In der vorliegenden Arbeit möchte ich anhand der Filmbeispiele „Prosperos Books“ von Peter Greenaway und „Der Herr der Ringe – Die Gefährten“ von Peter Jackson herausstellen auf welche Art und Weise das Medium Buch und Schrift im Allgemeinen in das Medium Spielfilm integriert werden kann. Ein anschließender Vergleich der beiden Filmbeispiele soll dann die unterschiedlichen Möglichkeiten der Verwendung des Stilmittels Intermedialität aufzeigen und deren Wirkungen auf den Rezipienten untersuchen.
Ich werde die Intermedialität der Spielfilme anhand einzelner heraus gegriffener Szenen untersuchen, wobei es dabei nicht um Vollständigkeit, sondern um die Deutlichkeit, mit der die intermediale Einschreibung praktiziert wurde, in der jeweiligen Szene gehen soll.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Prosperos Books
2.1. Das Medium Schrift
2.2. Das Medium Buch
2.3. Rahmung
3. Der Herr der Ringe – Die Gefährten
3.1.Das Medium Schrift
3.2. Das Medium Buch
4. Der Vergleich
5. Resumée
6. Literaturliste
1. Einleitung:
In der vorliegenden Arbeit möchte ich anhand der Filmbeispiele „Prosperos Books“ von Peter Greenaway und „Der Herr der Ringe – Die Gefährten“ von Peter Jackson herausstellen auf welche Art und Weise das Medium Buch und Schrift im Allgemeinen in das Medium Spielfilm integriert werden kann. Ein anschließender Vergleich der beiden Filmbeispiele soll dann die unterschiedlichen Möglichkeiten der Verwendung des Stilmittels Intermedialität aufzeigen und deren Wirkungen auf den Rezipienten untersuchen.
Ich werde die Intermedialität der Spielfilme anhand einzelner heraus gegriffener Szenen untersuchen, wobei es dabei nicht um Vollständigkeit, sondern um die Deutlichkeit, mit der die intermediale Einschreibung praktiziert wurde, in der jeweiligen Szene gehen soll.
2. Prosperos Books
2.1. Das Medium Schrift
Das Medium Schrift allein, losgelöst vom Medium Buch an sich, tritt im Film „Prosperos Books“ von Peter Greenaway gehäuft auf. Im folgenden werde ich die einzelnen relevanten Szenen betrachten.
Gleich zu Beginn des Films fällt das Wort „boatswain“, bzw. „Bootsmann“ in der deutschen Übersetzung, besonders auf.[1] Es ist sowohl graphisch zu sehen, in Schreibschrift geschrieben, als auch durch Prospero ausgesprochen. Außerdem spricht er auch noch mit zahlreichen verschiedenen Stimmen dieses Wort immer wieder aus. Durch die Wiederholung wird noch mal besonders auf das Wort hingewiesen. Der Rezipient kann seine Aufmerksamkeit nicht davon abwenden. Gleichzeitig wird dem Rezipienten auch noch der Schreibvorgang selbst offenbart, indem er Prospero das Wort auch schreiben sieht und das kratzende Schreibgeräusch, das eine Feder auf Papier erzeugt, deutlich zu hören ist. Wichtig ist hier auch besonders die intertextuelle Ebene. Das Wort „boatswain“ ist zugleich das erste Wort, das in Shakespeares Drama „The Tempest“, dessen Adaption Greenaways schließlich „Prosperos Books“ ist, gesprochen wird.[2] Hier geschiet also eine intermediale Verschränkung von gesprochenem Wort, geschriebenem Wort, des Schreibvorgangs selbst und der intertextuellen Ebene.
In einer späteren Szene[3], in der Prospero einen Teil der Handlung von Shakespeares „The Tempest“ wiedergibt, ereignet sich das gleiche Phänomen. Wieder erlebt der Rezipient die Gleichzeitigkeit von Schreibvorgang mit Schreibgeräuschuntermalung und Prosperos Stimme, die den geschriebenen Text wiedergibt. Der Rezipient scheint nun tatsächlich bei der Entstehung des Dramentextes dabei zu sein. Inhaltliche Ebene von Greenaways Film und übergeordnete intertextuelle Ebene, die Bezugnahme auf den Dramentext, werden hier vermischt.
