Einsatz der Positronenemissionstomographie mit Jod-124 zur prätherapeutischen Läsionsdosimetrie bei der Radiojodtherapie des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms
Obwohl die Radiojodtherapie des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms seit Jahrzehnten gut etabliert ist, ist die weitere Optimierung dieser Therapie international und national noch nicht abgeschlossen. Ziel ist es, für die klinische Routine relevante Verbesserungen des therapeutischen Vorgehens zu realisieren. Der Einsatz der Positronenemissionstomographie (PET) mit Jod-124 (I-124) liefert dazu einen wichtigen Beitrag, weil es möglich ist, die therapeutische Aktivität genau abzuschätzen, die notwendig ist, um den Tumor zu zerstören. Die physikalischen Grundlagen zur Ermittlung der I-124 Aktivitätskonzentration werden beschrieben und ein optimiertes I-124 PET-Dosimetrieprotokoll wird vorgestellt. In der klinischen Anwendung führte die individuelle prätherapeutische I-124 PET-Dosimetrie in Kombination mit der Computertomographie (CT) zu deutlichen Änderungen des therapeutischen Vorgehens im Vergleich zur Standardtherapie. In der Konsequenz ist in der Klinik für Nuklearmedizin des Universitätsklinikums Essen die I-124 PET(/CT)-Dosimetrie (und -Diagnostik) fester Bestandteil der Schilddrüsenkarzinomtherapie und
-nachsorge bei Risikopatienten geworden.
Zusammenfassung
Einsatz der Positronenemissionstomographie mit Jod-124 zur prätherapeutischen Läsionsdosimetrie bei der Radiojodtherapie des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms
Obwohl die Radiojodtherapie des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms seit Jahrzehnten gut etabliert ist, ist die weitere Optimierung dieser Therapie international und national noch nicht abgeschlossen. Ziel ist es, für die klinische Routine relevante Verbesserungen des therapeutischen Vorgehens zu realisieren. Der Einsatz der Positronenemissionstomographie (PET) mit Jod-124 (124I) liefert dazu einen wichtigen Beitrag, weil es möglich ist, die therapeutische Aktivität genau abzuschätzen, die notwendig ist, um den Tumor zu zerstören. Die physikalischen Grundlagen zur Ermittlung der I-Aktivitätskonzentration werden beschrieben und ein optimiertes I-PET- Dosimetrieprotokoll wird vorgestellt. In der klinischen Anwendung führte die individuelle prätherapeutische 124I-PET-Dosimetrie in Kombination mit der Computertomographie (CT) zu deutlichen Änderungen des therapeutischen Vorgehens im Vergleich zur Standardtherapie. In der Konsequenz ist in der Klinik für Nuklearmedizin des Universitätsklinikums Essen die 124I- PET(/CT)-Dosimetrie (und -Diagnostik) fester Bestandteil der Schilddrüsenkarzinomtherapie und -nachsorge bei Risikopatienten geworden.
Summary
Application of positron emission tomography with iodine-124 for pre-therapeutic lesional dosimetry in the radioiodine therapy of differentiated thyroid cancer
Although radioiodine therapy is well established for decades in the treatment of differentiated thyroid carcinoma, further optimization of this therapy is not yet completed internationally and nationally. The aim is to achieve significant improvements of the therapeutic procedure for clinical routine. The application of positron emission tomography (PET) with iodine-124 (124I) provides for that purpose an important contribution because it enables an accurate estimate of the therapeutic activity necessary to destroy the tumor. The physical background of the determination of the 124I activity concentration is described and an optimized 124I PET dosimetry protocol is presented. In the clinical application the pre-therapeutic 124I PET dosimetry in combination with computed tomography (CT) lead to a significant alteration of the therapeutic procedure compared to standard therapy. As a consequence, 124I PET(/CT) dosimetry (and diagnostics) has emerged as a substantial element of thyroid cancer therapy and aftercare in the clinic of nuclear medicine at the University Hospital of Essen.
