Durch die anhaltende Globalisierung sind kleine und große Unternehmen in verschiedenen Wirtschaftssektoren heutzutage durch sinkende Margen und hohen Kostendruck dazu gezwungen ihre traditionellen Märkte zu verlassen, neue Märkte
zu erschließen und auch Ihre Produktions- und Entwicklungsstandorte zu verlagern. Dies kann auf verschiedene Arten und Weisen von statten gehen wie beispielsweise der Neugründung von Niederlassungen und Produktionsstätten in anderen geografische Regionen oder dem Aufkaufen von lokal bereits etablierten
Unternehmen, um deren Infrastruktur und Kundenstamm zu übernehmen. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte & Touche1 in der Fertigungsindustrie gaben 57 Prozent der Befragten an, Teile der Produktion in günstigere Regionen ausgelagert zu haben. 29 Prozent der europäischen Unternehmen gaben an, gar keine Produktionsstätten in ihren Heimatmärkten zu betreiben. Die Komplexität solcher Vorhaben fordert eine systematische und ganzheitliche Betrachtung der Einflussfaktoren. Neben Problemstellungen des Standortes selbst gilt es auch, den hinzugewonnenen oder verlagerten Standort in das Unternehmen einzubinden und an die Strukturen der Muttergesellschaft anzupassen, im Hinblick auf die Organisation aber auch im Hinblick auf beispielsweise die verwendeten EDV Systeme und Reporting-Strukturen. Nur so kann z.B. auf der einen Seite der finanzielle bzw. wirtschaftliche Erfolg des neuen Standortes zentral gemessen werden und auf der anderen Seite der neue Standort von bereits vorhandenen und etablierten Strukturen, wie einem zentralen Einkauf, einem Rechenzentrum oder dem Controlling profitieren um Kosten zu senken. Diese Anbindung an die Muttergesellschaft kann auf verschiedenen Ebenen stattfinden. Zum einen auf der Ebene der EDV, bei der die neue Lokationen z.B. auf ein unternehmensweit integriertes ERP-System zugreifen kann. Somit wären sämtliche Unternehmensdaten in der Muttergesellschaft bekannt und das zentrale Management kann die Daten als Entscheidungsbasis nutzen. Als nächste Ebene für das Anbinden eines Standortes ist die Aufbauorganisation zu nennen. (...)
Man kann also die unternehmensweite Optimierung, Vereinheitlichung und Standardisierung von gleichartigen Prozessen als eine der wichtigen Aufgaben bei der Expansion in neue Märkte oder der Verlagerung von Produktions- und
Entwicklungsstätten betrachten.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Vorgehensweise und Aufbau
2 Prozessmanagement in der Theorie
2.1 Prozesse
2.2 Prozessmanagement
2.3 Kennzahlensysteme
2.3.1 Einführung
2.3.2 Key Performance Indikatoren
2.3.3 Balanced Scorecard
2.4 Modelle zur Bewertung von Prozessqualität
2.4.1 Einführung
2.4.2 CMMI
2.4.3 Six Sigma
2.5 Modelle zur Optimierung von Prozessen
2.5.1 Einführung
2.5.2 Business Process Reengineering
2.5.3 Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
3 IT Service Management
3.1 Überblick
3.2 IT Infrastructure Library
3.2.1 Einführung
3.2.2 Service Support Prozesse
3.2.3 Service Delivery Prozesse
4 Das Projekt
4.1 Einführung
4.2 Das Unternehmen
4.3 Einordnung der betrachteten Prozesse
4.3.1 Prozesse im Unternehmen
4.3.2 Prozesse nach ITIL
4.4 Ausgangssituation
4.5 Zielsetzung und Erwartungshaltung
4.6 Zeitplan
5 Aufnahme und Dokumentation des Ist-Zustands
5.1 Anforderung an die zu gewinnenden Informationen
5.2 Operative Durchführung
5.2.1 Prozesslandschaft
5.2.2 Prozessaufnahme
5.2.3 Prozessdokumentation
5.2.3.1 Unterscheidung von Prozessvarianten
5.2.3.2 Beispiel Lieferantenbestellung
5.2.4 Bewertung der Prozessqualität
5.3 Schlussfolgerung
6 Analyse des Ist-Zustandes
6.1 Anforderungen an die Analyse
6.2 Operative Durchführung
6.2.1 Gegenüberstellung der Prozesse und Standorte
6.2.2 Identifikation von Schwachstellen
6.3 Schlussfolgerung
7 Erarbeitung des Soll-Zustandes
7.1 Anforderung an die Optimierung
7.2 Optimierung der vorhandenen Prozesse
7.3 Skizzierung der Soll-Prozesse
7.4 Softwareanforderungen
7.5 Schlussfolgerung
8 Entwicklung von Prozesskennzahlen
9 Ergebnis
10 Ausblick
11 Zusammenfassung
11.1 Theorie
11.2 Projekt
11.3 Fazit
12 Anhang
Literaturverzeichnis
Eidesstattliche Versicherung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Funktions- und Prozessorientierung
Abbildung 2 - Prozesstypen
Abbildung 3 - Vorgehensmodell zum Prozessmanagement
Abbildung 4 - Verbale Prozessbeschreibung
Abbildung 5 - grafische Prozessbeschreibung (Flussdiagramm)
Abbildung 6 - Key Performance Indikatoren
Abbildung 7 - Balanced Scorecard
Abbildung 8 - CMMI Fähigkeitsgrade
Abbildung 9 - CMMI Reifegrade
Abbildung 10 - Glockenkurve, Standardabweichung
Abbildung 11 - Vorgehensmodell BPR
Abbildung 12 – PDCA Kreis
Abbildung 13 - ITIL Bücher
Abbildung 14 - ITIL Prozesse
Abbildung 15 - Aufbauorganisation des Unternehmens
Abbildung 16 - Projektplan
Abbildung 17 - Ist-Prozesslandschaft
Abbildung 18 – EMEA Standorte
Abbildung 19 - Flussdiagramm Ist-Prozess Lieferantenbestellung
Abbildung 20 - Bestellsysteme in EMEA
