Ein neuer, schonender therapeutischer Ansatz bei frontal offenem Biss und OSAS!
Die elastische Vorhofplatte ist ein aktives kieferorthopädisches Therapiegerät, das geeignet ist, durch die Unterdruckbildung bei Deglutition an die Zahnreihe angesaugt zu werden und hierdurch dental, funktional bezogen auf die Zungenruhelage und skelettal eine kieferorthopädische Wirkung zu entfalten. Voraussetzung hierfür ist die anatomisch gute Passung auch in der Situation des Schluckaktes. Wenn das Siegelsystem mithilfe einer elastischen Mundhofplatte zumindest nachts restituiert und unterstützend tags die Zungenlage myofunktionell trainiert wird, ist mit einer Verbesserung der kieferorthopädischen, ursächlichen Therapie bei durch Dysfunktion geprägten Dysgnathien zu rechnen.
Erarbeitet wurden in dieser Studie die Definition der Mundvorhofplatte und eine vergleichende Übersicht über elastischen Mundvorhofplatten mit allen ihren Parametern zu Form, Größe, Gestaltung und Shore-A-Härte, eine Beschreibung der Passung und der wahrgenommenen Unterdruckbildung durch vier professionelle Anwender. Postuliert wurde, welche Kennzeichen das vestibuläre Schild für die Siegelfunktion konkret braucht und wie sich eine Siegelfunktion enoral aufbaut. Außerdem wurde eine Systematik der zu erwartenden Indikationen, Nebenwirkungen und Kontraindikationen erstellt.
Die Implementierung der neuartigen elastischen, ursächlich wirkenden Mundvorhofplatten in konventionelle Behandlungsregimes erweitert die kieferorthopädischen Behandlungsmöglichkeiten in Fällen von offenem Biss und Unterkiefer-Rücklage bei Kindern und insbesondere auch bei Erwachsenen. Dadurch ergeben sich in der Kieferorthopädie perspektivisch ganz neue therapeutische Ansätze - sowohl bei singulärer Anwendung der Mundvorhofplatte als auch im kombinierten Einsatz z.B. mit MBA. Mundvorhofplatten mit neuen, weichen Materialqualitäten öffnen einen interdisziplinären, schlüssigen Therapieweg für Kieferorthopäden und Logopäden bei oralen Dysfunktionen.
INHALTSVERZEICHNIS
1 Einleitung
1.1 Grundlagen
1.2 Die Relevanz eines physiologischen Lippensiegels für das enorale Unterdrucksystem
1.3 Die Shore-Härte von elastischen MVPs
1.4 Ableitung der Hypothese und der Forschungsfragen
2 Ziele der Master-Thesis
2.1 Hypothese
2.2 Fragestellungen
3 Material und Methoden
3.1 Definition einer Mundvorhofplatte
3.2 Erfassung aller Mundvorhofplatten
3.3 Untersuchungsdesign
3.3.1 Aufgaben
3.3.2 Aufbau der Studie
3.3.3 Durchführung
3.3.4 Datenerhebung
3.3.5 Stichworte und Datenextraktion aus der Literatur
3.4 Erwartete zentrale Outcomes
4 Ergebnisse
4.1 Ergebnisse der Datensammlung
4.1.1 Metrik - Daten und Datenanalyse
4.1.2 Form - Daten und Datenanalyse
4.1.3 Vergleich von Faceformer und Muppy Gr. 2
4.1.4 Materialeigenschaften - Daten und Datenanalyse
4.1.5 Fachbereich und Indikation - Herstellerangaben und Datenanalyse
4.1.6 Anwendung - Herstellerangaben und Datenanalyse
4.1.7 Passung - Empirische Prüfung und Datenanalyse
4.1.8 Unterdruckbildung - Prüfung und Datenanalyse
4.2 Ergebnisse der Literaturrecherche
4.2.1 Elastische Vorhofplatten in der wiss. Literatur - Datensuche
5 Diskussion
5.1 Bewertung der Daten zu Metrik und Form
5.2 Bewertung der Shore-Härte einer MVP in der KFO
5.3 Interpretation der Daten zu Passung und Unterdruckbildung
5.4 Interpretation der Daten zu Fachbereich und Indikation
5.4.1 Indikationen
5.4.2 Therapieoptionen in anderen Fachbereichen
5.4.3 Kontraindikation und Nebenwirkungen einer elastischen MVP
5.4.4 Bewertung der Anwendungsdauer
5.5 Eine Bewertung der elastischen MVPs mit Siegelfunktion im aktuellen fachlichen Stand
5.6 Prädikative Diskussion
5.6.1 Prädikative Systematik zu Merkmalen von elastischen MVPs
5.6.2 Prädikative Systematik zu weiteren Einsatzgebieten elastischer MVPs
5.7 Limitationen der vorliegenden Arbeit und kritische Diskussion der eigenen Methode
5.8 Implikationen für die weitere wissenschaftliche Bearbeitung
6 Schlussfolgerungen
7 Zusammenfassung
8 Kurzfassung
9 Literatur
10 Anhänge
10.1 Tabellen
10.2 Abbildungsverzeichnis
10.3 Abkürzungen
10.4 Liste verwendeter Materialien
10.5 Danksagung
1 Einleitung
Mundvorhofplatten wie z.B. das Ulmer Modell kommen regelmäßig in der kieferorthopädischen Prävention zur Anwendung. Wenig beachtet ist allerdings, dass Mundvorhofplatten in der ehemaligen DDR auch als „aktives“ Behandlungsgerät in der Frühbehandlung eingesetzt wurden, um Frontzahnstufen zu verringern und offene Bisse zu schließen (Hinz, Grabowski, 2009), und im Ausland als funktionskieferorthopädisches Gerät in der KFO angewendet werden (Hotz, 1980; Owman-Mall, Ingervall, 1984; Töpfer et al., 1959; Massler, 1952; Prasad, Utreja, 2005).
Doch hier in Deutschland kommen sie traditionell in keinem der systematischen Behandlungsregimes mehr vor, weder als Einzelgerät noch kombiniert mit anderen Therapiemitteln. Das bedeutet, dass ein Bewusstsein über die Möglichkeiten, mit diesem einfachen Gerät kieferorthopädisch zu arbeiten, verloren gegangen ist und darüber hinaus die Weiterentwicklungen im Bereich der elastischen Vorhofplatten und damit verbundene neue therapeutische Möglichkeiten weitgehend unbekannt geblieben sind oder ein solcher kieferorthopädischer Therapieeinsatz nur vage erfolgt. Stattdessen wurde die elastische konfektionierte Mundvorhofplatte als effektives Therapiegerät von verwandten Fachbereichen z.B. zur apparativen myofunktionellen Therapie auf den Markt gebracht. Obwohl es fortlaufend zu technischen Neuerungen kommt, ist es noch nicht einmal einfach zu überblicken, welche Mundvorhofplatten in Deutschland überhaupt zur Verfügung stehen. Einerseits finden sich elastische MVPs mit kieferorthopädischer Wirkung nunmehr im Angebot für Logopäden. Andererseits werden elastische Schilde durch den logopädischen Therapiebedarf explizit für Kieferorthopäden empfohlen und zunehmend auch vom kieferorthopädischen Fachhandel angeboten. Dieser derzeitige Wandel im komplementären bzw. nicht dezidiert zugeordneten Einsatz von elastischen Mundvorhofplatten geschieht, ohne dass der allgemeine Kenntnisstand zur Beschreibung, zur Indikation als auch der kieferorthopädischen Wirkung der elastischen MVPs ausreichend beschrieben ist. Das interdisziplinäre Einsatzgebiet der Mundvorhofplatten bei Zungenproblematik und welche Modelle hierfür und mit welcher Anwendungsart geeignet sind, erscheint weder klar noch etabliert.
1.1 Grundlagen
Mundvorhofplatten gehen zurück auf Newell, der sie 1912 erstmals für die FKO beschrieb.
Abbildung 1: Chronologie der starren und elastischen Mundvorhofplatten.
Quelle: eigen. Walter Weise, 1992)
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Die erste populäre elastische Mundvorhofplatte in Deutschland wurde durch Prof. Sander mit dem „Ulmer Modell“ entwickelt (Sander, 1989). Durch die Materialentwicklung im Bereich der elastischen Silikone sind mittlerweile elastische konfektionierte Mundvorhofplatten ganz unterschiedlicher Gestaltung und Größe auf dem Markt. Es gibt solche Mundvorhofplatten, die seit etlichen Jahren bekannt sind, und neuere wie den „Faceformer Zero“, der erst seit 2022 erhältlich ist.
Durch neuartige elastische Materialien wie Weichsilikone lassen sich Mundvorhofplatten herstellen, die - ähnlich wie fest geschlossene Lippen - ein Siegel darstellen und dementsprechenda priorieine versiegelnde Wirkung haben müssen. Das Lippensiegel ist entscheidend, damit sich im Mundraum Unterdruck ausbilden kann und die Zunge ihre physiologische Lage in Ruhe einnimmt und über eine längere Zeit dort verbleibt.
Die elastische MVP ist durch ihre flexible Materialqualität geeignet, auf den Unterdruck bei Deglutition im oralen Kompartiment zu reagieren. Sie wird durch den negativen Druck aktiviert und legt sich an die Frontzähne an. Hierdurch entstehen orthodontische Wirkungen und Nebenwirkungen, und dementsprechend folgen daraus die Indikationen und Kontraindikationen für diese Gruppe der Vorhofplatten. Daher betrachten wir zunächst die verfügbaren Informationen zum Lippensiegel und dem oralen Unterdruckgeschehen.
Abb. 2 zeigt einen frontal offenen Biss im frühen Wechselgebiss. Durch die Vorbehandlung alio loco mit einer harten individuellen MVP war es zu einer Druckstelle regio 42 mit Attachmentverlust gekommen (Abb. 2).
Abbildung 2: Patient mit frontal offenem Biss.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
Danach wurde derselbe Patient hier intermittierend mittels Abschirm-Bionator, MFT und konfektionierter elastischer MVP therapiert. Allein durch diese Maßnahmen konnte die physiologische Bisshöhe erreicht werden, d.h. ohne Spikes, ohne Zungengitter und ohne vertikale Gummizüge. Das Beispiel veranschaulicht sowohl die Problematik einer starren MVP als auch die Möglichkeit, mit einer konfektionierten elastischen MVP schonend den offenen Biss zu schließen, indem die Zungenruhelage verändert wurde (Abb. 3).
Abbildung 3: Derselbe Patient. Befund nach intermittierender Behandlung mit konfektionierter elastischer MVP.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
1.2 Die Relevanz eines physiologischen Lippensiegels für das enorale Unterdrucksystem
Beim Schluckakt wird Luft aus dem Mundraum in den Pharynx verdrängt. Dieser physikalische Vorgang in dem geschlossenen Raum aus Zunge, Zähnen und dem umgebendem Weichgewebe („closed capsular matrix“ nach Moss, Salentijn, 1969) geht mit einer Unterdruckbildung in den oralen Kompartimenten einher (Knösel, 2016; Thüer et al, 1999; McConnel, 1988; Lanzer, Bantleon, 2016). In der Folge bleibt die Zunge in Adhäsion am Gaumen haften, und zwar so lange, bis der geschlossene orale Raum durch die Mundschlussventile wieder geöffnet wird. Der orale negative Druck nach Deglutition wurde eingehend studiert (u.a. von Engelke, 2006; Stöhr et al., 2009; Fröhlich et al, 1991; Witt, 1966; Witt, Kühr, 1969) und seine physikalische Entstehung im geschlossenen hydraulischen System erklärt (Eckard-Möbius, 1953; Fränkel, 1967; Lindner, Hellsing, 1991 ; Engelke, 2003; Santander et al, 2013; Engelke et al, 2011). Relevant aus kieferorthopädischer Sicht ist hier insbesondere das labiale Siegel.
Unter physiologischen Bedingungen besteht derLippenschlussaus einem DoppelSiegel-System: dem Lippenschluss und dem Frontkontakt zwischen den oberen und unteren Incisivi. Wenn man noch die Zungenspitze an der Papilla incisiva hinzufügt, so wird von einem „regelrechten dreifachen Ventil des Lippenschlusses“ gesprochen (Grabowski, 2009a), einem „lip seal“ oder „anterior oral seal“ (Fränkel, 1980). Die Frontzähne gemeinsam mit den Lippen sorgen für den Lippenschluss, so dass enoralUnterdruckentstehen kann. Wenn kein positiver Overbite zwischen den Frontzähnen besteht und somit dieser Teil des Siegelsystems nicht funktioniert, kommt es zu einer pathologischen Veränderung im Siegelsystem, um die notwendige Abdichtung des Mundes beim Schlucken herzustellen. D.h., es werden die Lippen beim Schlucken fest aufeinandergepresst und auch die Zunge presst sich reflexhaft frontal zwischen die Zahnreihen. So geht der frontal offene Biss im Milchgebiss stets mit einer Funktionsstörung einher (Stahl de Castrillon, Grabowski, 2009), insbesondere der veränderten Zungenruhelage (Grabowski, Stahl, 2008). Unter pathologischen Verhältnissen, z.B. bei schlaffen Lippen, dichtet die Zunge ventral also selbst den Mundspalt ab, um den Unterdruck für den Transport des Schluckgutes herzustellen (Kittel, 2007).
Mit dem Ventil des Lippenschlusses korreliert das dreifache Ventil desMundschlusses, welches aus der Lage der Zungenspitze an der Papilla incisiva, des Zungenrückens am harten Gaumen und des Zungengrundes am weichen Gaumen definiert ist (Fränkel, 1964). Mit einer pathologisch veränderten Position der Zungenspitze interdental, um das defekte Lippensiegel zukompensieren, geht in der Folge auch eine pathologisch veränderte Position von Zungenrücken und Zungengrund einher. Ist wiederum eines der Mundschluss-Ventile gestört, verändert sich die neuromuskuläre Koordination des gesamten Systems und auch die Ruhelage der Zunge mit der Folge, dass sie nach kaudal absinkt und es zu einer offenen Mundhaltung kommt (Grabowski, 2009b). Durch die Störung des Mundschlusses entsteht ein sich selbst verstärkender Mechanismus, in dem das atypische, dysfunktionale Schlucken als ein reflexhafter kompensatorischer Bewegungsablauf zu verstehen ist, bei dem der Mundraum mit einem bereits bestehendem offenen Biss mithilfe der Zunge funktional verschlossen wird. Im weiteren Verlauf führt somit die viszerale Zungenposition selbst progredient zur Verschlechterung der Dysgnathie in der Front - also auch dann, wenn die Zunge den offenen Biss nicht selbst verursacht hat (Grabowski, 2009b). So ist es klar, dass die Langzeitstabilität nach Behandlung des offenen Bisses dann verbessert, wenn ein Lippensiegel erreicht wird und damit die Ausbildung eines negativen intraoralen Druckes (Smithpeter, Covell, 2010). Dies entspricht auch der Ansicht von Fränkel, wonach ein kompetenterLippenschlussund der orale Unterdruck die Voraussetzungen für die kieferorthopädische Therapie des offenen Bisses darstellen (Fränkel, 1962; Frankel, Fränkel, 1992). Ist also das Lippenschlussventil einschneidend gestört, verändern sich auch die Unterdruckbildung im oralen Kompartiment und die Ruhelage der Zunge, in Folge dessen sich die Zunge selbst zur anterioren Siegelbildung zwischen die Frontzähne legt.
Sander weist für das Ulmer Modell auf den Unterdruck im Mundraum in Ruhe hin, der sich nach Deglutition ausbildet, sobald physiologische Verhältnisse beim Lippenschluss bestehen oder durch eine elastische Vorhofplatte hergestellt werden (Sander, 1989). Er erkennt, dass in Folge des Unterdrucks die Zunge ihre physiologische Lage am Gaumen in Ruhe einnimmt, und damit überhaupt erst die Voraussetzung für orthognathe Verhältnisse geschaffen wird. Nach Sander darf durch eine „biologisch wirkende Mundvorhofplatte“ - also eine MVP, die mittels des Unterdrucks kinetische Kräfte im Mundraum wiederherstellt - ein ausgebildeter Oberkiefer und eine günstige Beeinflussung der Klasse II/1, des offenen Bisses und der myofunktionellen Dysfunktionen erwartet werden. Sie ist „aktiv“ während des Unterdrucks bei geschlossenem Mund. Die Elastizität des Kunststoffes gehört nach Sander zu den wesentlichen Merkmalen. Dass die prolongierte Phase des intraoralen Unterdrucks im Mundraum mit der aktiven Funktion der MVP korreliert, wurde nachgewiesen (Sander, 1989; Knösel et al., 2010).
Dadurch ergeben sich in der Kieferorthopädie neue therapeutische Möglichkeiten,ursächlichzu behandeln - im singulären (Beispiel siehe Abb. 2 und 3) wie auch im kombinierten Einsatz (Beispiel siehe Abb. 4 und 5) der elastischen MVP.
Abbildung 4: Patientin, jugendliches bleibendes Gebiss, mit Zungendysfunktion
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
Abbildung 5: Dieselbe Patientin. Befund nach kombinierter Therapie aus MBA mit elastischer MVP und MFT. Keine Verwendung von Spikes, vertikalen Gummizügen oder Abschirmelementen (Patientenfall mit Prämolaren-Nichtanlagen und MZ-Erhalt).
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
1.3 Die Shore-Härte von elastischen MVPs
Für die Vorhofplatten aus weichen Materialien ist die Shore-Härte maßgebend. Grundsätzlich gibt es zur Bestimmung der Shore-Härte bei Kunststoffen definierte Messtechniken, jeweils mit einem normierten Durometer-Verfahren und - was hier relevant ist - mit einernormierten Schichtdickeund Temperatur des Werkstoffes. Weiche Materialien werden insbesondere im Verfahren Shore A geprüft, wobei ein spitzer Kegel, der Indenter, in das Material eingedrückt wird. Wenn der Werkstoff so weich ist, dass er den maximalen Eindruck erlaubt, liegt der Messwert für Shore A bei 0. Keine Eindringtiefe hingegen entspricht einer Härte von 100 Shore A. Werte in der Skala Shore A betragen also 0 für gelatinöse Werkstoffe und z.B. 95 für PE-LD. Härtere Kunststoffe werden hingegen in dem normierten Verfahren für Shore D geprüft. Hier erreicht derselbe PE-LD den Wert 40-50 Shore D. Die Skalen für Shore A und Shore D überschneiden sich also.
Soll eine MVP weiche Materialeigenschaften haben, so kommen als Werkstoffe insbesondere PE-LD und seine Abkömmlinge sowie Silikone in Frage. Die Silikone werden bei weniger als Shore A 25 als „weich“ klassifiziert, als „mittel“ bei Shore A 2645 und „hart“ mehr als Shore A 46.
