatomform ist das Zerreißen der Arteria meningea media, der mittleren Hirnhautschlagader. Obwohl diese Blutung bereits mit dem traumatischen Ereignis oder unmittelbar danach einsetzt, treten klinische Symptome erst später auf. Aufgrund der anhaltenden Blutung kommt es nach einer primären Bewusstlosigkeit häufig zu einer sekundären Bewusstlosigkeit infolge des symptomfreien Intervalls. Dieses neurotraumatologische Krankheitsbild ist keine primäre Verletzung, da erst sekundär das Gehirn bei raumfordernden Blutungen durch Druckwirkung geschädigt wird.[23] Das Epiduralhämatom ist daher nur sekundär kritisch, während sonst eine folgenlose Heilung möglich ist.

2.2.3.4 Subarachnoidale Hämatome

Der Subarachnoidalraum befindet sich zwischen Arachnoidea mater und weicher Hirnhaut - der Pia mater (Abb. 6), welche die Blutgefäße für das Hirn führt. Einblutungen in diesen Bereich werden durch Risse von Arterien und Venen verursacht und haben selten raumfordernde Prozesse zur Folge. Grund ist die bei unversehrten Arachnoidea mater erfolgende Blutverteilung über die Hirnwasserräume.[24]

Abbildung 3: Abbildung 4:

Intrazerebrale Blutung rechts Subduralhämatom rechts

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Quelle:

http://www.idr.med.uni-erlangen.de/TNT- http://www.rad-pb.de/sammlung/

Radiology/chirurgie/Cct/cct7.htm kopf/subdurales_haematom

Abbildung 5: Abbildung 6:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Quelle:

http://www.idr.med.uni-erlangen.de/TNT- http://www.idr.med.uni erlangen.de/TNT-

Radiology/chirurgie/Cct/cct2.htm Radiology/chirurgie/Cct/cct3.htm

3. Die klinische Symptomatik des Schädel-Hirn-Traumas

„Hirnverletzungen können zu teils vorübergehenden, teils bleibenden Störungen im Form körperlicher, geistiger oder seelischer Beeinträchtigung führen. Betroffen sind also nicht nur motorische Fähigkeiten und physiologische Funktionen, sondern auch höhere Hirnleistungen wie Sprache, Wahrnehmung, Reaktionsverhalten, Gedächtnis, Konzentration und Aufmerksamkeit. (...) Eine Systematisierung der Krankheitsbilder ist auf Grund ihrer Heterogenität kaum möglich.“[25] Die Symptomausprägung nach Hirn-Traumatisierungen ist abhängig von der Ausprägung der Hirnschädigung. Einerseits können auftretende Symptome nach Gehirnerschütterungen nach wenigen Tagen wieder vollständig abklingen, schwere Schädigungen der Hirnsubstanz aber können dauerhaft bestehende neurologische Herdsymptome und neuropsychologische Störungen zur Folge haben. Neben der Schädigungsschwere sind zudem die Lokalisation der Verletzung und die damit verbundene Beeinträchtigung konkreter Hirnfunktionszentren maßgeblich für die Art der auftretenden Störungsbilder.

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Quelle: http://www.neurolabor.de/script4-Planung/script.htm

3.1 Psychopathologische Funktionsstörungen

Im Rahmen eines psychopathologischen Syndroms sind vorwiegend die Orientierung, das Gedächtnis sowie die Vigilanz des Verletzten beeinträchtigt. Angaben zu Ort, Zeit, Situation und zur eigenen Person sind nicht möglich, während retrograde oder anterograde Amnesien auftreten können. Mit zunehmender Vigilanzstörung nehmen zuerst Reaktionen auf optische, dann auf akustische und zuletzt auf Schmerzreize ab. „Im Bundesgebiet sind jährlich aufs Neue etwa 40.000 Menschen ein bis zwei Wochen im Koma, 20.000 Menschen drei bis vier Wochen und etwa 3.000 Patienten ein halbes Jahr und länger komatös.“[26]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Pschyrembel

