„Warum liefern sich viele Jugendliche mit der Polizei zum Teil aus nichtigen Anlässen
Straßenschlachten? Warum werden terroristische Handlungen begangen?“1 Diese und andere
Fragen stellen sich viele Menschen jeden Tag, wenn sie ihren Blick auf die Fernsehnachrichten
oder die Titelschlagzeilen der großen Tageszeitungen richten. Gerade in diesen Tagen,
in denen NATO-Kampfjets militärische Ziele im von Serben bedrohten Kosovo ins
Visier nehmen, stellt sich auch mir täglich die Frage nach dem Warum. Welche Motive
hinter den sichtbaren Handlungen stecken, ist für den Außenstehenden meist nur vage zu
erahnen. Es ist kaum zu erkennen, welche Umstände uns in Europa die gemeinsame Währungseinheit
gegeben haben, die im kommenden Jahrtausend die D-Mark in ihrer Funktion
ablösen wird? Oder was veranlaßte Europa, die nach Beendigung des Kalten Krieges zur
Nutzlosigkeit degradierte NATO weiter zu erhalten?
Schon lange beschäftigt mich die Frage, was Menschen zu ihren Handlungen treibt. Und
nicht erst seit der Handlungstheorie Max Webers, die dies angeblich erklären kann, beschäftigt
dieses Faktum die Menschheit. Bei näherer Betrachtung dieser Theorie wird mir
zwar bewußt, daß eine Analyse der Handlungsentscheidungen in den angesprochenen Fällen
möglich ist, doch bin ich mir nicht sicher, ob sich Alltagshandlungen wie der Erwerb
einer Tageszeitung und weitreichende politische Entscheidungen wie die Einführung des
Euro oder die Erhaltung der NATO auf die Bestimmungsgründe der Handlungstheorie Max
Webers zurückführen lassen. „Immer wieder hat man die Kategorien [...] als Theorien verstanden,
die die Wirklichkeit erfassen sollen.“2
In dieser Arbeit soll nun die Überprüfung der Möglichkeit dieser Zurückführung der Wirklichkeit
auf die Theorie erfolgen. Zunächst wird die Handlungstheorie in den betreffenden
Ansätzen dargelegt. Dann soll die Analyse der angesprochenen Anwendungsbeispiele ein
Ergebnis bringen.
1 Ralf Twenhöfel: Handeln, Verhalten und Verstehen. Entwicklungsschritte zum Motivverstehen, München 1982, S. 229.
2 Friedrich H. Tenbruck: Methodologie und Sozialwissenschaften, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie,
1986, 38. Jahrgang, S. 28.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ansätze der soziologischen Handlungstheorie Max Webers
- Die Bestimmungsgründe sozialen Handelns: Traditionales Handeln
- Die Bestimmungsgründe sozialen Handelns: Affektuelles Handeln
- Die Bestimmungsgründe sozialen Handelns: Wertrationales Handeln
- Die Bestimmungsgründe sozialen Handelns: Zweckrationales Handeln
- Die Bestimmungsgründe sozialen Handelns: Auftreten der Handlungstypen
- Anwendungsbeispiel aus dem Alltag: Der Erwerb einer Tageszeitung
- Anwendungsbeispiel Politik: Rolle der NATO nach Ende des Kalten Krieges
- Anwendungsbeispiel Politik: Europäische Einheit – wirtschaftlich und politisch
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Überprüfung der Anwendbarkeit der Handlungstheorie Max Webers auf Alltagshandlungen und weitreichende politische Entscheidungen. Dabei wird untersucht, ob sich Handlungen wie der Erwerb einer Tageszeitung oder die Einführung des Euro auf die Bestimmungsgründe der Handlungstheorie zurückführen lassen.
- Anwendung der Handlungstheorie Max Webers auf reale Ereignisse
- Analyse von Alltagshandlungen und politischen Entscheidungen
- Bestimmungsgründe sozialen Handelns nach Max Weber
- Überprüfung der Anwendbarkeit der Theorie auf konkrete Beispiele
- Relevanz der Handlungstheorie für das Verständnis von menschlichem Verhalten
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und erläutert die Relevanz der Handlungstheorie Max Webers für das Verständnis von Alltagshandlungen und politischen Entscheidungen.
- Ansätze der soziologischen Handlungstheorie Max Webers: Dieses Kapitel präsentiert die grundlegenden Ansätze der Handlungstheorie Max Webers und erläutert die verschiedenen Bestimmungsgründe sozialen Handelns: traditionales, affektuelles, wertrationales und zweckrationales Handeln.
- Anwendungsbeispiel aus dem Alltag: Der Erwerb einer Tageszeitung: Hier wird die Handlungstheorie auf den Erwerb einer Tageszeitung angewendet und untersucht, welche Motive und Bestimmungsgründe dem Kauf einer Zeitung zugrunde liegen.
- Anwendungsbeispiel Politik: Rolle der NATO nach Ende des Kalten Krieges: Dieses Kapitel analysiert die Rolle der NATO nach dem Ende des Kalten Krieges im Lichte der Handlungstheorie Max Webers und untersucht die Motive und Bestimmungsgründe für die Erhaltung der NATO.
- Anwendungsbeispiel Politik: Europäische Einheit – wirtschaftlich und politisch: Hier wird die Handlungstheorie auf die europäische Einigung angewendet und die Motive und Bestimmungsgründe für die wirtschaftliche und politische Integration Europas untersucht.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter und Themen der Arbeit sind die Handlungstheorie Max Webers, soziale Handlung, Bestimmungsgründe sozialen Handelns, traditionales Handeln, affektuelles Handeln, wertrationales Handeln, zweckrationales Handeln, Alltagshandlungen, politische Entscheidungen, NATO, Europäische Einheit, Euro.
- Quote paper
- Björn-Christian Schüßler (Author), 1999, Anwendung der Handlungstheorie Max Webers auf Handlungsentscheidungen der EU und der NATO, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14925