Organisationen in der Krise

Entgrenzung und Subjektivierung von Arbeit und die Psychoanalyse


Referat (Ausarbeitung), 2005

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.) Einleitung

2.) Angst und Wandel in Organisationen
2.1) Fallbeispiel A: Ein regressiver Modus der Konfliktverarbeitung
2.2) Fallbeispiel B: Ein (pseudo-) progressiver Modus der Konfliktverarbeitung
2.3) Stile der Konfliktverarbeitung

3.) Die Grenzen der flexiblen Organisation
3.1) Herausforderungen flexibler Arbeit
3.2) Organisatorische Grenzen
3.3) Autoritätsvakuum
3.4) Management der Eindämmung
3.5) Empfindungen als Tatsache

4.) Fazit

5.) Literaturliste

1.) Einleitung

In dieser Arbeit werden zwei Texte behandelt, welche sich thematisch nahe stehen. Beide behandeln die Probleme, die auftreten können, wenn Organisationen und/oder Unternehmen sich in einer Umbruchphase, also einer Zeit struktureller Veränderung befinden. Es handelt sich hierbei zum einen um eine Abhandlung von Hans-Jörg Becker, der sich beim Thema „ Angst und Wandel in Organisationen “ um eine psychoanalytische Sicht besagter Phänomen bemüht und sich dabei in der Rolle eines Supervisors befindet.

Zum zweiten wird ein Artikel der Autoren Hirschhorn & Gilmore dargestellt, welche sich unter dem Titel „ Die Grenzen der flexiblen Organisation “ mit den Komplikationen auseinandersetzen, die auftreten können, wenn Hierarchien in Organisationen abflachen oder gar auflösen. Zunächst seien dazu zunächst die einzelnen Texte für sich präsentiert und in einem kurzen abschließenden Fazit zusammen gefasst.

2.)Angst und Wandel in Organisationen

Eine supervisorisch-psychanalytische Perspektive (von Hans-Jörg Becker)

In den Ausführungen Hans-Jörg Beckers geht es im Wesentlichen um die Muster und Stile der „Konfliktverarbeitung“ (in Anlehnung an das klinische Konzept von Mentzos, 1982) in Organisationen, wenn Veränderungsprozesse von außen oder innen anstehen. Angst vor diesen Veränderungsprozessen, wird als Auslöser dieser Konflikte gesehen und anhand des Umgangs mit dieser Angst, dem Modus der Konfliktbewältigung also, sind Rückschlüsse auf die unbewusste Beziehung des Einzelnen zu der jeweiligen Organisation möglich. An dieser Stelle kommt die Psychoanalyse ins Spiel.

Die Art der Veränderung spielt im Übrigen keine Rolle, es ist also egal, ob die Veränderung herbeigewünscht wird oder aufgezwungen wurde, wie bereits erwähnt, ist allein die Angst entscheidend, die dieser Veränderungsprozess nach sich zieht. Becker postuliert in diesem Rahmen, dass es möglich sein kann, dass spezifische Organisationen typische Muster zur Bewältigung mit einer derartigen Angst aufweisen. Vorraussetzung hierfür sei, dass die Muster automatisch, stereotyp und redundant ablaufen und sich so auf lange Sicht habituieren können. Wenn dies der Fall ist, wäre es möglich, von organisationstypischen Haltungen zu sprechen, mit denen die Mitarbeiter Angst begegnen.

Es wurde ja bereits erwähnt, dass die Psychoanalyse die Methode ist, mit welcher die Reaktionen auf Veränderungsprozesse untersucht werden sollen. Hierbei stößt man jedoch auf einige Probleme. Menschliche Organisationen sind laut Becker, Phänomene eigenen Rechts und als solche beanspruchen sie auch eigene Erklärungsansätze, da sie eben nicht als verzerrtes Spiegelbild von familiären Strukturen zu verstehen sind (was einen reinen Zugang mittels Psychoanalyse ermöglichen würde). Daher stützt sich Becker auf eine organisationstheoretische Referenztheorie, die auf den englischen Theoretiker Ralph Stacy (1997) zurückgeht, die im Folgenden kurz dargestellt wird:

Exkurs -> Organisationstheoretische Referenztheorie nach Stacy:

„Organisationen kann man als Beziehungsgeflechte auffassen, die aus dem Zusammenwirken der Einzelnen entstehen“ (siehe „Angst und Wandel in Organisationen“, Becker, 2001, S. 312). Dieses Zusammenspiel dient den Zielen der Organisation (z.B.: Profit machen), in mehr oder weniger bewusster Weise. Hierin sind die primären Organisationsziele enthalten, deren Bedeutung bewusst erlebt wird seitens der Mitarbeiter. Man könnte in diesem Kontext sagen: „Alle ziehen an einem Strang.“ Daher wird dieses Beziehungsgeflecht als Ergebnis des eigenen Handelns erlebt, quasi als selbst erzeugt („Die Firma, dass sind wir!“). Dies führt dazu, dass die Organisation überschaubar, rational und damit auch planbar wird.

Stacy benennt diesen Teil einer Organisation, das legitime System, welches einem internen Regelwerk folgt und sich durch Einheitlichkeit, Konformität und Wiederholung auszeichnet.