Neben diesen Bewusstseinsstörungen stellt das sogenannte Durchgangssyndrom als akute organische Psychose eine reversible posttraumatische Funktionspsychose dar, welche mit Orientierungs-, Gedächtnis-, Antriebs- und Affektivitätsstörungen sowie paranoid-halluzinatorischen Erscheinungen verbunden ist.[27] Bei dem chronischen organischen Psychosyndrom handelt es sich hingegen um eine irreversible Veränderung von Charakter und kognitiven Funktionen aufgrund von strukturellen pathologisch-anatomischen Veränderungen des Gehirns. Häufig treten Wesensänderungen hinsichtlich des Antriebes, der Kritikfähigkeit, des Affektes und der Kommunikationsfähigkeit auf, während höhere Hirnleistungen wie Lern- und Merkfähigkeit, Gedächtnis- und Konzentrationsleistung sowie die Integrations- und Einstellfähigkeit auf neue Situationen eingeschränkt sind.[28] Im Rahmen eines eventuell auftretenden apallischen Syndroms[29] kommt es zu einer im Anschluss an ein Koma auftretenden Bewusstseinsstörung, bei welcher der Betroffene wach ist. Bei geöffneten Augen weist der Patient jedoch keine Spontan- und Reaktivbewegungen auf, Blickfixierung oder Spontanäußerungen hingegen erfolgen. Im Stadium des apallischen Syndroms ist der Patient demnach „infolge eines Funktionsausfalls des Hirnmantels zu zielgerichteter Aufmerksamkeit, zur Reizbeantwortung, zum Erkennen von Gegenständen und Personen oder zu zielgerichteten Bewegungen nicht mehr fähig“.[30] Die Wahrnehmungsfähigkeit kann jedoch nicht nachweisbar in Frage gestellt werden. Pathophysiologisch ist das apallische Syndrom mit dem Hirnfunktionsniveau eines Neugeborenen und seinen primitiven motorischen Reaktionen für die Nahrungsaufnahme vergleichbar.[31]

3.2 Neurologische Ausfälle

Neurologische Ausfälle können verschiedenste Ausprägungen annehmen. Neben Störungen der Motorik und der Sensibilität sind Pupillenreaktionsstörungen sowie Störungen des Reflexstatus und des Muskeltonus mögliche Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas. Je nach Ausmaß der entsprechenden Herdsymptome entstehen hemianoptische oder dysphasische Störungen und fokale motorische Ausfälle. Zu häufigen Dauerfolgen auf neurologischem Gebiet zählen unter anderem Anosmie, Ageusie, Hemiparesen, Spastiken und traumatische Epilepsie.

3.3 Vegetative Funktionsstörungen

Das vegetative Syndrom ist geprägt durch Schwindel, Übelkeit und Erbrechen, Kreislaufinstabilität und orthostatische Dysregulation sowie Störungen der Wärmeregulation. Abhängig von der Schwere der vorangegangenen Schädel-Hirn-Verletzung treten Herzrhythmusstörungen in Form von Tachy- oder Bradykardie sowie Hypo- oder Hypertonie auf.[32] Auch Störungen der Blasen- und Darmkontrolle sind möglich.

4. Die ganzheitliche Versorgung von SHT-Patienten

„Im Gegensatz zu anderen Indikationsgebieten der Rehabilitation kommt der neurologischen Rehabilitation wegen der grundlegenden Bedeutung des Gehirns für das menschliche Dasein eine besondere Bedeutung und Aufgabe zu. Hinsichtlich ihrer Konzepte und Inhalte und hinsichtlich ihrer Umsetzung in die rehabilitative Praxis wird die neurologische Rehabilitation weitgehend durch die Komplexität der Funktionen unseres Gehirns und deren Störungen bestimmt.“[33] Die neurologische Rehabilitation unterliegt dabei – wie auch neurochirurgische, neuropsychologische und andere medizinische Fachgebiete – dem Einfluss der Evidenzbasierten Medizin. Die EbM ist der „gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten. Die Praxis der EbM bedeutet Integration individueller klinischer Expertise mit der bestmöglichen externen Evidenz aus systematischer Forschung“.[34]