Abbildung 21 - Zentralisierung des Bestellwesens
Abbildung 22 - Soll-Prozess Lieferantenbestellung
Abbildung 23 - Datenquellen
Abbildung 24 - Schlüsselkontakte zur Prozessaufnahme
Abbildung 25 - Verrechnungsschlüssel
Abbildung 26 - Buchungssoftware
Abbildung 27 - Soll-Prozessbeschreibungen
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 - Konversionstabelle Yield, Sigma, DPMO
Tabelle 2 - Vorlage zur verbalen Prozessbeschreibung
Tabelle 3 – Prozessreifegrad-Einstufung
Tabelle 4 - Ist-Reifegrade am Standort Spanien
Tabelle 5 - Gegenüberstellung von Prozessen
Tabelle 6 - Prozesskennzahlen
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Durch die anhaltende Globalisierung sind kleine und große Unternehmen in verschiedenen Wirtschaftssektoren heutzutage durch sinkende Margen und hohen Kostendruck dazu gezwungen ihre traditionellen Märkte zu verlassen, neue Märkte zu erschließen und auch Ihre Produktions- und Entwicklungsstandorte zu verlagern. Dies kann auf verschiedene Arten und Weisen von statten gehen wie beispielsweise der Neugründung von Niederlassungen und Produktionsstätten in anderen geografische Regionen oder dem Aufkaufen von lokal bereits etablierten Unternehmen, um deren Infrastruktur und Kundenstamm zu übernehmen. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte&Touche[1] in der Fertigungsindustrie gaben 57 Prozent der Befragten an, Teile der Produktion in günstigere Regionen ausgelagert zu haben. 29 Prozent der europäischen Unternehmen gaben an, gar keine Produktionsstätten in ihren Heimatmärkten zu betreiben.
Die Komplexität solcher Vorhaben fordert eine systematische und ganzheitliche Betrachtung der Einflussfaktoren. Neben Problemstellungen des Standortes selbst gilt es auch, den hinzugewonnenen oder verlagerten Standort in das Unternehmen einzubinden und an die Strukturen der Muttergesellschaft anzupassen, im Hinblick auf die Organisation aber auch im Hinblick auf beispielsweise die verwendeten EDV Systeme und Reporting-Strukturen. Nur so kann z.B. auf der einen Seite der finanzielle bzw. wirtschaftliche Erfolg des neuen Standortes zentral gemessen werden und auf der anderen Seite der neue Standort von bereits vorhandenen und etablierten Strukturen, wie einem zentralen Einkauf, einem Rechenzentrum oder dem Controlling profitieren um Kosten zu senken.
Diese Anbindung an die Muttergesellschaft kann auf verschiedenen Ebenen stattfinden. Zum einen auf der Ebene der EDV, bei der die neue Lokationen z.B. auf ein unternehmensweit integriertes ERP-System zugreifen kann. Somit wären sämtliche Unternehmensdaten in der Muttergesellschaft bekannt und das zentrale Management kann die Daten als Entscheidungsbasis nutzen. Als nächste Ebene für das Anbinden eines Standortes ist die Aufbauorganisation zu nennen. Hierbei müssen die Organisationsstrukturen der neuen Filiale an die der Muttergesellschaft ausgerichtet werden, um klare Zuständigkeiten und Verantwortungen zu erhalten und diese zentral auch transparent darstellen zu können. Eine weitere Ebene sind die Informationswege. Hierbei ist beispielsweise das Reporting zu nennen, welches eine mangelnde Aussagekraft besitzt, wenn es nicht unternehmensweit einheitlich gestaltet wird. Hierunter fallen kundenbezogene, mitarbeiterbezogene als auch finanzielle Informationen. Weitere Ebenen können die Logistik, Kommunikation und Vernetzung sein. Diese Ebenen, auf denen die verschiedensten Anpassungen und Anbindungen an eine Muttergesellschaft stattfinden können, haben als gemeinsame Basis Geschäftsprozesse.
Man kann also die unternehmensweite Optimierung, Vereinheitlichung und Standardisierung von gleichartigen Prozessen als eine der wichtigen Aufgaben bei der Expansion in neue Märkte oder der Verlagerung von Produktions- und Entwicklungsstätten betrachten.
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Dieser wissenschaftliche Text wird sich im Wesentlichen mit der Aufnahme, Bewertung, und Analyse von Ist-Prozessen sowie dem Erarbeiten von optimierten Soll-Prozessen befassen. Dabei stehen die gleichartigen Prozesse von insgesamt zwanzig Lokationen aus dem Bereich EMEA im Fokus. Die betrachteten Prozesse stehen in Beziehung mit bzw. sind Vorrausetzung für eine interne Leistungsverrechnung von IT-Kosten im Rahmen des IT-Service Managements eines Unternehmens im Finanzsektor. An den Prozessen zweier dieser Lokationen werde ich beispielhaft Durchführung und Vorgehensweise bei der Ist-Aufnahme, der Bewertung der Prozessqualität, dem Benchmarking der Prozesse, der Erarbeitung des Soll Zustandes und von Prozesskennzahlen darlegen. Der Soll-Zustand stellt dabei ein Prozess-Paket dar, welches im Anschluss als Standard für alle Lokationen gelten soll. Ebenfalls werde ich die angewandten Vorgehensweisen und Techniken theoretischen Methoden und Modellen zuordnen und ausarbeiten, worin die Vor- und Nachteile im Vergleich zu anderen Ansätzen bestehen und inwieweit die praktische Umsetzung mit den theoretischen Vorgaben korrespondiert.