1.4 Ableitung der Hypothese und der Forschungsfragen
Sowohl die neuen Geräteeigenschaften, die damit verbundene Wirkung als auch die damit verbundenen Einsatzgebiete für elastische Vorhofplatten in der Kieferorthopädie erscheinen weitgehend unbekannt.
Lässt sich bestimmen, welche Maße und Eigenschaften eine MVP vorweisen muss, um mit eben dieser therapeutisch relevanten Siegelfunktion und damit verbunden der positiven Beeinflussung der Zungenruhelage einher zu gehen und im klinischen Alltag eingesetzt zu werden?
2 Ziele der Master-Thesis
Aufbauend auf den hier erzielten Angaben zu den spezifischen Materialeigenschaften und Gestaltungsmerkmalen der elastischen konfektionierten Mundvorhofplatten soll herausgearbeitet werden, bei welchen Kennzeichen eine Siegelfunktion durch die Mundvorhofplatte selbst anzunehmen ist, welche Eigenschaften und Maße eine elastische Mundvorhofplatte daher haben sollte und welche Einsatzgebiete und Indikationen sich in der Kieferorthopädie jetzt und in Zukunft daraus ergeben.
Ziel dieser Untersuchung ist es:
-Deskriptivdie in Deutschland erhältlichen elastischen konfektionierten MVPs zu systematisch zu erfassen
-Deskriptivdie in Deutschland erhältlichen elastischen konfektionierten MVPs zu beschreiben
-Vergleichend und empirischdie vorgenannten MVPs zu beschreiben
-Definierenddie wesentlichen Merkmale wie z.B. die shore-Härte zu bestimmen, die wahrscheinlich mit einer Siegelfunktion einhergehen
-Prädikativeine Prognose für technische Merkmale von MVPs mit Siegelfunktion zu machen
-Prädikativeine Systematik der Einsatzgebiete, Indikationen und Kontraindikationen von elastischen MVPs in der Kieferorthopädie zu erstellen
2.1 Hypothese
Es ist prädikativ möglich, Angaben zu den Maßen, der Härte und den Gestaltungsmerkmalen zu machen, die eine elastische Mundvorhofplatte braucht, um eine Siegelfunktion auszubilden(H1).
Es ist prädikativ möglich, eine Prognose für künftige, erweiterte Einsatzgebiete von elastischen MVPs in der Kieferorthopädie zu machen(Nebenhypothese, H2).
2.2 Fragestellungen
Zur Beantwortung der Hypothesen in der Diskussion (Kapitel 5) werden folgende Fragen bearbeitet:
- Welche Maße, Eigenschaften und anderen technischen Merkmale sind geeignet, um eine konfektionierte elastische MVP zu beschreiben? (Kapitel 5.1)
- Inwiefern ist die Elastizität relevant für die Wirkung? (Kapitel 5.2)
- Gibt es bei der Gestaltung der neuen elastischen MVPs Zusammenhänge, wie z.B. zwischen der Shore-Härte und der Ausdehnung? (Kapitel 5.2)
- Bei welchen Merkmalen ist eine Siegelfunktion der Mundvorhofplatte im Lippensiegelsystem anzunehmen? (Kapitel 5.3)
- Passen Vorhofplatten auch im permanenten Gebiss und ist eine Unterdruckbildung wahrnehmbar? (Kapitel 5.3)
- Welche Merkmale sind relevant für die Indikation und die Wirkungsweise? (Kapitel 5.4)
- Welche Einsatzgebiete und therapeutische Möglichkeiten sind für elastische MVPs denkbar? Und welche Rückschlüsse ergeben sich aus der Siegelfunktion elastischer Mundvorhofplatten für weitere Therapieoptionen von Kindern und Erwachsenen in der Kieferorthopädie? (Kapitel 5.4.1)
- Welche Rückschlüsse ergeben sich aus der Siegelfunktion elastischer Mundvorhofplatten für die Therapieoptionen in anderen Fachbereichen? (Kapitel 5.4.2)
- Gibt es Einschränkungen, also Kontraindikation und Nebenwirkungen der konfektionierten elastischen MVP? (Kapitel 5.4.3)
- Wie sind die elastischen MVPs mit Siegelfunktion im aktuellen fachlichen Stand zu bewerten? (Kapitel 5.5)
- Welche Maße und Gestaltungsmerkmale erscheinen auf Basis der Datenanalyse empfehlenswert für die künftige Gestaltung von MVPs mit Siegelfunktion? (Kapitel 5.6)
- Können die vorhandenen MVPs überhaupt von Erwachsenen getragen werden? (Kapitel 5.6.2)
- Welche Einsatzgebiete und therapeutische Möglichkeiten sind für elastischen Mundvorhofplatten denkbar? (Kapitel 5.6.2)
3 Material und Methoden
3.1 Definition einer Mundvorhofplatte
Akhoon ordnet die Mundvorhofplatte - synonym: „Vorhofplatte“ oder auch „vestibuläres Schild“ (engl.: „vestibular screen“ oder auch „oral screen“) innerhalb der Klassifikation der kieferorthopädischen Therapiegeräte ein: demnach gehören sie in der Klassifikation nach Tom Graber zu den myofunktionellen Geräten der Gruppe C und in der Klassifikation nach Proffit zur Klasse 4, den “Tissue-borne active appliances“ (Akhoon et al., 2021). Darüber hinaus werden sie als funktionskieferorthopädisch wirksames Gerät eingestuft (Witt, 1966; Witt, Kühr, 1969; Hotz, 1980). Definiert wird in dieser Arbeit „Mundvorhofplatte“ als ein Schild, das labial und gegebenenfalls bis buccal flächig im oralen Vestibulum liegt. Sie folgt in ihrer Ausdehnung störungsfrei dem Mundvorhof, d.h., ihre Ausdehnung ist horizontal größer als vertikal. Dabei kann die horizontale Ausdehnung (Länge bis zu den Prämolaren oder gegebenenfalls den Molaren) unterschiedlich lang und die Transversale (Breite im Prämolarenbereich oder Molarenbereich) unterschiedlich breit gestaltet sein. Es können Ergänzungen am Schild vorhanden sein, die nach interlabial ragen (z.B. als Griff, als Schnullerplatte, als Steg, als ergänzendes Lippenberührungs- oder trainingsteil) oder nach interdental (als frontales oder seitliches Aufbisselement).
Jedoch Behandlungsgeräte, die die Zähne bis nach lingual großflächig umgreifen, so dass ein zweites, linguales Schild („double oral shield“) ausgebildet wird, wie z.B. beim Myobrace-Gerät, fallen nicht unter diese Definition.
Für die kieferorthopädische Therapie in Deutschland ist die Mundvorhofplatte definiert als ein „Hilfsmittel zur Beseitigung von Funktionsstörungen“ zur Anwendung durch einen Zahnarzt (BZAEK, 2012). Dies schließt nicht aus, dass sie zum Zweck der orthodontischen oder funktionskieferorthopädischen Therapie zum Einsatz kommt - folglich aber nur im Rahmen eines kieferorthopädischen Gesamtkonzeptes.
Des Weiteren ist ein vestibuläres Schild für dienächtlicheAnwendung entsprechend der aktuellen Medizinprodukte-Verordnung als Medizinprodukt der Klasse I definiert1.
3.2 Erfassung aller Mundvorhofplatten
Alle bis Mai 2023 in Deutschland zu erfassenden konfektionierten elastischen Mundvorhofplatten wurden in diese Studie aufgenommen. Erschwert wurde diese Erfassung, da der Fachbegriff „Vorhofplatte“ nicht von allen Herstellern für ihre Mundvorhofplatten verwendet wird; z.T. werden sie im logopädischen aber auch im kieferorthopädischen Handel anders genannt wie z.B.
- “Intercepteur labial”, „Funktionskieferorthopädisches Gerät“, „Functional éducation device“, „Dispositiv d'éducation fonctionelle” (Orthoplus),
- Lippen-Wangen-Zungen-Trainer (LWZ-Trainer n. Codoni),
- „Mundschild“2, “Trainingsgerät“3, „Membran“4
- Entwöhnungssauger (Dentistar Stoppi)
- Vakuumaktivator (Silencos, Bredent)
Es gibt aber nicht nur ganz verschiedene Bezeichnungen für elastische Mundvorhofplatten, sondern sie werden herstellerseits auch für ganz verschiedene Zielgruppen empfohlen - für Kieferorthopäden im Dentalhandel und logopädischen Handel, für Logopäden und Laien im Logopädie-Bedarf, freiverkäuflich für Patienten zur Eigentherapie bzw. für die Anwendung bei Säuglingen und Kleinkindern. Eine Übersicht über die aktuell vorhandenen Mundvorhofplatten existiert nach Kenntnis des Autors bisher nicht.
Um eine Liste der in Deutschland erhältlichen Mundvorhofplatten zu erstellen, wurde im Angebot der Händler für professionellen Kieferorthopädie-Bedarf und LogopädieBedarf gesucht, außerdem im nicht-professionellen Online-Handel und schließlich noch in der wissenschaftlichen Literatur. Dabei wurden die konfektionierten elastischen Mundvorhofplatten eruiert, die in der vorliegenden Arbeit in Kapitel 3.3.4 aufgelistet sind.
3.3 Untersuchungsdesign
3.3.1 Aufgaben
Die Parameter der konfektionierten elastischen Mundvorhofplatten hinsichtlich Größe, Form, Materialeigenschaften sowie die Indikationen wurden beschrieben und verglichen. Ergänzend wurde nach entsprechenden Informationen aus der Literatur gesucht. Im Verlauf der Studie wurde die Datenerhebung ausgeweitet auf Passung und Unterdruckbildung.
3.3.2 Aufbau der Studie
Die in 3.3.4 gelisteten Vorhofplatten wurden systematisch beschrieben und verglichen. Ihre Eigenschaften wurden jeweils der Listung folgend in verschiedenen Tabellen und Diagrammen dargestellt. Diese umfassten:
In Tabelle 3: Metrik
- Größe/ Ausdehnung: Länge, Höhe, Dicke - metrisch in mm
In Tabelle 4: Form
- Anatomische Gestaltung, Aussparung für Lippen- und Zungenbändchen
- Besonderheiten, ergänzende Formteile z.B. interlabialer Griff, Aufbisselement
In Tabelle 5: Materialeigenschaften
- Material (z.B. Silikon)
- Shore-Härte
In Tabelle 6: Fachbereich und Indikation
- Verortung im Fachbereich
- Indikationen für eine Therapie mit MVP
- Empfohlenes Alter
In Tabelle 7: Anwendung
- Anwendungsempfehlungen
- Tragezeitempfehlung
Die Tabellen 8 und 9 zur Passung im adulten Gebiss und dem Verhalten der MVP während des Schluckvorganges waren erforderlich, da - wie sich zeigte - eine rein optische und metrische Beurteilung der Größe nicht ausreicht, um zwischen einer konfektionierten elastischen MVP für Kinder oder Erwachsene zu unterscheiden und um zu beurteilen, ob die MVP überhaupt von einem Patienten getragen werden kann. Auch die rein optische Beurteilung der anatomischen Gestalt genügt nicht, um eine valide Aussage darüber machen zu können, ob die MVP funktionsfähig und anhaltend gut passend ist und ob die gegebenen Maße des Schildes tatsächlich zum kieferorthopädischen Einsatz mittels Unterdruckbildung geeignet sind. Auch zum Patientenfeedback hinsichtlich solcher Probleme wie Compliance (Optik der MVP), Druckstellen, Speichelaustritt bei konfektionierten elastischen MVPs sind dem Autor keine Angaben bekannt. Daher wurden sowohl die Passung als auch die wahrgenommene Unterdruckbildung empirisch in einer kritischen Prüfung durch professionelle Anwender beschrieben. Die befragten Professionellen wurden über den Zweck diese Studie mit einem Medizinprodukt und die anonymisierte Veröffentlichung ihrer Angaben informiert; ihr schriftliches Einverständnis wurde gegeben (siehe §23 MPG5). Vorab erfolgte eine eingehende Aufklärung zu dieser Studie im Rahmen der Masterthesis, zum Zweck dieser Befragung und ein schriftliches Einverständnis zur Befragung und zur Veröffentlichung der Angaben. Damit wurde die ethische Prämisse gewahrt, dass die Teilnahme an der Studie bewusst und frei auf der Basis aller nötigen Informationen erfolgte.
Die Fragestellungen lauteten: „Ist die MVP für Sie tragbar? D.h., könnten Sie sich vorstellen, diese MVP eine Stunde im Mund zu belassen und währenddessen als gut passend, angenehm und nicht schmerzhaft zu empfinden? Wenn nein, weshalb nicht?“ und „Ist bei eingesetzter MVP nach dem Schluckvorgang subjektiv ein Unterdruckaufbau spürbar?“ Hierbei durfte jede MVP in Ruhe während ca. 5 Minuten anprobiert und der Schluckvorgang durchgeführt werden.
In Tabelle 8: Passung der MVP im eugnathen adulten Gebiss (Prüfung durch professionelle Anwender, n=4)
- Beschreibung der Passform durch vier erwachsene, professionelle Anwender (3 Zahnärzte, 1 ZFA) im unmittelbaren Vergleich der Vorhofplatten
In Tabelle 9: Unterdruckbildung mit MVP beim physiologischen Schluckvorgang im eugnathen adulten Gebiss ( Prüfung durch professionelle Anwender, n=4)
- Beschreibung des wahrgenommenen Unterdrucks mit MVP beim Schluckvorgang durch vier erwachsene, professionelle Anwender mit physiologischer Zungenfunktion (3 Zahnärzte, 1 ZFA)
3.3.3 Durchführung
Für die Datengewinnung wurden die Hersteller vom Autor schriftlich um die technischen Angaben zu den elastischen Mundvorhofplatten entsprechend der Daten zu Tabelle 1 bis 7 gebeten.
Diese Firmen oder Personen wurden kontaktiert: Dentaurum, Hinz Dental, Berndsen medical, S. Codoni, Dentistar, Salvaris Dental, Ortho Organizers, Orthoplus, Mykie, Bredent.
Sofern Angaben fehlten und diese daher noch durch eigene Messungen zu ergänzen waren, erfolgten sie mit der kieferorthopädischen Schieblehre „Zürcher Modell“ auf 0,1 mm genau, wobei die Distanzen an den elastischen Geräte spannungsfrei abzunehmen waren, und die Länge der gekrümmten Geräte wurde mit Maßband mit 1mm-Skala abgelesen. Die Art der Datengewinnung wird daher in den Tabellen spezifiziert.
Sofern die Herstellerangaben (z.B. Geräteplanung in einer Produktzeichnung) von den eigenen Messungen deutlich abwichen, wurden die eigenen Messungen herangezogen.
Das Erscheinungsjahr der MVPs wurde ergänzend erfragt oder der jeweiligen Webseite entnommen.
Nach den o.g. Geräten wurde sowohl bei verschiedenen Händlern für logopädischen Bedarf gesucht (Prolog-Shop, K2-Verlag, Logobeda) als auch bei Händlern für kieferorthopädischen Bedarf (Ormco, Ortho Organizers, Dentaurum, Smile Dental) und im Internet (Amazon). Hier wurden bei den Händlern die Suchbegriffe Mundvorhofplatte, Stoppi, Muppy, Ulmer Modell, Membran, Intercepteur, Orthoplus, Dentistar, Entwöhnungssauger oder Faceformer verwendet. Die Vorhofplatte „Silencos“ von Bredent, die insbesondere zur Unterdruckmessung geeignet ist, wurde erst im Rahmen der Literaturrecherche gefunden (Engelke, Engelke, 2007).
Danach wurden in der KFO tätige Professionelle gebeten, die verfügbaren Vorhofplatten selbst kritisch zu überprüfen. Diese vier Erwachsenen mit Kl.I beidseits im eugnathen Gebiss und physiologischer Zungenfunktion waren im Umgang mit Vorhofplatten bereits vertraut.
3.3.4 Datenerhebung
Eingeschlossen wurden alle konfektionierten elastischen Mundvorhofplatten, d.h. Vorhofplatten, deren Material weich und flexibel genug ist, um der SkalaShore Azuzugehören.
Ausgeschlossen wurden alle harten Mundvorhofplatten, d.h. solche Vorhofplatten, deren Härte nicht mit einem Wert für Shore A angegeben werden kann.
Die Datenerhebung für den Vergleich bezog sich auf die Merkmale dieser Mundvorhofplatten (hier angegeben mit Hersteller oder Bezugsquelle):
- MVP Ulmer Modell (Dentaurum) in zwei Größen
- Stoppi Entwöhnungssauger (Hinz Dental)
- Muppy Standard transparent elastisch (Hinz Dental) in zwei Größen
- Muppy Standard transparent elastisch mit Kappe (Hinz Dental) in zwei Größen
- MVP Dentistar Stoppi Entwöhnungssauger (Amazon)
- MVP Faceformer nach Berndsen (Prolog-shop),
- MVP Faceformer-Zero nach Berndsen (Prolog-shop),
- MVP Intercepteur labial Standard (Orthoplus/ Ortho Organizers)
- MVP Intercepteur labial 2 Steps (Orthoplus/ Ortho Organizers)
- MVP Intercepteur labial Pédiatrique (Orthoplus/ Ortho Organizers)
- MVP Intercepteur labial Pédiatrique avec Butée (Orthoplus/ Ortho Organizers)
Die Mundvorhofplatte Muppy Standard transparent elastisch mit Perle oder Zungengitter (Hinz Dental) wurde nicht erfasst, da die Angaben zu Größe und Material denen der anderen MVPs aus dem Muppy-Sortiment entsprechen dürften.
Der Faceformer nach Berndsen in seiner ursprünglichen Gestalt findet sich aktuell, nachdem der „Faceformer Zero“ auf den Markt gekommen ist, auch als „Faceformer One“ im Handel. Das ursprüngliche Medizinprodukt „Faceformer“ ist nach unserer Kenntnis also identisch mit dem „Faceformer One“. Im Patentregister ist diese Mundvorhofplatte definiert als ein Gerät, „bestehend aus einem vestibulären Schild mit einem von dessen Frontseite abragenden Lippenkeil.“ (Berndsen, 1998). Kopp beschreibt ihn als „konventionelle Vorhofplatte“, den man mit wirksamen Übungen kombinieren kann (Kopp et al., 2004).