Das bedeutsamste Phänomen im Zusammenhang mit Schädel-Hirn-Verletzungen ist die Tatsache, dass isolierte Schädel-Hirn-Traumata eine Seltenheit darstellen. Hingegen ist die Kombination mit anderen Mehrfachverletzungen eine typische Erscheinung. So erleidet bis zu 70 % von polytraumatisierten Patienten ein Schädel-Hirn-Trauma, während sie im Vergleich zu Patienten ohne Kopfverletzung von einer dreimal höheren Mortalität betroffen sind.[35] Dies führte dazu, dass zur Beurteilung der Schwere von Polytraumen ein Klassifikationssystem[36] entwickelt wurde, welches die Schwere von Schädel-Hirn-Traumen in die Bewertung integriert. Basierend auf dieser Tatsache gestaltet sich die medizinische Versorgung schwer Schädel-Hirn-Verletzter äußerst komplex und erfordert eine interdisziplinäre Kooperation in Verbindung mit einer individuellen therapeutischen Maßnahmengestaltung[37]. Die „erfolgreiche Rehabilitation (...) setzt (...) ein Höchstmaß an persönlichem Einsatz des Behandlungsteams voraus, das den Patienten als Individuum annehmen und die Therapie individuell, d.h. nach der Anlage und der primären Persönlichkeitsstruktur des Patienten, durchführen muss.“[38] Dabei ist im Hinblick auf die Behandlung des SHT zu beachten, „dass das Ausmaß der Hirngewebsverletzung nicht nur durch das primäre Trauma selbst, sondern auch durch den sich in den folgenden Tagen manifestierenden sekundären Hirnschaden determiniert wird.“[39] Um jedoch eine umfassende und ganzheitliche Versorgung zu gewährleisten, erfolgt die Behandlung von SHT-Patienten entsprechend eines gestuften Versorgungsverfahrens, in welchem die Patienten verschiedene Phasen der Rehabilitation durchlaufen. „Entscheidend für einen optimalen Heilungsprozess ist ein stufenweise an den jeweiligen individuellen Leistungsfähigkeiten des Patienten ausgerichtetes Behandlungskonzept.“[40] Rahmenbedingungen erwachsen im Hinblick auf die therapeutische Versorgung von Schädel-Hirnpatienten auf der Grundlage gesundheitspolitischer Diskussionen, welche schnittstellenlose Behandlungskonzepte fordern. So weisen „integrative Konzepte in Zeiten zunehmender Ressourcenknappheit (...) aus Sicht der Prozeßqualität eine höhere Effizienz [auf und sind] auch einer ökonomischen Beurteilung besser zugänglich (...). Konzepte können heutzutage nur dann in Konkurrenz zu anderen gesundheitspolitischen Anliegen zum Zuge kommen, wenn eindeutig demonstriert werden kann, daß die Verwendung von Ressourcen in die entsprechende Richtung im Vergleich zu einer anderweitigen Verwendung ethisch notwendig, sinnvoll und vorteilhaft ist.“[41]

4.1 Das Phasenkonzept der neurologischen Rehabilitation

Das Phasenkonzept in der neurologischen Rehabilitation als kontinuierlich durchgeführte Rehabilitationskette wurde von der Arbeitsgruppe Neurologische Rehabilitation des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger erarbeitet. Abhängig von der Verletzungsausprägung gelangen Patienten von der Akutbehandlung über die verschiedenen Phasen in das Krankheitsstadium, in dem die Einleitung adäquater Reha-Maßnahmen möglich ist.[42] Die Ein- und Ausgangskriterien der Phasen A bis F orientieren sich demnach am medizinischen Zustand des Patienten. Für bewusstlose oder schwer bewusstseinsgetrübte Patienten steht vorerst das Ziel im Vordergrund, sie ins bewusste Leben zurückzuholen.[43]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Quester/ Nentwig/ Schmitt: Phasenkonzept der neurologisch-neurochirurgischen Rehabilitation in: Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 54

„In allen Bereichen der Rehabilitation geht es darum, das frühere Wissen, welches abrufbar vorhanden aber durch den Unfall verschüttet ist, durch die spezielle zielgerichtete und intensive Förderung wieder aufzubauen.“[44] Dabei bedeutet der Grundsatz der frühzeitigen Einleitung von geeigneten Rehabilitationsmaßnahmen, dass die Rehabilitation als Behandlungsauftrag bereits während der Akutbehandlung einsetzen muss, da verspätete rehabilitative Bemühungen zu verschlechterten Heilungschancen und verzögerten Rehabilitationsprozessen führen können. Eine sukzessive Steigerung der Anforderungen an den Patienten im Rahmen des Stufenkonzepts wird dem Anspruch auf einen frühstmöglichen Übergang von der Akutversorgung in die Rehabilitation gerecht und begründet den Gedanken der Frührehabilitation.[45] Die Frührehabilitation[46] bezieht sich dabei auf ein „Bündel von Maßnahmen, deren Ziel darin besteht, den Genesungsprozeß zu unterstützen, Spätschäden bzw. dauerhafte Behinderungen zu vermeiden oder zu mindern, das Hirnleistungspotential zu reaktivieren und somit eine spätere Rehabilitation und Reintegration vorzubereiten“.[47] In der nachstehenden Betrachtung der Rehabilitationsphasen wird der Schwerpunkt auf die medizinisch-neurologischen Rehabilitation sowie die aktivierende und zustandserhaltende Pflege gelegt. Somit stehen neben der Phase F die Phasen A bis C im Vordergrund.

