Zu den ersten Erfordernissen des Philosophierens gehört nach Schopenhauer, keine Frage auf dem Herzen zu behalten. Zu den philosophischen Fragen gehört demnach auch die Frage nach der Bedeutung von Recht und Moral bzw. des Ursprungs, der Begründung und Beschaffenheit von Rechts – und Moralsystemen als Teil des menschlichen Lebens.
Ist eine Funktion von Moral und Recht die Bewertung und Regulierung menschlicher Absichten und Handlungen, so ist mit der Bewertung menschlicher Handlungen aus moralischer und rechtlicher Sicht notwendigerweise die Frage nach der individuellen Verantwortung verbunden. Aufgrund welcher Kriterien ist der Mensch für sein eigenes Handeln zur Verantwortung zu ziehen? Sind diese Kriterien erfüllt? Nach Schopenhauer ist die Verantwortung für das eigene Handeln bei jedem Menschen eindeutig gegeben. Jeder Mensch ist nach Schopenhauer „sein eigenes Werk“ und ist somit in der Folge voll und ganz für sich und für sein Handeln verantwortlich.
Die zentrale Frage ist: Wie ist dieser Begriff der Verantwortung bei Schopenhauer begründet? Wieweit reicht diese Begründung? Gibt es Widersprüche?
Zunächst ist es notwendig, Schopenhauers Verständnis der Begriffe „Moral“ und „Recht“, ihre Abgrenzung und ihre gegenseitige Bezogenheit nachzuvollziehen. In einem zweiten Schritt soll auf grundsätzliche, bei Schopenhauer angenommene Merkmale und Eigenschaften eingegangen werden, die für jeden Menschen wesensbestimmend sind und - vor dem Hintergrund der Annahme, dass jeder Mensch sein eigenes Werk ist - im Bezug auf Recht und Moral wichtig sind. Dies sind vor allem der menschliche Charakter und das menschliche Gewissen.
Auf die Willensmetaphysik Schopenhauers soll in diesem Zusammenhang nicht näher eingegangen werden. Die Prämisse, das es den einen, freien und alles erschaffenden Willen gibt, aus dem die Welt und alles was in ihr ist, hervorgeht, muss aber als grundlegende Annahme Schopenhauers notwendigerweise berücksichtigt werden, da als Folge dieser Annahme alles was in der Welt ist mit ihr zusammenhängt.
Die Textgrundlage dieser Arbeit sind für die die Ausgangsfrage wichtigen Abschnitte aus Schopenhauers Gesamtwerk. Dies umfasst Passagen aus dem ersten und zweiten Band von „Die Welt als Wille und Vorstellung“, dem 2. Band der „Parerga und Paralipomena“ sowie der „Preisschrift über die Grundlage der Moral.“ Verwendet wurde die von Ludger Lütkehaus herausgegebene und im Hafmanns Verlag erschienene Gesamtausgabe.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Moral und Recht bei Schopenhauer
- 1.1 Der Begriff der Moral
- 1.2 Der Begriff des Rechts
- 1.2.1 Moralisches Recht
- 1.2.2 Positives Recht
- 2. Das Individuum und die Moral
- 2.1 Der individuelle Charakter
- 2.2 Das Gewissen
- 3. Das Individuum und das Recht
- 4. Moralische Verantwortung
- 5. Rechtliche Verantwortung
- 6. Fazit
- 7. Verwendete Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Schopenhauers Konzeption von moralischer und rechtlicher Verantwortung. Sie beleuchtet die Schopenhauer'sche Definition von Moral und Recht, deren gegenseitige Beziehung und ihre Relevanz für das Individuum. Die Arbeit analysiert, wie Schopenhauer die individuelle Verantwortung begründet und welche Rolle dabei der menschliche Charakter und das Gewissen spielen.
- Schopenhauers Definition von Moral und Recht
- Die Beziehung zwischen Moral und Recht bei Schopenhauer
- Individuelle Verantwortung nach Schopenhauer
- Die Rolle des Charakters und des Gewissens
- Grenzen und Widersprüche in Schopenhauers Theorie
Zusammenfassung der Kapitel
1. Moral und Recht bei Schopenhauer: Dieses Kapitel beginnt mit der Klärung der Begriffe "Moral" und "Recht" nach Schopenhauer. Es wird deutlich, dass Schopenhauer Moral nicht als ein System abstrakter Regeln versteht, sondern als die innere Bedeutung von Handlungen, die im Willen und der Gesinnung des Handelnden wurzelt. Im Gegensatz dazu wird der Begriff des Rechts, insbesondere die Unterscheidung zwischen moralischem und positivem Recht, erörtert. Der Fokus liegt auf der intuitiven Erfassung moralischer Werte und deren subjektiver Natur. Die Diskussion beinhaltet die Bedeutung von Begriffen wie Mitleid, Gerechtigkeit und Menschenliebe, wobei die anschauliche Erkenntnis als Grundlage hervorgehoben wird.
2. Das Individuum und die Moral: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Individuum im Kontext von Moral. Es untersucht den individuellen Charakter als entscheidenden Faktor für moralisches Handeln. Der menschliche Charakter, als Ausdruck des Willens, bestimmt die moralische Bewertung von Handlungen. Weiterhin wird die Bedeutung des Gewissens beleuchtet, das als innerer Kompass für moralisches Handeln fungiert. Die Verbindung zwischen individueller Beschaffenheit und moralischer Handlungsweise bildet den zentralen Aspekt dieses Kapitels.