Der LWZ-Trainer nach Susanne Codoni konnte in diese Arbeit nicht eingeschlossen werden, da der LWZ herstellerseits in einer neuen Form auf den Markt kommt und daher aktuell noch nicht verfügbar ist (Auskunft des Herstellers). Nach Meinung des Autors sollte der LWZ-Trainer jedoch in künftigen Studien zu Vorhofplatten inkludiert sein.
Ebenfalls nicht eingeschlossen wurde die noch nicht erhältliche konfektionierte elastische Mundvorhofplatte „Myosolver“ (Salvaris Dental).
Nicht mehr im Vertrieb war laut Auskunft des Herstellers ist die Vorhofplatte „Silencos“ von Bredent. Beim Silencos sind in das vestibuläre Schild Zugänge für Sonden zur Unterdruckmessung eingearbeitet. Zusätzlich ragt ein Knopf zwischen den Lippen hervor, in den eine Membran eingearbeitet ist. Der orale Unterdruck wird visualisiert, indem sich die Membran einwölbt (siehe Abbildung des Silencos von Bredent6)
3.3.5 Stichworte und Datenextraktion aus der Literatur
Die Literatursuche bezog sich auf wissenschaftliche Veröffentlichungen zu konfektionierten elastischen Mundvorhofplatten und ihren Einsatz in der Kieferorthopädie. Es wurde nach folgenden Angaben gesucht:
- Wirkungsweise, Unterdruckbildung und Siegelfunktion
- Erforderliche technische Kennzeichen
- Indikation, Anwendung bei Erwachsenen
Diese Suche wurde in Pubmed durchgeführt, englisch oder deutsch. Da auch möglicherweise „vergessene“ Studien zum Unterdruck eingeschlossen werden sollten - man denke an die bereits genannte Veröffentlichung von Sander 1989 - wurde die Suche zeitlich nicht eingeschränkt. Aufgrund der äußerst geringen Zahl von in PubMed gelisteten wissenschaftlichen Veröffentlichungen in dieser Recherche, wurde die Suche sodann ausgeweitet auf Google Scholar.
In der Recherche erwies es sich als relevant, dass für das Wort „Mundvorhofplatte“ in der englischen Fachliteratur realiter mehrere Ausdrücke gebraucht werden - „oral screen“, „vestibular shield“, „atrial plate“ (Giacometti 1947) und weitere Varianten. Selbst die Fachübersetzung war nicht richtungsweisend (Tabelle 1).
Tabelle 1: Suchbegriffe und englische Übersetzungen
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Fachübersetzung durch ORBIS Fachübersetzungen, Mönchengladbach
Außerdem kam es vor, dass die definitionsgemäße Vorhofplatte in wissenschaftlichen Artikeln gar nicht als Vorhofplatte bezeichnet wurde, sondern ausschließlich mit einem Handelsnamen. Wegen der Vielzahl der möglichen Namensgebungen mussten die gelisteten Literaturstellen dahingehend überprüft werden, ob sie sich tatsächlich auf eine Mundvorhofplatte beziehen.
Maßgeblich für die Literaturrecherche der vorliegenden Arbeit sind die in Tabelle 2 genannten Stichwörter.
Tabelle 2: Definition der Suchbegriffe
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
3.4 Erwartete zentrale Outcomes
Entsprechend der HypotheseH1und NebenhypotheseH2:
a) Primäres Outcome:
Es wird eine Übersicht über die in Deutschland erhältlichen Mundvorhofplatten erstellt, die systematisch alle technischen Merkmale auflistet. Neben derBeschreibungder elastischen Mundvorhofplatten führt derVergleichder technischen Daten schließlich zurDefinitionder konkreten wesentlichen Parameter einer elastischen Mundvorhofplatte, die sie für die Siegelfunktion aufweisen sollte.
b) Sekundäres Outcome:
Eine Übersicht und Systematik der Indikationen und Kontraindikationen, einePrognosezu erweiterten und interdisziplinären und altersabhängigen Anwendungsmöglichkeiten der elastischen Mundvorhofplatten in der KFO sowie Anregungen für künftige Behandlungsregimes in der Profession sind als zusätzlicher Gewinn der Untersuchung zu erwarten.
4 Ergebnisse
4.1 Ergebnisse der Datensammlung
4.1.1 Metrik - Daten und Datenanalyse
Tabelle 3: Metrik.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Anmerkungen:
(1) Herstellerangabe
(2) eigene Messung
Die horizontale Ausdehnung der elastischen konfektionierten MVPs rangiert zwischen 68,5 mm und 83,5 mm (siehe auch Diagramm Abb. 6).
Die Dicke des elastischen Schildes beträgt mindestens 2,0 mm und maximal 3,3 mm.
Die transversale Breite an der Außenfläche des vestibulären Schildes beträgt bei einer gerundeten Form des Schildes endständig 47,6 mm bis 60 mm, oder sie fällt variabel größer aus, wenn das flexible Schild weniger rund oder ganz flach gestaltet ist.
Abbildung 6: Länge der vestibulären Außenfläche von elastischen Vorhofplatten
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
In der Vertikalen erreichen die elastischen Mundvorhofplatten eine maximale Höhe von 19,8 mm bis 32,7 mm. Jedoch im Bereich des Lippenbändchen, also in der Sagittal- Median-Ebene, ist die Vertikale bei allen Modellen reduziert. Dort rangiert die Höhe nur von 13,2 mm bis 25,8 mm (Abbildung 7).
Es gibt also Modelle, bei denen die zur Schonung des Lippenbändchens eigentlich reduzierte Höhe sogar noch größer ist als bei anderen Modellen die Gesamthöhe.
Abbildung 7: Höhe der elastischen MVPs im Vestibulum - maximal (orange) und sagittal-median im Bereich des Lippenbändchens (rosé)
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Die Muppy-Modelle ohne und mit Käppchen sind in der Dicke nicht ganz identisch; der Dickenunterschied von 2,9 mm versus 3,3 mm ist auch im Bild erkennbar.
Abbildung 8: MVP Muppy Gr. II ohne und mit Käppchen
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
4.1.2 Form - Daten und Datenanalyse
Tabelle 4: Form
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Alle Modelle folgen der anatomischen Form des Vestibulums bezogen auf die okklusale Transversalebene. Alle Vorhofplatten berücksichtigen ebenfalls das Lippenbändchen. Die Größe der Aussparung für das obere Lippenbändchen korreliert bei allen Modelle mit der Aussparung für das untere Lippenbändchen. Dadurch können die meisten Modelle auchvice versagetragen werden, d.h., „oben“ und „unten“ der MVP sind gleich und tauschbar. Ungleiche Elemente für OK und UK finden sich nur bei dem Modell Muppy mit Kappe und den Intercepteur-Modellen.
Ergänzende Formteile sind seitliche Aufbisse, eine frontale Kappe mit Aufbiss oder eine Aufbissstufe sowie nach extraoral ragende, ganz unterschiedlich gestaltete Elemente .
Die Aufbisslemente des Stoppi finden beidseits okklusalen Kontakt zu den Canini (Abb. 9).
Das frontale Käppchen bietet relativ mehr Tiefe als die sagittale Tiefe der unteren Incisiven beträgt (Abb. 10).
Die Muppy-Geräte unterschieden sich durch die Farbe des Ringes: rot für Kinder bis 4 Jahre, blau für die älteren Kinder (Abb. 11).
Abbildung 9: Ergänzende Formteile beim Stoppi mit Aufbisselementen
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
Abbildung 10: Ergänzende Formteile beim Muppy Gr. I mit Käppchen
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
Abbildung 11: Ergänzende Formteile beim Muppy Gr. II mit Käppchen
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
Abbildung 12: Ergänzende Formteile beim Ulmer Modell
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
Das Gerät „Ulmer Modell“ ist inclusive des Ringes komplett einstückig hergestellt (Abb. 12).
Abbildung 13: Ergänzende Formteile beim Faceformer One nach Berndsen mit dem interlabialen Traktionskeil.
Dieses interlabiale Aufpresselement ist relativ großvolumig im Vergleich zu den vorher gezeigten extralabialen Ringen und besitzt einen inneren Hohlraum (Abb. 13).
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
Abbildung 14: Ergänzende Formteile beim Faceformer Zero nach Berndsen
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
Faceformer One und Faceformer Zero sind größenidentisch. Jedoch wegen der sehr geringen Shore-A-Härte kann der Faceformer Zero nicht formstabil stehen (Abb. 14). Nach der Definition der Shore-A-Härten ist er als „weich“ zu klassifizieren. Allerdings ist durch den angesetzten Traktionskeil bei beiden Faceformern die Schichtdicke nicht durchgängig gleich, sondern sogar sehr hoch.
Abbildung 15: Ergänzende Formteile beim Intercepteur labial Standard und Intercepteur labial 2 Steps
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
Beide Intercepteur-Geräte haben interlabial einen relativ breiten und relativ tiefen Steg (Abb. 15).
Abbildung 16: Labiale Ansicht Stoppi mit interlabialer verlaufender Verdickung
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
Die beiden Vorhofplatten mit der Funktion “Entwöhnungssauger“, die lingual seitliche Aufbisselemente besitzen, weisen interlabial eine zirkulär verlaufende Verdickung auf (Abb. 16 und Abb. 23).
Abbildung 17: Vergleich von Stoppi mit der interlabialen Verdickung und Muppy Gr. I ohne interlabiale Verdickung
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
Im Vergleich von Stoppi und Muppy zeigt Stoppi eine etwas größere vertikale Höhe und eine tiefere Aussparung für die Lippenbändchen, zusätzlich besitzt Stoppi die interlabiale Verdickung.
Abbildung 18: Ergänzende Formteile beim Intercepteur labial Pédiatrique und Intercepteur labial Pédiatrique avec butée
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
Die beiden Intercepteur-Vorhofplatten speziell für die pädiatrische Anwendung weisen einen interlabialen Steg auf, der mit einer schmalen Verlängerung zu einem „Mäuschenkopf“ führt. Die Variante „avec butée“ ist lingual mit einem Käppchen ergänzt (Abb. 18).
4.1.3 Vergleich von Faceformer und Muppy Gr. 2
Zum besseren Vergleich wurden die distalen Enden des flachen, flexiblen Schildes des Faceformers mit der Messlehre gehalten (Abb. 19); hierdurch rundet sich das ganze Schild, jedoch mit Ausnahme des Frontsegmentes. Sichtbar ist, dass sich der Faceformer rundet, jedoch nicht im Bereich des Traktionskeiles, denn dieser ist direkt am Schild 22,5 mm breit und 12,2 mm hoch ist. In der Front verläuft Muppy gerundet und der Faceformer flach.
Die Elastizität wurde beim Faceformer größer gewählt. Sie beträgt Shore A 30 beim Faceformer One und Shore A 70 beim Muppy. Die horizontale Ausdehnung ist mit 80 mm (Faceformer) und 78 mm (Muppy Gr. 2) fast identisch. Die maximale Höhe im Vestibulum ist beim Faceformer deutlich größer. Die Abbildungen 20 und 21 lassen die zusätzliche vertikale Höhe durch den Traktionskeil erkennen.
Abbildung 19: Aufsicht auf links die MVP Faceformer (eingestellt auf transversale
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Abbildung 20: Ansicht von vorn, links der Faceformer (gehaltene transversale Breite
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Abbildung 21: Innenseiten, hier ist rechts der Faceformer (gehaltene transversale
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
4.1.4 Materialeigenschaften - Daten und Datenanalyse
Tabelle 5: Materialeigenschaften
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Ergänzende Angaben der Hersteller im Originalwortlaut:
(1) Herstellerangabe
(2) „Der FaceFormer wird bei einer Temperatur 250 Grad gefertigt und anschließend 8 Stunden getempert (wichtig für die Zulassung von Medizinprodukten).“ (Herstellerangabe).
(3) „PVC is specific for this use, without phthalates and bisphenols and we are made test for the biocompatibility.” (Herstellerangabe)
(4) Herstellerangabe zu Silopren 2670: Vinylgruppenhaltiges Polydimethylsiloxan mit Platinkatalysator und Inhibitoren (Herstellerangabe)
Für die Vorhofplatten mit elastischer Qualität kommen Silikone, PVC und PolyetherPolyurethan zum Einsatz. Die Shore-Härten bewegen sich zwischen Shore A 20 und Shore A 87. Letztere lässt sich bereits auch auf der Shore-D-Skala angeben, ist also nicht so weich. Die weichste Vorhofplatte, der Faceformer Zero, weist mit Shore A 20 die größte materialbasierte Anschmiegsamkeit auf.
Eine relativ hohe Weichheit kommt mit Shore A 50 auch dem Dentistar Stoppi zugute. Beide Stoppi-Entwöhnungs-MVPs verfügen über eine niedrige sagittalmediane Höhe und damit eine sehr gute Berücksichtigung des Lippenbändchens. Jedoch ist die Shore-A-Härte der jüngeren Dentistar-Stoppi-MVP niedriger, d.h., Weichheit und Anpassungsfähigkeit des Dentistar sind vergleichsweise größer (Abb. 23). Positiv fällt beim Dentistar Stoppi zudem auf, dass er auch im frontalen Segment als weich eingestuft werden kann und eben auch frontal eine Rundung aufweist.
Abbildung 22: Die Shore-A-Härten von elastischen MVPs
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Abbildung 23: Vergleich von Dentistar Stoppi Entwöhnungssauger und Hinz Stoppi Entwöhnungssauger
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigen
Abbildung 24: Der Zusammenhang von Härte und Schichtdicke der Vorhofplatte.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Diese Verteilung spricht für eine Korrelation zwischen Shore-A-Härte und Dicke der MVP: Je größer die Härte, desto größer die Schichtdicke des vestibulären Schildes. Die jüngste MVP, der Faceformer Zero, hat die geringste Härte und mit 2,2 mm wurde eine relativ geringe Dicke des vestibulären Schildes gewählt (Abb. 24).
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung Die vestibuläre Ausdehnung des Schildes in der Horizontalen geht anscheinend nicht mit einer bestimmten Shore-A-Härte einher (Abb. 25).
Es ist eine Tendenz erkennbar, wonach die Shore-A-Härte und die Schichtdicke bei den jüngeren Modellen eher geringer gewählt wurde (Abb. 26). Für eine geringere Shore-A-Härte erscheinen die Silikone insbesondere geeignet.
Abbildung 26: Erscheinungsjahr und Shore-A-Härte der Vorhofplatten
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
4.1.5 Fachbereich und Indikation - Herstellerangaben und Datenanalyse
Tabelle 6: Fachbereich und Indikation
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle:eigene Erstellung
Datenanalyse zu Fachbereich und Indikation
Herstellerseits wird die Vorhofplatte überwiegend für die KFO-Prävention bei Kindern ab 3 Jahren bis ins Einschulungsalter angeboten. Es geht um die Elimination unerwünschter Kräfte durch schädliche Gewohnheiten, wie z.B. beim Fingerhabit („interzeptive Therapie“), und den pathologischen funktionellen Konstellationen; genannt werden Zungendysfunktionen, Sprechfehler, Mundatmung, inkompetenter Lippenschluss. Auch die sinnvolle Ergänzung der kieferorthopädischen Therapie einerseits mit MFT andererseits wird aufgeführt.
Des Weiteren wird die Mundvorhofplatte herstellerseits empfohlen, um deren kieferorthopädisch wirksame Kräfte aktiv zu nutzen. Hier werden dentale und funktionskieferorthopädische Indikationen genannt, und zwar die protrudiert stehenden oberen Schneidezähnen, die vergrößerte Frontzahnstufe und die Rücklage des Unterkiefers mit Frontzahnstufe. Die Altersempfehlung bezieht sich auf Schulkinder und teilweise auch auf Erwachsene.
Außerdem wird die Schnarchproblematik als Indikation aufgeführt, bis hin zur Schlafapnoe, diversen Hals-Nasen-Ohren-ärztlichen Indikationen und die CMD.
Darüber hinaus werden Indikationen für denoff-label-usevon Vorhofplatten aufgeführt. Das heißt, die Mundvorhofplatte wird auch für nicht-kieferorthopädische Therapien durch andere Anwender und Laien angeboten. Dies sind neben allen vorgenannten Indikationen die Behandlung von Dysphagien, neurologisch bedingten myofunktionellen Störungen und die kosmetische Anwendung.
4.1.6 Anwendung - Herstellerangaben und Datenanalyse
Tabelle 7: Anwendung
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
(5) Ergänzende Angaben für das Ulmer Modell von Sander: Beseitigen der Mundatmung, Abgewöhnen von Habits, Einflussnahme auf die Zahnbögen durch eine Veränderung des muskulären Gleichgewichtes, Korrektur von Stellungsanomalien der Frontzähne und zur frühen Behandlung von Distalbissen, Stärkung M. orbicularis oris, günstige Beeinflussung des Schluckaktes, Retrusion von protrudiert stehenden Zähnen. Beobachtung des Schluckaktes durch die transparente MVP hindurch und damit günstige Patientenmotivation. Ergänzung mit myofunktionellen Übungen (Sander, 1989). Ergänzende Angaben aus dem Dentaurum-Patientenprospekt: „Unterdruck und Muskelaktivität bringen die Zahnbögen in Idealform“.
(6) Angaben entnommen aus GRABOWSKI et al. 2009
(7) Angaben des Herstellers auf der Webseite: „Die vorgesehene nächtliche Anwendung erfolgt nicht nur zur vorübergehenden Verhinderung der Störung, sondern hauptsächlich zur Umstellung von Fehlfunktionen und Gewohnheiten. [...] Erfolgreiche FaceFormer Therapie setzt das Einhalten des Übungsprogramms am Tage und die nächtliche Anwendung des FaceFormer voraus. Ausschließlich nächtliche Anwendung des FaceFormers kann lediglich den akuten Prozess positiv beeinflussen.“7Der Hersteller empfiehlt den Faceformer auch zum Tragen während der Nacht, wenn bei einem Schnarcher der therapeutische Effekt „nur durch den Unterdruck“ bewerkstelligt wird.
(8) Die kieferorthopädische Wirkung des Faceformers wird vom Hersteller erwähnt und die Anwendung des Faceformers für Kieferorthopäden explizit bei „Zahnfehlstellungen“ wird vom Hersteller empfohlen. So heißt es auf der Webseite: „Produktinformationen "FaceFormer ONE - Vorteilspaket X. Dieses Sparangebot sollten sich Sparfüchse unter den Zahnärzten, Kieferorthopäden, Logopäden und Physiotherapeuten nicht entgehen lassen.“8Im Fortbildungskurs für Therapeuten wurde von Berndsen erklärt, dass ein kieferorthopädischer Effekt beim Faceformer dadurch entsteht, dass insbesondere „Druck auf vorstehende Zähne“ durch die „Membran“ abgegeben wird und es durch die Unterdruck-Bildung im Mund zu einer kieferorthopädischen Wirkung kommt (Online-Seminar am 18.11.2022). Er empfahl den Faceformer für die kieferorthopädische Therapie beim offenen Biss (ebd.). Er empfahl den Therapeuten, nur kieferorthopädische Geräte zu verwenden, die sich „außerhalb der Zähne“ befinden und riet ab von kieferorthopädischen Geräten „innerhalb der Zähne“ wie z.B. einem Bionator. Er sagte: „Alles, was in den Mund geht, ist gefährlich!“ (ebd.). Er empfahl den Faceformer insbesondere zur frühen und ursachenbezogenen Therapie (ebd.).