4.1.1 Phase A – Akutbehandlung

Im Mittelpunkt der Akutbehandlung steht die Aufgabe der Wiederherstellung der Vitalfunktionen, während die Primäreinlieferung in ein geeignetes Krankenhaus mit entsprechenden Voraussetzungen für die Erstversorgung[48] gegeben sein muss. Atmungs- sowie Kreislaufstörungen gilt es zu verhindern, damit diese nicht über einen resultierenden Sauerstoffmangel zu Sekundärschäden des Gehirns führen. Um also Hypoxämien zu vermeiden, ist die Indikation zur Intubation großzügig zu stellen.[49] Mit dem Auftreten einer Hypoxämie ist bei 15 bis 20 % der Schädel-Hirn-Verletzten zu rechnen, Hypotonien treten hingegen bei 10 bis 15 % derart verletzter Patienten auf.[50] Die kontrollierte Beatmung gehört insoweit zu den grundlegenden Maßnahmen zu Stabilisierung der Vitalfunktionen und ist gleichzeitig Kriterium für den Übergang in die nachfolgende Rehabilitationsphase B. Eine Hypoxämie beeinflusst sekundär die Dauer eines eventuellen Komas sowie die Beatmungszeiten des Patienten.[51] Schließlich ist die Dauer der Bewusstlosigkeit ein Kriterium für die Heilungschancen, „[j]e länger sie dauert, um so schwieriger und langwieriger ist die Rehabilitation.“[52] Mit der Schwere der Bewusstseinsstörung nimmt das Risiko für Komplikationen zu, während der Sauerstoffmangel im Gehirn dazu führt, dass neben den verletzten Hirnarealen sonst unversehrte Hirnpartien zusätzlich geschädigt werden.[53] Einschließlich der Intensivpflege umfasst die Akutbehandlung die Therapie kranieller Verletzungen, welche häufig einer operativen Versorgung bedürfen.[54] Zur Diagnostizierung solcher intrakraniellen Verletzungen erfolgt im Anschluss an eine ausreichende Stabilisierung der Kreislaufverhältnisse eine kraniale Computertomographie[55], um die Verletzungsmuster genau identifizieren und entsprechend therapeutische Maßnahmen einleiten zu können. Eine engmaschige Überwachung des intrakraniellen Drucks stellt eine weitere Aufgabe der Primärversorgung dar, um möglichst rechtzeitig mit therapeutischen Maßnahmen auf Befundverschlechterungen reagieren zu können. Die Notwendigkeit dieses Neuromonitorings basiert auf der Tatsache, dass ein Anstieg des intrakraniellen Drucks (ICP) eine Hauptursache für die Entwicklung von sekundären Hirnschäden darstellt. Demnach ist der ICP eine wichtige Größe für die Behandlung von SHT-Patienten. Im Zusammenspiel mit dem mittleren arteriellen Blutdruck (MAP) bildet der ICP den zerebralen Perfusionsdruck (CPP). Eine Aufrechterhaltung eines adäquaten Perfusionsdruckes von 65-75 mmHg sowie die Normalisierung eines erhöhten ICP auf Werte unter 25 mmHg ist Hauptbestandteil der intensivmedizinischen Behandlung.[56] Unmittelbar nach der Kreislaufstabilisierung besteht bei Koma-Patienten die Möglichkeit, bereits während der kontrollierten Beatmung im Rahmen der Frührehabilitation Stimulationen[57] der unterschiedlichen Sinnesreize einzusetzen, um diese Maßnahmen dann in der Phase B fortzusetzen. Ziel dieser Bemühungen ist es, die durch Hirnschädigungen gestörten Regelkreise zu stabilisieren und frühzeitig eine Kommunikationsebene zum Verletzten aufzubauen, um das Aufwachen aus dem Koma zu beschleunigen und den Heilungsprozess zu verbessern.[58] Jedoch sollte die zeitliche Begrenzung der sensorischen Stimulation beachtet werden, „damit die Häufigkeit und die Intensität der Exposition die eingeschränkten Verarbeitungsmöglichkeiten des verletzten Gehirns nicht überfordert.“[59]