Die Bewertung des IT Service Management Modells selbst soll nicht Gegenstand dieser Arbeit sein. Ebenso wenig die Implementierung (sowie Kontrolle) der Prozesse und die Erstellung eines Pflichtenheftes für eine mögliche Software zur Unterstützung der Prozesse, da sie Teil des weiteren Projektverlaufes sind.
1.3 Vorgehensweise und Aufbau
Zunächst werde ich verschiedene Modelle und Methoden zu Prozessen, zum Geschäftsprozessmanagement, zum Steuern und Messen von Prozessen, zur Bewertung von Prozessqualität und zur Geschäftsprozessoptimierung vorstellen.
Zusätzlich werde ich ein Prozessrahmenwerk für IT-Service Management im Unternehmen vorstellen, um diesem die im Praxisteil dieser Arbeit bearbeiteten Prozesse zuzuordnen.
Im Anschluss daran wird die Anwendung der Theorie anhand eines praktischen Beispiels erläutert. Das Praxisbeispiel beschreibt ein Projekt, welches die Prozess-Aufnahme, die Prozessdokumentation, die Bewertung der Prozessqualität sowie das Benchmarking der Prozesse umfasst. Aus den resultierenden Erkenntnissen wird ein Soll-Zustand abgeleitet, für den dann Kennzahlen zur Steuerung und Messung erarbeitet werden. Anschließend werde ich das Gesamtergebnis präsentieren, bevor ich abschließend einen Ausblick auf das weitere Vorgehen im Rahmen des Projekts gebe. Innerhalb des praktischen Teils dieser Arbeit, werde ich Bezug auf theoretische Modelle nehmen und erläutern, weshalb gerade diese zum Einsatz kommen.
2 Prozessmanagement in der Theorie
2.1 Prozesse
Ein Prozess ist in der Norm ISO 8402[2] durch folgende Eigenschaften definiert: Er besteht aus einer Menge von Mitteln und Tätigkeiten (Personal, Geldmittel, Anlagen, Einrichtungen, Techniken und Methoden). Diese Mittel und Tätigkeiten stehen in Wechselbeziehungen zueinander. Ein Prozess wandelt Eingaben in Ergebnisse um.
August Wilhelm Scheer[3] definiert Prozesse als eine Abfolge von Ereignissen und Funktionen. Ein Ereignis stellt dabei den Auslöser einer Aktivität dar.
Abgesehen von dieser allgemeinen Definition wird der Begriff „Geschäftsprozess“, oder verkürzt „Prozess“, jedoch mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Es gibt zum einen die betriebswirtschaftlich orientierte Verwendung. Dabei umfasst ein Geschäftsprozess eine zeitlich-logische Abfolge von Aktivitäten zur Erfüllung einer betrieblichen Aufgabe, wobei eine Leistung in Form von Material- und/oder Informationstransformation erbracht wird. Der Prozess selbst kann hierbei auch aus Unterprozessen bestehen und bereichs- bzw. unternehmensübergreifend sein. Zum anderen existiert eine automatisierungsbezogene Verwendung des Geschäftsprozess-Begriffes. Hierbei geht es um Abläufe in Informationssystemen, welche auch Teil eines betriebswirtschaftlichen Prozesses sein können. Gemeint ist aber nur der Teil, der in dem IT-System ausgeführt wird. Manuelle Aktivitäten werden nicht berücksichtigt. Falsch wird der Begriff verwendet, wenn eine Funktion wie das Qualitätsmanagement als ein Prozess bezeichnet wird, da dies zwar aus einer Reihe von Prozessen bestehen kann, selbst aber keinen klar definierten Ablauf darstellt.[4] Der weitere Verlauf dieser Arbeit wird sich mit Geschäftsprozessen im betriebswirtschaftlichen Sinne befassen. Diese sind Bestandteil der Ablauforganisation eines Unternehmens. Klassischerweise waren Unternehmen in einer funktionsorientierten Organisation aufgestellt. Nach und nach ist man jedoch zu der Erkenntnis gekommen, dass dadurch die Bedürfnisse der Kunden vernachlässigt werden und die Vorgänge zur Erzeugung eines Produktes nicht optimal ablaufen, da beispielsweise „Bereichsdenken“ zu schlechterer Kommunikation innerhalb des Betriebes und letztlich zu längeren Lieferzeiten führt. Somit gewann die Prozessorientierung an Bedeutung, da nun auf den Kunden und die Qualität der Prozesse fokussiert werden konnte, denn Geschäftsprozesse beginnen und enden auch beim (internen) Kunden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 - Funktions- und Prozessorientierung
Die charakteristischen Merkmale der in Abbildung 1 dargestellten Funktions-orientierung sind unter anderem eine starke Arbeitsteilung, infolge dessen viele Schnittstellen und hoher Kommunikationsaufwand, tiefe Hierarchien, Bereichsdenken und als Hauptziel Kosteneffizienz. Dem gegenüber stehen bei der Prozessorientierung die Merkmale: flache Hierarchien, kurze Entscheidungswege, Objektbearbeitung, Transparenz und als Zielvorgabe Kundenzufriedenheit und Produktivität. Insgesamt können, wie in Abbild 2 dargestellt, drei verschiedene Typen von Prozessen im Unternehmen unterschieden werden: die Führungsprozesse, die Unterstützungsprozesse und die Kerngeschäftsprozesse. Die Führungsprozesse bestimmen dabei maßgeblich die strategische und politische Ausrichtung der Organisation. Unterstützungsprozesse sind im Gegenzug dafür verantwortlich, sämtliche Ressourcen und Infrastrukturen zur Verfügung zu stellen, wie beispielsweise Personal, Maschinen oder EDV-Systeme. Zu den Kerngeschäftsprozessen schließlich gehören alle Prozesse, die mit der Herstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung verbunden sind. In der Literatur gibt es weitere Sichten auf die Prozesse einer Organisation, wie beispielsweise dem FAU Modell, bei dem Führungs-, Ausführungs- und Unterstützungsprozesse unterschieden werden.[5]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 - Prozesstypen[6]
Ein typisches Beispiel für einen Geschäftsprozess, der durch ein Ereignis angestoßen wird und in jedem Unternehmen wieder gefunden werden kann, ist die Bestellabwicklung. Der Kunde übermittelt seine Bestellung an die Bestellannahme. Dort wird die Verfügbarkeit geprüft. Ist die Bestellung lieferbar, wird eine Bestellnummer erzeugt und der Kunde erhält eine Auftragsbestätigung. Der Input ist der vom Kunden übermittelte Bedarf. Der Output wird durch die bestätigte Bestellnummer repräsentiert.
