Einleitung
Der Gang an die Börse – auch Going Public genannt – gewann bei den
Unternehmen in Deutschland seit Ende der 90-er Jahre zunehmend an Popularität. So stieg die Zahl der Aktienerstemissionen von durchschnittlich 16 pro Jahr in den Jahren 1983 bis 1996(1) auf Spitzenwerte von 175 im Jahr 1999 und 142 im Jahr 2000(2) an. Diese rasante Zunahme ist u.a. auf die Einführung des Neuen Marktes im März 1997 als Börsensegment für junge, innovative Unternehmen
zurückzuführen, wo allein in den Jahren 1999 und 2000 insgesamt 228
Erstemissionen platziert wurden(3). Durch fast durchgängig positive
Kursentwicklungen zeigte auch die Bevölkerung in Deutschland zunehmend Interesse am Aktienmarkt, weil sich für die Anleger hier eine beträchtliche Rendite bot (vgl. Wertsteigerung des Deutschen Aktienindex um 39,1% im Jahr 1999(4)). Neben der Möglichkeit sein Vermögen auf lange Frist durch die Anlage in Aktien zu vermehren, verbreitete sich mit steigender Zahl von Börsengängen eine
vermeintlich simple Methode in sehr kurzer Zeit hohe Gewinne zu erreichen: die Zeichnung von Neuemissionen und der sofortige Verkauf am ersten Handelstag. Dies war möglich, weil sehr häufig ein Underpricing der Emission vorlag, d.h., dass der erste Börsenkurs über dem Emissionskurs lag. Ein derartiges Phänomen konnte in den Jahren 1999 und 2000 bei circa 70% aller Neuemissionen
beobachtet werden(5). Der Anleger konnte so scheinbar eine Art „Free Lunch“ erzielen. Besonders herausragende Beispiele sind die Börsengänge der Biodata Information Technology AG im Jahr 2000 mit einem Underpricing von 433% und der Endemann Internet AG (heutige Abacho AG) im Jahr 1999 mit einer Kurssteigerung um 361% vom Zeitpunkt der Zuteilung bis zum ersten Handelstag.(6) Auf den ersten Blick scheint diese Tatsache paradox; es hat den Anschein, als ob die Banken und die Emittenten ihre Aktien generell zu billig
verkaufen. Wenn man sich die Häufigkeit des Underpricings betrachtet, kommt man schnell zu dem Schluss, dass dies kein Zufall sein kann und auch nicht auf Prognose- oder Rechenfehlern der Emissionsbanken beruht, sondern dass dahinter eine gewisse Systematik steckt.
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1 Vgl. Rödl/Zinser (2000), S.11
2 Vgl. Deutsches Aktieninstitut (2001), S. 03-8
3 Vgl. Deutsches Aktieninstitut (2001), S. 03-8
4 Vgl. Deutsches Aktieninstitut (2001), S. 09.1-2
5 eigene Berechnung, Daten aus: Deutsches Aktieninstitut (2001), S. 03-7,
6 eigene Berechnungen, Daten aus: Deutsches Aktieninstitut (2001), S. 03-7,
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Underpricing -Phänomen
2.1. Definition des Begriffs Underpricing
2.2. Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Emissionspreises
3. Empirische Ergebnisse bisheriger Forschungen
4. Gründe für das Underpricing
4.1. Darstellung der verschiedenen Erklärungsansätze
4.2. Gleichgewichtsmodelle zur Erklärung des Underpricings
4.2.1. Das Ungleichgewicht von Zeichnungs- und Börsenpreis in der neoklassischen Welt
4.2.2. Informationsasymmetrien zwischen verschiedenen Gruppen von Investoren
4.2.3. Informationsasymmetrien zwischen Emittent und Investoren
4.2.4. Informationsasymmetrien zwischen Emittent und Emissionsbank
4.2.5. Empirische Evidenz der Modelle
5. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Emissionspreisfindung
Abbildung 2: Ausgewählte Untersuchungen zum Underpricing-Phänomen
Abbildung 3: Berechnung der Zeichnungsrendite
1. Einleitung
Der Gang an die Börse – auch Going Public genannt – gewann bei den Unternehmen in Deutschland seit Ende der 90-er Jahre zunehmend an Popularität. So stieg die Zahl der Aktienerstemissionen von durchschnittlich 16 pro Jahr in den Jahren 1983 bis 1996[1] auf Spitzenwerte von 175 im Jahr 1999 und 142 im Jahr 2000[2] an. Diese rasante Zunahme ist u.a. auf die Einführung des Neuen