4.1.1.1 Therapien zur intrazerebralen Entlastung

Bei auftretenden großen raumfordernden Kontusionsblutungen sowie Epidural- und Subduralhämatomen muss eine operative Entlastung der Hirnstrukturen durch eine Trepanation und eine anschließende Ausräumung der Hämatome durchgeführt werden. Die Therapie ausschließlich lokal raumforderner intrakranieller Hämatome oder Hirnödeme kann auf dem konservativen Weg erfolgen. Die Implantation einer Hirndrucksonde gewährleistet zuverlässige Messergebnisse des intrakraniellen Drucks, während implantierte Drainagen dem adäquaten Liquorabfluss und somit der intrakraniellen Drucksenkung dienen. Die konservative Therapie des erhöhten intrakraniellen Druckes sollte nach den von der American Association of Neurological Surgeons aufgestellten Richtlinien[60] erfolgen.[61]

4.1.1.2 Institutionelle Anforderungen

Aufgrund der häufig in Verbindung mit Schädel-Hirn-Verletzungen auftretenden Mehrfachverletzungen im unfallchirurgischen Bereich findet eine stationäre Aufnahme meist in einer chirurgischen Unfallabteilung statt. Gerade das Vorhandensein von Hirnschädigungen stellt jedoch hohe personelle, apparative und instrumentelle Ansprüche an die erstaufnehmenden Kliniken. Damit die erstaufnehmende Klinik sämtliche Verletzungen erfolgreich behandeln kann, sind bereits die Notfallversorgung am Unfallort und eine rasche Zuweisung in eine geeignete Klinik von großer Bedeutung. In der Notfallbehandlung vertiefte Schäden können im weiteren Verlauf meist nicht mehr behoben werden.[62] Neben der lebenserhaltenden Erstversorgung muss die diagnostische Abklärung der Schädel-Hirn-Verletzungen im behandelnden Klinikum sichergestellt werden können. Elementar sind des Weiteren eine konsiliarische Betreuung des Verletzten auf neurochirurgischem Gebiet sowie eine sachgerechte neurologische Zustandsbeurteilung. Hinzu tritt der parallele Einsatz frührehabilitativer Maßnahmen, welcher nur durch entsprechende personelle Kapazitäten in Form von Ärzten, Pflegepersonen, Krankengymnasten und Ergotherapeuten gewährleistet werden kann. Obgleich im Rahmen der neurochirurgischen Akutbehandlung diagnostischen und therapeutischen Anforderungen gerecht zu werden ist, ist die Versorgung sowohl in eigenständigen neurochirurgischen Kliniken als auch in integrierten Fachabteilungen möglich. Eine genügende Anzahl neurochirurgisch-neurotraumatologisch betreuter Betten sowie Intensivbehandlungs- und Intensivüberwachungsbetten muss in jedem Fall zur Verfügung stehen.[63]

4.1.2 Phase B – postakute Behandlung

Die postakute Behandlung einschließlich der Frührehabilitation schließt sich an, sobald die vitale Bedrohung behoben, die operationsbedürftigen Komplikationen beseitigt und die Vitalfunktionen stabilisiert wurden, aber intensivmedizinische Behandlungsmöglichkeiten weiterhin vorgehalten werden müssen. Unmittelbar im Anschluss an die Phase A sind frührehabilitative Maßnahmen wie aktivierende Pflege und Krankengymnastik in die postakute Behandlung zu integrieren, um eine frühzeitig beginnende, interdisziplinäre und frührehabilitative Therapie zu ermöglichen.[64]

Die Ziele dieser neurologischen Frührehabilitationsphase sind neben der weiterführenden Vermeidung sekundärer Schäden die Minderung des Schädigungsausmaßes des zentralen und peripheren Nervensystems, die beginnende Mobilisierung sowie die Besserung des Bewusstseinszustandes und die Herstellung einer Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit. Darüber hinaus muss das Rehabilitationspotential geklärt und die weitere Versorgung geplant und eingeleitet werden.[65] Auch findet bereits im Rahmen der Phase B die Integration von Angehörigen in das frührehabilitative Behandlungskonzept statt, was eine umfangreiche Beratung erforderlich macht.[66]