Die Entscheidung, Arbeitsabläufe als Prozesse zu betrachten, zieht weit reichende Konsequenzen mit sich, die sich auf verschiedene Ebenen eines Unternehmens auswirken. Auf der Organisatorischen Ebene führt dies dazu, dass die einzelnen Mitarbeiter mit höheren Kompetenzen ausgestattet werden. Somit wird Verantwortung in niedrigeren Hierarchieebenen angesiedelt, was eine schnellere Entscheidungs- und Reaktionszeit mit sich bringt. Bei prozessual zusammengehörenden Abläufen wird versucht, diese physisch nah bei einander zu positionieren, um Bewusstsein für vor- und nachgelagerte Prozessschritte bei den Mitarbeitern zu schaffen. Auf technischer Ebene zieht der prozessorientierte Ansatz die Notwendigkeit mit sich, ein IT-System bereitzustellen, mit welchem die Geschäftsprozesse abgebildet und optimal unterstütz werden können. Oftmals müssen diese jedoch zuvor angeschafft und im Unternehmen eingeführt werden. Auf Ebene der Führungsaufgaben müssen, durch die Verlagerung von Verantwortung in niedrigere Hierarchiestufen und den daraus resultierenden größeren Handlungsspielräumen, die Visionen sowie strategische und operative Ziele adäquat an die Mitarbeiter kommuniziert werden.[7]
Um der Aufgabe des Handhabens von Geschäftsprozessen im Unternehmen nachzugehen, können verschiedene Methoden und Modelle eingesetzt werden. Diese werden unter dem Begriff Prozessmanagement beschrieben. Um reale Prozesse besser planen und steuern zu können, bedient man sich der Methoden der Geschäftsprozessmodellierung. Dabei werden Prozesse abstrahiert und verkürzt dargestellt. Dies kann als bloße Prozessbeschreibung, als Flussdiagramm oder auch als ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK) geschehen. Unterstützt wird die Modellierung durch bekannte Microsoft Produkte als auch durch speziellere Tools wie dem ARIS Toolset der IDS Scheer AG.[8]
2.2 Prozessmanagement
Um Geschäftsprozesse handhaben und beherrschen zu können, bedarf es einer Anzahl verschiedener Aktivitäten, welche idealer Weise den Input für die nächste Iteration eines Kreislaufes liefern. Ziel ist es dabei Prozesse zu identifizieren, planen, dokumentieren, auszuführen, kontrollieren und schließlich zu verbessern und zu steuern. Die Summe dieser Aktivitäten wird als Geschäfts-Prozess-Management (GPM) oder auch Business-Prozess-Management (BPM) bezeichnet.
Das GPM ermöglicht es, die eigenen Geschäftsprozesse zu kennen, gesetzliche Auflagen durch das Dokumentieren von Prozessen zu erfüllen, Komplexität aus Arbeitsvorgängen herauszunehmen und den wirtschaftlichen Erfolg das Unternehmen durch Effizienzsteigerung und Ausrichtung auf den Kunden zu erhöhen. Das Managen von Prozessen lässt sich in die in Abbildung 3 dargestellten vier Phasen: Planung, Ausführung, Überwachung und Steuerung unterteilen. Der Kreislauf weist gewisse Parallelen zu dem in Abschnitt 2.5.3 vorgestellten PDCA Kreislauf auf.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 - Vorgehensmodell zum Prozessmanagement[9]
Planungsphase
Die Planungsphase beschäftigt sich mit der Prozessidentifikation- und Selektion.
Dabei sollte zunächst abgegrenzt werden, welcher der zu betrachtende Bereich innerhalb des Unternehmens ist, um Einflussfaktoren wie Zielmärkte oder Kundengruppen zu berücksichtigen. Eine Gewichtung der Prozesse kann dann durch die Portfolio Methode oder Nutzwertanalyse anhand der Erfolgsfaktoren des Betriebes stattfinden. Schwierigkeiten, die bei der Identifikation von Geschäftsprozessen auftreten können, sind mangelnde Erfahrung in der Beschreibung von Prozessen, Widerstände der Belegschaft bei der Umstellung der Organisation und mangelnde Akzeptanz oder Unterstützung der Geschäftsführung.