3. Das Individuum und das Recht: Dieses Kapitel untersucht die Beziehung zwischen dem Individuum und dem Rechtssystem. Es analysiert, wie Schopenhauers Konzeption von Moral und Recht auf die rechtliche Verantwortung des Individuums wirkt. Der Fokus liegt auf der Wechselwirkung zwischen individueller Handlung und den gesetzlichen Rahmenbedingungen.
4. Moralische Verantwortung: Dieses Kapitel widmet sich der moralischen Verantwortung des Individuums nach Schopenhauer. Es analysiert, wie Schopenhauer die moralische Verantwortung begründet und welche Kriterien dafür maßgeblich sind. Der Zusammenhang zwischen individueller Handlung und moralischen Konsequenzen wird eingehend betrachtet. Die zentrale These von Schopenhauer, dass jeder Mensch "sein eigenes Werk" ist, wird in diesem Kapitel im Hinblick auf die moralische Verantwortlichkeit ausführlich diskutiert.
5. Rechtliche Verantwortung: Hier wird die rechtliche Verantwortung des Individuums beleuchtet. Es wird untersucht, wie sich Schopenhauers Philosophie auf die rechtliche Verantwortlichkeit auswirkt und inwiefern sie mit rechtlichen Konzepten und Systemen korrespondiert. Die Analyse konzentriert sich auf die Schnittstelle zwischen individueller Handlung und juristischen Konsequenzen.
Schlüsselwörter
Moral, Recht, Verantwortung, Schopenhauer, Wille, Gewissen, Charakter, anschauliche Erkenntnis, moralisches Recht, positives Recht, individuelles Handeln.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Moral und Recht bei Schopenhauer
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Arthur Schopenhauers Konzeption von Moral und Recht, insbesondere die Beziehung zwischen beiden und ihre Relevanz für die individuelle Verantwortung. Die Untersuchung beleuchtet Schopenhauers Definitionen von Moral und Recht, die Rolle des individuellen Charakters und des Gewissens sowie Grenzen und mögliche Widersprüche in seiner Theorie.
Welche Themen werden im Einzelnen behandelt?
Die Arbeit behandelt Schopenhauers Definitionen von Moral und Recht (inklusive der Unterscheidung zwischen moralischem und positivem Recht), die Beziehung zwischen Moral und Recht, die individuelle Verantwortung nach Schopenhauer, die Rolle des Charakters und des Gewissens bei der moralischen Bewertung von Handlungen sowie eine kritische Auseinandersetzung mit möglichen Grenzen und Widersprüchen in Schopenhauers Theorie.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in Kapitel zu den Begriffen Moral und Recht bei Schopenhauer, dem Individuum im Kontext von Moral und Recht, der moralischen und rechtlichen Verantwortung sowie einem Fazit und Literaturverzeichnis. Jedes Kapitel bietet eine detaillierte Zusammenfassung der relevanten Aspekte von Schopenhauers Philosophie.
Was versteht Schopenhauer unter Moral und Recht?
Schopenhauer versteht Moral nicht als ein System abstrakter Regeln, sondern als die innere Bedeutung von Handlungen, die im Willen und der Gesinnung des Handelnden wurzelt. Recht hingegen wird differenziert betrachtet, mit der Unterscheidung zwischen moralischem Recht (basierend auf innerer Überzeugung) und positivem Recht (gesetzlich festgelegte Regeln). Die anschauliche Erkenntnis moralischer Werte und deren subjektive Natur sind zentrale Aspekte seiner Konzeption.
Welche Rolle spielen Individuum, Charakter und Gewissen?
Der individuelle Charakter, als Ausdruck des Willens, ist für Schopenhauer ein entscheidender Faktor für moralisches Handeln. Das Gewissen fungiert als innerer Kompass. Die Arbeit untersucht die Verbindung zwischen individueller Beschaffenheit und moralischer Handlungsweise und wie diese die rechtliche Verantwortlichkeit beeinflussen.
Wie definiert Schopenhauer moralische und rechtliche Verantwortung?
Die Arbeit analysiert Schopenhauers Begründung der moralischen und rechtlichen Verantwortung, untersucht die Kriterien dafür und den Zusammenhang zwischen individueller Handlung und moralischen bzw. juristischen Konsequenzen. Die zentrale These, dass jeder Mensch "sein eigenes Werk" ist, wird im Hinblick auf die Verantwortlichkeit diskutiert.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Moral, Recht, Verantwortung, Schopenhauer, Wille, Gewissen, Charakter, anschauliche Erkenntnis, moralisches Recht, positives Recht und individuelles Handeln.
Wo finde ich ein Inhaltsverzeichnis?
Das Inhaltsverzeichnis umfasst Kapitel zu: Moral und Recht bei Schopenhauer (inkl. Unterkapiteln zu Moralbegriff, Rechtsbegriff, moralischem und positivem Recht), Das Individuum und die Moral (inkl. Unterkapiteln zu individuellem Charakter und Gewissen), Das Individuum und das Recht, Moralische Verantwortung, Rechtliche Verantwortung, Fazit und Verwendete Literatur.
- Quote paper
- Simon Muss (Author), 2009, Moralische und rechtliche Verantwortung bei Arthur Schopenhauer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148212