4.1.2.1 Eingangskriterien

Um in die Behandlungsphase B übergehen zu können, muss bei dem Patienten ein Krankheitszustand erreicht sein, der eine Entlassung aus der neurochirurgischen Akutversorgung zulässt. Jedoch müssen gleichzeitig Beschwerdekomplexe vorliegen, die eine Rehabilitation nach Phase B überhaupt notwendig machen. So sind Patienten der Phase B dadurch geprägt, dass ein bewusstloser bzw. schwer bewusstseinsgestörter Zustand bis hin zum apallischen Syndrom mit schweren Hirnschädigungen vorherrscht. Häufig bestehen zudem neurologische Ausfallerscheinungen, z. B. motorische Lähmungen, traumatische Epilepsie oder spastische Tonuserhöhungen. Es liegt in hohem Maße Hilflosigkeit vor. In speziellen Fällen ist mitunter auch ein Übergang von Phase A zu Phase C oder Phase D möglich, soweit bereits ein fortgeschrittener Heilungsstand eingetreten ist. Im Einzelnen müssen folgende Kriterien für die Einleitung der postakuten Phase B erfüllt sein:

- eine abgeschlossene primäre Akutversorgung
- aktuell keine operative Intervention - neurochirurgisch, allgemein-/unfallchirurgisch oder orthopädisch - erforderlich
- keine Sepsis, keine floride Osteomyelitis
- stabile intrakranielle Druckverhältnisse
- stabile Herzkreislauf- und Atmungsfunktionen im Liegen
- nicht mehr (kontrolliert) beatmungspflichtig
- nicht zur kooperativen Mitarbeit fähig
- vollständig von pflegerischer Hilfe abhängig
- in der Regel Sondenernährung erforderlich
- in der Regel können Ausscheidungsfunktionen nicht kontrolliert werden
- unter Umständen erhebliche Selbst- und/oder Fremdgefährung bei Dyskontrollsyndrom, Verwirrtheitszuständen oder anderen schweren psychischen Störungen
- Begleiterkrankungen dürfen die Mobilisierung nicht verhindern[67]

Intermittierende maschinelle Atemtherapien, zentrale Venenkatheter, Tracheostoma und Cystofix sind hingegen keine Ausschlusskriterien. „Da in einigen Fällen in der frühen Phase B noch vegetative Entgleisungen, Infektionen oder andere Komplikationen auftreten können, die eine unmittelbar einsetzende erneute Akutbehandlung der Phase A erforderlich machen, ist in diesem Stadium der Rehabilitation noch keine Weiterverlegung in eine andere Einrichtung möglich.“[68] Hingegen stellen die Teilmobilisation des Patienten, die vegetative Stabilität, das Vorhandensein von Kommunikations- und Integrationsmöglichkeit, verbesserte kognitive Funktionen, oder die Kleingruppenfähigkeit Kriterien zur Beendigung der Frührehabilitation der Phase B dar. Insofern entsprechen diese Ausgangskriterien den Eingangskriterien der Phase C. Im weiteren Verlauf der Phase B, in der mögliche Komplikationen weitgehend ausgeschlossen werden können, ist die Verlegung der Patienten in entsprechende Kliniken zur Frührehabilitation möglich.

4.1.2.2 Behandlungsaufgaben

Zur Erzielung eines möglichst optimalen Therapieergebnisses ist die zeitliche Intensität der durchgeführten Behandlungen von großer Bedeutung. Neben der täglichen Intensivpflege und -überwachung ist eine vier- bis sechsstündige aktivierende Pflege angezeigt. Darüber hinaus müssen täglich mehrstündige Funktionstherapien – möglichst durch mehrere Therapeuten gleichzeitig – erfolgen. Der regelmäßige Behandlungszeitraum innerhalb der Phase B beläuft sich auf ca. sechs Monate, bevor der Übergang in weiterführende Rehabilitationsphasen angezeigt ist. Bei ungestörtem Therapieverlauf ist die Beendigung der Phase B angezeigt, wenn nach einem Zeitraum von acht Wochen kein funktioneller Zugewinn feststellbar ist. Insofern kann in schweren Fällen der Hirnschädigung bereits zum Zeitpunkt der Beendigung der Phase B die zustandserhaltende Langzeitpflege der Phase F eingeleitet werden.[69] Hinsichtlich der Art der Frührehabilitation werden kurativmedizinische und rehabilitationsbezogene Aufgaben unterschieden

[...]