Key words: radioiodine therapy, dosimetry, iodine-124, PET, differentiated thyroid carcinoma
Radiojodtherapie des differenzierten Schilddrüsenkarzims
Die Radiojodtherapie (RJT) ist seit über 60 Jahren ein etabliertes Verfahren zur Behandlung des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms (DTC). Die Wirksamkeit der RJT beruht auf der biologischen Fähigkeit der differenzierten Schilddrüsenkarzinomzellen, Jodid zu speichern. Für die Radionuklidtherapie hat sich das Jod-131 (131I) bewährt. 131I mit einer Halbwertszeit von 8,0 Tagen emittiert sowohl β_- als auch γ-Strahlung. Die therapeutische Wirkung wird durch die β- als auch γ-Strahlung erzielt. Ihre kurze mittlere Reichweite im Gewebe von 0,8 mm und die hohe selektive Anreicherung haben zur Folge, dass fast nur das jodspeichernde Gewebe bestrahlt wird. Schäden des umgebenden Gewebes können dadurch größtenteils vermieden werden. Die durchdringende y-Strahlung mit einer Energie von 364 Kiloelektronenvolt (keV) kann an der Körperoberfläche mit Gammakameras registriert werden, so dass die Jodspeicherung zum Beispiel szintigraphisch visualisiert werden kann.
Die RJT des DTC wird adjuvant nach primär chirurgischer Thyreoidektomie zur Ablation von Restschildrüsengewebe und zur Therapie von Tumorresten oder Tumorrezidiven sowie von Lymphknoten- und/oder Fernmetastasen eingesetzt (3). Bei Patienten vor Ersttherapie erfolgt in unserer Klinik ein Radiojodtest zur Bestimmung des Radiojoduptakes der Restschilddrüse nach 24 h; bei einem Uptake >20% muss eine Reoperation in Erwägung gezogen werden. Trotz der insgesamt guten Prognose (14) beträgt die kumulative Rezidivrate bis zu 30% (13). Auch nach Jahren können noch Rezidive auftreten: lokale und regionäre Rezidive bei 5 bis 20% und Fernmetastasen bei < 10% der Patienten (15). Häufige Nebenwirkungen bei hochdosierter, mehrfacher 131I-Applikation sind Spätkomplikationen wie Mundtrockenheit als Folge der radiogenen Speicheldrüsenentzündung. Knochenmarkstoxizität sowie Leukämie und Sekundärkarzinome sind sehr selten. Wenn nach vollständiger Tumorresektion und adäquater RJT nicht-jodspeicherndes Tumorgewebe lokalisierbar ist, muss ein multimodales Behandlungskonzept diskutiert werden. Hier stehen insbesondere ein chirurgischer Eingriff und eine perkutane Strahlentherapie zur Wahl; im Einzelfall werden auch andere Therapieansätze wie Redifferenzierungstherapie zum Beispiel mit Vitamin-A-Abkömmlingen oder Chemotherapie angewendet.
Im Detail sehen die Leitlinien (3) zur Durchführung der RJT des DTC im Regelfall therapeutische Standardaktivitäten in Gigabecquerel (GBq) vor (2 bis 5 GBq 131I bei Ablation, 4 bis 11 GBq 131I bei Rezidiven, Lymphknoten- und Fernmetastasen). Auf eine individuelle prätherapeutische Läsionsdosimetrie, d. h. eine Abschätzung der individuell erforderlichen therapeutischen 131I- Aktivitäten zur Beseitigung von Tumorresten oder -rezidiven sowie von Metastasen vor der RJT, wird in der Regel verzichtet.
Auch wenn die RJT seit Jahren etabliert ist und gute Therapieerfolge vorzuweisen hat, ist eine Optimierung hinsichtlich der Therapieplanung und Minimierung von Nebenwirkungen anzustreben. Außerdem gibt es Bestrebungen, neuere Methoden wie zum Beispiel die Positronenemissionstomographie (PET) mit Jod-124 (124I) in die Therapieplanung des DTC (3,8) zu integrieren, weil PET derzeit das genaueste Verfahren zur In-vivo-Bestimmung von lokalen Aktivitätskonzentrationen in Läsionen ist.
