europäische Wettbewerbsregeln/ Arten von Fusionen/ nicht koordinierte Wirkung - koordinierte Wirkung; Rechtsprechung: EuG v. 09.07.2007, Rs. T-282/06 Sun Chemical Group BV u.a. gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften
I) Einleitung
Die europaischen Wettbewerbsregeln sind in den Art. 81 ff. EGV normiert. Eines der grundsatzlichen Vertragsziele des EG-Vertrages ist gemaB Art. 3 lit. g) EGV die Schaffung eines Systems, „das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes vor Verfalschungen schutzt“. Diese Grundaussage wird in den Art. 81 ff. EGV konkretisiert. Die Regelungen hierzu sind Teil der Ausgestaltung der offenen Wirtschaftsverfassung auf marktwirtschaftlichen Grundlagen in Europa. Der Abbau der inneren Beschrankungen des Binnenmarktes durch das Verbot beeintrachtigender staatlicher MaBnahmen ist durch die Grundfreiheiten gewahrleistet; Wettbewerbsvorschriften haben erganzend die Aufgabe, zu verhindern, dass die so abgebauten Grenzen fur den Guter- und Leistungsverkehr durch private Vereinbarungen wieder errichtet werden.
Auf andere Marktteilnehmer konnen Unternehmenszusammenschlusse erhebliche Auswirkungen haben. Aus wirtschaftlicher Sicht dienen diese Zusammenschlusse in der Regel dazu, Synergien zu schaffen, beispielsweise durch Kosteneinsparungen und Effizienzgewinne. Aus kartellrechtlichen Gesichtspunkten sind diese Effekte oft erwunscht, da diese den Wettbewerb beleben. Hierdurch wird oftmals das Entstehen neuer, effizienterer Einheiten erzielt und die dabei entstehenden Synergien konnen in Form von niedrigeren Preisen, hoherer Qualitat oder von Innovationen an Kunden und Verbraucher weitergegeben werden. Zusammenschlusse verandern die Marktstruktur unmittelbar. In der EU und in nahezu allen EU-Mitgliedstaaten unterliegen Zusammenschlusse ab einer gewissen GroBenordnung der Kontrolle durch die Wettbewerbsbehorde (Ausnahme: Luxemburg).
Die Fusionskontrolle ist im EG-Vertrag nicht ausdrucklich geregelt und ist als selbstandiger
Bestandteil des europaischen Wettbewerbsrechts anerkannt. Fur Zusammenschlusse ohne
gemeinschaftsweite Bedeutung sind grundsatzlich die nationalen Behorden zustandig (Ausnahme: Art. 4 Abs. 5 Fusionskontrollverordnung (FKVO)). Fur die Prufung mit „gemeinschaftlicher Bedeutung“ ist die Europaische Kommission ausschlieBlich zustandig und diese
Zusammenschlusse fallen in den Anwendungsbereich der Verordnung 139/2004.
II) Grundbegriffe und Definitionen - Wettbewerbsregeln des EGV
Die Wettbewerbsregeln des EGV sind grundsatzlich auf alle Wirtschaftszweige anwendbar, soweit im EGV keine ausdruckliche Ausnahme geregelt ist. Die wichtigste Durchfuhrungsverordnung zu den Wettbewerbsregeln ist in der Verordnung 1/2003 und in der Verordnung 139/2004 zur Fusionskontrolle enthalten. Ein HochstmaB an normativer Einheitlichkeit im EG-Wettbewerbsrecht wird durch die Verwendung von Verordnungen als Instrument zur Konkretisierung der
Wettbewerbsregeln erzielt.
d.v.F.: VO 139/2004 des Rates vom 20.01.2004 uber die Kontrolle von Unternehmenszusammen- schlussen, sog. „EG-Fusionskontrollverordnung“. Basis dieser VO bilden die Art. 83 und 308 EGV. Artikel 2 der VO 139/2004 definiert die Beurteilung von Zusammenschlussen. Die Leitlinie 2004/C 31/03, im Folgenden „Leitlinie“ genannt, vom 05.02.2004 zur Bewertung horizontaler Zusammen- schlusse gemaB der Ratsverordnung uber die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlussen konkretisiert die MaBnahmen der Kommission hinsichtlich Art. 2 der VO 139/2004.
- Fusion
Eine Fusion ist die Vereinigung zweier oder mehrerer Organisationen unter einem Besitzer, durch direkte Akquisition, also Erwerb, des Reinvermogens oder der Verbindlichkeiten durch eine Organisation. Die Fusion wird auch als Unternehmenszusammenschluss oder mit dem englischen Begriff als „Merger“ bezeichnet. Eine Fusion kann Ergebnis einer freundlichen Obernahme sein, bei der beide Unternehmen gleichberechtigt zusammengeschlossen werden. Nach einer Fusion endet die rechtliche Existenz eines der Unternehmen.