[1] vgl. http://www.medizin.fu-berlin.de/trauma/ertel/site.php?object=52&resid=30&restype=2

[2] vgl. Quester: Reha vor Pflege – Schädel Hirn-Verletzungen in: Rettungsdienst, 2000, S. 25

[3] vgl. Rickels/ von Wild/ Wenzlaff/ Bock: Schädel-Hirn-Verletzung - Epidemiologie und Versorgung, 2006, S. 93

[4] vgl. Kohl: Rehabilitation und Kunsttherapie in: Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 15

[5] Rickels/ von Wild/ Wenzlaff/ Bock: Schädel-Hirn-Verletzung – Epidemiologie und Versorgung, 2006, S. 9

[6] Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 12

[7] Restitutio ad integrum - vollständige Ausheilung einer Krankheit oder Verletzung, die den unversehrten Zustand des Körpers wieder herstellt

[8] MAGS-NRW: Hilfen zur Versorgung Schädel-Hirnverletzter - Gutachten zur Akut- und Rehabilitationsversorgung, 1991, S. 3

[9] Professor Dr. med. Heinrich Helferich (1851-1945), Chirurg

[10] Lechleuthner: Akutsituation und Versorgung am Unfallort bei Schädel-Hirnverletzungen in: Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 22

[11] siehe Anhang 1: Schematische Darstellung der Gehirnhäute

[12] vgl. Trentz/ Bühren: Checkliste Traumatologie, 2001, S. 125

[13] vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin: Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 2003, S. 258-259

[14] vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin: Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 2003, S. 260

[15] vgl. Trentz/ Bühren: Checkliste Traumatologie, 2001, S. 124

[16] vgl. http://www.medizinstudent.de/upload/nov2001/Kopf%20Hals%20kompakt.doc

[17] Lechleuthner: Akutsituation und Versorgung am Unfallort bei Schädel-Hirnverletzungen in: Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 23

[18] Pfenninger: Neue experimentelle und klinische Ergebnisse zur Frühphase des Schädel-Hirn-Traumas in: Notfall-Medizin, 1988, S. 918

[19] vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin: Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 2003, S. 262

[20] vgl. Trentz/ Bühren: Checkliste Traumatologie, 2001, S. 124-125

[21] vgl. Quester: Reha vor Pflege – Schädel Hirn-Verletzungen in: Rettungsdienst, 2000, S. 25

[22] siehe Anhang 2: Glasgow-Coma-Scale

[23] vgl. Schürer: Schädel-Hirn-Trauma: Umgehende Diagnostik und Therapie notwendig in: Notfall-Medizin in der täglichen Praxis, 2000, S. 103-104

[24] vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin: Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 2003, S. 265-266

[25] MAGS-NRW: Hilfen zur Versorgung Schädel-Hirnverletzter - Gutachten zur Akut- und Rehabilitationsversorgung, 1991, S. 4

[26] Nentwig: Schädel-Hirnpatienten immer noch in Not in: Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 16

[27] vgl. Trentz/ Bühren: Checkliste Traumatologie, 2001, S. 122

[28] vgl. Quester: Reha vor Pflege – Schädel Hirn-Verletzungen in: Rettungsdienst, 2000, S. 26

[29] siehe Anhang 3: Entwicklungsverlauf des apallischen Syndroms

[30] MAGS-NRW: Hilfen zur Versorgung Schädel-Hirnverletzter - Gutachten zur Akut- und Rehabilitationsversorgung, 1991, S. 5

[31] vgl. Gerstenbrand: Das apallische Syndrom (AS) in: Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 133

[32] vgl. Trentz/ Bühren: Checkliste Traumatologie, 2001, S. 122, 131

[33] Schönle/ Leyhe: Ambulante neurologische Rehabilitation – Konzept, Praxis, Outcome, 2000, S. 11

[34] Hildebrandt/ Müller/ Schwendemann: Evidenzbasierte neuropsychologische Therapie in: Dettmers/ Weiller: Update Neurologische Rehabilitation, 2005, S. 16

[35] vgl. Lehmann et al.: Funktionelles, neuropsychologisches und soziales Outcome polytraumatisierter Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma in: Der Unfallchirurg, 1997, S. 552

[36] siehe Anhang 4: Hannoverscher Polytrauma-Schlüssel

[37] Siehe Anhang 5: Auswirkungen und Therapieregime nach Hirnschädigung

[38] Klug: Wege zum Licht in: Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 18-19

[39] Schürer: Schädel-Hirn-Trauma: Umgehende Diagnostik und Therapie notwendig in: Notfall-Medizin in der täglichen Praxis, 2000, S. 103

[40] Quester: Reha vor Pflege – Schädel Hirn-Verletzungen in: Rettungsdienst, 2000, S. 26

[41] Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 13

[42] siehe Anhang 6: Flussdiagramm „Behandlungs- und Reha-Phasen in der Neurologie“

[43] vgl. BMBF/ Deutsche Rentenversicherung: Forschung in der Rehabilitation, o. J., S. B6

[44] Interview: Rehabilitation nach schweren Schädel-Hirn-Verletzungen in: Bau BG aktuell, 2000, S. 27

