Unter der Herrschaft des Kaisers Septimius Severus erreichte das Imperium Romanum zwischen 193 und 211 n. Chr. seine größte politische und territoriale Ausdehnung. Etwa 250 Jahre später, das Imperium war mittlerweile in einen west- und einen oströmischen Teil zerbrochen, war dieses Reich, von dem seine Bewohner während seiner Blütezeit glaubten, es wäre ewig, mit der Absetzung des letzten weströmischen Kaisers Romulus Augustulus zugrunde gegangen. Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit den politischen und militärischen Ereignissen, die sich in diesem Zeitraum im Grenzgebiet zwischen den römischen Provinzen Ober- unter Untergermanien und dem freien Germanien ereigneten. Seit dem Bestehen dieser Provinzgrenzen sahen sich die Römer dort mit einem Gegner konfrontiert, der sich in der Folgezeit zu einer stetig wachsenden Bedrohung des gesamten Reiches entwickelte: den Germanen.1
Im Glauben an seine kulturelle und militärische Überlegenheit unterschätzte Rom diese Gefahr in ihrer Tragweite zunächst. Der zwischen dem 2. und 5. Jahrhundert trotz germanischer Bedrohung wiederholt praktizierte Abzug römischer Truppen vom Limes an die Ostgrenze, gibt einen Hinweis auf diesen Umstand. Mit wiederkehrender Regelmäßigkeit nahmen die aus Beute- und Landgewinnungstrieb motivierten Übergriffe der Germanen und der Druck auf die Grenze der römischen Provinzen vom 2. bis zum 5. Jahrhundert zu. Perioden der Verteidigung wechselten im römischen Lager mit Abschnitten der Ruhe, des Wiederaufbaus des Limes und militärischen Gegenangriffen. Während die Germanen, die zumeist als einzelne Stammesverbände angriffen, zum 5. Jahrhundert hin immer deutlicher das agierende Moment gewannen, wurde das römische Heer spätestens seit dem 3. Jahrhundert immer stärker in eine passive Rolle gedrängt. Sichtbares Zeichen dieser Entwicklung war in Obergermanien die Rücknahme der Grenzlinie auf den Fluß, die sich in römischen Hochzeiten bis weit in das rechtsrheinische freie Germanien erstreckte. Mit zunehmender militärischer Schwächung verlegten sich die römischen Kaiser insbesondere im 4. und 5. Jahrhundert auch darauf, die Grenze diplomatisch durch Tributzahlungen und Föderatenverträge mit germanischen Stämmen abzusichern. Die vorliegende Arbeit soll die grundsätzlichen Linien römischer Germanienpolitik zwischen dem 2. und 5. Jahrhundert herausarbeiten. Der Aufbau der Arbeit orientiert sich chronologisch an den Regierungszeiten der für diese Entwicklung bedeutenden römischen Kaiser. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Quellenlage
- Eine Zeit tiefen Friedens: das Römische Germanien im 2. Jahrhundert n. Chr.
- Von Septimius Severus zu Diokletian: das Jahrhundert der Krise
- Das erste Auftauchen germanischer Stämme am Limes um 213 n. Chr.
- Von der germanischen Offensive 254 n. Chr. bis zum endgültigen Durchbruch auf römisches Gebiet 259 n. Chr.
- Die mangelnde Reichsstabilität und ihre Folgen: die Gründung des Gallischen und Palmyrenischen Sonderreiches
- Die Klimax der Germaneneinfälle im 3. Jahrhundert n. Chr. und der Bagaudenaufstand
- Das Dominat unter Diokletian und der Übergang zum 4. Jahrhundert n. Chr.
- Konstantin schafft eine militärische Atempause für das Reich
- Julian: der Restitutor alter Verhältnisse
- Valentinian I.: der letzte machtvolle weströmische Kaiser am Rhein
- Letzte römische Abwehrversuche gegen die Germanen
- Der endgültige Niedergang des römischen Westreiches im 5. Jahrhundert n. Chr.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die politisch-militärischen Ereignisse im Grenzgebiet zwischen den römischen Provinzen Ober- und Untergermanien und dem freien Germanien zwischen dem 2. und 5. Jahrhundert n. Chr. Sie konzentriert sich auf die Entwicklungen, die zur schrittweisen Schwächung des Römischen Reiches an dieser Grenze führten und den letztendlichen Niedergang des Westreichs im 5. Jahrhundert n. Chr. einleiteten.
- Die Herausforderungen des Römischen Reiches durch germanische Stämme am Limes
- Die Bedeutung der militärischen und politischen Maßnahmen der römischen Kaiser im Umgang mit der germanischen Bedrohung
- Die Folgen der germanischen Invasionen für die römische Grenzpolitik und die Stabilität des Reiches
- Die Rolle der politischen und wirtschaftlichen Krisen innerhalb des Römischen Reiches im Kontext der germanischen Invasionen
- Die Auswirkungen der Ereignisse am Rhein auf die Reichsinnenpolitik, insbesondere die Entstehung des Gallischen Sonderreiches und der Bagaudenaufstand
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt den Zeitraum und die geografische Lage der Untersuchung sowie die Forschungsfrage dar.
- Kapitel II beleuchtet die Quellenlage, die vor allem auf archäologische Funde, insbesondere Münzen, und die schriftlichen Quellen aus römischer Sicht basiert.
- Kapitel III beschreibt die Zeit des relativen Friedens im 2. Jahrhundert n. Chr. unter der Herrschaft von Kaiser Septimius Severus.
- Kapitel IV analysiert die Krise des 3. Jahrhunderts, geprägt von den zunehmenden germanischen Angriffen. Es wird die Entwicklung von der ersten germanischen Bedrohung des Limes um 213 n. Chr. über die Offensive von 254 n. Chr. bis zum endgültigen Durchbruch auf römisches Gebiet 259 n. Chr. dargestellt. Außerdem werden die Folgen der Reichsinstabilität, die zur Gründung des Gallischen und Palmyrenischen Sonderreiches führten, beleuchtet.
- Kapitel V beschreibt die Situation im 4. Jahrhundert unter der Herrschaft des Kaisers Diokletian.
- Kapitel VI beleuchtet die militärischen Erfolge des Kaisers Konstantin, die dem Reich eine Atempause verschafften.
- Kapitel VII betrachtet die Regierungszeit des Kaisers Julian, der versuchte, die früheren Verhältnisse wiederherzustellen.
- Kapitel VIII fokussiert auf die Herrschaft des Kaisers Valentinian I., der letzte machtvolle weströmische Kaiser am Rhein.
- Kapitel IX behandelt die letzten Abwehrversuche der Römer gegen die Germanen.
Schlüsselwörter
Römisches Germanien, Limes, Germanen, Militärgeschichte, Grenzpolitik, Reichskrise, Gallisches Sonderreich, Bagaudenaufstand, Münzfunde, Archäologie, Geschichte des Römischen Reiches, 2. bis 5. Jahrhundert n. Chr.
- Quote paper
- Kristian Seewald (Author), 2000, Das römische Germanien - die politischen und militärischen Ereignisse vom 2. bis zum 5. Jahrhundert n. Chr. , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15114