Identifizierte Prozesse werden nun in der Prozessanalyse untersucht. Dazu findet zunächst eine Aufnahme der betrachteten Prozesse in Form von Workshops, Interviews, Beobachtungen oder Selbstaufschreibung statt. Anschließend gilt es, die Prozesse zu modellieren und zu dokumentieren. Hierfür gibt es verschiedene Methoden der verbalen und der grafischen Beschreibung. Abbildung 4 zeigt eine verbale Beschreibung, Abbildung 5 eine grafische Beschreibung in Form eines Flussdiagramms eines Bestellabwicklungsprozesses.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4 - Verbale Prozessbeschreibung[10]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5 - grafische Prozessbeschreibung (Flussdiagramm)
Zusätzlich kommen in der Planungsphase Kennzahlensysteme zum Einsatz, mittels welcher sinnvolle und aussagekräftige Kennzahlen für den Prozess entwickelt werden. Kennzahlensysteme können dabei einfacher oder auch komplexer strukturiert sein und dienen der späteren Messung und Steuerung der Prozesse. Welches System zur Anwendung kommt, muss jedoch anhand der Anforderungen an die Kennzahlen entschieden werden, da die verschiedenen Kennzahlensysteme unterschiedliche Ansätze verfolgen. Unter Punkt 2.4 stelle ich ein einfacheres und ein komplexeres System vor, die Key Performance Indikatoren nach ITIL und die Balanced Scorecard.
Ausführungsphase
In der Ausführungsphase des Prozessmanagements wird der Prozess eingeführt und von den Mitarbeitern durchgeführt. Dabei werden sämtliche Aktivitäten des Prozesses operativ durchgeführt. IT-Systeme zur Unterstützung der Arbeitsabläufe kommen zum Einsatz. Dies könnte beispielsweise ein CRM-System sein, welches den Bestellabwicklungsprozess unterstützt. Aus dieser Phase heraus werden Daten ermittelt, welche in die Überwachung fließend überlaufen.
Überwachungsphase
Während dieser Phase selbst, wird der Prozess anhand seiner in der Planungsphase definierten Kennzahlen überwacht. Dabei gibt es kurzfristige und langfristige Werte, die ermittelt werden, wie beispielsweise die Anzahl aktueller Bestellung oder die durchschnittliche Durchlaufzeit einer Bestellung. Die Verlaufsdokumentation dieser Kennzahlen ist später die Grundlage für eine sinnvolle Steuerung der Prozesse.
Steuerungsphase
Innerhalb der Steuerungsphase werden die Kennzahlen ausgewertet, um dadurch Schwachstellen der Prozesse aufzudecken. So könnte beispielsweise eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von 4 Wochen für eine Bestellung darauf hinweisen, dass der Prozess nur suboptimal abläuft und eine hohe Durchlaufzeit aufweist. Die Folge sind eine sinkende Kundenzufriedenheit und hohe Prozesskosten. Die logische Konsequenz ist, den Prozess näher zu betrachten, um die Ursache zu ermitteln und zu beseitigen. Dazu gibt es prinzipiell zwei unterschiedliche Ansätze der Geschäftsprozessoptimierung (GPO): zum einen Business Process Reengineering (BPR) und zum anderen den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP). Beide Ansätze werden unter Punkt 2.5 näher erläutert. Zum Identifizieren und Priorisieren des Optimierungspotenzials können Methoden und Modelle zur Bewertung der Prozessqualität herangezogen werden. Auch hier gibt es verschiedene Ansätze, die auf unterschiedliche Erkenntnisse abzielen. Während beispielsweise die Capability Maturity Model Integration (CMMI) Methode eine Aussage über die Fähigkeits- oder Reifegrade eines Prozesses bzw. einer Organisation trifft, gibt Six Sigma Aufschluss über die Fehlerrate eines Prozesses oder einzelner Prozessschritte. Unter Punkt 2.4 dieser Arbeit werde ich ausführlicher auf beide Modelle eingehen.
Aus den Erkenntnissen und Ergebnissen der Steuerungsphase kann nun der Input für eine erneute Iteration des Geschäftsprozessmanagement Kreislaufs entstehen.[11]
2.3 Kennzahlensysteme
2.3.1 Einführung
„Ein Kennzahlensystem ist eine geordnete Gesamtheit von Kennzahlen, die in einer Beziehung zueinander stehen und so als Gesamtheit über einen Sachverhalt vollständig informieren."[12] Somit sind mehrere Kennzahlen, welche den Sachverhalt an verschiedenen Eckpunkten messen, nötig, um das Gesamtbild eines Sachverhaltes zu erhalten. Um jedoch den Interpretationsspielraum einzugrenzen und Entscheidungen mit einem angemessenen Auswertungsaufwand treffen zu können, ist Systematik innerhalb der Kennzahlen erforderlich. Es wird dabei in eindimensionale und mehrdimensionale Systeme unterschieden.
Eindimensionale Systeme berücksichtigen nur monetäre Kennzahlen. Beispiele dafür sind das DuPont-System[13] oder der Shareholder Value Ansatz[14]. Dabei werden die finanziellen Ziele des Unternehmens berücksichtigt. Ein typisches Beispiel ist die Gesamtkapitalrendite. Als Weiterentwicklung dessen berücksichtigen mehrdimensionale Systeme monetäre als auch nicht-monetäre Kennzahlen, wie beispielsweise die Fehltage im Verhältnis zu den Soll Arbeitstagen der Mitarbeiter. Hierbei werden die Ziele der verschieden Anspruchsgruppen eines Unternehmens berücksichtigt, daher können sie nicht nur als Mess- sondern auch als Managementinstrument genutzt werden. Beispiele hierfür sind die Balanced Scorecard (BSC) oder das Tableau de Bord[15]. Key Performance Indikatoren (KPIs)[16] nehmen dabei eine Sonderstellung ein. Sie orientieren sich an den strategischen Zielsetzungen, welche sich aus den kritischen Erfolgsfaktoren ableiten. Es werden verschiedene Perspektiven berücksichtigt, aber nur die, die für die Zielerreichung entscheidend sind. Als Prämisse bei KPIs gilt, dass Ziele und Kennzahlen quantifizierbar sein müssen.