(9) Angabe des Herstellers: „Most of the time the treatment time is 6 month and sometimes could be 1 year. The pediatric version is sometimes loved by the youngest patient as a pacifier and be kept longer.”
Ausnahmslos alle Vorhofplatten werden für die nächtliche Anwendung empfohlen. Die regelmäßige nächtliche Tragezeit bezieht sich insbesondere auf die Umstellung von Fehlfunktionen, die kieferorthopädische Korrektur von Zahnfehlstellungen oder die nötige Unterdruckbildung, um das velare Schnarchen zu beseitigen. Am Tag werden wenige Minuten bis hin zu 2 Stunden Tragezeit empfohlen; hierbei geht es stets um die Anwendung eines myofunktionellen Trainings, während gleichzeitig die Vorhofplatte verwendet wird.
Die empfohlene Therapiedauer liegt überwiegend bei 2-6 Monaten, für die Intercepteur-MVPs bei 6-12 Monaten. Die Vorhofplatte Dentistar Stoppi, die gezielt den Schnuller ablösen soll und daher so gestaltet ist, dass sich ein frontal offener Bis schließen kann, wird nur für eine maximale Anwendung von 1-2 Monaten empfohlen. Bei den Vorhofplatten, die gegen das velare Schnarchen dienen sollen, fand sich kein Hinweis darauf, dass sie für immer getragen werden müssen, kein Hinweis auf mögliche dentale Nebenwirkungen und kein Hinweis auf die notwendige zahnärztliche Begleitung und schafmedizinische Abklärung.
4.1.7 Passung - Empirische Prüfung und Datenanalyse
Tabelle 8 enthält die Ergebnisse zu Passung der Vorhofplatten im eugnathen adulten Gebiss. Die Prüfung der Passung erfolgte durch professionelle Anwender.
Fragestellung: Ist die MVP für Sie tragbar? D.h., könnten Sie sich vorstellen, diese MVP eine Stunde im Mund zu belassen und währenddessen als gut passend, angenehm und nicht schmerzhaft zu empfinden? Wenn nein, weshalb nicht?
Tabelle 8: Passung der MVP im eugnathen adulten Gebiss
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Im adulten Gebiss wurde nur die Vorhofplatte „Faceformer Zero“ von allen Teilnehmern als über eine längere Zeit als gut tragbar eingestuft. Danach wurden diese Modelle als relativ gut passend und tragbar empfunden:
- Ggf. Ulmer Modell Gr. 2
- Ggf. Muppy transparent elastisch Gr. 2
- Ggf. Faceformer One
- Mit Einschränkung beide „Entwöhnungssauger“
Bei den anderen Vorhofplatten fiel auf, dass die Ränder des Schildes an den Lippen oder auf dem Alveolarfortsatz spürbar sind und ggf. drücken. Die Schildgröße war - wie zu erwarten - für Erwachsene bei manchen Modellen zu klein. Durch die erheblichen Passungsprobleme bis hin zu Schmerzirritationen wurden die meisten MVPs für einen längeren Gebrauch im permanente Gebiss abgelehnt.
4.1.8 Unterdruckbildung - Prüfung und Datenanalyse
Tabelle 9 enthält die Ergebnisse zur wahrgenommenen Unterdruckbildung bei eingesetzter Vorhofplatten. Die Prüfung erfolgte durch professionelle Anwender mit eugnathem adulten Gebiss.
Fragestellung: Ist bei eingesetzter MVP nach dem Schluckvorgang subjektiv ein Unterdruckaufbau spürbar?
Tabelle 9: Unterdruckbildung mit MVP beim physiologischen Schluckvorgang
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Bei ausnahmslosallenModellen war während des Schluckaktes sofort wahrnehmbar, dass sich ein höherer Unterdruck im Mundraum ausbildet. Danach verblieb ein spürbar hoher Unterdruck, der die Frontzähne aneinander und das vordere Zungendrittel nach oben drückte. Z.T. wurde auch ein Sog des UK nach vorne wahrgenommen. Dieser Zustand verblieb gegebenenfalls über eine längere Zeit, also bis über mehrere Schluckakte. Während dieser Zeit war außerdem Druck auf die Schneidezähne spürbar, der von dem labialen Schild ausgehend auf die oberen Incisivi einwirkte und sich weiter durch einen dichten Kontakt zwischen den oberen und unteren Frontzähnen auch auf die untere Incisivi fortsetzte. Auch dieser interdentale frontale Kontakt wurde auf Dauer als stark empfunden.
Erst wenn sich die Zahnreihen wieder öffneten oder die Zunge willkürlich abgesenkt wurde, löste sich der Unterdruck mit einem Zischgeräusch wieder auf. Dieser Vorgang gestaltete sich bei allen Modellen gleich, sofern sie eine Passform der MVP boten, die ein längeres Tragen ermöglichte.
Die Befragung gab Hinweis darauf, dass die Höhe des Unterdrucks nicht bei allen Modellen gleich ausfällt und möglicherweise eine Abhängigkeit zur Beschaffenheit, Passung und Größe der MVP besteht.
Beim Faceformer One und Zero wurde der Zischlaut als besonders laut empfunden. Dies ist logisch, da die Kiefer weiter geöffnet stehen und somit während des Schluckaktes das Volumen der verdrängten Luft größer ist.
4.2 Ergebnisse der Literaturrecherche
4.2.1 Elastische Vorhofplatten in der wiss. Literatur - Datensuche
Tabelle 10: Literatursuche in PubMed mit mehreren Kombinationen von Suchbegriffen
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Die Kombination insbesondere von „orthodontic“ und „elastic“ erwies sich als nicht zielführend. Es fand sich nur eine einzige Arbeit, die von Schuchard, 1951. Dieser empfahl eine konfektionierte elastische MVP aus Kautschuk; sie sollte 2mm dick sein und bis zum 1. Molaren reichen und bei lutschoffenem Biss eingesetzt werden.
Die Literaturrecherche in PubMed mit den vorgesehenen Kombinationen, z.B. mit den Attributen „soft“ oder „elastic“, orthodontics, myofunctional u.ä. erwies sich als nicht zielführend.
Tabelle 11: Literatursuche in PubMed - Kombination MeSH mit Suchbegriff
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Mit der Kombination des MeSH Orthodontic Appliances, Functional AND elastic* lassen sich - nach Überprüfung der Ergebnisse - keine Veröffentlichungen zu Vorhofplatten finden.
Tabelle 12: Literatursuche in PubMed - Vorhofplatten in der KFO (deutsch)
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Tabelle 13: Literatursuche in PubMed - Vorhofplatten in der KFO (englisch)
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Es fand sich lediglich eine Übersichtsarbeit zu MVPs im allgemeinen von Chaypat et al 2022, wonach die Wirkung weiter zu verfolgen sei. Die Autoren attestieren den Vestibular Shields: „VS may have potential impacts on orthodontic treatment, lips and dental arches, but further high-quality studies are warranted.” (ebd.). Sie unterscheiden nicht nach hartem oder weichem Material.
Es fand sich auch eine prospektive Studie zur Effektivität einer semiflexiblen MVP bei 77 Schnarchern; hier ergab sich ein Benefit bei 77,9 % (Veres, 1993)
Tabelle 14: Literatursuche in PubMed - Kombination von MeSH AND Orthodontic*
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Bei Korbmacher et al (2004), dem einen oben in Tabelle 14 gelisteten Artikel, geht es um „Face Former Therapie“, also ausschließlich um das myofunktionelle Trainieren mit der Vorhofplatte, nicht um die Anwendung als kieferorthopädisches Gerät. Allerdings wird das zusätzliche nächtliche Tragen des Faceformers in dieser Arbeit als „Trainingszeit“ und nicht als kieferorthopädisch wirksame Therapie eingestuft.
Tabelle 15: Literatursuche in PubMed - Kombination mit intraoralem Unterdruck (englisch)
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
In dieser Arbeit von Santander et al - im Team mit Engelke - (2013) konnte mit der für die Unterdruck-Messung geeigneten Vorhofplatte Silencos im Fachbereich HNO der
Unterdruck beim Schlucken von Wasser gemessen werden, der bei median -278,9 mbar lag.
Tabelle 16: Literatursuche in Google Scholar - Literatursuche nach elast. Vorhofplatten in der KFO (englisch)
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
In der einleitend bereits zitierten Übersichtsarbeit von Akhoon (Tabelle 16) findet sich die Klassifikation myofunktioneller Geräte innerhalb der KFO, u.a. der Vorhofplatten.
Zusammengefasst ergab die Literatursuche keine Daten zu den erforderlichen technischen Merkmalen von elastischen Vorhofplatten.
Bei den Indikationen kam die Schnarchproblematik vor, wobei es um die Stabilisierung des Velums am hinteren Zungenrücken ging, die sich aufgrund der Wirkungsweise der MVP einstellt, sowie die orthodontische Indikation.
Im Übrigen fielen wenige Artikel auf, die davon handelten, die kieferorthopädische Therapie bei Schluckstörungen des oralen Aktes mit einer myofunktionellen Therapie zu kombinieren, so z.B. Condo et al., 2012, Saccomanno et al., 2012.
5 Diskussion
Bei eingesetztemflexiblenoralen Schild steigt der intraorale negative Druck an, und zwar sowohl in seiner Höhe als auch in der Dauer (Knösel et al, 2010), woraus die Autoren folgerten, dass eine flexible Vorhofplatte eine geeignete prä-orthodontische Therapiemethode bei einer Kl. II/1 darstellt, indem das gestörte Equilibrium der lingualen und vestibulären Kräfte (Proffit, 1978; ; Thüer et al., 1999) korrigiert wird. Darüber hinaus vergrößert sich die Kontaktfläche der Zunge zum Gaumen bei eingesetzter Vorhofplatte (Engelke et al, 2006). Auch hier wird betont, dass der negative intraorale Druck aufrecht erhalten bleibt, weil sich ein posteriores oropharyngeals und anteriores labiales Siegel aufgrund der „evacuation of the oral cavity“ ausbildet (Engelke and Hoch, 1999). In den Untersuchungen mit eingesetzter flexiblen Mundvorhofplatte, dem Silencos, fanden Santander et al beijedemProbanden einen Unterdruck beim Schlucken, außerdem ein Plateau hohen Unterdrucks nach der Deglutition, danach einen rapiden Druckabfall durch das Lösen eines Siegels. Dies korreliert mit den eigenen Ergebnissen (Tabelle 8), wonachjededer elastischen Vorhofplatten primär einmal dazu führte, dass sich ein höherer Unterdrück im Mundraum wahrnehmbar war - und bei einer guten Passung auch in einem anhaltenden Plateau bestehen blieb. Besondere Aufmerksamkeit kommt den Ergebnissen Engelkes in seinen Studien mit dem Silencos zu, der mit dieser MVP eine großflächige Adhäsion der Zunge am Gaumen feststellen konnte, d.h., die Zunge stellte sich mit Vorhofplatte in physiologischer Zungenruhelage ein. Nach Proffit ist bei einem gestörten Equilibrium in erster Linie die pathologische Zungenruhelage relevant (Proffit, 1978) - eben diese durch die elastische MVPgehalteneZungenruhelage konnte nachgewiesen werden (Engelke, 2003; Sotiriadou, 1999).
Witt konnte den Andruck messen, der von einer MVP aus Acryl auf die Schneidezähne wirkt. Er wies nach, dass der Andruck nicht allein durch den M. orbicularis oris im Sinne einer ständigen „Grundkraft“ gebildet wird, sondern dass sich sogar der geringe enorale Unterdruck, der während der Inspiration enoral jeweils phasenweise entsteht, zusätzlich als Andruck der MVP an den Frontzähnen abgebildet wird. Außerdem fielen nächtlich kurzzeitige Peaks auf, Momente hoher Kraftabgabe des Schildes auf die Frontzähne. Witt konstatierte, dass die Kräfte durch eine MVP „keineswegs schwach sind“ (Witt, 1966). Witt lieferte in seinen Studien nicht nur dezidierte Erkenntnisse über den intraoralen Unterdruck, er konnte zudem belegen, dass sich bei den Probanden der gemessene Unterdruck um 10 - 30% reduzierte, wenn die Vorhofplatte mit Löchern versehen wurde. D.h., je undichter das Lippensiegel war, desto schwächer der intraorale Unterdruck. Dies erklärt die eigenen Ergebnisse, wonach die nicht gut passenden Vorhofplatten mit einem schwächeren fühlbaren Unterdruck einhergingen.
Die Auswertung widmet sich nun den Fragen, ob es prädikativ möglich ist, Angaben zu den Maßen, der Härte und den Gestaltungsmerkmalen zu machen, die eine Mundvorhofplatte braucht, um eine Siegelfunktion auszubilden(H1).Des Weiteren wird die Frage beleuchtet, ob es prädikativ möglich ist, eine Prognose für künftige, erweiterte Einsatzgebiete von elastischen MVPs in der Kieferorthopädie zu machen(H2).Diese Hypothesen werden in Kapitel 6 verifiziert.
5.1 Bewertung der Daten zu Metrik und Form
Die Datenanalyse zeigte, dass eine konfektionierte elastische Mundvorhofplatte mit den Kennzahlen für das vestibuläre Schild beschrieben werden kann. Diese sind die Werte für Shore A, die Dicke, die Länge in der Horizontalen, die Höhe maximal und sagittal-median. Außerdem sind Aussagen zur Breite transversal sinnvoll, um eine Aussage zur altersentsprechenden Passung zu machen, sowie zur anatomischen Gestaltung.
Jedoch eine pauschale Aussage für eine zu erwartende gute Passung ließ sich in der vorliegenden Datenanalyse nicht anhand der technischen Parameter machen. Die Passung der Vorhofplatten fiel in der Datenanalyse so unterschiedlich aus, dass geschlussfolgert werden muss, den Sitz beim Einsetzen stets individuell zu überprüfen. Das bedeutet in der Praxis, dass am Patienten nach störenden Rändern, Druckstellen oder einem Abkippen des konfektionierten Gerätes gefragt werden muss. Bzgl. der Transversalen fiel auf, dass sämtliche Vorhofplatten die unterschiedlichen transversalen Breiten des Mundvorhofs auf Höhe der Okklusionsebene versus auf Höhe des oberen und unteren Vestibulums nicht berücksichtigten, obwohl die klassischen individuellen harten MVPs diese Gestaltung noch bieten (Hotz, 1980). Es liegt auf der Hand, dass durch diese Gegebenheit bei den konfektionierten Geräten Schwächen bei der Passung vorkommen müssen, sobald die MVP sagittal so hoch ist, dass sie den Zahnhals überschreitet ohne dem sich verjüngenden Alveolarfortsatz zu folgen.
Außerdem wird eine Vorhofplatte durch zusätzliche Elemente gekennzeichnet. Diese sind bei Kindern extraorale Elemente, die dafür sorgen, dass die MVP einfach zu greifen ist, nicht in den Mundraum gelangt, nicht aspiriert und nicht verschluckt werden kann. Daher ist im Alter bis 3 - 6 Jahren ein stabiler „Schnullerring“ sinnvoll bzw. solche Elemente, die groß und stabil genug sind, so dass ein Abreißen auch bei Zugkräften nicht riskiert wird (z.B. 90 Newton wie in Norm EN 1400 vorgegeben). Fraglich ist, ob Vorschulkinder noch einen „Schnullerring“ für sich akzeptieren. Sehr zierliche extraorale Elemente könnten im pädiatrischen Bereich im Übrigen als Risiko eingestuft werden.
Wenn man berücksichtigt, dass ein Milchgebiss buccal von der distalen Wand des Zahnes 55 zirkulär bis zur distalen Wand 65 etwa 78 mm misst (Frasaco-Modell AM-5 E), so kann auch ein dort liegendes Schild bei einem Patienten ab 2 Jahre Alter diese maximale Ausdehnung aufweisen. Tatsächlich wurden für die horizontale Schildlänge maximal 78 mm beim Dentistar Stoppi und 78,5 mm beim Stoppi Entwöhnungssauger eruiert. Der Faceformer war mit 80 mm größer, ebenso die zwei Intercepteur-MVPs mit 83,5 mm und 82,5 mm horizontaler Ausdehnung. Das bedeutet, dass das Schild des Faceformers und der beiden größeren Intercepteurs im Milchgebiss, also vor dem Durchbruch des 6-Jahr-Molaren, evtl. zu groß sein kann und für die Prävention bei Kindern unter 6 Jahren evtl. nicht geeignet ist. Die anderen für die Prävention konzipierten Vorhofplatten hatten horizontal geringere Maße.
Eine transversale Ausdehnung über 78 mm spricht für die Anwendung bei zumindest vorhandenen 6-Jahr Molaren. Hier dient ein zusätzliches interlabiales Element hauptsächlich dazu, die Vorhofplatte mithilfe des Lippenspaltes zu zentrieren und ein Verschieben nach rechts oder links im Mundvorhof zu verhindern. Eine Vorhofplatte kann nach Durchbruch der 6-Jahr-Molaren gegen Aspirieren und Verschlucken durch die ausreichend große Ausdehnung des Schildes selbst gesichert sein. Dies ist übrigens auch an der Gestaltung des Silencos als MVP für Kinder und ebenso als MVP in der Schnarchtherapie zu erkennen9. So ist der Silencos im Lippenspalt gegen Verrutschen gesichert und die Ausdehnung des Schildes in der Horizontalen verhindert ein Aspirieren oder Verschlucken.
Der Mundvorhof weist am Frasaco-Modell des Milchgebisses überall mindestens 20 mm Höhe auf und entspricht damit der maximalen Schildhöhe der Vorhofplatten in Gr. I. Dies trifft allerdings nicht für die Intercepteur-Pédiatrique-Modellen zu; diese sind mit 24 und 24,3 mm höher als der kindliche Mundvorhof des Frasaco-Modells.