Marktes im März 1997 als Börsensegment für junge, innovative Unternehmen zurückzuführen, wo allein in den Jahren 1999 und 2000 insgesamt 228 Erstemissionen platziert wurden[3]. Durch fast durchgängig positive Kursentwicklungen zeigte auch die Bevölkerung in Deutschland zunehmend Interesse am Aktienmarkt, weil sich für die Anleger hier eine beträchtliche Rendite bot (vgl. Wertsteigerung des Deutschen Aktienindex um 39,1% im Jahr 1999[4]). Neben der Möglichkeit sein Vermögen auf lange Frist durch die Anlage in Aktien zu vermehren, verbreitete sich mit steigender Zahl von Börsengängen eine vermeintlich simple Methode in sehr kurzer Zeit hohe Gewinne zu erreichen: die Zeichnung von Neuemissionen und der sofortige Verkauf am ersten Handelstag. Dies war möglich, weil sehr häufig ein Underpricing der Emission vorlag, d.h., dass der erste Börsenkurs über dem Emissionskurs lag. Ein derartiges Phänomen konnte in den Jahren 1999 und 2000 bei circa 70% aller Neuemissionen beobachtet werden[5]. Der Anleger konnte so scheinbar eine Art „Free Lunch“ erzielen. Besonders herausragende Beispiele sind die Börsengänge der Biodata Information Technology AG im Jahr 2000 mit einem Underpricing von 433% und der Endemann Internet AG (heutige Abacho AG) im Jahr 1999 mit einer Kurssteigerung um 361% vom Zeitpunkt der Zuteilung bis zum ersten Handelstag.[6] Auf den ersten Blick scheint diese Tatsache paradox; es hat den Anschein, als ob die Banken und die Emittenten ihre Aktien generell zu billig verkaufen. Wenn man sich die Häufigkeit des Underpricings betrachtet, kommt man schnell zu dem Schluss, dass dies kein Zufall sein kann und auch nicht auf Prognose- oder Rechenfehlern der Emissionsbanken beruht, sondern dass dahinter eine gewisse Systematik steckt.
Ziel dieser Arbeit ist es das Underpricing-Phänomen kurz darzustellen und anschließend mögliche Gründe für das Auftreten zu diskutieren. Insbesondere soll auf die Gleichgewichtsmodelle eingegangen werden, die Underpricing als logische Folge von Informationsasymmetrien zwischen den Emissionsbeteiligten betrachten.
2. Das Underpricing -Phänomen
2.1. Definition des Begriffs Underpricing
In den Auseinandersetzungen rund um das Go ing Public von Unternehmen spielt das Underpricing-Phänomen eine gewichtige Rolle. Trotzdem existiert in der Literatur keine einheitliche formale Definition. Allgemein formuliert, kann Underpricing als Differenz zwischen Emissionspreis und späterem Sekundärmarktpreis beschrieben werden (= ex-post-Definition).[7] Wann der Sekundärmarktpreis letztendlich gemessen werden soll, ist aber unklar. In den meisten empirischen Studien wird der Eröffnungskurs am ersten Börsenhandelstag herangezogen und daraus die Zeichnungsrendite, auch „initial return“ genannt [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] bedeuten, „daß Anleger im Durchschnitt ‚spekulative’ Interessen beim Erwerb von IPOs verfolgen würden und eine Emission bereits am ersten Tag der Börsennotierung wieder verkaufen würden. Da Anleger […] keine in sich geschlossenen homogene n Gruppe[n] sind, kann ausgeschlossen werden, daß alle Anleger rein spekulative, kurzfristige Interessen im Zusammenhang mit einer Emission verfolgen.“[8] Frühere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die Kurse sich in den ersten 10 bis 60 Handelstagen kaum mehr verändern, so dass die Messung des Eröffnungskurses i.d.R. völlig ausreichend ist.[9] Lediglich bei den Neuemissionen am Neuen Markt konnte des Ö fteren eine negative Perfo rmance nach dem ersten Handelstag beobachtet werden.[10]
Die ex-post-Definition erweitert Neus um eine ex-ante-Sichtweise, indem er Underpricing als „negative Abweichung des Emissionskurses vom erwarteten Kurs am ersten Handelstag“[11] definiert. Dieses ex-ante-Underpricing muss also aus einem bewussten Preisabschlag vom wahren Wert der Emission resultieren. Die Differenz zwischen erwartetem und tatsächlichem Börsenkurs ist allerdings nur schwer ermittelbar und kommt möglicherweise nur durch eine fehlerhafte Einschätzung des Sekundärmarktwertes zustande, so dass sie bei den Erklärungsversuchen für das bewusste Underpricing nur eine untergeordnete Rolle spielt. Entscheidender ist die Frage, warum der Emittent bereit ist, seine Aktien ex-ante für einen geringeren Preis zu vergeben als sie wert sind.
