Warum existieren in einer sich als demokratisch deklarierenden Gesellschaft überhaupt Wahlen, wenn die amtierende Regierung die Ergebnisse nicht anerkennt, verfälscht oder annuliert? In den letzten Monaten stellte sich diese Frage vermehrt beim Blick in die Tagesnachrichten. In Peru gibt es nach den Präsidentschaftswahlen Demonstrationen und Aufstände gegen die gefälschten Wahlergebnisse, in Jugoslawien siegt zwar die demokratische Opposition, doch dauert es zwei Wochen, bis der amtierende Präsident Slobodan Milosevic seine Niederlage akzeptiert und eine annehmbare friedliche Lösung gefunden wird. Diese Ereignisse werden Ende dieses Jahres wieder zu erwarten sein. Denn am 1. Dezember wird in Mexiko das Amt des Staatspräsidenten übergeben. Erstmals seit 83 Jahren wird der Präsident nicht aus der Partei der mexikanischen institutionalisierten Revolution (PRI) kommen. Diesmal war der Kandidat der Opposition siegreich. Das ist ein Umstand, der nach den Erfahrungen, die die Mexikaner und allen voran die Oppositionspartei Partido Acción Nacional (PAN) gemacht haben, möglicherweise nicht von allen PRI-Mitgliedern so teilnahmslos hingenommen wird. Betrachtet man die lange Tradition der PRI als Interessengruppe, die den Präsidenten rekrutierte, und zusätzlich die zahlreichen Gerüchte um Wahlbetrug, darf an der Wirksamkeit der Wahlen und der Demokratie als Ganzes gezweifelt werden.
Die Madero-Revolution begann 1910 mit der Forderung authentischer Wahlen und führte schließlich zum mexikanischen Verfassungsstaat im Jahre 1917. Die Mexikaner verankerten demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien in der Verfassung, die heute für fast 100 Millionen Mexikaner Gültigkeit besitzt. In Anbetracht der Vorkommnisse um Wahlbetrug und PRI-Kontinuität muss aber die Frage erlaubt sein, inwiefern diese Prinzipien das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben stehen? Machen demokratische Wahlen in einem System der Machtsicherung überhaupt Sinn? Und welche Bedeutung haben die Ergebnisse der letzten Präsidentschaftswahl für die scheinbar funktionierende mexikanische Demokratie?
Im Folgenden sollen Theorie und Praxis des mexikanischen Demokratieverständnisses gegenübergestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Was ist Demokratie?
- Die Mexikanische Verfassung – Theorie der Demokratie Mexikos
- Verwirklichung der Demokratiekomponenten in Mexiko
- Volkssouveränität
- Parteienpluralismus - Chancengleichheit - Minderheitenschutz
- Menschenrechte - Grundrechte - Gerechtigkeit
- Rechtsstaatlichkeit
- Herrschaftslimitierung – Machtwechsel
- Gewaltenteilung
- Wahlen in Mexiko – Symbol der Demokratie?
- Wahltradition und Wahlgesetzreformen
- Funktion der Wahlen
- Perspektive der Partido Revolucionario Institucional (PRI)
- Perspektive der Opposition
- Perspektive der wählenden Bevölkerung
- Das „Gerücht“ der Wahlmanipulation
- Die Demokratisierung läuft
- Mexiko 2000
- Fakten
- Erwartungen und Hoffnungen
- Ist Mexikos Transition vom Autoritarismus zur Demokratie abgeschlossen?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Bedeutung von Wahlen im politischen System Mexikos und hinterfragt, ob Mexiko tatsächlich als Demokratie gelten kann. Sie untersucht die Theorie des mexikanischen Demokratieverständnisses im Kontext der Verfassung und der Praxis. Die Analyse fokussiert auf die Funktion von Wahlen in der Vergangenheit und Gegenwart.
- Mexikos Verfassungsrechtliche Grundlage und die darin verankerten demokratischen Prinzipien
- Die Rolle von Wahlen in der mexikanischen Politik, insbesondere im Hinblick auf die Partido Revolucionario Institucional (PRI)
- Die Herausforderungen der Demokratisierung in Mexiko und die Frage nach der Wirksamkeit von Wahlen
- Die Bedeutung der Wahlen im Jahr 2000 für die mexikanische Demokratie
- Die Frage, ob Mexiko tatsächlich eine Demokratie ist oder lediglich den Schein einer Demokratie aufweist
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Bedeutung von Wahlen in einer demokratischen Gesellschaft und stellt die zentrale Frage nach der Legitimität von Wahlen, wenn deren Ergebnisse nicht anerkannt werden. Das Kapitel "Was ist Demokratie?" definiert den Begriff Demokratie im Kontext westlicher Werte und zeigt die wichtigsten Elemente eines demokratischen Systems auf. Die Analyse der "Mexikanischen Verfassung – Theorie der Demokratie Mexikos" untersucht die verfassungsrechtlichen Grundlagen des mexikanischen Demokratieverständnisses und stellt die wichtigsten Elemente der mexikanischen Verfassung dar. Das Kapitel "Verwirklichung der Demokratiekomponenten in Mexiko" analysiert die praktische Umsetzung der in der Verfassung verankerten Demokratiekomponenten. Im fünften Kapitel werden die "Wahlen in Mexiko – Symbol der Demokratie?" behandelt, wobei die Wahltradition, die Funktion der Wahlen und die Problematik der Wahlmanipulation beleuchtet werden. Das Kapitel "Die Demokratisierung läuft" stellt die Entwicklungen der Demokratisierung in Mexiko dar, während das siebte Kapitel "Mexiko 2000" die Situation in Mexiko im Jahr 2000 mit Blick auf die Wahlen analysiert.
Schlüsselwörter
Demokratie, Mexiko, Wahlen, Verfassung, Partido Revolucionario Institucional (PRI), Opposition, Wahlmanipulation, Demokratisierung, Autoritarismus, Volkssouveränität, Parteienpluralismus, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Herrschaftslimitierung, Gewaltenteilung.
- Quote paper
- Björn-Christian Schüßler (Author), 2000, Demokratie in Mexiko: Mehr Schein als Sein? Die Bedeutung der Wahlen im politischen System Mexikos, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14933