Politischer Agitator, Schriftsteller und Menschenfreund − mit diesen Begriffen beschrieb Wolfgang Hildesheimer den Hessen Georg Büchner (1813-1837) im Jahre 1966 bei seiner Rede zur Verleihung des Büchner-Preises . Damit würdigte er einen überragenden Autor des deutschen Vormärz, der unter anderem mit dem revolutionären Pamphlet Der Hessische Landbote sowie mit der Sozialtragödie Woyzeck zwei außergewöhnliche Werke schuf, die seit rund 170 Jahren nichts an Aktualität eingebüßt haben. Büchners literarische Arbeiten faszinieren das heutige Publikum ebenso stark, wie einst die Menschen im 19. Jahrhundert. Weniger bekannt als sein Œuvre sind jedoch die Hintergründe und Voraussetzungen, die den in Goddelau geborenen Schriftsteller zu jener Person werden ließen, auf die Hildesheimers Bezeichnungen zutreffen. Die Wurzeln hierfür sind in Büchners Gießener Studienzeit (Oktober 1833 bis September 1834) zu finden, während welcher der mit den Unterdrückten „mitleidende[ ] Dichter“ begann, sich erstmals aktiv in die deutsche Politik einzumischen und gleichzeitig den ersten Schritt in die schriftstellerische Tätigkeit zu wagen.
Bisher beschäftigte sich die Forschung lediglich am Rande mit Büchners Aufenthalt in der ehemals oberhessischen Universitätsstadt, so dass es an einer ausführlichen Analyse seiner dort entwickelten revolutionären Ideen noch fehlt. Besonders interessant ist die Tatsache, dass Büchner an seinem ersten Studienort Straßburg (1831-1833) von den Nachwirkungen der Französischen Revolution inspiriert wurde und diese Anstöße in Gießen zu eigenen sozialrevolutionären Ansätzen weiterentwickelte, die Anfang des 19. Jahrhunderts in Deutschland absolute Innovationen darstellten. Das Ideengut, das er während der Gießener Zeit sammelte, verarbeitete er sowohl im Hessischen Landboten als auch Jahre später in Woyzeck.
Das Hauptanliegen dieser Arbeit ist es, eine Verknüpfung von Büchners eigenen Erfahrungen aus der Gießener Studienzeit mit seinem Wirken als Schriftsteller und politischer Agitator sichtbar zu machen, um schließlich dessen revolutionäre Errungenschaften, die aus diesem Lebensabschnitt hervorgegangen sind, herauszuarbeiten. Zum ersten Mal sollen nun Büchners gesamte Neuerungen aufgezeigt werden, die er während einer für ihn höchst brisanten Zeit entwickelt hatte.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Problemaufriss
- 1.2 Verfahrensweise und Zielsetzung
- 2. Die Zustände in Gießen – „Ich komme nach Gießen in die niedrigsten Verhältnisse“
- 2.1 Büchners Krise - Der Grundstein für sein politisches Handeln
- 2.1.1 Exkurs: Zu Büchners revolutionärer Vorprägung in Straßburg
- 2.2 Rebellion gegen die bestehenden hessischen Verhältnisse
- 2.3 Die Gesellschaft der Menschenrechte“ – Ein revolutionärer Geheimbund
- 2.1 Büchners Krise - Der Grundstein für sein politisches Handeln
- 3. Die Verarbeitung von Studienerfahrungen – Idee zur „Doktor-Figur“
- 3.1 Das Studium der Medizin an der „Ludoviciana“
- 3.2 Johann Bernhard Wilbrand als Vorbild für den Doktor in Woyzeck
- 3.3 Protest und Leiden bei Büchner und Woyzeck
- 3.3.1 Büchner und Wilbrand
- 3.3.2 Woyzeck und der Doktor
- 3.4 Zum revolutionären Gehalt in Woyzeck
- 4. Der Hessische Landbote - Eine revolutionäre Flugschrift
- 4.1 Die Entstehung des Hessischen Landboten
- 4.2 Büchners sozialrevolutionärer Ansatz
- 4.3 Biblische Rhetorik
- 4.4 Die Bildlichkeit im Text
- 4.5 Rezeption und revolutionäre Bedeutung des Hessischen Landboten im 19. Jahrhundert
- 5. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Georg Büchners revolutionäre Ideen während seiner Studienzeit in Gießen (1833/34). Sie analysiert den Einfluss der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse Gießens auf Büchners Entwicklung und sein Engagement in revolutionären Kreisen. Die Arbeit beleuchtet Büchners medizinisches Studium und dessen Auswirkung auf sein Werk, insbesondere auf "Woyzeck". Der "Hessische Landbote" wird als zentrales Beispiel für Büchners revolutionäres Denken untersucht.
- Büchners politische Entwicklung in Gießen
- Der Einfluss der gesellschaftlichen Verhältnisse auf Büchners Werk
- Die Rolle des medizinischen Studiums in Büchners Schaffen
- Analyse des "Hessischen Landboten" als revolutionäre Flugschrift
- Der revolutionäre Gehalt in Büchners Werk
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung skizziert das Thema der Arbeit: Georg Büchners revolutionäre Ideen während seines Aufenthalts in Gießen. Sie definiert den Untersuchungsgegenstand und beschreibt die methodische Vorgehensweise. Der Fokus liegt auf der Analyse von Büchners politischem Engagement im Kontext der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse Gießens und der Verbindung seiner revolutionären Ideen zu seinen literarischen Werken.