Die maximale Höhe im Vestibulum erscheint beim Faceformer mit 32,5 mm zunächst deutlich größer; dies hängt jedoch mit der beim Faceformer gegebenen Lippensperrung und Kieferöffnung durch den 12,2 mm hohen Traktionskeil zusammen. Wenn man die Höhe des Traktionskeiles - quasi die zusätzliche Kieferöffnung - von der maximalen Höhe des Schildes abzieht (32,5 mm - 12,2 mm), so erhält man realiter eine normale Höhe im Vestibulum für den Faceformer, und zwar bezogen auf eine Situation mit entspannten Lippen. Das bedeutet im Vergleich von Faceformer mit Muppy transparent elastisch Gr. 2, dass ihre im Vestibulum gelegenen Schildanteile in Ruhe praktisch identisch sind. Jedoch bei zusammengepressten Lippen und geschlossenen Kiefern überschreitet die vertikale Höhe des Faceformers im Vestibulum bei Kindern die anatomische Norm; insbesondere im Milchgebiss ist die vertikale Höhe des Schildes mit 32,5 mm mindestens 10 mm größer als im Frasaco- Modell. Der jüngere Faceformer Zero kommt diesem Umstand, dass sein Schild sagittal anatomisch zu groß ist, mit der reduzierten Shore-Härte A 20 entgegen, d.h., Druckstellen bei 2-Jährigen, deren Sagittale im Vestibulum erheblich kleiner ist, werden hier allein durch die Materialeigenschaft vermieden; der Faceformer One mit Shore A 30 wird für Patienten unter 10 Jahren Alter herstellerseits nicht mehr empfohlen.
Der Traktionskeil des Faceformers entspricht im zahnärztlichen Verständnis einem Jig, der nicht nach interdental, sondern nach interlabial zeigt. Durch diese Dicke des Traktionskeils interlabial müssen die Lippen auf den Jig pressen oder aber in Ruhe geöffnet stehen, und zwar mindestens 12,2 mm. Damit verbindet sich vertikal auch eine Öffnung der Kiefer in Ruhe, und zwar größer als die Ruheschwebelage. Daher ist eine größere gestaltete vertikale Dimension des Lippenschildes im Vestibulum beim Faceformer möglich. Der eigentliche Unterschied zwischen dem flachen Faceformer und dem transversal gerundeten Muppy liegt in der Kiefersperrung beim Faceformer in Ruhe, seiner bei geschlossenen Kiefern möglicherweise zu großen vertikalen Höhe und andererseits beim Muppy der größeren Elastizität des Materials an den Frontzähnen.
Das bedeutet aber auch, dass der physiologische Lippenschluss des Patienten mit eingesetztem Faceformer während des Schlafens in Ruhe nicht möglich ist, weil während der nächtlichen Tragezeit die Lippen mit mehr als 1 cm Öffnung gehalten werden. Daher ist nächtliches Vortreten des Speichels möglich. Mit anderen Worten: Der Faceformer ist beim mehrstündigen nächtlichen Tragen sehr funktional in Bezug auf die Unterdruckbildung und die damit verbundenen physiologischen Änderungen der Zungenlage, aber dysfunktional in Bezug auf die Lippen, die sich nicht mehr physiologisch schließen können. Der Vorteil, dass sich durch das größere orale Volumen ein höherer Unterdruck ausbilden lässt, geht mit dem Nachteil einher, dass die Lippen während der Nacht offen stehen müssen, dem Speichelvortritt und weiteren damit einhergehenden negativen Folgen für die Haut wie z.B. nassen Mundwinkel und in der Folge Ausbildung von Lippenhabits. D.h., dass der Einsatz des Faceformers eher zeitlich begrenzt erfolgen sollte und solche denkbaren Begleiterscheinungen vorab mit dem Patienten zu besprechen sind.
Das flache, flexible vestibuläre Schild des Faceformers stellt sich enoral auf die Breite ein, die durch die Buccinatoren vorgegeben ist, formt sich lateral daher zwangsläufig rund und bewirkt - sich an die Wangen beidseits anlehnend - einen kieferorthopädisch günstigen „Fränkel-Effekt“. Jedoch ist mittig, im Bereich des Traktionskeiles, dieselbe Elastizität nicht gegeben. D.h., dass zumindest an den mittleren Schneidezähnen keine gerundete Fläche anliegt und praktisch keine Adaptation des Schildes durch Elastizität stattfindet; die entstehenden Kräfte auf die Schneidezähne könnten dadurch unphysiologisch hoch sein.
Bei den französischen Modellen kam es einerseits durch den relativ langen interlabialen Steg zu einer Versteifung und andererseits durch die fehlende Verjüngung nach apikal und damit insgesamt eher zu einem Passformproblem, so dass die MVP vom oberen Alveolarfortsatz in der Front abkippte; damit war die Siegelfunktion sogleich aufgehoben.
Die Datenanalyse zeigte, dass sich die Unterdruckbildung selbst bei der kleinsten elastischen MVP mit nur 68,5 mm Schildlänge einstellte. Das Format der Vorhofschildes sollte - entsprechend alle hier erfassten Daten - also mindestens 68,5 mm breit und mindestens 19.8 mm hoch sein. Logisch ist eine Sagittale des Schildes, die mindestens bis zu den Papillen reicht, um abdichtend am Zahnbogen zu liegen. Wichtig für das Ansaugen der Vorhofplatte während des Schluckaktes ist die Elastizität: Bei den Shore-A-Härten erwiesen sich Werte ab 50 Shore A und weniger als angenehm und gut in der Unterdruckbildung. Dies betraf Vorhofplatten aus Silikon. Jedoch wurde auch das Ulmer Modell in der Prüfung auf Unterdruck akzeptiert.
Grundsätzlich ist bei allen versteifenden frontalen Elementen wie Griffen, horizontalen Stufen oder breiten Segmenten an den versteifenden Effekt auf die MVP und somit eine erhöhte Kraft auf die Frontzähne zu denken, denn mit diesen Änderungen steigt die Schichtdicke, und damit die tatsächliche Shore-Härte des Gerätes an dieser Stelle. Außerdem können sich diese ergänzenden Elemente nachteilig auf die Passung auswirken. In der Front können sie ein Abrunden der Vorhofplatte verhindern.
Die Schichtdicke des elastischen Schildes im Bereich von 2,0 mm bis 3,3 mm erschien in der Datenanalyse nicht relevant für die Unterdruckbildung.
Ergänzende Teil können vom Patienten im Übrigen auch individuell als problematisch empfunden werden. Seitliche Aufbisse können von „Würgern“ taktil als reizauslösend wahrgenommen werden. Käppchen können bei verkürztem Zungenbändchen erst recht dazu führen, dass die Zunge im UK unterhalb des Käppchens verbleibt.
Bei den Modellen mit ungleichen Elementen in der Vertikalen, die also nichtvice versagetragen werden können, muss dem Patienten im Übrigen auch die Ausrichtung der MVP beim Einsetzen erklärt werden, weil sie nicht selbsterklärend ist. Die Ergänzung mit dem „Mäuschenkopf“ ist hierbei für Kinder eine hilfreiche Ergänzung. Allerdings fiel auf, dass die Verlängerung zwischen interlabialem Steg und dem Mäuschenkopf sehr dünn, möglicherweise reißbar ist und somit ein Sicherheitsrisiko darstellen könnte.
Wenn man die erfassten Daten in der Summe betrachtet, wird deutlich, dass es nicht die technischen Kennzahlen allein sind, die für die Siegelfunktion ausschlaggebend sind, sondern sehr wichtig sind zudem eine wirklich gute Passung verbunden mit Akzeptanz durch den Patienten.
5.2 Bewertung der Shore-Härte einer MVP in der KFO
Wie von Sander dargelegt (Sander, 1989), ist die Elastizität der MVP elementar für ihre Wirkung. Während des Schluckvorganges mit der oralen Unterdruckbildung wird das elastische vestibuläre Schild an den Zahnbogen angesaugt. Es „versiegelt“. Zu der von der Universität Göttingen entwickelten Vorhofplatte Silencos wird eine synonyme Erklärung dargelegt. Es heißt, dass das Gerät „durch das Schlucken selbst aktiviert wird“10.
Möglicherweise kann eine ungenaue Passform im Randbereich oder eine eigentlich zu große Ausdehnung des Schildes, gerade bei einer konfektionierten MVP, durch eine hohe Elastizität oder ausgesprochen weiche Qualität kompensiert werden.
Hier ist allerdings die Disparität der Begriffe „elastisch“ und „weich“ bei den elastischen Mundvorhofplatten zu beachten. Man verwendet sprachlich die Unterscheidung von starren und elastischen Vorhofplatten in der KFO. Hingegen harte vs. weiche Vorhofplatten werden - wie im Sinne der Shore-Definition - eher nicht differenziert. Shore A beschreibt nicht die Elastizität des Schildes, sondern die Weichheit des Materials, genaugenommen den Widerstand gegen einen genormten, aufdrückenden Prüfkörper bei einer definierten Materialdicke. Das bedeutet z.B. für den Faceformer Zero, dass er im Endbereich des Schildes sicher elastisch ist, dennoch ist er im frontalen Bereich des Schildes durch den Traktionskeil praktisch nicht biegbar, somit kaum elastisch und auch nicht weich im Sinne der Shore-Härte. Generell stellt also die Bezeichnung „elastischeMundvorhofplatte“ eine Vereinfachung dar, denn die Gestaltungselemente am Schild beeinflussen die Elastizität und Weichheit stark und reduzieren die Anpassungsfähigkeit des Schildes deutlich.
Problematisch ist also sicherlich, dass die angegebene Shore-Härte gerade im frontalen Bereich nicht mit der realiter wirksamen Härte korreliert, wenn frontal versteifende Elemente am Schild angebracht sind. Dadurch ist es für den Zahnarzt praktisch nicht einzuschätzen, welche Kräfte biomechanisch auf die Incisivi einwirken, die - wie wir durch Witt (1966) wissen - während der nächtlichen Tragezeit geradenichtschwach sind. Es ist daher notwendig, dass eine kieferorthopädische Verlaufskontrolle der Zahnbewegung der oberen Incisivi stattfindet, wenn beim Einsatz der elastischen MVP eine möglicherweise zu hohe Krafteiwirkung auf die Incisivi entsteht.
Gleichwohl ist die Weichheit der MVP, die seitlichundfrontal gegeben sein sollte, ein wesentlicher Parameter für
- Die Ansaugbarkeit - die Siegelfunktion
- Passform und Tragequalität - das mehrstündige und mühelose Aufrechterhalten der Siegelfunktion auch über Nacht
- Minimierung der Kraft auf die Schneidezähne - Prämisse bei unbekannter Biomechanik
- Die möglichst flächige Adaptation der MVP an die labiale Incisalfläche anstatt eines punktuellen Kontaktes - Abmildern der unkontrollierten Kippung
- Die Vermeidung von Druckstellen im Vestibulum
5.3 Interpretation der Daten zu Passung und Unterdruckbildung
Eine Siegelfunktion erschien in jedem Falla priorimöglich, sobald eine elastische MVP passend und ausreichend groß im Mundvorhof liegt. Der hier in dieser Studie gefundene Effekt bestätigt die Aussagen zur intraoralen Unterdruckbildung von Sander (1989), Engelke et al. (2006) und Knösel et al (2010). Eine größere enorale Volumenausbildung kann für die Siegelfunktion ebenfalls sinnvoll sein.
Bei eingelegter elastischer MVP war mit der ersten Deglutition bereits ein deutlicher, erhöhter oraler Unterdruck spürbar. Das elastische Schild reagierte auf diesen Unterdruck und wurde an die Zahnreihe angesaugt. Es entstand ein vollständiges Siegel im Sinne des Lippenventils und die Zunge legte sich angesaugt in die physiologische Position an den Gaumen. Nach dem Schluckakt blieb der hohe Unterdruck bestehen, da sich das Lippensiegel ja nicht öffnete. In diesem Zustand des steten Unterdruckes wurden die oberen und unteren Frontzähne aneinander gedrückt, gleichzeitig blieb die Zunge angesaugt in ihrer Position am Gaumen. Dieser Zustand dauerte gegebenenfalls über eine längere Zeit an, also bis über mehrere Schluckakte - genau so lange, wie das Lippensiegel verblieb (siehe auch Beschreibung in Kapitel 4.1.8). Der erhöhte Unterdruck war bei allen Modellen während des Schluckaktes spürbar. Erst wenn sich die Zahnreihen wieder öffneten oder die Zunge willkürlich abgesenkt wurde, konnte Luft einströmen und der Unterdruck löste sich mit einem Zischgeräusch wieder auf. Auch dieser Vorgang gestaltete sich bei allen Modellen gleich, sofern ihre Passung ein längeres Tragen über mehrere Schluckakte ermöglichte.
Die elastische Vorhofplatte substituiert also zunächst das Lippensiegel und bewirkt dann während der Deglutition in einer Wechselwirkung mit der Unterdruckbildung eineaktivekieferorthopädische Kraft auf die Schneidezähne. Die Modellhypothese beschreibt den Ablauf (Abb. 27):
Abbildung 27: Modellhypothese der Siegelfunktion einer elastischen Vorhofplatte
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Erforderliche Merkmale sind neben der Elastizität und einer ausreichenden Länge mindestens über die Mundwinkel hinaus noch eine anatomische Passform im Bereich des Zahnbogens coronal und je nach sagittaler Höhe auch über dem Alveolarfortsatz, mindestens jedoch bis zur Höhe der Papillen. Je kürzer die MVP medial am Lippenbändchen gestaltet ist, desto höher das Risiko, dass die Siegelfunktion nicht zustande kommt. Mit dem Ulmer Modelle Gr. I wurde eine minimale Größe von 14,7 mm sagittalmedian gefunden, die gerade noch im funktionalen Bereich liegt.
Eine große Ausdehnung des Lippenschildes in der Horizontalen wird durch einen geringeren Wert für die Shore-A-Härte möglich; die Ausdehnung ist vorteilhaft, um eine Aspirationsgefahr zu vermeiden, wenn man möglichst keinen extralabial sichtbaren Ring o.ä. an dem Schild anbringen möchte. Eine größere horizontale Ausdehnung ist also sinnvoll bei den Vorhofplatten für Erwachsene und ab dem späten Wechselgebiss, wo es gilt, auch eine optisch akzeptable Vorhofplatte anzubieten.
Die MVP „Faceformer“, die mit ihrem interlabialen Keil die Lippen und indirekt die Kiefer geöffnet hält, erzielt durch dieses Öffnen ein größeres Volumen im Mundraum. Das heißt, dass bei der Deglutition mehr Luft verdrängt wird und demzufolge ein höherer Unterdruck ausgebildet wird. Hier ist es also nicht unbedingt die niedrigere Shore-Härte, die für den hohen wahrgenommenen Unterdruck sorgt, sondern das größere Volumen, das während des Schluckaktes verdrängt wird und so für einen höheren Unterdruck sorgt. Aber auch das Ulmer Modell, das in dieser Studie die höchste Shore-Härte aufwies, konnte mit einer guten Unterdruckbildung überzeugen.
Bei diesen zwei Vorhofplatten war die Passung auch im adulten Gebiss gut und eine Unterdruckbildung konnte auch von Erwachsenen wahrgenommen werden. Die meisten Vorhofplatten zeigten jedoch Passungsprobleme im permanenten Gebiss. Z.T. störten die Ränder des Schildes an den Lippen oder auf dem Alveolarfortsatz und teilweise kam es zu Abkipp-Problemen. Die Schildgröße war eher zu klein. Die gegebene Form des konfektionierten Schildes war also nicht immer anatomisch sinnvoll und zweckmäßig und verhinderte geradezu eine funktionierende, anhaltende Passung.
Relevant für Indikation und Wirkungsweise ist also das ausreichend große, gut passende, vom Patienten akzeptierte elastische Schild.
5.4 Interpretation der Daten zu Fachbereich und Indikation
Die Korrektur der perioralen Weichteilkapsel hin zum Lippenschluss und der physiologischen Zungenruhelage ist als die ursächliche Therapie beim offenen Biss zu bewerten (Grabowski, Stahl, 2008). Es entsteht bei eingesetzter elastischer Vorhofplatten sowohl eine Lageveränderung der Zunge weg vom interdentalen hin zum physiologischen Platz und außerdem entsteht eine mechanische orthodontische, reklinierende Wirkung auf die Frontzähne.
Das bedeutet, dass auch bei Problemfällen mit pathologischen Weichteilsituationen (inkompetenter Mundschluss) und Funktionsstörungen (interdentales Zungenschluckmuster) während der Tragezeit ein vollständiges Lippenventil geschaffen werden kann. Das für die kieferorthopädische Therapie notwendige Lippensiegel wird während der Tragezeit der elastischen Vorhofplatte also überhaupt einmal hergestellt. Zusätzlich wird die Zunge während der Tragezeit einer elastischen MVP mit Siegelfunktion nicht mehr kompensatorisch zwischen die Zahnreihe einlegt. Die MVP stellt somit für die Kieferorthopädie eine Therapieerweiterung bei frontal oder seitlich offenem Biss oder vergrößertem Overjet dar. Ebenso ist eine Erleichterung in der myofunktionellen Therapie gegeben, wenn der Patient ein Gefühl für die richtige Verortung der Zunge in Ruhe und Funktion bereits dadurch bekommt, dass er die physiologischen Positionen der Zunge mit MVP überhaupt einmal erspüren kann.
Für die Anwendung ist zu bedenken, dass wir es bei einer elastischen Mundvorhofplatte aufgrund ihrer Funktionsweise und ihrer Gestaltung mit einem in optionaljedemPatientenalter wirksamenkieferorthopädischenTherapiegerät und Medizinprodukt zu tun haben.
Durch die Wirksamkeit in Bezug auf die Zahnbewegung und den funktionskieferorthopädischen Effekt entstehen kieferorthopädisch zwangsläufig auch Nebeneffekte und unerwünschte Nebeneffekte wie z.B. eine bisssenkende Wirkung bei einem Ausgangsbefund mit physiologischer Bisshöhe.
Im Folgenden werden daher die Indikationen und Kontraindikationen des kieferorthopädisch wirksamen elastischen Schildes dezidiert betrachtet.
5.4.1 Indikationen
Elastische konfektionierte MVPs können grundsätzlich bei mehreren Indikationen eingesetzt werden; daraus folgt diese Systematik (Tabelle 17):
Tabelle 17: Systematik der Indikationen
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
Die Indikationen 1-4 ergeben sich logisch durch die klassischen Funktionsweise von kieferorthopädischen Geräten; dies sind hier präventive und orthodontische Aufgaben, FKO und transversale Nachentwicklung. Die Indikationen 5-6 ergeben sich logisch aus der Lippensiegelfunktion einer dicht schließenden elastischen Mundvorhofplatte; dies sind frontal und seitlich offener Biss, UK-Rücklage, Schnarchproblematik und ggf. OSAS.