Im Hinblick auf die Messung von Prozessleistung sind nur Systeme geeignet, die auch nicht-monetäre Kennzahlen zulassen, da beispielsweise Prozesse in so genannten Cost Centern keinen Gewinn generieren. Ein klassisches Beispiel dafür ist ein Supportcenter. Daher werden nachfolgend KPIs und die BSC näher vorgestellt.
2.3.2 Key Performance Indikatoren
Key Performance Indikatoren sind zahlenmäßig erfassbare Messwerte, die sich an den kritischen Erfolgsfaktoren orientieren und die definierte Zielerreichung messen. Dabei stellen die Ziele absolute oder relative quantitative Zielwerte auf beliebiger Ebene einer Organisation dar. Die Definition, die Messmethoden sowie die Einheiten der Kennzahlen sollten im Idealfall eindeutig sein und nicht variieren, um somit eine transparente Vergleichsbasis über verschiedene Zeitperioden zu schaffen. Bei einer Änderung der Organisationsziele sollten jedoch auch die Kennzahlen und Ihre Messmethoden angepasst werden. KPIs stellen eine verdichtete Information dar und werden aus hierarchisch darunter liegenden Performance Indikatoren (PIs) aggregiert, in denen die eigentliche Messung stattfindet. In Abbildung 6 wird generisch sowie an einem konkreten Beispiel dargestellt wie KPI-Soll- und Ist-Werte gebildet werden können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6 - Key Performance Indikatoren
In ein Beratungsunternehmen, bei dem ein kritischer Erfolgsfaktor die Qualifikation der Mitarbeiter ist, stellt die Steigerung der Qualifikation der Mitarbeiter ein strategisches Ziel des Unternehmens dar. Als operativer Zielwert für einen KPI käme die Steigerung der Mitarbeiterschulungen um 10% innerhalb einer bestimmten Zeitperiode in Frage. Dazu zählen die einzelnen Bereiche des Unternehmens Ihre Mitarbeiterschulungen und aus dem Mittelwert der PIs wird dann der KPI erzeugt. Somit steht das Maß der Erreichung des Zielwertes zur Verfügung. Durch die Detailinformation, die durch die einzelnen PIs zur Verfügung steht, lässt sich identifizieren, in welchen Bereichen die Zielwerte erreicht wurden und in welchen nicht. Nun ist die Führung in der Lage, das Unternehmen zu steuern, indem die Mitarbeiterschulungen im Bereich A stärker gefördert werden.
Im Allgemeinen sind drei bis vier KPIs für die Messung einer Zielerreichung ausreichend, um die Organisation auf deren Erreichung zu fokussieren. Kennzahlen, die auf höherer Organisationsebene lediglich einen Performance Indikator darstellen, können aber auf Bereichsebene durchaus als KPI betrachtet werden und die Leistung hinsichtlich der Bereichsziele messen. Die Messpunkte selbst sind in den jeweiligen Prozessen angesiedelt und geben direkt Auskunft über die Leistung der Prozesse.[17] Idealerweise sollte die Messung der Kennzahlen durch ein IT-System unterstützt werden, um somit die Kennzahlen in Echtzeit ermitteln zu können. Dadurch wird die Reaktionszeit des Unternehmens erhöht und der Führung steht eine aktuelle Momentaufnahme der Organisation zur Verfügung.[18]
Aufgrund heterogener IT-Landschaften und inkonsistenter Datenbestände ist eine bereichsübergreifende Integration von Messsystemen jedoch oft schwierig. Die Anwendung von KPIs wird u.a. auch von Prozessmodellen wie ITIL und COBIT[19] vorgeschlagen.
2.3.3 Balanced Scorecard
Wie in Abschnitt 2.3.1 beschrieben, handelt es sich bei der BSC um ein mehrdimensionales Kennzahlensystem, welches nicht nur zum Messen der Kennziffern, sondern auch zum Steuern und Managen einer Organisation im Hinblick auf die strategischen Ziele dient. Der klassische Nachteil einer einseitigen Sichtweise auf die Organisation, wie bei den eindimensionalen Systemen, wird durch die Betrachtung mehrerer Perspektiven behoben. Der Ansatz sieht dabei vor, aus der Vision und der Strategie detaillierte Aktivitäten abzuleiten, diese in einen direkten Zusammenhang mit den strategischen Zielen zu bringen und organisationsweit zu kommunizieren.[20] Da eine Vision meist keine direkte und konkrete Aussage über durchzuführende Aktivitäten liefert, bedarf es einer systematischen Top-Down Vorgehensweise, um von einer Vision auf konkrete Handlungen schließen zu können.
Bei der Bewältigung dieser Aufgabe unterstützt die BSC, indem finanzielle Zielsetzungen mit Zielsetzungen im Hinblick auf interne Prozesse, Kunden und Mitarbeiter zusammengeführt werden. Abbildung 7 verdeutlicht, wie aus der zentralen Vision und Strategie die Aktivitäten zur Erreichung dieser abgeleitet werden. Für die einzelnen Perspektiven sollten jeweils nicht mehr als drei bis fünf Zielsetzungen, inklusive dazugehöriger Messgröße, formuliert werden, um somit das Gefüge übersichtlich zu halten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7 - Balanced Scorecard[21]
Zunächst werden finanzielle Ziele formuliert, denen nach der Logik von Ursache-Wirkung Beziehungen weitere Ziele für die jeweiligen Perspektiven folgen. Im Anschluss werden verschiedene, mit Kennzahlen versehene, Aktionen abgeleitet, die dazu beitragen die perspektiven-spezifischen Zielsetzungen zu realisieren.