2. Die Zustände in Gießen – „Ich komme nach Gießen in die niedrigsten Verhältnisse“: Dieses Kapitel beschreibt die politischen und sozialen Verhältnisse in Gießen während Büchners Studienzeit. Es analysiert die spezifischen Umstände, die Büchners politische Radikalisierung beeinflussten. Der Abschnitt behandelt Büchners persönliche Krise als Katalysator für sein politisches Handeln und beleuchtet den Einfluss seiner früheren Erfahrungen in Straßburg auf seine Entwicklung. Die Beteiligung an der „Gesellschaft der Menschenrechte“ wird als zentraler Aspekt von Büchners revolutionärem Engagement in Gießen herausgestellt.
3. Die Verarbeitung von Studienerfahrungen – Idee zur „Doktor-Figur“: Dieses Kapitel untersucht den Einfluss von Büchners medizinischem Studium an der Ludoviciana auf seine literarische Arbeit, insbesondere auf "Woyzeck". Es analysiert die Parallelen zwischen Büchners Erfahrungen und denen seines literarischen Protagonisten und untersucht Johann Bernhard Wilbrand als mögliches Vorbild für die Figur des Doktors in "Woyzeck". Der Fokus liegt auf dem Vergleich zwischen Protest, Leiden und den revolutionären Implikationen im Leben Büchners und der Figur des Woyzeck.
4. Der Hessische Landbote - Eine revolutionäre Flugschrift: Dieses Kapitel widmet sich einer detaillierten Analyse des "Hessischen Landboten", einer revolutionären Flugschrift, an der Büchner beteiligt war. Es untersucht die Entstehung, den sozialrevolutionären Ansatz, die biblische Rhetorik und die Bildsprache des Textes. Besonderes Augenmerk wird auf die Rezeption und die revolutionäre Bedeutung des "Hessischen Landboten" im 19. Jahrhundert gelegt. Die Kapitel analysiert die verschiedenen Aspekte der Flugschrift und deren Bedeutung im Kontext der politischen und sozialen Verhältnisse der damaligen Zeit.
Schlüsselwörter
Georg Büchner, Revolution, Gießen, Hessischer Landbote, Woyzeck, Medizin, Gesellschaft der Menschenrechte, politische Radikalisierung, sozialrevolutionärer Ansatz, Studienzeit, Wilbrand.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Georg Büchners revolutionäre Ideen während seiner Studienzeit in Gießen"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht Georg Büchners revolutionäre Ideen während seiner Studienzeit in Gießen (1833/34). Sie analysiert den Einfluss der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse Gießens auf Büchners Entwicklung und sein Engagement in revolutionären Kreisen. Die Arbeit beleuchtet Büchners medizinisches Studium und dessen Auswirkung auf sein Werk, insbesondere auf "Woyzeck". Der "Hessische Landbote" wird als zentrales Beispiel für Büchners revolutionäres Denken untersucht.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf Büchners politische Entwicklung in Gießen, den Einfluss der gesellschaftlichen Verhältnisse auf sein Werk, die Rolle des medizinischen Studiums in seinem Schaffen, eine Analyse des "Hessischen Landboten" als revolutionäre Flugschrift und den revolutionären Gehalt in Büchners Werk insgesamt.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung, Die Zustände in Gießen, Die Verarbeitung von Studienerfahrungen, Der Hessische Landbote und Schlussbetrachtung. Jedes Kapitel behandelt einen spezifischen Aspekt von Büchners revolutionärem Denken und Handeln in Gießen.
Was wird im Kapitel "Die Zustände in Gießen" behandelt?
Dieses Kapitel beschreibt die politischen und sozialen Verhältnisse in Gießen während Büchners Studienzeit. Es analysiert die Umstände, die Büchners politische Radikalisierung beeinflussten, seine persönliche Krise als Katalysator für sein politisches Handeln und den Einfluss seiner Straßburger Erfahrungen. Die Beteiligung an der „Gesellschaft der Menschenrechte“ wird als zentraler Aspekt von Büchners revolutionärem Engagement in Gießen herausgestellt.
Was wird im Kapitel "Die Verarbeitung von Studienerfahrungen" behandelt?
Dieses Kapitel untersucht den Einfluss von Büchners medizinischem Studium an der Ludoviciana auf seine literarische Arbeit, insbesondere auf "Woyzeck". Es analysiert Parallelen zwischen Büchners Erfahrungen und denen seines literarischen Protagonisten und untersucht Johann Bernhard Wilbrand als mögliches Vorbild für die Figur des Doktors in "Woyzeck". Der Fokus liegt auf dem Vergleich zwischen Protest, Leiden und den revolutionären Implikationen im Leben Büchners und der Figur des Woyzeck.
Was wird im Kapitel "Der Hessische Landbote" behandelt?
Dieses Kapitel widmet sich einer detaillierten Analyse des "Hessischen Landboten". Es untersucht die Entstehung, den sozialrevolutionären Ansatz, die biblische Rhetorik und die Bildsprache des Textes. Besonderes Augenmerk wird auf die Rezeption und die revolutionäre Bedeutung des "Hessischen Landboten" im 19. Jahrhundert gelegt.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Georg Büchner, Revolution, Gießen, Hessischer Landbote, Woyzeck, Medizin, Gesellschaft der Menschenrechte, politische Radikalisierung, sozialrevolutionärer Ansatz, Studienzeit, Wilbrand.
Welche Methode wird in dieser Arbeit angewendet?
Die Arbeit analysiert den Einfluss der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse Gießens auf Büchners Entwicklung und sein revolutionäres Engagement. Sie untersucht die Verbindung zwischen Büchners revolutionären Ideen und seinen literarischen Werken, insbesondere "Woyzeck" und dem "Hessischen Landboten".
- Quote paper
- Corinna Nauheimer (Author), 2008, Georg Büchner als Rebell - Revolutionäre Ideen während der Studienzeit in Gießen 1833/34, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149777