Es gibt keine einheitliche Definition fur den Begriff Fusion, da jeder Zusammenschluss anders ist und davon abhangt, was von der Fusion erwartet wird, und von den Verhandlungen, der Strategie, den Vermogenswerten und Aktien, dem Personal und den Aktionaren der Parteien.
Insgesamt gibt es gibt vier Haupttypen von Fusionen:
- Horizontale Fusion: Eine horizontale Fusion betrifft Unternehmen aus der gleichen Branche.
- Vertikale Fusion: Eine vertikale Fusion bezeichnet dagegen den Zusammenschluss von Firmen aus der gleichen Beschaffungskette.
- Zirkulare Fusion: Eine zirkulare Fusion entsteht aus dem Zusammenschluss von Unternehmen mit unterschiedlichen Produkten, aber ahnlichen Vertriebswegen.
- Konglomerate Fusion: Eine konglomerate Fusion entsteht bei der Verschmelzung von Firmen, die weder bei den Produkten noch beim Marketing Ahnlichkeiten aufweisen, aber durch die Fusion eine groBere wirtschaftliche Basis und ein besseres Gewinnpotenzial erreichen.
d.v.F.: horizontale Fusion: Zusammenschluss von Unternehmen aus der gleichen Branche.
- nicht koordinierte Wirkung: Ziff. 24 ff Leitlinie: Spurbare Behinderung des Wettbewerbs in einem Markt, indem wichtiger Wettbewerbsdruck fur einen oder mehrere Anbieter beseitigt werden, welche dadurch hohere Marktmacht erlangen. =>unmittelbarste Wirkung der Fusion durch Verlust des Wettbewerbs der fusionierenden Unternehmen, z.B. bei Preiserhohungen. Formen nicht koordinierter Wirkungen:
- hoher Marktanteil der fusionierenden Unternehmen, Ziff. 27 Leitlinie,
- fusionierende Unternehmen sind nahe Wettbewerber, Ziff. 28-30 Leitlinie,
- begrenzte Moglichkeit des Kunden, zu einem anderen Wettbewerber zu wechseln, Ziff. 31 Leitlinie,
- Erhohung des Angebotes durch die Wettbewerber bei Preiserhohung unwahrscheinlich, Ziff. 32-35 Leitlinie,
- Fahigkeit des Unternehmens, die Wettbewerber am Wachstum zu hindern: Ziff. 36 Leitlinie,
- Beseitigung einer wichtigen Wettbewerbskraft durch den Zusammenschluss: Ziff. 37-38 Leitlinie.
- koordinierte Wirkung: Ziff. 39 ff Leitlinie: Zusammenschluss in einem konzentrierten Markt, der den Wettbewerb erheblich durch die Begrundung oder Verstarkung einer gemeinsamen marktbeherrschenden Stellung behindern kann. Erhohung der Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmen ihr Verhalten koordinieren und beispielsweise Preise erhohen, ohne eine Vereinbarung einzugehen, bzw. gem. Art. 81 EGV ihre Verhaltensweisen aufeinander abstimmen zu mussen. Unterschiedliche Formen der Koordinierung:
- Erzielen von Obereinstimmung uber Koordinationsmoglichkeiten: Ziff. 4-48 Leitlinie,
- Oberwachung der Abweichungen, Ziff. 49-51 Leitlinie,
- Abschreckungsmechanismen, Ziff. 52-55 Leitlinie,
- Reaktionen von AuBenstehenden, Ziff. 56-60 Leitlinie.
III) Sachverhalt
Am 09.10.2006 reichte die Sun Chemical Group BV mit Sitz in Weesp, Niederlande, zusammen mit der Siegwerk Druckfarben AG (Siegburg, Deutschland) und der Flint Group Germany GmbH (Stuttgart, Deutschland), im Folgenden „Klagerinnen“ genannt, Klage gegen die Kommission der Europaischen Gemeinschaften ein. GemaB Art. 230 EGV wird die Nichtigerklarung der Entscheidung der Kommission vom 29.05.2006 in der Sache COMP/M.4071 Apollo/ Akzo Nobel IAR beantragt. In dieser Entscheidung wurde ein angemeldeter Zusammenschluss mit dem Gemeinsamen Markt fur vereinbar erklart. Ferner beantragen die Klagerinnen, der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Aus Sicht der Klagerinnen erfolgte die Freigabe des Zusammenschlusses durch die Kommission vorbehaltlos, ohne eine grundliche, ausfuhrliche und konsistente Prufung vorzunehmen. Dies sei ein Erfordernis angesichts der geltend gemachten ernsten Risiken fur den Wettbewerb gewesen. Die Kommission habe Umstande auBer Acht gelassen, die fur eine vollstandige und sorgfaltige Beurteilung des Sachverhaltes wesentlich gewesen seien. Zusatzlich habe die Kommission nicht nur ihre eigenen Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlusse, sondern auch die seitens der Klägerinnen eingereichten Beschwerden und vorgelegten Beweise außer Acht gelassen. Es scheint, dass die Kommission zur Bewertung lediglich die Informationen der an dem Zusammenschluss Beteiligten herangezogen habe.
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