Dabei bieten in der Finanzperspektive allgemeine Größen, wie z.B. der Discounted Cash Flow[22], welche den Grad der Unternehmenswertsteigerung wiedergeben, Potential für eine Zieldefinition.
In der Kundenperspektive leiten sich Zielgrößen aus den Kundenbedürfnissen ab, welche zur Erreichung der finanziellen Ziele befriedigt werden müssen. Die Kundenzufriedenheit kann hierbei in verschiedenen Zielmärkten durchaus von unterschiedlichen Faktoren abhängig sein. Somit sind auch die Zielwerte sehr individuell zu formulieren. Ein Beispiel könnte die Steigerung der Zufriedenheit der Kunden mit den Garantie- und Servicearbeiten sein.
Die Perspektive der internen Prozesse betrachtet jene Vorgänge innerhalb der Organisation, welche maßgeblich mit der Kundenzufriedenheit zusammenhängen. Diese gehören zu den erfolgskritischen Prozessen oder auch Kernprozessen. Im Blickfeld dieser Betrachtung steht vordergründig die Frage nach den Zielzuständen, die die Kundenzufriedenheit bestmöglich fördern.
Die Lern- oder auch Mitarbeiterperspektive berücksichtigt die Mitarbeiter als wichtigste Ressource der Organisation, denn ohne diese kann es auch keinen Erfolg geben. Die Definition von darauf bezogenen Zielwerten bringt Flexibilität und Know-how für die Organisation und somit die Fähigkeit, sich stetig weiterentwickeln und verbessern zu können. Diese ganzheitliche Sichtweise der BSC auf eine Organisation ermöglicht es, die Strategie und Ausrichtung den Mitarbeitern zu vermitteln. Dem Einzelnen wird somit klar, wie sich sein Handeln auf die Erreichung der Strategie auswirkt.
Die Umsetzung selbst stellt sich jedoch in vielen Fällen als nicht ganz einfach und sehr aufwendig dar, da eine große Palette an Faktoren zu berücksichtigen ist, angefangen bei einer klaren und gemeinsamen Vision bis hin zu eindeutigen Ursache-Wirkung Beziehungen.
2.4 Modelle zur Bewertung von Prozessqualität
2.4.1 Einführung
Prozessqualität trifft eine Aussage darüber, welche Qualität die Arbeitsabläufe innerhalb eines Prozesses haben. Bewertet wird somit das WIE, nicht aber das Ergebnis, also das WAS, eines Prozesses, denn das ist Aufgabe der Qualitätssicherung. Prozessqualität betrifft alle Prozesse einer Organisation und schließt somit Führungs-, Kerngeschäfts- und Unterstützungsprozesse mit ein. Um die Qualität eines Arbeitsablaufes bewerten zu können, gibt es Methoden wie beispielsweise Six Sigma. Hier wird gemessen wie hoch der Anteil der fehlerbehafteten Prozessdurchläufe im Vergleich zu der Gesamtanzahl der Durchläufe ist, gemäß Null-Fehler Prinzip. Es wird davon ausgegangen, dass z.B. zusätzliche Iterationen des Prozesses zusätzliche Kosten verursachen. Allerdings dient hier der Prozessoutput als Messpunkt.
Bei speziell IT-nahen Prozessen bietet es sich an, diese mit Prozessreferenzmodellen wie CMMI oder ITIL zu beurteilen. Diese Modelle beruhen auf Normen, de facto Standards oder Best Practices. Dabei wird überprüft inwiefern die generischen Modellvorgaben praktisch umgesetzt wurden. Eine hohe Abdeckung der Vorgaben bringt folglich eine hohe Prozessqualität mit sich. Die Bewertung von Prozessen ist ebenfalls Teil von Qualitätsmanagementsystemen, wie beispielsweise der ISO 9001:2000 Norm[23] oder dem EFQM-Modell, welches dem Total Quality Management Konzept folgt. Diese Systeme gehen jedoch über die bloße Betrachtung von Prozessen hinaus und verfolgen einen breiteren, organisationsweiten Ansatz zur Qualitätsverbesserung. Nachfolgend werden die beiden Modelle Six Sigma und CMMI näher vorgestellt, da diese Methoden zur direkten Qualitätsmessung im Prozess zur Verfügung stellen.[24]
2.4.2 CMMI
Hinter dem Begriff Capability Maturity Model Integration verbirgt sich ein generisches Prozessrahmenmodell des SEI (Software Engineering Institut der Carnegie Mellon University), welches als Referenz für die Umsetzung von Produkt- bzw. Softwareentwicklungsprozessen in Organisationen dienen soll. Die Version 1.2 vom 26. August 2006 ist die aktuellste und nennt sich CMMI for Development, kurz CMMI-DEV.[25]
Das Prozessmodell beschreibt dabei auf Basis von Best Practices lediglich die Eigenschaften, also das Was, nicht aber das Wie der einzelnen Prozesse. Ziel dieses Modells ist eine Verbesserung der beteiligten Prozesse und der gesamten Organisation durch Vergabe von Fähigkeits- oder Reifegraden. Die Prozessreifegrade einer Organisation können dann offiziell im so genannten SCAMPI (Standard CMMI Appraisal Method for Process Improvement) Verfahren bewertet werden, welches die Anforderungen der Norm ISO 15504 an ein Bewertungsverfahren berücksichtigt. Dies gilt als eine in der Industrie anerkannte Auszeichnung und wird von einem autorisierten Appraiser durchgeführt. Das CMMI Bewertungsmodell für Reifegrade wurde auch in andere Prozessmodelle, wie Beispielsweise CobiT vom IT Governance Institute, als Best Practices Verfahren übernommen. Allerdings entsprechen die Reifegrade in CobiT den Fähigkeitsgraden von CMMI.[26]
Das Model unterscheidet sich in eine kontinuierliche und in eine stufenförmige Repräsentation. Beiden gemeinsam ist die Benennung von verschiedenen Prozessgebieten, die eine Sammlung von verwandten Prozessen darstellen. Diese lassen sich in die Kategorien Prozess Management, Projekt Management, Entwicklung und Unterstützung einordnen. Für diese werden generische und gebietsspezifische Ziele mit den dazugehörigen Praktiken, die für eine Umsetzung notwendig ist, aufgeführt. So gibt es beispielsweise für die Kategorie Projektmanagement das Prozessgebiet Projektplanung. Hierfür werden unter anderem das spezifische Ziel „Schätzungen aufstellen“ und das generische Ziel „Institutionalisierung eines beherrschten Prozesses“ definiert. Praktiken zu Erstgenanntem sind z.B. „Schätzen des Projektumfanges“ und „Projektphasen definieren“. Die Praktiken des generischen Zieles umfassen neben anderen auch „Planen des Prozesses“ und „Überwachung und Kontrolle des Prozess“. Jede Praktik wird im Anschluss ausführlicher beschrieben. Dabei dienen die generischen Ziele und Praktiken der Institutionalisierung der Prozesse und sind für alle Gebiete gleich.