Indikation 7 ist ein Paradoxon; hier wurde ein kieferorthopädisches Gerät durch ein zusätzliches Trainingselement, den Traktionskeil, von Logopäden als myofunktionelles Gerät in der apparativen logopädischen Therapie implementiert (siehe auch Korbmacher et al., 2004) und danach - weil eine MVP kieferorthopädisch wirksam ist - von Logopädie-Händlern zum Gebrauch für Kieferorthopäden empfohlen, also für die kieferorthopädischen Indikationen 1 - 6. Es liegt auf der Hand, dass Zahnärzte und Kieferorthopäden damit keine myofunktionellen Übungen machen, sondern die kieferorthopädisch wirksame MVP für die mehrstündige tägliche Tragezeit einsetzen.
5.4.2 Therapieoptionen in anderen Fachbereichen
Die konfektionierte elastische Mundvorhofplatte ist als Medizinprodukt und als kieferorthopädisch wirksames und in der KFO klassifiziertes Therapiegerät ausschließlich dem Fachbereich Kieferorthopädie zuordenbar. Andere Zuordnungen sind nicht denkbar, auch nicht durch technische Ergänzungen an der Vorhofplatte. Dass der Faceformer zunächst für die myofunktionelle Therapie auf den Markt gebracht wurde, bedeutet nicht, dass diese Vorhofplatte im Bereich KFO off-label verwendet wird, sondern dass ein KFO-Gerät außerhalb der Zahnheilkunde off-label entwickelt und in den Handel gebracht wurde.
Die oben in Kapitel 6.4.1 formulierte Indikation Nr. 7 in der Trainingstherapie bei Schluck-/ Zungenproblematik in der Logopädie/ Myofunktionellen Therapie wird dadurch nicht ausgeschlossen; vielmehr impliziert die Verortung der Vorhofplatte als kieferorthopädisches Therapiegerät, dass zeitlich zuerst die zahnärztliche respektive kieferorthopädische Anwendung erfolgen muss, und danach eine zusätzliche Anwendung während der logopädischen Therapie nach Heilmittelverordnung möglich und sinnvoll ist. Auf diese beiderseitige Anwendung der Vorhofplatte geht Hotz in seinem bereits 1954 erschienen Buch mit Verweis auf Giacometti und das „Lippenturnen“ ein (Hotz, 1980).
5.4.3 Kontraindikation und Nebenwirkungen einer elastischen MVP
Als Kontraindikation der elastischen MVP ist insbesondere ein einzelner vorhandener geklebter Lingualretainer im Unterkiefer zu erwarten. Bei engstehender oberer Front oder ungleichmäßiger frontaler interdentaler Abstützung ist durch die begradigende und reklinierende Wirkung auf die oberen Incisivi durch die elastische MVP während der Nacht mit einer intermaxillär übertragenen Kraft auf die unteren Incisiven zu rechnen, auf die diese, wenn sie mit einem Retainer fixiert sind, nicht reagieren können. Ebenso ist ein Jiggling von einzelnen oberen Incisiven denkbar, wenn sie über Nacht reklinieren und bei Tag in Okklusion wieder proklinieren müssen. Hier ist mit einer Schmerzantwort, im schlimmsten Fall mit einer Wurzelresorption zu rechnen.
Eine Vorhofplatte, die die Lippen geöffnet hält, erlaubt das Vortreten des Speichels. In einem Problemkreis mit Lippenlecken, labialen Entzündungen und Rhagaden ist eine solche MVP daher eher nicht indiziert. Eine Verkürzung der Oberlippe bei regelmäßigen nächtlichen Tragen und eine Erschlaffung der Lippenmuskulatur ist denkbar, wenn die myofunktionellen Übungen am Tage nicht zusätzlich erfolgen.
Ein verkürztes Zungenbändchen führt möglicherweise dazu, dass eine MVP mit Käppchen nicht effektiv arbeitet, z.B. indem sich die Zunge im Käppchen verfängt und dadurch das vestibuläre Schild zum Abkippen bringt.
Die Reklination der oberen Incisiven ist geometrisch mit einer Bisssenkung verbunden. Diese Nebenwirkung eines Schildes ist in einem kieferorthopädischen Gesamtkonzept zu berücksichtigen. Wenn also eine UK-Rücklage mit Tiefbiss, vergrößertem Overjet und proklinierten oberen Incisivi vorliegt, dann ist durch die Therapie mit elastischer Vorhofplatte zwar mit einer Reklination der oberen Frontzähne und einer funktionskieferorthopädischen Besserung zu rechnen, gleichzeitig aber auch mit einer Verschlechterung des tiefen Bisses.
Die dentale Wirkung labial entsteht durch die Anlagerung der Fläche an die Schneidezähne, also den Druck auf die Frontzähne. Jedoch kann man nicht sagen, welche Kraft dort entsteht. Die Biomechanik ist also unklar.A priorikann man annehmen: je flächiger und nachgiebiger das Schild an den oberen Frontzähnen anliegt, desto geringer ist der zu erwartende Anteil an unkontrollierter Kippung. Forderung ist also, dass eine MVP auch frontal durchgängig weich sein und sich der gegebenen Inklination der Labialflächen anschmiegen können soll.
Wird eine Vorhofplatte wegen einer Schnarchproblematik getragen, so ist zu bedenken, dass sie für immer getragen werden muss. Das Gespräch mit dem Patienten über mögliche dentale Nebenwirkungen und ein Hinweis auf die notwendige zahnärztliche respektive kieferorthopädische Begleitung ist notwendig. Die schlafmedizinische Abklärung einer OSAS ist freilich ebenfalls indiziert.
Tabelle 18: Systematik der zu überprüfenden Kontraindikationen und Nebenwirkungen
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
5.4.4 Bewertung der Anwendungsdauer
Vorhofplatten sind geeignet, das tägliche myofunktionelle Training durch die Siegelfunktion mit ihrer Unterdruckbildung zu unterstützen. Dies ist vorteilhaft, damit die Zunge bei den Übungen leicht in ihre physiologische Position findet. Es ist also sinnvoll, wenn die kieferorthopädische Therapie, bei der die Vorhofplatte nächtlich getragen wird, und die logopädische tägliche Trainingstherapie in einem zeitlichen Zusammenhang parallel erfolgen.
Die Therapiedauer richtet sich nach der Planung im Rahmen der kieferorthopädischen Therapie. Sie kann also durchaus in einem interceptiven Sinn nur wenige Wochen betragen oder - bei gegebener Patientenakzeptanz - mehrmonatig verlaufen, z.B. in einer mit anderen Therapiegeräten kombinierten KFO-Behandlung.
Sicherlich ist bei einer Anwendung gegen das velare Schnarchen von einer fortdauernden Anwendung auszugehen. Hierzu gehört auch die schlafmedizinische Abklärung, inwieweit es sich nur um ein Schnarchen oder eine OSAS handelt, die einer weitergehenden diagnostischen und therapeutischen ärztliche Begleitung bedarf.
Grundsätzlich sollte die voraussichtliche Anwendungsdauer zu Behandlungsbeginn mit dem Patienten besprochen werden. Teil der Sicherungsaufklärung ist hierbei auch der Hinweis an den Patienten zu dessen eigenem therapiegerechtem Verhalten beim täglichen und nächtlichen Tragen, denn diese Behandlungsphase in der kieferorthopädischen Therapie kann sehr relevant für die günstige Entwicklung der UK- Rücklage oder eines offenen Bisses sein und die Behandlung dieses Problemkreises erheblich erleichtern.
5.5 Eine Bewertung der elastischen MVPs mit Siegelfunktion im aktuellen fachlichen Stand
Der Gebrauch der elastischen Vorhofplatte als ein im oralen Unterdruck aktives, versiegelndes Behandlungsgerät ist in den kieferorthopädischen Behandlungsregimes noch nicht etabliert. Gleichwohl zeigt die Einführung des Faceformers im Portfolio der Dentalhändler, dass die elastische konfektionierte Vorhofplatte eine willkommene Ergänzung im schwierigen Problemkreis „offener Biss“ ist und eine ursachenbezogener Therapie gesucht wird.
Wie die Befragung der Hersteller ergab, befindet sich die Weiterentwicklung der elastischen Mundvorhofplatten derzeit im Fluss. Dies unterstreicht die Aktualität und Relevanz dieses Behandlungsgerätes.
Gerade deshalb sollte es die mit dieser Studie erstmals vorliegende Auflistung aller elastischen Mundvorhofplatten mit all ihren Eigenschaften geben, auf die sich nachfolgende systematische wissenschaftliche Untersuchungen beziehen können. Es sollte darüber hinaus ein zentrales und regelmäßig aktualisiertes Verzeichnis für MVPs geben, national wie international.
Die MVP ist in ihrer Einstufung als Medizinprodukt zwingendkurativ, ein Therapiegerät. Der Patient soll ein Medizinprodukt nicht ohne Arzt anwenden. Der Namenszusatz „Mundvorhofplatte“ oder „Vorhofplatte“ sollte daher nicht weggelassen werden; dies ist notwendig, um Patienten nicht irrezuführen.
In diesem Zusammenhang ist interdisziplinär der ASHA Code of Ethics zu beachten, der das professionelle Verhalten für „audiologists, speech-language pathologists, and speech, language, and hearing scientists“ beschreibt - im deutschsprachigen Raum würde man hier die Sprachtherapeuten zuordnen (Lüdtke, Schütte, 2014). Denn dieser Kodex fordert: „Individuals shall obtain informed consent from the persons they serve about the nature and possible risks and effects of services provided” (ASHA Code of Ethics, 2023). Eine Vorhofplatte aus der Hand eines Sprachtherapeuten würde also zwingend einer Sicherungsaufklärung über den Einfluss auf die Zahnstellung erfordern, und diese kann der Sprachtherapeut für ein zahnärztliches Gerät nicht leisten; das kieferorthopädisch wirksame Gerät konfligiert mit dem Aufgabengebiet des Logopäden der Prävention und Rehabilitation in den Bereichen Sprache, Sprechen, Stimme und Schlucken.
Soweit elastische Mundvorhofplatten für die präventive, frühkindliche Anwendung angeboten werden, ist die Tragedauerempfehlung und Indikation klar erkennbar. Immer steht die frühkindliche Behandlung von ursächlich durch Dysfunktionen und Habits hervorgerufenen Zahnfehlstellungen im Vordergrund. Hierbei erfüllt die MVP mehrere Zwecke. Sie soll:
- den Beruhigungssauger ersetzen
- die weitere interdentale Einlagerung von Fingern und anderen Lutschobjekten verhindern („force elimination“)
- das Problem der Dys- oder Parafunktion für den Patienten „verorten“ und somit eine Grundlage dafür schaffen, dass patientenseits ein Problembewusstsein entsteht und sich eine Compliance auf dieser Basis ausbildet.
Die MVP verändert das Setting in der vormals dysfunktionalen Situation und ermöglicht, dass den Eltern und im optimalen Fall auch dem Kind die problematische Situation überhauptbewusstwird. Durch diese Faktoren, die die myofunktionale Störung beheben, ist eine Selbstausheilung der Fehlstellung im frühen Alter möglich.
Eigentlich handelt sich bei Vorhofplatten nach Indikation Nr. 1 nicht um „Prävention“, denn sofern die MVP eingesetzt wird, zeigt das Gebiss ja bereits ein kieferorthopädisch relevantes Problem. Vielmehr ist die Therapie mit starrer MVP u.E. als passive Frühbehandlung, die Therapie mit einer elastischen MVP als aktive Frühbehandlung einzustufen.
Es ist erstaunlich, dass die therapeutisch nutzbare Siegelfunktion der elastischen MVP nie eine konkretisierte Bedeutung in den Therapieregimes in der BRD erlangte, obwohl diese bereits von Sander für das Ulmer Modell dezidiert dargelegt und nachgewiesen wurde. Hinderlich dürfte das Aussehen und die Form der ersten elastischen Mundvorhofplatten gewesen sein. Denn die Gestaltung mit dem „Schnuller-Griff“ grenzt die kieferorthopädische Nutzung auf kleine Kinder bis maximal zum Vorschulalter ein.
Der Faceformer änderte diese altersbezogen stark eingeschränkte Indikation erstmals. Der Traktionskeil ist ein interlabiales Element für logopädische Übungen und es sichert im Übrigen auch die Position der Mundvorhofplatte im Mund ohne nach links oder rechts zu verschieben. Dieser Traktionskeil ist zwar relativ großvolumig, ästhetisch kompromittierend und stört den Lippenschluss, aber er ist für den Patienten eindeutig als logopädisches Element zu erkennen und damit ist diese MVP - allein schon aus psychologischen Gründen - nicht mehr auf die Anwendung bei Kleinkindern beschränkt. Darüber hinaus ist es dem Hersteller bei der Gestaltung des Faceformers gelungen, sowohl eine hohe Unterdruckbildung als auch ein angenehmes Tragegefühl mithilfe der teilweise geringen Shore-A-Härte zu erreichen.
Neben den klassischen Indikationen in der Frühkindheit ist mit dem Faceformer also eine Vorhofplatte über den Umweg einer off-label-Erfindung aus der MFT in das kieferorthopädische Therapiespektrum gelangt. Das ganz besondere Merkmal einer elastischen MVP, nämlich die Ausbildung einer Siegelfunktion, konnte nun kieferorthopädisch bei Patientenjeden Altersgenutzt werden. Und gerade auch in der KFO-Behandlung von Schulkindern, im bleibenden juvenilen und adulten Gebiss erscheint der Einsatz von elastischen konfektionierten Vorhofplatten vielversprechend.
Die Anwendung bei Schnarchproblematik - wie von Engelke et al. (2006) vorgesehen - erweckt ebenfalls den Eindruck, vielversprechend, zweckmäßig und einfach zu sein.
5.6 Prädikative Diskussion
5.6.1 Prädikative Systematik zu Merkmalen von elastischen MVPs
Dies sind die Maße und Gestaltungsmerkmale, die auf Basis der Datenanalyse empfehlenswert für die künftige Gestaltung von MVPs mit Siegelfunktion erscheinen:
1) Shore A <50 mit eher weicher Qualität. Durch eine geringe Shore-Härte kann im Übrigen die Transversale Breite für einen „Fränkel-Effekt“ verbreitert gewählt werden und Druckstellen werden eher vermieden .
2) Eine weiche Qualität und eine transversal gerundete Form des Schildes muss auch an den Schneidezähnen gewährleistet sein.
3) Horizontale Länge mind. 68,5 mm, im Milchgebiss bis 78mm maximal, mit einem abrisssicheren extralabialen Element, das die Lage der MVP zentriert und gegen Aspirieren und Verschlucken sichert.
4) Horizontale Länge bei vorhandenen 6-Jahr-Molaren und zur Absicherung gegen Aspirieren und Verschlucken etwa 83,5 mm oder mehr, ergänzt mit einem Element, das die zentrische Lage der MVP sichert.
5) Maximale vertikale Höhe im Milchgebiss ca. 19,8 mm bis 22,7 mm, ergänzt mit Aussparungen für die Lippenbändchen. Hier ist jedoch Vorsicht geboten wegen der möglicherweise zu großen Sagittalen im Vestibulum des Milchgebisses.
6) Vertikale Höhe bei vorhandenem 6-Jahr-Molaren mind. 24 mm, ergänzt mit Aussparungen für die Lippenbändchen.
7) Größere vertikale Ausdehnungen sind möglich, wenn eine entsprechende Lippen-Kiefersperrung an der Vorhofplatte angebracht ist, wodurch eine noch stärkere Unterdruckbildung entsteht. Die genannten Kontraindikationen für die Lippensperrung sind jedoch zu berücksichtigen.
8) Größere vertikale Ausdehnungen sind außerdem dann möglich, wenn das Schild kranial und kaudal eine anatomisch passende, sich nach apikal verjüngende Form aufweist, so dass die Mundvorhofplatte auch im Alveolarfortsatzbereich gut passend verläuft.
9) Eine Verbesserung der Optik für Schulkinder und Erwachsene - ohne Schnullerring oder Traktionskeil - wäre für die Compliance hilfreich. Allerdings wird eine MVP durch das interlabiale Element auch in seiner Lage stabilisiert; wäre sie labial ganz glatt, könnte sie nach links und rechts rutschen.
Passformprobleme, Abkippen, störende Ränder u.ä. müssen klinisch am Patienten evaluiert werden.
Die Wirkung im Einzelfall sowie mögliche unerwünschte Wirkungen der MVP sind kieferorthopädisch abzuwägen und im Kontext der Therapie zu berücksichtigen.
5.6.2 Prädikative Systematik zu weiteren Einsatzgebieten elastischer MVPs
Die Frühbehandlung des offenen Bisses kann durch elastische Vorhofplatten eine höhere Effektivität erreichen. So könnte die MVP im Behandlungsregime der 1 % - jährigen Frühbehandlung für einen Teilaspekt „Schlucken & Sprechen“ aufgenommen werden, z.B. für ein Behandlungsintervall in Kombination mit der Logopädie, so dass die MVP die myofunktionelle Therapie ergänzt. Die KFO könnte hierdurch zukünftig noch weitaus günstiger zur sprachlich-sozialen Integrität der Kinder beitragen.
Denkbar wäre auch eine neue, erweiterte Leistungsbeschreibung der BEMA-Position 121 in diesem Sinne, um einen synergistischen Therapieerfolg für den Patienten durch KFO und Logopädie in einer einzigen, gemeinsamen Behandlungsphase zu erzielen.
Wenn die Zunge beim offenen Biss in dieser Weise thematisiert wird, kann der Patienten realisieren, dass er selbst - mit seiner Dysfunktion - Teil des Problems ist, und auch die Verbesserung der Funktionsstörung - also seine persönliche Mitwirkung - sich im Behandlungsergebnis wiederspiegeln wird. Das heißt, hier kann innerhalb der KFO ein phänomenologisch-hermeneutischer Therapieansatz entstehen, ein „patient empowerment“: der Patient erkennt sein Problem, nimmt die eigene orale Dysfunktion wahr und lernt hierdurch, den offenen Biss als Ausdruck der eigenen Funktionsstörung zu interpretieren.