[45] vgl. BAR: Empfehlungen zur Neurologischen Rehabilitation von Patienten mit schwersten Hirnschädigungen in den Phasen B und C, 1999, S. 4

[46] siehe Anhang 7: Arten der frührehabilitativen Maßnahmen

[47] MAGS-NRW: Hilfen zur Versorgung Schädel-Hirnverletzter - Gutachten zur Akut- und Rehabilitationsversorgung, 1991, S. 5

[48] siehe Anhang 8: Empfehlungen der DGNC zu Voraussetzungen der Erstversorgung

[49] vgl. Schürer: Schädel-Hirn-Trauma: Umgehende Diagnostik und Therapie notwendig in: Notfall-Medizin in der täglichen Praxis, 2000, S. 103

[50] vgl. Empfehlungen der DGNC und der DGAI, sowie der DIVI zur Primärversorgung von Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma in: Der Notarzt, 1997, S. 45

[51] vgl. Lehmann et al.: Funktionelles, neuropsychologisches und soziales Outcome polytraumatisierter Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma in: Der Unfallchirurg, 1997, S. 559

[52] Interview: Rehabilitation nach schweren Schädel-Hirn-Verletzungen in: Bau BG aktuell, 2000, S. 27

[53] vgl. Lechleuthner: Akutsituation und Versorgung am Unfallort bei Schädel-Hirnverletzungen in: Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 27-28

[54] vgl. HVBG: Zur Rehabilitation Schwer-Schädel-Hirn-Verletzter, 1996, S. 14

[55] siehe Anhang 9: CT-Einstufung in Anlehnung an die TCDB

[56] vgl. Schürer: Schädel-Hirn-Trauma: Umgehende Diagnostik und Therapie notwendig in: Notfall-Medizin in der täglichen Praxis, 2000, S. 105-106

[57] siehe Anhang 10: Arten der Stimulation

[58] vgl. Quester: Reha vor Pflege – Schädel Hirn-Verletzungen in: Rettungsdienst, 2000, S. 26

[59] Lippert-Grüner: Frühstimulation nach Schädel-Hirn-Trauma in: Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 157

[60] siehe Anhang 11: Richtlinien der AANS zur konservativen Behandlung des erhöhten intrazerebralen Druckes

[61] vgl. Haas/ Wolf/ Bartels/ Meier: Schwere Schädel-Hirn-Traumen nach Arbeits- und Freizeitunfällen in: Trauma und Berufskrankheit, 2001, S. 33

[62] vgl. Lechleuthner: Akutsituation und Versorgung am Unfallort bei Schädel-Hirnverletzungen in: Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 29

[63] vgl. HVBG: Zur Rehabilitation Schwer-Schädel-Hirn-Verletzter, 1996, S. 13-14

[64] vgl. Quester/ Nentwig/ Schmitt: Phasenkonzept der neurologisch-neurochirurgischen Rehabilitation in: Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 55

[65] vgl. BAR: Empfehlungen zur Neurologischen Rehabilitation von Patienten mit schwersten Hirnschädigungen in den Phasen B und C, 1999, S. 10

[66] vgl. Schönle: Integrierte neurologische Rehabilitation ist umsetzbar in: Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 107

[67] vgl. BAR: Empfehlungen zur Neurologischen Rehabilitation von Patienten mit schwersten Hirnschädigungen in den Phasen B und C, 1999, S. 9

[68] Neugebauer/ Quester/ Lefering: Schwere Schädel-Hirnverletzungen – Was kommt danach? in: Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 34

[69] vgl. Quester/ Nentwig/ Schmitt: Phasenkonzept der neurologisch-neurochirurgischen Rehabilitation in: Quester/ Schmitt/ Lippert-Grüner: Stufen zum Licht- Hoffnungen für Schädel-Hirnpatienten, 1999, S. 56

Ende der Leseprobe aus 113 Seiten

Details

Titel
Das Schädelhirntrauma und der neurologische Rehabilitationsprozess
Untertitel
Langzeitrehabilitation (Phase F), neuropsychologische Defizite und deren Auswirkung. Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung
Hochschule
Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg in Hennef
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
113
Katalognummer
V151557
ISBN (eBook)
9783640636600
ISBN (Buch)
9783640636891
Dateigröße
3598 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schädelhirntrauma, neurologische Rehabilitation, neuropsychologische Defizite
Arbeit zitieren
Joeline Gromeier (Autor:in), 2007, Das Schädelhirntrauma und der neurologische Rehabilitationsprozess, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151557

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