Bedeutung der Positronenemissionstomographie mit Jod-124
Die nationalen und internationalen Leitlinien zur Durchführung der RJT des DTC basieren hauptsächlich auf retrospektiven Studien und Konsensusempfehlungen von internationalen Expertengruppen. Dennoch variieren für die gleichen Patienten die Therapiedurchführung und -konzepte nach Land, Region und Institutionen zum Teil sehr stark.
In diesem Kontext ist daher ein diagnostisches bildgebendes Verfahren notwendig, das in der Lage ist, den Radiojoduptake in der Läsion (Tumorrest oder Tumorrezidiv, Metastase) genau und zuverlässig zu bestimmen. Ziel ist es, die RJT des DTC bei gleichzeitiger Minimierung der Strahlenexposition des Restkörpers optimal zu planen, eine individuelle Risiko-Nutzen-Analyse durchzuführen und neue Interventionen objektiv zu evaluieren, die den Radiojoduptake beeinflussen (z. B. Verwendung von Vitamin A zwecks Redifferenzierung) (8).
In der Vergangenheit wurde Jod-123 (123I) und 131I zur individuellen prätherapeutischen Läsionsdosimetrie in Verbindung mit Gammakameras verwendet (1). Die Verwendung dieser Radiojodisotope ist problematisch: Zum einen ist die Halbwertszeit von 123I (13,2 h) zu klein, um die Kinetik der Läsion ausreichend zu erfassen, und zum anderen müssen geringe prätherapeutische 131I-Aktivitätsmengen verwendet werden, um den Stunning-Effekt, d. h. die Verminderung des Radiojoduptakes bei der Therapie durch prätherapeutische Behandlung, nicht auszulösen. Die Verwendung von geringen 131I-Aktivitätsmengen hat wiederum den Nachteil, dass die Sensitivität zum Nachweis von jodspeicherndem Gewebe erniedrigt wird (3). Insbesondere die Lungenmetastasen sind gelegentlich erst nach höheren 131I-Aktivitäten zu erkennen (7). Darüber hinaus ist die auf Gammakamera-basierte prätherapeutische Läsionsdosimetrie zeitaufwendig und mit einem - im Messprinzip begründeten - hohen Fehler behaftet.
In den letzten Jahren haben technische und radiochemische Innovationen neue Möglichkeiten auf diesem Gebiet eröffnet. Die PET ist das derzeit genaueste Verfahren zur In-vivo-Bestimmung von lokalen Aktivitätskonzentrationen in Läsionen und liefert, verglichen mit anderen bildgebenden Verfahren in der Nuklearmedizin, hochauflösende Schnittbilder der dreidimensionalen (3D) Aktivitätsverteilung. Die PET/Computertomographie(CT) ermöglicht außerdem eine exakte intrinsische Koregistrierung von funktionellen und morphologischen Informationen. Zur prätherapeutischen Läsionsdosimetrie ist das diagnostische Radionuklid der Wahl I (1): I hat eine Halbwertszeit von 4,2 Tagen und ist daher im Gegensatz zu 123I sehr gut geeignet zur Erfassung der Läsionskinetik. Die applizierten Aktivitätsmengen betragen lediglich 20 bis 40 Megabecquerel (MBq); bei diesen geringen Aktivitätsmengen sind Stunning-Effekte nicht zu erwarten, und trotzdem ist im Gegensatz zu 131I die Sensitivität zum Nachweis von jodspeichernden Läsionen hoch (4).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1. Vereinfachtes Zerfallsschema der β+- und γ-Strahlung (links) und Tabelle (rechts) der maximalen Energien der Positronen (β+) und der Energien der y- Quanten von 124I. - Ein weiterer Positronenzerfall mit maximaler Energie von 812 keV und relativer Häufigkeit von 0,3% ist nicht aufgeführt, da nur Strahlungen mit einer Häufigkeit größer als 1% berücksichtigt wurden (2).
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