Die vorliegende Arbeit zeigte, dass Vorhofplatten auch von Erwachsenen getragen werden können. Auch bei festsitzender Behandlung im jugendlichen oder erwachsenen Alter wäre ein z.B. 3-monatiges Intervall mit einer weichen Vorhofplatte und begleitender MFT denkbar, um die pathologische, ursächliche Funktion zu thematisieren, bewusst zu machen und schonend initial zu therapieren. Kombinationsbehandlungen der elastischen Mundvorhofplatte mit klassischen Behandlungstechniken der Kieferorthopädie insbesondere bei Funktionsstörungen sind denkbar. Aufgrund ihrer buccalen Lage und der relativ dünnen, adaptierfähigen Materialbeschaffenheit kann eine elastische Mundvorhofplatte grundsätzlich auch begleitend während einer bimaxillären MB-Behandlung getragen werden. Daraus ergeben sich wiederum weitere kombinierte Einsatzmöglichkeiten in der KFO, z.B. für
- Kombination der bisssenkenden Wirkung bei offenem Biss von MVP und MBA mit intermaxillärer Mechanik
- Kombination der funktionskieferorthopädischen Wirkung bei Kl. II von MVP und MBA mit Kl. II-Mechanik
- Fränkel-Abschirmeffekt für eine transversale Nachentwicklung durch die Ausdehnung der MVP nach buccal, wenn sie buccal/ transversal weit gestaltet ist.
D.h., durch die Integration der MVP in der Erwachsenentherapie kann sich gerade bei dem eigentlich schwierig therapierbaren offenen Biss die Compliance und dasCommitmentdes Patienten selbst erheblich stärken lassen.
Ergänzend sind weitere Einsatzmöglichkeiten denkbar, beispielsweise:
- Schutz der buccalen Mucosa während einer kieferorthopädischen Therapiephase mit hooks resp. vor und nach einer Dysgnathie-Operation
- Passagere Integration von interdentalen Aufbissen, und zwar sowohl in kieferorthopädischen wie auch CMD-Behandlungen, durch erweiterte Elemente, die an dem vestibulären Schild ergänzend angebracht sind
Möglicherweise sind durch digitale Abform- und Herstellungstechniken auch im Bereich der Mundvorhofplatten absolut passende und im Siegelsystem abdichtende individuelle elastische Mundvorhofplatten zu erwarten.
Alle Standard-Indikationen sind in Tabelle 17 Kapitel 5.4.1 aufgelistet. Diese sind bereits heute gezielt in der Therapie nutzbar; es ist möglich, sie in Therapieregimes einzupflegen.
Weitere darauf aufbauende regelmäßige Anwendungen von Vorhofplatten sind in der Zukunft denkbar. Diese betreffen die Effektivität der KFO einerseits und die Interdisziplinarität andererseits (Tabelle 19):
Tabelle 19: Weitere prognostizierte Einsatzgebiete für elastische Vorhofplatten
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Erstellung
5.7 Limitationen der vorliegenden Arbeit und kritische Diskussion der eigenen Methode
In der vorliegenden Studie wurden alle konfektionierten elastischen Mundvorhofplatten untersucht, die bei Überprüfung des Angebots bei professionellen und nichtprofessionellen Händlern eruiert werden konnten. Es liegt auf der Hand, dass eine Suche nach den auf dem Markt erhältlichen Mundvorhofplatten nicht mithilfe der wissenschaftlichen Literatur möglich ist, sondern hierfür das Angebot möglichst vieler Händler überprüft werden muss. Aus diesem Grund kann nicht ausgeschlossen werden, dass noch weitere Modelle von elastischen Mundvorhofplatten im „World Wide Web“ existieren, die in dieser Arbeit nicht erfasst sind, oder z.B. MVPs aus dem Ausland hier in Deutschland zeitnah erhältlich sein werden, oder weitere Modelle in Entwicklung sind und hinzu kommen werden. Diese Aspekte wurden in Kapitel 3.2 und 3.3.3 angesprochen. Die wissenschaftliche Bearbeitung des Themas Mundvorhofplatten muss diesem Umstand auch zukünftig gerecht werden; neue elastische MVPs sind zukünftig in das KFO-Portfolio der Vorhofplatten mit aufzunehmen.
Angesichts der bereits gesehenen fachfremden Nutzung eines KFO-Gerätes ist zu bedenken, dass weitere Geräteentwicklungen der Vorhofplatten möglicherweise außerhalb der KFO entstehen könnten - in anderen Berufen, mit fachfremden Indikationen für Laien bis hin zu Online-Vermarktungen zur Selbsttherapie - gleichwohl den Mundvorhofplatten zuzurechnen und daher von der Kieferorthopädie zu erfassen sind.
Individuelle angefertigte harte Mundvorhofplatten werden im Behandlungsstandard aus Acrylaten hergestellt. Jedoch sind auch im Bereich der elastischen Mundvorhofplatten Anfertigungstechniken zu erwarten, die für den individuellen Patienten genau passend oder in einer therapeutischen dentalen wie skelettalen Position passend hergestellt werden. Diese neue Produktgruppe innerhalb der elastischen Mundvorhofplatten ist in dieser Studie nicht erfasst; gerade deshalb aber ist die hier geschaffene Übersicht und die strukturierte Herangehensweise an diese Therapiegerätegruppe notwendig.
Manche Aspekte konnten in der vorliegenden Studie nur ganz im Ansatz bedacht werden, z.B. in Bezug auf die Passung bei Kindern und Erwachsenen. Hier will die kritische Reflexion der professionellen Anwender auf das Passungs-Problem hinweisen, denn dieses ist für die Masterthese relevant und sollte noch umfangreicher untersucht werden.
Dass mit einer gut passenden elastischen MVP ein spürbarer Unterdruck entsteht, wird in der vorliegenden Studie nur in einem heuristischen Sinne als Hinweis gegeben, aber nicht anhand einer großen Anzahl von Probanden untersucht. Der Nachweis hierfür wurde in den zitierten Studien ja bereits erbracht.
Bei der systematischen Literaturrecherche wurden als Quelle Pubmed und Google Scholar herangezogen. Es ließen sich noch weitere Datenbänke hinzuziehen, was im Rahmen einer weiteren Studie ebenfalls in Gänze untersucht werden sollte. Statistische Verfahren waren nicht Teil dieser Studie.
Eine Betrachtung weiterer Materialeigenschaften wie z.B. der Umweltverträglichkeit bei Herstellung und Entsorgung, Fragen der Hygienefähigkeit (Hohlräume, Mikrobenbesiedelung) erfolgte in dieser Arbeit nicht.
5.8 Implikationen für die weitere wissenschaftliche Bearbeitung
Die verstärkte Unterdruckbildung mit einer elastischen MVP wurde bereits nachgewiesen. Das hier vorgeschlagene Modell der Wirkungsweise (siehe Abb. 27) ist wissenschaftlich zu validieren, z.B. wäre eine Studie mit Vorhofplatte in Echtzeit durch MRT11oder Sonographie12denkbar.
Wie wirkt sich des Weiteren die Therapie mit einer elastischer MVP in Abhängigkeit von der Reife des Gebisses, vom Wachstumsstand und der Wachstumsrichtung aus?
Welcher funktionskieferorthopädische Effekt bei UK-Rücklage lässt sich während einer Therapie mit elastischer konfektionierter MVP in Anlehnung an Hotz (1980) prospektiv finden?
Unbefriedigend ist, dass es anscheinend gar keine Aussagen zur Biomechanik durch elastische MVP auf die Schneidezähne gibt. Welche Kräfte wirken konkret auf einzelne Frontzähne im OK und UK ein? In welcher Korrelation stehen Biomechanik und Shore- A-Härte? Es sind in der Orthodontie die Wirkungen qualitativ und quantitativ zu erfassen, sowie die Nebenwirkungen der elastischen Vorhofplatten. Denkbar wäre z.B. eine retrospektive Studie zu Wurzelresorption nach nächtlicher, mehrmonatiger oder mehrjähriger Anwendung.
Wie lautet die künftige Systematisierung betreffend die Anwendungsdauer (z.B. sechs Monate oder alternativ als intervallmäßige dreimonatige, ggf. wiederholbare Therapie)? Sinnvoll ist die prospektive Untersuchung zur Überprüfung dieser Konzepte am Patienten. Es braucht eine prospektive klinische Begleitung des Einsatzes von elastischen MVPs auch im bleibenden Gebiss. Es braucht prospektive Untersuchungen zu all den in Tabelle 17 genannten Indikationen. Es braucht den Diskurs und interdisziplinären Dialog zu den in Tabelle 17 und in Tabelle 19 genannten neuen möglichen Optionen.
Es braucht die weitere Beobachtung der zu erwartenden weiteren Entwicklungen und Modifikationen.
Obwohl es Untersuchungen zum Unterdruck bereits gibt, sollten weitere Messungen oder individuellen Einschätzungen durch Probanden bei den verschiedenen MVPs als auch Untersuchungen zur Passform noch erfolgen, damit der Therapeut die Zweckmäßigkeit der MVP einschätzen kann. Prospektive Studien einer angenehm tragbaren und dichten MVP sollten folgen, die auch Augenmerk auf das Abkippen, abstehende oder drückende Ränder, den Andruck auf die Schneidezähne (Biomechanik), den Speichelvortritt und die damit verbundene Compliance lenkt.
Die Erweiterung der kieferorthopädischen Behandlungsmöglichkeiten bei Kindern und insbesondere bei Erwachsenen durch Implementierung der neuartigen elastischen Mundvorhofplatten in konventionelle Behandlungsregimes ist zu erwarten und sollte prospektiv wissenschaftlich begleitet werden.
6 Schlussfolgerungen
Die Hypothese, dass es prädikativ möglich sei, eine Prognose zu den Maßen, der Härte und den Gestaltungsmerkmalen zu machen, die eine Mundvorhofplatte braucht, um eine Siegelfunktion auszubilden, konnte bestätigt werden(H1).
Die Hypothese, dass es prädikativ möglich, eine Prognose für künftige, erweiterte Einsatzgebiete von elastischen MVPs in der Kieferorthopädie zu machen, wurde bestätigt(H2).
Ad H1:
Sämtliche in die Studie aufgenommene Vorhofplatten führten zu einem spürbaren oralen Unterdruck mit physiologischer Zungenpositionierung und einem aktiven Druck der elastischen MVP an die Zahnreihe. Dabei zeigten sich auch schon Vorhofplatten mit kleinerer Ausdehnungen als aktiv wirksam. Es ließen sich die essentiellen technischen Merkmale für eine Siegelfunktion ableiten.
Allerdings hängt die Siegelfunktion der Vorhofplatte zusätzlich von einem weiteren Parameter ab - der Passung. Die Untersuchung zeigte, dass durch PassungsProbleme der konfektionierten Geräte sowohl eine Siegelfunktion als auch ein Tragen über längere Zeit verunmöglicht werden konnten. Jedoch sobald die Mundvorhofplatte mit ausreichender Größe auch während des Schluckaktes weichund passendim Mundvorhof liegt, ist von einer Siegelfunktion während der Tragezeit auszugehen.
Ad H2:
Indikationen, Kontraindikationen und prognostizierte zukünftige Einsatzgebiete von elastischen Mundvorhofplatten konnten systematisiert dargestellt werden. Die Wirkungsweise der elastischen MVP mit Siegelfunktion wurde darüber hinaus in einer Modellhypothese formuliert.
FAZIT
Die elastische Vorhofplatte ist ein aktives kieferorthopädisches Therapiegerät, das sehr geeignet ist, durch die Unterdruckbildung nach Deglutition an die Zahnreihe angesaugt zu werden und hierdurch insbesondere funktional bezogen auf die Zungenruhelage eine kieferorthopädische Wirkung zu entfalten. Voraussetzung hierfür ist die anatomisch gute Passung der elastischen Mundvorhofplatte auch in der Situation des Schluckaktes.
Die Implementierung der elastischen, ursächlich wirkenden Mundvorhofplatten in konventionelle kieferorthopädische Behandlungsregimes lässt sehr effektive und ursächlich wirkende Behandlungsmöglichkeiten bei Kindern und insbesondere auch bei Erwachsenen erwarten. Dadurch ergeben sich in der Kieferorthopädie perspektivisch neue therapeutische Möglichkeiten, insbesondere bei der Behandlung eines mit Zungendysfunktion verbundenen offenen Bisses, bei proklinierten Incisivi, vergrößertem Overjet und UK-Rücklage in jedem Alter.
Gerade an diesen vielen noch offenen Punkte des Themas „Elastische Mundvorhofplatten“ zeigt sich der weitere wissenschaftliche Forschungsbedarf eines noch nicht angemessen berücksichtigten kieferorthopädischen Therapiegerätes.
7 Zusammenfassung
Ausgehend von der fürelastischeVorhofplatten beschriebenen Unterdruckbildung, deren günstige kieferorthopädische Wirkung auf proklinierte Schneidezähne und den offenen Biss bereits wissenschaftlich dargelegt ist, war es das Ziel dieser Arbeit, die technischen Merkmale und die Siegelfunktion dieses Therapiegerätes näher zu betrachten.
Von Beginn an fiel der undifferenzierte Umgang mit diesem relativ jungen kieferorthopädischen Therapiegerät auf - sprachlich, fachlich, kommerziell, interdisziplinär, ethisch. Daher wurde zunächst die Definition der Mundvorhofplattein allen Aspektenformuliert.
Es folgte eine eigene Übersicht über die in Deutschland erhältlichen elastischen Mundvorhofplatten, die systematisch alle gefundenen Kennzeichen beschreibt und auflistet. Es zeigte sich dabei auch, dass die technische Entwicklung noch im Fluss ist, und die Shore-Härte der jüngsten Vorhofplatten immer weicher wird. Der Vergleich der technischen Daten auf der Basis der vorhandenen wissenschaftlichen Arbeiten führte schließlich zur Definition der konkreten wesentlichen Parameter in Form, Größe, Gestaltung und Shore-A-Härte einer elastischen Mundvorhofplatte, die sie zur Ausbildung des intraoralen Unterdrucks, für eine günstige kieferorthopädische Gerätegestaltung und eine gute Patientenakzeptanz aufweisen sollte. In der Literatur hingegen waren keine konkrete Angaben zu den notwendigen technischen Parametern zu finden. Es wurde bei allen Vorhofplatten durch vier professionelle Anwender überprüft, ob Passung und wahrnehmbare Unterdruckbildung tatsächlich gegeben sind; hierbei führten sämtliche Vorhofplatten dieser Studie zu einer wahrnehmbaren erhöhten oralen Unterdruckbildung, jedoch zeigten sich teilweise erhebliche Defizite in der Passform. Der Unterdruck scheint in einer quantitativen Beziehung zur Größe resp. Dichtigkeit des Schildes zu stehen.
Auf Basis dieser Daten war es möglich, eine Systematik der Einsatzgebiete mit den Indikationen, den postulierten Nebenwirkungen und Kontraindikationen zu erstellen. Mit einer Modellhypothese wurde veranschaulicht, wie sich die Siegelfunktion einer elastischen Vorhofplatte beim Schluckakt aufbaut, im Verlauf verhält und zu einer aktiven Gerätewirkung des elastischen vestibulären Schildes führt.
Darüber hinaus wurde gefolgert, welche altersabhängigen Anwendungsmöglichkeiten es prognostisch für elastische Mundvorhofplatten in der KFO gibt, die dezidiert die Siegelfunktion nutzen.
Diese Studie machte deutlich, dass die elastische Vorhofplatte ein aktives kieferorthopädisches Therapiegerät darstellt, das sehr geeignet erscheint, durch die Unterdruckbildung nach Deglutition an die Zahnreihe angesaugt zu werden und hierdurch dental, funktional bezogen auf die Zungenruhelage und skelettal eine kieferorthopädische Wirkung zu entfalten. Voraussetzung hierfür ist die anatomisch gute Passung der elastischen Mundvorhofplatte auch in der Situation des Schluckaktes. Die Härte sollte weniger als 50 Shore A betragen und nicht durch versteifende Elemente in der Front kompromittiert werden, um zu hohe biomechanisch wirksame Kräfte auf die Front auszuschließen. In der Vertikalen sollte mindestens Papillenhöhe erreicht werden, wobei die Weichteilanatomie berücksichtigt werden muss. Bei Erwachsenen kann gegebenenfalls auf extraorale Elemente verzichtet werden, wenn die Größe des Schildes ausreichend ist. Die Passform ist individuell zu evaluieren.
Wenn das Siegelsystem zumindest nachts restituiert und unterstützend tags die Zungenlage myofunktionell trainiert werden kann, ist von einer günstigen Wirkung auf die kieferorthopädische ursächliche Therapie bei durch Dysfunktion geprägten Dysgnathien auszugehen. Zusätzlich kann eine elastische MVP bei Kindern eliminative und bei Erwachsenen protektive Funktionen erfüllen.
Es ist zu erwarten, dass die Implementierung der neuartigen elastischen, ursächlich wirkenden Mundvorhofplatten in konventionelle Behandlungsregimes die kieferorthopädischen Behandlungsmöglichkeiten bei Kindern und insbesondere auch bei Erwachsenen verbessert. Dadurch ergeben sich in der Kieferorthopädie perspektivisch neue therapeutische Ansätze, insbesondere bei der singulären oder kombinierten Behandlung eines mit Zungendysfunktion verbundenen offenen Bisses.
Weitere Untersuchungen sind erforderlich, die die Interaktion von elastischer Vorhofplatte mit geringer Shore-A-Härte mit der Zungenlage darstellen können, außerdem prospektive Studien zur Wirkung und zu den klinischen Aspekten der Integration in systematische Behandlungsregimes.
8 Kurzfassung
Die elastische Vorhofplatte ist ein aktives kieferorthopädisches Therapiegerät, das geeignet ist, durch die Unterdruckbildung bei Deglutition an die Zahnreihe angesaugt zu werden und hierdurch dental, funktional bezogen auf die Zungenruhelage und skelettal eine kieferorthopädische Wirkung zu entfalten. Voraussetzung hierfür ist die anatomisch gute Passung auch in der Situation des Schluckaktes. Wenn das Siegelsystem mithilfe einer elastischen Mundhofplatte zumindest nachts restituiert und unterstützend tags die Zungenlage myofunktionell trainiert wird, ist mit einer Verbesserung der kieferorthopädischen, ursächlichen Therapie bei durch Dysfunktion geprägten Dysgnathien zu rechnen.
Erarbeitet wurden in dieser Studie die Definition der Mundvorhofplatte und eine vergleichende Übersicht über elastischen Mundvorhofplatten mit allen ihren Parametern zu Form, Größe, Gestaltung und Shore-A-Härte, eine Beschreibung der der Passung und der wahrgenommenen Unterdruckbildung durch vier professionelle Anwender. Postuliert wurde, welche Kennzeichen das vestibuläre Schild für die Siegelfunktion konkret braucht und wie sich eine Siegelfunktion enoral aufbaut. Außerdem wurde eine Systematik der zu erwartenden Indikationen, Nebenwirkungen und Kontraindikationen erstellt.
Die Implementierung der neuartigen elastischen, ursächlich wirkenden Mundvorhofplatten in konventionelle Behandlungsregimes erweitert die kieferorthopädischen Behandlungsmöglichkeiten bei Kindern und insbesondere auch bei Erwachsenen. Dadurch ergeben sich in der Kieferorthopädie perspektivisch neue therapeutische Ansätze. Weitere Untersuchungen zu allen klinischen Aspekten, zur Wirkung und der Integration in systematische Behandlungsregimes mit den aufgeführten erweiterten Optionen sollen folgen.
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10 Anhänge
10.1 Tabellen
Tabelle 1: Suchbegriffe und englische Übersetzungen
Tabelle 2: Definition der Suchbegriffe
Tabelle 3: Metrik
Tabelle 4: Form
Tabelle 5: Materialeigenschaften
Tabelle 6: Fachbereich und Indikation
Tabelle 7: Anwendung
Tabelle 8: Passung der MVP im eugnathen adulten Gebiss
Tabelle 9: Unterdruckbildung mit MVP beim physiologischen Schluckvorgang
Tabelle 10: Literatursuche in PubMed mit mehreren Kombinationen von Suchbegriffen
Tabelle 11: Literatursuche in PubMed - Kombination MeSH mit Suchbegriff
Tabelle 12: Literatursuche in PubMed - Vorhofplatten in der KFO (deutsch)
Tabelle 13: Literatursuche in PubMed - Vorhofplatten in der KFO (englisch)
Tabelle 14: Literatursuche in PubMed - Kombination von MeSH AND Orthodontic*
Tabelle 15: Literatursuche in PubMed - Kombination mit intraoralem Unterdruck (englisch)
Tabelle 16: Literatursuche in Google Scholar - Literatursuche nach elast. Vorhofplatten in der KFO (englisch)
Tabelle 17: Systematik der Indikationen
Tabelle 18: Systematik der zu überprüfenden Kontraindikationen und Nebenwirkungen
Tabelle 19: Weitere prognostizierte Einsatzgebiete für elastische Vorhofplatten
10.2 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Chronologie der starren und elastischen Mundvorhofplatten.
Abbildung 2: Patient mit frontal offenem Biss.
Abbildung 3: Derselbe Patient. Befund nach intermittierender Behandlung mit konfektionierter elastischer MVP.
Abbildung 4: Patientin, jugendliches bleibendes Gebiss, mit Zungendysfunktion
Abbildung 5: Dieselbe Patientin. Befund nach kombinierter Therapie aus MBA mit elastischer MVP und MFT. Keine Verwendung von Spikes, vertikalen Gummizügen oder Abschirmelementen (Patientenfall mit Prämolaren-Nichtanlagen und MZ-Erhalt).
Abbildung 6: Länge der vestibulären Außenfläche von elastischen Vorhofplatten
Abbildung 7: Höhe der elastischen MVPs im Vestibulum - maximal (orange) und sagittal-median im Bereich des Lippenbändchens (rosé)
Abbildung 8: MVP Muppy Gr. II ohne und mit Käppchen
Abbildung 9: Ergänzende Formteile beim Stoppi mit Aufbisselementen
Abbildung 10: Ergänzende Formteile beim Muppy Gr. I mit Käppchen
Abbildung 11: Ergänzende Formteile beim Muppy Gr. II mit Käppchen
Abbildung 12: Ergänzende Formteile beim Ulmer Modell
Abbildung 13: Ergänzende Formteile beim Faceformer One nach Berndsen mit dem interlabialen Traktionskeil.
Abbildung 14: Ergänzende Formteile beim Faceformer Zero nach Berndsen
Abbildung 15: Ergänzende Formteile beim Intercepteur labial Standard und Intercepteur labial 2 Steps
Abbildung 16: Labiale Ansicht Stoppi mit interlabialer verlaufender Verdickung
Abbildung 17: Vergleich von Stoppi mit der interlabialen Verdickung und Muppy Gr. I ohne interlabiale Verdickung
Abbildung 18: Ergänzende Formteile beim Intercepteur labial Pédiatrique und Intercepteur labial Pédiatrique avec butée
Abbildung 19: Aufsicht auf links die MVP Faceformer (eingestellt auf transversale Breite molar 48,5mm) und rechts die MVP Muppy Gr. 2
Abbildung 20: Ansicht von vorn, links der Faceformer (gehaltene transversale Breite molar) und rechts Muppy Gr. 2
Abbildung 21: Innenseiten, hier ist rechts der Faceformer (gehaltene transversale Breite molar) und links Muppy Gr. 2
Abbildung 22: Die Shore-A-Härten von elastischen MVPs
Abbildung 23: Vergleich von Dentistar Stoppi Entwöhnungssauger und Hinz Stoppi Entwöhnungssauger
Abbildung 24: Der Zusammenhang von Härte und Schichtdicke der Vorhofplatte.
Abbildung 25: Verteilung von shore-A-Härte und Länge der MVP
Abbildung 26: Erscheinungsjahr und Shore-A-Härte der Vorhofplatten
Abbildung 27: Modellhypothese der Siegelfunktion einer elastischen Vorhofplatte
10.3 Abkürzungen
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
10.4 Liste verwendeter Materialien
Angegeben wird der Hersteller und gegebenenfalls davon abweichend die Bezugsquelle in Deutschland.
- MVP Ulmer Modell (Dentaurum) in zwei Größen
- Stoppi Entwöhnungssauger (Hinz Dental)
- Muppy Standard transparent elastisch (Hinz Dental) in zwei Größen
- Muppy Standard transparent elastisch mit Kappe (Hinz Dental) in zwei Größen
- MVP Dentistar Stoppi Entwöhnungssauger (Dentistar/ Amazon)
- MVP Faceformer-ONE nach Berndsen (Berndsen/ Prolog-shop),
- MVP Faceformer-Zero nach Berndsen (Berndsen/ Prolog-shop),
- MVP Intercepteur labial Standard (Orthoplus/ Ortho Organizers)
- MVP Intercepteur labial 2 Steps (Orthoplus/ Ortho Organizers)
- MVP Intercepteur labial Pédiatrique (Orthoplus/ Ortho Organizers)
- MVP Intercepteur labial Pédiatrique avec Butée (Orthoplus/ Ortho Organizers)
10.5 Danksagung
Ohne die freundliche Auskunft der Hersteller hätte diese Arbeit nicht gelingen können!
Diese sind insbesondere die Firmen Dentaurum, Hinz Dental, Berndsen medical, Dentistar und Orthoplus.
Daher bedanke ich mich bei Ihnen allen sehr für die freundlichen Informationen zu den von ihnen entwickelten Mundvorhofplatten! Ich bin Ihnen sehr verbunden für den stets hilfsbereiten und konstruktiven Dialog, den wir im Umgang mit einem hier in Deutschland lange so unterschätzten Therapiegerät jetzt und in der Zukunft brauchen.
Des Weiteren bin ich Frau Dr. Menzel dankbar, in deren Kurs ich erstmals einen Einblick in die kieferorthopädische Arbeit mit einem Siegelsystem erhielt; dies war der entscheidende Anstoß für mich, elastische Vorhofplatten aus einer ganz neuen Perspektive zu betrachten und mehr über dieses Behandlungsgerät erfahren zu wollen.
Nicht zuletzt bedanke ich mich bei Frau Prof. em. Dr. Rudzki, die mir eine Auswahl der für Kieferorthopäden wesentlichen logopädischen Lehrschriften empfahl.
Und natürlich danke ich meinem Lehrer, Herrn Prof. Müßig; das Masterstudium Kieferorthopädie an der DPU Krems war mir eine Freude!
[...]
1Zur Klassifikation nach der aktuellen Medizinprodukte-Verordnung vom 26.05.2021 (Medical Device Regulation) siehe https://www.johner-institut.de/gratis-angebote/mdr-klassifikator/
2Siehe https://faceformer.de/faceformer-training-neurophysiologische-trainingstherapie-so-trainieren- sie-richtig/#toggle-id-1 (entnommen 21.08.2023)
3Siehe https://faceformer.de/der-faceformer-das-trainingsgeraet-fuer-die-faceformer-therapie/ (entnommen am 21.08.2023)
4Siehe https://faceformer.de/wp-content/uploads/2020/09/FaceFormer Anleitung A01 -220804-DE.pdf (entnommen 21.08.2023)
5Referenz: “Exceptions to the clinical trial according to § 23 MPG: In the clinical trial, a medical device bearing a CE marking is examined. In this context, the device must be used within the scope of its intended purpose, and no additional invasive or other stressful examinations may be carried out as a result of the study. These studies do not have to be submitted via the BfArM and are advised by the ethics committees according to § 15 of the professional regulations (“Other studies”).” Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland e.V. [https://www.akek.de/en/medizinproduktegesetz-mpg/, entnommen 08.09.2023]
6Bredent. Prospekt zum Silencos (ohne Jahresangabe). https://www.k2-verlag.de/media/pdf/89315- 89320 Flyer Silencos D.pdf (entnommen am 02.08.2023)
7https://faceformer.de/der-faceformer-das-trainingsgeraet-fuer-die-faceformer-therapie/, entnommen am 01.07.2023
8https://www.drbemdsen.de/FaceFormer-ONE-Vorteilspaket-X/DI-FFV10-KPR, entnommen am 01.07.2023
9Bredent. Prospekt zum Silencos (ohne Jahresangabe). https://www.k2-verlag.de/media/pdf/89315- 89320 Flyer Silencos D.pdf (entnommen am 02.08.2023)
10Bredent. Prospekt zum Silencos (ohne Jahresangabe). https://www.k2-verlag.de/media/pdf/89315- 89320 Flyer Silencos D.pdf (entnommen am 02.08.2023)
11Siehe Zungen-MRT der Max Planck Society in https://www.mpg.de/14620646/F001 Fokus 012- 017.pdf und unter https://www.youtube.com/watch?v=6dAEE7FYQfc, entnommen 17.09.2023
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Zweck dieser Masterarbeit über elastische Mundvorhofplatten?
Ziel der Masterarbeit ist es, die in Deutschland erhältlichen elastischen konfektionierten Mundvorhofplatten (MVPs) systematisch zu erfassen, zu beschreiben und vergleichend zu analysieren. Darüber hinaus soll definiert werden, welche wesentlichen Merkmale, wie z.B. die Shore-Härte, wahrscheinlich mit einer Siegelfunktion einhergehen. Abschließend soll eine Prognose für technische Merkmale von MVPs mit Siegelfunktion gemacht und eine Systematik der Einsatzgebiete, Indikationen und Kontraindikationen von elastischen MVPs in der Kieferorthopädie erstellt werden.
Welche Hypothesen werden in der Masterarbeit untersucht?
Die Haupt-Hypothese (H1) ist, dass es prädikativ möglich ist, Angaben zu den Maßen, der Härte und den Gestaltungsmerkmalen zu machen, die eine elastische Mundvorhofplatte benötigt, um eine Siegelfunktion auszubilden. Die Nebenhypothese (H2) ist, dass es prädikativ möglich ist, eine Prognose für künftige, erweiterte Einsatzgebiete von elastischen MVPs in der Kieferorthopädie zu machen.
Welche Fragestellungen werden im Rahmen der Masterarbeit bearbeitet?
Zu den zentralen Fragestellungen gehören: Welche Maße, Eigenschaften und technischen Merkmale sind geeignet, um eine konfektionierte elastische MVP zu beschreiben? Inwiefern ist die Elastizität relevant für die Wirkung? Gibt es Zusammenhänge zwischen der Shore-Härte und der Ausdehnung? Bei welchen Merkmalen ist eine Siegelfunktion anzunehmen? Passen Vorhofplatten auch im permanenten Gebiss und ist eine Unterdruckbildung wahrnehmbar? Welche Einsatzgebiete und therapeutische Möglichkeiten sind für elastische MVPs denkbar?
Welche Materialien und Methoden wurden in der Masterarbeit verwendet?
Es wurden alle bis Mai 2023 in Deutschland erhältlichen konfektionierten elastischen Mundvorhofplatten erfasst. Die Parameter Größe, Form, Materialeigenschaften und Indikationen wurden beschrieben und verglichen. Es erfolgte eine systematische Datensammlung, u.a. zu Metrik, Form, Materialeigenschaften, Fachbereich und Indikation, Anwendung, Passung und Unterdruckbildung. Zusätzlich wurde eine Literaturrecherche durchgeführt, um relevante wissenschaftliche Veröffentlichungen zu finden.
Welche Mundvorhofplatten wurden in der Studie berücksichtigt?
Folgende MVPs wurden in der Studie eingeschlossen: MVP Ulmer Modell (Dentaurum), Stoppi Entwöhnungssauger (Hinz Dental), Muppy Standard transparent elastisch (Hinz Dental), Muppy Standard transparent elastisch mit Kappe (Hinz Dental), MVP Dentistar Stoppi Entwöhnungssauger (Amazon), MVP Faceformer nach Berndsen (Prolog-shop), MVP Faceformer-Zero nach Berndsen (Prolog-shop), MVP Intercepteur labial Standard (Orthoplus/ Ortho Organizers), MVP Intercepteur labial 2 Steps (Orthoplus/ Ortho Organizers), MVP Intercepteur labial Pédiatrique (Orthoplus/ Ortho Organizers), MVP Intercepteur labial Pédiatrique avec Butée (Orthoplus/ Ortho Organizers).
Was wurde über die Bedeutung des Lippensiegels und des intraoralen Unterdrucks herausgefunden?
Der Lippenschluss ist entscheidend für die Ausbildung eines Unterdrucks im Mundraum, was wiederum die physiologische Lage der Zunge beeinflusst. Elastische MVPs können das Lippensiegel substituieren und während der Deglutition eine aktive kieferorthopädische Kraft auf die Schneidezähne ausüben. Der intraorale Unterdruck spielt eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung der Zungenruhelage.
Welche Rolle spielt die Shore-Härte bei elastischen MVPs?
Die Shore-Härte ist ein wichtiger Parameter für die Materialeigenschaften von elastischen MVPs. Sie beeinflusst die Anschmiegsamkeit, Passform und den Tragekomfort der MVP. Niedrigere Shore-A-Werte (weichere Materialien) können vorteilhaft sein, um Druckstellen zu vermeiden und eine flächige Adaptation an die labiale Incisalfläche zu ermöglichen.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse der Datensammlung?
Die horizontale Ausdehnung der MVPs variiert zwischen 68,5 mm und 83,5 mm. Die Dicke des elastischen Schildes beträgt 2,0 mm bis 3,3 mm. Die Shore-Härten bewegen sich zwischen Shore A 20 und Shore A 87. Die Unterdruckbildung war bei allen Modellen während des Schluckaktes spürbar. Allerdings wiesen viele MVPs Passformprobleme im permanenten Gebiss auf.
Welche Indikationen und Kontraindikationen für elastische MVPs wurden identifiziert?
Zu den Indikationen gehören: KFO-Prävention, Korrektur von Zahnfehlstellungen, Behandlung von Zungendysfunktionen, Sprechfehlern, Mundatmung und inkompetentem Lippenschluss, Unterstützung der myofunktionellen Therapie, Behandlung von Schnarchproblematik. Kontraindikationen sind z.B. vorhandener Lingualretainer im Unterkiefer, engstehende obere Front, gekürztes Zungenbändchen, Problemkreis mit Lippenlecken, labialen Entzündungen und Rhagaden.
Welche Empfehlungen werden für die künftige Gestaltung von MVPs mit Siegelfunktion gegeben?
Empfehlungen sind: Shore A <50, weiche Qualität, transversal gerundete Form des Schildes, horizontale Länge mind. 68,5 mm, im Milchgebiss bis 78mm maximal, mit einem abrisssicheren extralabialen Element, zur Absicherung gegen Aspirieren und Verschlucken etwa 83,5 mm oder mehr, Aussparungen für die Lippenbändchen. Es sollte eine anatomisch passende Form geben die sich nach apikal verjüngt.
Welche zukünftigen Einsatzgebiete für elastische MVPs werden prognostiziert?
Prognostizierte Einsatzgebiete: Effektivere Frühbehandlung des offenen Bisses, Integration in Behandlungsregime der 1 % - jährigen Frühbehandlung, Unterstützung der myofunktionellen Therapie, Kombinationsbehandlungen mit klassischen KFO-Techniken, Schutz der buccalen Mucosa, passagere Integration von interdentalen Aufbissen.
Welche Limitationen hat die vorliegende Masterarbeit?
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass weitere Modelle von elastischen MVPs existieren, die in dieser Arbeit nicht erfasst sind. Individuell angefertigte MVPs wurden nicht berücksichtigt. Die Passung bei Kindern und Erwachsenen wurde nur im Ansatz bedacht. Die systematische Literaturrecherche beschränkt sich auf Pubmed und Google Scholar. Statistische Verfahren waren nicht Teil dieser Studie.
Welche Implikationen gibt es für die weitere wissenschaftliche Bearbeitung des Themas?
Es sollte das Wirkungsmodell, die Wechselwirkung einer elastischen Vorhofplatte mit der Zungenlage sowie die verschiedenen Arten und Grade von Distorsion durch Elastizität und Unterdruck wissenschaftlich validiert werden, sowie auch deren Effektivität im Wechsel- und bleibenden Gebiss mit allen Aspekten für einen effektiven Einsatz, für den Erfolg der Therapie, wie auch des Versagens im Blick. Weitere Studien sollten die biomechanischen Kräfte auf die Schneidezähne untersuchen, die Auswirkungen auf das Gewebe, Knochen und Kiefergelenk beleuchten. Darüber hinaus sind prospektive Studien zur Wirkung und zu den klinischen Aspekten der Integration in systematische Behandlungsregimes sinnvoll.
Was sind die Schlussfolgerungen der Masterarbeit?
Die elastische Vorhofplatte ist ein aktives kieferorthopädisches Therapiegerät, das durch die Unterdruckbildung bei Deglutition eine kieferorthopädische Wirkung entfalten kann. Voraussetzung hierfür ist die anatomisch gute Passung. Die Implementierung in konventionelle Behandlungsregimes lässt effektive Behandlungsmöglichkeiten erwarten, insbesondere bei der Behandlung eines mit Zungendysfunktion verbundenen offenen Bisses. Die erarbeitete Systematik soll die Arbeit mit diesem Therapiegerät unterstützen, und gleichzeitig aufzeigen, dass dieses bisher wenig berücksichtigte Therapiegerät weitere wissenschaftliche Forschungsbedarf bietet.
- Citation du texte
- Brigitte Rohdich (Auteur), 2023, Elastische Mundvorhofplatten und ihre Einsatzgebiete, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1490619