Die kontinuierliche Version des Modells betrachtet dabei die Verbesserung auf Prozessgebietebene. Die Bewertung der Prozessgebiete findet dabei in Form von den in Tabelle 1 dargestellten Fähigkeitsgraden statt. Als Maßstab gilt hier die Umsetzung der vorgegebenen generischen und spezifischen Ziele in die Praxis. Dabei weicht die Anzahl der generischen Ziele der kontinuierlichen Version von der stufenförmigen ab. Diese Version erlaubt es, die Reihenfolge der Verbesserung selbst zu bestimmen und diese so zu wählen, wie es für die Organisation als am Sinnvollsten erachtet wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8 - CMMI Fähigkeitsgrade[27]
Zusätzlich können so die einzelnen Prozessgebiete selbst mit den gleichen Prozessgebieten anderer Organisationen verglichen werden. In der stufenförmigen Repräsentation des Modells sieht das Verfahren die Bewertung der Organisation in Reifegrade vor. Zur Erreichung des Reifegrads „Managed“ ist es beispielsweise notwendig sieben Prozessgebiete umzusetzen, unter anderem Anforderungsmanagement, Projektplanung sowie Überwachung und Kontrolle. Der nächst höhere Reifegrad der Organisation wird somit erst erreicht, wenn die im CMMI Modell für diesen Reifegrad vordefinierten Prozessgebiete umgesetzt wurden. Mit dieser Version des CMMI kann eine bewährte Abfolge von vordefinierten Schritten zur Verbesserung der Organisation genutzt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9 - CMMI Reifegrade[28]
Dabei bildet jeder Reifegrad das Fundament für den nächsten. Weiterhin kann die Leistungsfähigkeit ganzer Organisationen durch die einheitliche Bewertungsgrundlage direkt miteinander verglichen werden.
2.4.3 Six Sigma
Das Six Sigma Modell kann als eine Methode des Qualitätsmanagements angesehen werden und hat seinen Ursprung in dem amerikanischen Unternehmen Motorola, welches in den achtziger Jahren festgestellt hatte, dass dessen Produkte Qualitätsmängel hatten. Zur Lösung des Problems entwickelte das Unternehmen das Six Sigma Modell, welches Auszeichnungen erhielt und heutzutage von vielen Unternehmen erfolgreich eingesetzt wird. Definiertes Ziel des Modells ist es, die Qualität eines Prozessergebnisses im Hinblick auf die Kundenanforderungen zu steigern und zwar soweit, dass die Anzahl der fehlerbehafteten Prozessergebnisse maximal 3,4 von einer Million Möglichkeiten beträgt. Dieser Wert ist auch bekannt
als Defects Per Million Opportunities (DPMO) und sagt aus, dass praktisch eine Nullfehlerproduktion herrscht, denn in 99,99966% der Fälle liegt kein Fehler im Prozessergebnis vor. Dies entspricht, unter der Vorraussetzung einer Normalverteilung, einem Sigma von 6 bei der Standardabweichung. Six Sigma ist gleichzeitig auch ein Modell zur Geschäftsprozessoptimierung nach dem Prinzip des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Dazu beinhaltet Six Sigma das Vorgehensmodell DMAIC (Define, Measure, Analyse, Improve, Control), welches eine strukturierte und systematische Durchführung eines Prozess-Verbesserungsprojektes ermöglicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10 - Glockenkurve, Standardabweichung[29]
Innerhalb der DMAIC Phasen kommen Methoden der so genannten Six Sigma Toolbox zum Einsatz, welche nicht zwangsläufig Six Sigma spezifisch sind, sondern vielmehr eine Sammlung aus bewährten Methoden darstellt. Zusätzlich gibt es abgewandelte Vorgehensmodelle, die das Design von neuen Prozessen unterstützen.[30] Nachfolgend werden die einzelnen Phasen des DMAIC Prozesses erläutert. Anschließend wird verdeutlicht auf welche Art und Weise damit die Qualität eines Prozesses bewertet wird.
[...]
[1] Vgl. Delloite&Touche (2003) S.2-3
[2] Vgl. quality.de, „DIN EN ISO 8402“
[3] Vorreiter im Informations- und Geschäftsprozessmanagement
[4] Vgl. bpm-guide.de “Unterschiedliche Verwendung des Prozessbegriffs”
[5] