Was ist Ironie?
Ironie ist eine interessante Erscheinung und schwer zu „greifen“. Der Autor hat Ironie anhand von alltäglichen Konversationen analysiert. Dabei kommt er zum Schluss, dass Ironie nur als ein rhetorisches Stilmittel begriffen werden sollte. Die Fixierung auf das Motiv (der intendierten Sanktionierung) ist seiner Meinung nach nicht zulässig. Eine kostenlose und lustige Einführung in das Thema Ironie. Viel Spaß damit.
Ironie in der alltäglichen Konversation - Matthias Schopf
„ Ironie ist das Körnchen Salz,
durch welches das Aufgetischte erst genie ß bar wird. “
(Thomas Mann)
Ironie in der alltäglichen Konversation.
Seit langem beschäftigten sich unterschiedliche Wissenschaftsbereiche mit der Ironie. Ironie ist bereits seit der griechischen Antike ein heiß diskutiertes Thema. In der Antike wurde das Wort „Ironie“ ambivalent benutzt1. Einerseits war es ein Synonym für unmoralisches Verhalten, wie Betrug oder Heuchelei. Andererseits wurde mit Ironie ein rhetorisches Stilmittel beschrieben, mit dem man aus ehrenhaften Motiven, wie Stil und Takt, etwas elegant andeutet; im Volksmund gibt es die Redewendung „durch die Blume sagen“.
Die Bedeutung des Begriffs Ironie hat sich zwar gewandelt, aber das Motiv des Verspottens und Heuchelns hat sich bis heute gehalten. So wird häufig die negative Wirkung von Ironie (z.B. Tadel durch Verspotten) mit der Ironie gleichgesetzt. Ironie, so schreiben die Autoren Wolff und Müller in ihrer Publikation „Ironie als Instrument der Wahrheit“, sei nach einer typischen Lexikon Definition „hinter Ernst versteckter Spott, mit dem man das Gegenteil von dem ausdrückt, was man meint, seine Meinung aber durchblicken lässt“2.
Diese Definition erweist sich meiner Meinung nach als zu eng, denn sie ist neben der Fixierung auf das Motiv (Spott), nur auf den häufigsten Fall von rhetorischer Ironie anwendbar, andere Fälle von Ironie werden nicht berücksichtig. Ironie als Stilmittel in der Rhetorik und Stilistik umfasst ein sehr weites Spektrum von Motiven, diese reichen von Spott und Hohn über Selbstironie bis hin zum Lob.
Nehmen wir als Beispiel die Selbstironie. Selbstironie, auch wenn sie sich stilistisch nicht von der Ironie unterscheidet, hat nicht primär das Ziel der Selbstverspottung oder verhöhnung, sondern soll einen gegenteiligen Effekt auf den Ironisierten haben. Selbstironie ist Ausdruck von Souveränität, die sich in Selbstreflexion und Thematisierung der eigenen Schwächen ausdrückt. Man mildert die eigenen Schwächen durch eine humoristische Betrachtung ab. Ein Beispiel für
Ironie in der alltäglichen Konversation - Matthias Schopf
Selbstironie: Die Personen F. und E. sind ein langjähriges Pärchen. Person M. ist Single und sucht eine Freundin.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Person M. äußert sich ironisch über die Angewohnheit von Person E. sich zu kleiden „das findet sie bestimmt toll“. Person F. kritisiert daraufhin die Menschenkenntnis von Person M. mit Ironie „Ach, M. jetzt wo Du E. so gut kennst“. Person F. führt die ironische Bemerkung weiter aus und bezieht sich nochmals verstärkt auf die Menschenkenntnis und den Beziehungsstatus von Person
M. indem er seine Partnerin E. als potentielle Freundin vorschlägt „steht total auf dich (…) will was von dir“. Person M. nimmt daraufhin das Motiv der potenziellen Beziehung auf und kontert mit Selbstironie indem er behauptet bei Frauen besonders stark gefragt zu sein, „da muss Sie sich aber ganz hinten in der Schlage anstellen“. Durch das Eingehen auf seinen Beziehungsstatus als Single hat M. seinen Beziehungsstatus thematisiert, jedoch auf eine humorvolle und selbstkritische Weise.