Als Miranda, schließlich erwacht, zu Prospero kommt, ruft er: „Erwach mein Herz! Erwach!“ Im selben Rhythmus wie das Gesagte erscheinen die Worte graphisch zu sehen im Bild um Miranda herum.[4] Wiederum macht Greenaway auf einzelne Worte besonders aufmerksam. Dadurch, dass der Rezipient die geschriebenen Worte gleichzeitig hört, wird der Lesevorgang beschleunigt. Oder anders herum: Dadurch, dass der Rezipient das Gehörte auch graphisch sehen kann, wird er besonders auf diese Worte hingewiesen.
In einer anderen Szene wird das, was Prospero sagt, und gleichzeitig schreibt, wiederum graphisch als Textinsert gezeigt.[5] Doch diesmal erscheint die Schrift ähnlich einem Filmabspann, allerdings von unten nach oben, also in umgekehrter Reihenfolge, langsam im Bild. Sie wandert dabei nur bis zur Hälfte des Bildes, so dass Prospero selbst von ihr nicht verdeckt wird. Der Rezipient kann also seinen Mundbewegungen beim Rezitieren des Textes noch folgen.
Gerade die Mundbewegungen beim sprechen leiten zu einer anderen Szene über. In einer Szene, in der sich zwei Personen unterhalten,[6] hört der Rezipient ihre direkte Rede von Prospero gesprochen bzw. gelesen (hier ist er beim Lesevorgang nicht zu sehen), sieht aber keinerlei Mundbewegungen. Die Mimik der Schauspieler stimmt allerdings mit Szene und Gesagtem überein. Gleichzeitig wird ihre direkte Rede aber im Bild neben ihnen eingeblendet. So kann der Rezipient das gesagte wiederum durch die Doppelung von Lese- und Hörvorgang besonders gut aufnehmen. Die Schauspieler illustrieren also quasi nur die Rezitation Prosperos, weswegen die Mundbewegungen nicht gezeigt werden müssen. Dieses Phänomen zieht sich durch den gesamten Film, wobei die direkte Rede nicht durchgehend graphisch eingeblendet wird. Nur Prosperos Mundbewegungen sind durchweg zu sehen. Somit wird die Handlung des Films von Prosperos Rezitation getrennt. Der Rezipient bekommt das Gefühl vermittelt, die Realität des Films wäre Prospero, der einen von ihm geschriebenen Text rezitiert, intertextuell verschränkt mit Shakespeares Dramentext, und die übrigen Schauspieler und das Bühnenbild seien nur Illustrationen des Rezitierten.
Allgegenwärtig durch andauernde Wiederholung ist vor allem das Motiv des in Tinte eingetauchten Füllfederhalters. Es wird wiederum durch Bild und Geräusch präsentiert. Dies soll dem Rezipienten wiederum den Schreibvorgang selbst vor Augen führen.
Interessant in diesem Zusammenhang ist eine andere Szene. Eine Schreibfeder fährt ins Holz und bleibt darin stecken.[7] Tinte ergießt sich wie Blut aus einer Wunde. Das Holz wird somit zum verwundeten Körper und die Schreibfeder zur Waffe. Diese Szene verdeutlicht als Metapher die Macht, die im Schreiben bzw. in der Schrift liegt. Es ist Prosperos Magie, die er durch die Bücher und dann letztendlich durch die Schrift besitzt, die ihm Macht verleiht. Nach Zerstörung seiner Bücher besitzt er keinerlei Macht mehr und muss um Gnade bitten. Doch die Bücher und deren Macht und System werde ich im folgenden Kapitel behandeln.
Durch die auffällige Präsenz von Schrift und Schreibvorgang kombiniert mit der Rezitation durch Prospero erscheint dieser sowohl als Autor, als der Schauspieler John Gielgud, als Figur in einer Fiktion und schließlich selbst als Regisseur, da die übrigen Figuren nur als Illustration seiner Rezitation erscheinen. So entsteht eine selbstreflexive Erzählperspektive. Durch seine verstellte Stimme splittet er sich selbst in die verschiedenen Personen auf. So konkurrieren Monologizität seines Vortrags und Dialogizität der Stimmen.[8]
2.2. Das Medium Buch
Auch das Medium Buch ist in Greenaways Film auf viele verschiedene Arten repräsentiert. Dabei nutzt Greenaway vor allem das technische Mittel der paintbox. Auf diese Technik der Rahmung soll im besonderen im folgenden Kapitel eingegangen werden. Ich komme nun wiederum zu den einzelnen Szenen, die das Medium Buch in Szene setzen.