2.2. Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Emissionspreises
Bei der Bestimmung des Emissionspreises gilt es, die grundsätzlich verschiedenen Interessen der emissionsbegleitenden Bank, der potentiellen Aktienkäufer und des Unternehmens inklusive der Alteigentümer miteinander zu vereinbaren.[12] Ausgangspunkt für die Preisfestsetzung ist der durch Unternehmensbewertungs- methoden wie z.B. dem Discounted Cash- flow-Verfahren ermittelte „wahre“ Wert des Unternehmens.
Die Bank hat das Ziel durch einen Abschlag auf einen niedrigeren Preis den Platzierungserfolg sicherzustellen und eine schlechte Reputation durch Zeichnungsverluste der Anleger zu vermeiden. Andererseits dürfen die für den Börsengang anfallenden Provisionserträge, die in der Regel abhängig vom erzielten Emissionsvolumen sind, nicht völlig ignoriert werden. Die Investoren haben kein direktes Mitspracherecht bei der Festlegung des Ausgabekurses, können aber letztendlich diesen indirekt durch mehr oder weniger starke Nachfrage beeinflussen. Deshalb muss man auch ihr Interesse an möglichst hohe n Zeichnungsgewinnen, die nur durch ein Underpricing der Emission erreichbar sind, berücksichtigen. Die zukünftige Publikumsgesellschaft muss zwischen einem richtig bemessenen und einem möglichst niedrigen Emissionspreis abwägen. Zunächst ist es wichtig, das Risiko auf spätere Kursverluste zu minimieren, um kein negatives Image bei den Investoren aufzubauen, so dass zukünftige Kapitalbeschaffungsmaßnahmen schwerer werden könnten; das würde einen geringeren Ausgabepreis bedeuten. Dagegen spricht jedoch, dass man mit einem höheren Emissionspreis mehr Eigenkapital für das Unternehmen gewinnt. Insbesondere die Alteigentümer werden eine hohe Vergütung für ihre zum Verkauf stehenden Anteile fordern. Lässt das Unternehmen nun Underpricing zu, so bedeutet dies einen nicht unerheblichen Faktor an Opportunitätskosten („money left at the table“[13]), die als zusätzliches Eigenkapital entfallen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Emissionspreisfindung[14]
3. Empirische Ergebnisse bisheriger Forschungen
In Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass sogar schon an den Börsen des Deutschen Reiches positive Emissionsrenditen aufgetreten sind.[15] Die ersten intensiven Diskussionen um das Underpricing kamen in den siebziger Jahren in den USA auf, in Deutschland erst in den achtziger Jahren.[16]
Abbildung 2 : Ausgewählte Untersuchungen zum Underpricing-Phänomen[17]
[...]
[1] Vgl. Rödl/Zinser (2000), S.11
[2] Vgl. Deutsches Aktieninstitut (2001), S. 03-8
[3] Vgl. Deutsches Aktieninstitut (2001), S. 03-8
[4] Vgl. Deutsches Aktieninstitut (2001), S. 09.1-2
[5] eigene Berechnung, Daten aus: Deutsches Aktieninstitut (2001), S. 03-7,
[6] eigene Berechnungen, Daten aus: Deutsches Aktieninstitut (2001), S. 03-7,
[7] Vgl. Kaserer/Kempf (1995), S. 45; Vgl. Neus (1996), S. 428
[8] Schweinitz (1997), S. 15
[9] Vgl. Döhrmann (1990), S. 265; Uhlir (1989), S. 9; Kunz (1990), S. 205
[10] Vgl. Klein/Meyer (2001), S. 274
[11] Neus (1996 ), S. 428
[12] Vgl. Schlick (1997), S. 127ff.
[13] Wasserfalen/Wittleder (1994), S. 1505
[14] in Anlehnung an Brühl/Singer (2002), S. 216
[15] Vgl. Schlag/Wodrich (2000), S. 19
[16] Vgl. Stehle/Ehrhardt (1999), S. 1397
[17] in Anlehnung an Kaserer /Kempf (1995), S. 46; Wallmeier/Rösl (1999), S. 136 u. S. 140; Blättchen/Jacquillat (1999), S. 191 u. S. 193
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