Menschen betonen gern das Positive und mildern das Negative etwas ab. Daher wird Ironie oft als Mittel der negativen Sanktionierung benutzt. Wenn Menschen eine anderen loben, machen sie das offensichtlich, eine Abmilderung ist selten, kann aber durchaus vorkommen. Hier ein Beispiel aus der Universität:
Ein Beispiel für Lob durch Ironie: Eine sehr gute Studentin die fast immer in ihren Prüfungen und Hausarbeiten die Note 1,0 bekommt, wird nach einer Prüfung von einem Kommilitonen nach ihrer Note gefragt:
II) Beispiel: Lob durch Ironie
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie die beiden Beispiele zeigen, ist die moralische Intention des Akteurs, die sich unter anderem in Ironie ausdrücken mag, für eine Analyse der rhetorischen Ironie unbedeutend.
[...]
1 Ich beziehe mich auf die Worte Eiron und Eironeia, die hier unter dem Begriff der Ironie zusammengefasst werden.
2 vgl. Müller, Hermann/ Wolff, Stephan; (1995): Ironie als Instrument der „Wahrheitsfindung“. In: Zeitschrift für Soziologie 24/6. S451 464
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in „Ironie in der alltäglichen Konversation“ von Matthias Schopf?
Der Text beschäftigt sich mit dem Begriff Ironie, angefangen von seiner historischen Bedeutung in der griechischen Antike bis hin zu seiner Anwendung in der alltäglichen Konversation. Er hinterfragt gängige Definitionen von Ironie, insbesondere die Fixierung auf Spott, und beleuchtet auch andere Formen wie Selbstironie und ironisches Lob.
Was ist das ursprüngliche Verständnis von Ironie in der Antike?
In der griechischen Antike hatte "Ironie" (Eiron und Eironeia) eine ambivalente Bedeutung. Einerseits wurde es mit unmoralischem Verhalten wie Betrug und Heuchelei assoziiert, andererseits als rhetorisches Stilmittel verwendet, um etwas auf elegante Weise anzudeuten.
Warum hält der Autor die typische Lexikondefinition von Ironie für zu eng?
Weil diese Definition sich auf den Spott konzentriert und nur den Fall rhetorischer Ironie berücksichtigt, während andere Formen wie Selbstironie oder ironisches Lob außer Acht gelassen werden.
Was ist Selbstironie und welchen Zweck verfolgt sie?
Selbstironie ist eine Form der Ironie, die sich auf die eigenen Schwächen bezieht. Sie dient nicht primär der Selbstverspottung, sondern vielmehr dazu, Souveränität auszudrücken, eigene Schwächen humorvoll zu thematisieren und so abzumildern. Sie kann auch dazu dienen, eine entspannte Atmosphäre zu schaffen oder Kritik zu entschärfen.
Wie wird Ironie als Mittel der negativen Sanktionierung eingesetzt?
Da Menschen dazu neigen, Negatives abzuschwächen, wird Ironie oft verwendet, um Kritik auf indirekte und oft humorvolle Weise auszudrücken. Dies kann dazu dienen, die Kritik weniger verletzend zu gestalten.
Gibt es ein Beispiel für Lob durch Ironie im Text?
Ja, es wird ein Beispiel einer sehr guten Studentin genannt, die nach einer Prüfung ironisch nach ihrer Note gefragt wird, um ihr herausragendes Ergebnis indirekt zu loben.
Was ist die Bedeutung der moralischen Intention des Akteurs bei der Analyse rhetorischer Ironie?
Laut Text ist die moralische Intention für die Analyse der rhetorischen Ironie unbedeutend.
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- Matthias Schopf (Author), 2009, Ironie in der alltäglichen Konversation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150936