Zu Beginn des Films wird mittels paintbox auf drei verschiedenen Bildebenen folgendes gezeigt. Im Hintergrund ist starker Regen zu sehen, im darin eingeschriebenen Rahmen ist Ariel, der in ein Wasserbecken uriniert, zu sehen und darin wiederum durch einen dritten Rahmen eingeschrieben, ist ein Buch zu sehen, das durch Regen beschädigt wird.[9] Das Element Wasser, beherrschendes Element im ganzen Film zusammen mit dem Feuer, verbindet alle drei Bildebenen. Gleichzeitig rezitiert Prospero aus Shakespeares „The Tempest“, womit die intertextuelle Ebene erneut aufgespannt wäre. Außerdem spielt etwas später Prospero die Szene, die er rezitiert, mit einem Schiff innerhalb des zweiten Rahmens, in dem zuvor der urinierende Ariel zu sehen war, nach, wobei eine dritte inhaltliche Ebene, neben der Ebene des Films und der des Dramentextes, aufgebaut wird. Dem Rezipient wird also ein Cluster dreier Bildebenen und dreier inhaltlicher Ebenen präsentiert.
Während des Vorspanns des Films, in dem die Namen der mitwirkenden Personen gezeigt werden, ist das Buch vor allem als übergroßer Foliant, der von mehreren Menschen mit Mühe umgeblättert wird, präsent.[10] Schon hier wird durch übernatürliche Größe auf die besondere, Magie bedingte, Wichtigkeit des Buches hingewiesen.
Die Einblendung der verschiedenen Zauberbücher Prosperos, auf deren System ich noch später ausführlich eingehen werde, erfolgt mit der inhaltlichen Ebene verbunden. In einer Szene wird Susanna, Prosperos verstorbene Frau, über die er gerade spricht, in einem inneren Rahmen gezeigt. Sie wird überblendet mit dem Totenbuch, das alle Namen der toten Menschen, mit Adam an erster und Susanna an letzter Stelle, enthält.[11] Das Totenbuch passt inhaltlich zu Prosperos schmerzlicher Erinnerung an Susannas Tod.
In der Autopsieszene[12] erscheint im inneren Rahmen das Anatomiebuch, wieder inhaltlich verknüpft. Auf den aufgeschlagenen Seiten erscheinen scheinbar lebendige entnommene Organe, die bluten und pulsieren, entsprechend der Beschreibung, die die erklärende Stimme gibt. Durch ein Guckfenster sehen wir die Anatomieszene, wenn die Kamera weiter nach hinten fährt. Wenn die durch die paintbox erzeugte Rahmung entfällt, wird die Figur, die ihren Bauch aufklappt und ihre lebenden Organe zeigt, in die Handlungsebene des Films integriert, obwohl sie inhaltlich nicht notwendig wäre.
In der Szene, in der das Boot gezeigt wird, auf dem Prospero ausgesetzt wurde,[13] wird im äußeren Rahmen das Boot gezeigt und im inneren Rahmen werden die Bücher, die Prospero mitgenommen hat und die ihm seine Macht verleihen, gezeigt. Der innere Rahmen nimmt sehr viel mehr Platz im Bild ein. So wird auf die Wichtigkeit der Zauberbücher und ihre Macht hingewiesen.
[...]
[1] Vgl. Greenaway, Peter, Prosperos Books, 1991, 1:33-2:17.
[2] Vgl. Hainge, Greg, Tempest in another time, Shakespeare, Greenaway, Celiné, in: Romanic review, Band 97, Nr. 1, 2006, S. 16.
[3] Vgl. ebd., 26:13-26:43.
[4] Vgl. ebd., 36:47-36:54.
[5] Vgl. ebd., 51:55-52:10.
[6] Vgl. ebd., 55:04-55:13.
[7] Vgl. ebd., 1:14:26-1:14:33.
[8] Vgl. Spielmann, Yvonne, Intermedialität. Das System von Peter Greenaway, Fink Verlag, München, 1998, S. 246.
[9] Vgl. Greenaway, Peter, Prosperos Books, 1991, 3:22-3:48.
[10] Vgl. ebd., 7:14-7:35.
[11] Vgl. ebd., 18:44-18:58.
[12] Vgl. ebd., 20:37-21:31.
[13] Vgl. ebd., 26:23-26:29.
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