Aber es existiert neben diesem System noch ein weiteres, das so genannte Schattensystem, welches spontan, informell und mit hohem affektivem Aufwand seitens der Mitarbeiter entsteht. Auch wenn vermeintlich kein Bezug zur Organisation existiert, so ist das Gegenteil der Fall, es entwickelt sich auf dieser Ebene eine Struktur, die nicht als selbst erzeugt wahrgenommen wird. Hier wird so etwas wie der Charakter einer, oder die Atmosphäre in einer Organisation entwickelt, die von den Mitarbeitern als eigenständige Macht wahrgenommen wird. Und hier entstehen die Bindung, respektive die Beziehung, zwischen dem Einzelnen und der Organisation.

Wichtig ist an dieser Stelle also festzuhalten, dass letztlich zwar die Individuen durch ihr Zusammenwirken, ihre untereinander eingegangen Beziehungen also, eine Organisation ausmachen, sie aber diese als etwas Eigenständiges und Fremdes wahrnehmen.

Selbstverständlich wird dadurch die Frage nach der Art dieser Beziehung aufgeworfen und dies führt wieder zur Methode der Psychoanalyse um die Strukturen dieser von Menschen geschaffenen Organisationen zu verstehen.

Das Personen als Teil dieser Organisationen gesehen werden können und evt. auch mögliche spezifische Verhaltensweisen annehmen, führt Becker auf ständig andauernde und unbewusst ablaufende Sozialisationsprozesse zurück. In diesem Rahmen werden auch die bereits genannten spezifischen Muster zur Konfliktverarbeitung erworben. Da sie sowohl durch das legitime, als auch durch das Schattensystem gestützt werden, enthalten sie eine gewisse Flexibilität, die Becker als Fließgleichgewicht bezeichnet. Das Ausmaß dieser Flexibilität zeigt auf, wie belastbar das System bei Veränderungen ist. Sollte die Belastung zu groß sein, kann es zu Rissen und Problemen führen. An dieser Stelle setzt die Supervision an, die dazu dient, diese Probleme aufzudecken und wenn möglich zu lösen.

Im Weiteren stellt Becker zwei Beispiele von Organisationen vor, die Veränderungsprozesse durchmachen und weist auf die jeweils spezifischen Konfliktverarbeitungsmodi hin. Bei beiden war er jeweils ein Jahr als Supervisor tätig.

2.1.) Fallbeispiel A: Ein regressiver Modus der Konfliktverarbeitung

Beim ersten Beispiel handelt es sich um den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK), der von allen Krankenkassen geschaffen wurde, um sie in medizinischen Fragen bei der Bewilligung von Renten, Arbeitsunfähigkeit etc. zu beraten. Dieser Dienst war aus Vertrauensärzten entstanden und der eigentliche Umstrukturierungsprozess galt als abgeschlossen.

Unter anderem war der Zweck der Supervision, über die Veränderungen durch diese Umstrukturierung zu sprechen. Vor dem ersten Termin mit der aus 10 Ärzten bestehenden Gruppe gab es ein Treffen mit dem regionalen Geschäftsführer. Dieser wird von Becker als dynamischer Betriebswirt beschrieben, der ein modern eingerichtetes Büro belegte. Im Weiteren sieht Becker in diesem Mann das angestrebte Ziel der Umstrukturierung, nämlich dem Dienst ein modernes und wirtschaftliches Wesen zu geben.

Auf der anderen Seite, von Becker als Gegenpol zur Erscheinung des Geschäftsführers bezeichnet, stand das Treffen mit den Ärzten, die er als altmodisch wahrnahm.

Im Rahmen der Supervision stellte sich heraus, dass zwar oberflächlich nur Probleme mit den Patienten seitens der Ärzte beklagt wurden, diese Probleme aber auf die durch den Veränderungsprozess ausgelöste Unsicherheit und Angst zurückzuführen waren. Denn dadurch war es den Patienten nun möglich, sich über die Ärzte an oberster Stelle zu beschweren. Dadurch entstand das Bild einer Verschwörung zwischen Patienten und Vorgesetzten. Daraus entstand eine Diskussion über die beruflichen Situationen der Einzelnen. Es stellte sich heraus, dass durch die Umstrukturierung alte Verhaltensweisen unerwünscht geworden waren.

Von entscheidender Bedeutung wird ein Traum den der Supervisor hat, in dem die berufliche Identität in Frage gestellt wird. Er identifiziert sich mit einem der Gruppenteilnehmer und erhält in dem Traum ein Schreiben, seine Zulassung als Psychoanalytiker zurückzugeben, aufgrund erwiesener Unfähigkeit. So aufmerksam gemacht, erkennt Becker, dass das Hauptthema der Supervision das der beruflichen Identität ist, welche durch die Veränderungen als bedroht empfunden wird, seitens der Ärzte. Sie verkörpern den Teil der Organisation, die diesen Prozess nicht mitmachen konnten, oder deren Konfliktverarbeitungsmodi nicht flexibel genug waren, so dass es zu den genannten Problemen kam.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Organisationen in der Krise
Untertitel
Entgrenzung und Subjektivierung von Arbeit und die Psychoanalyse
Hochschule
Universität Bremen
Veranstaltung
Entgrenzung und Subjektivierung von Arbeit VAK: 11-4302
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V147874
ISBN (eBook)
9783640577040
ISBN (Buch)
9783640609642
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Organisationen, Krise, Entgrenzung, Subjektivierung, Arbeit, Psychoanalyse
Arbeit zitieren
Dipl.-Psych. Joachim Stöter (Autor:in), 2005, Organisationen in der Krise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147874

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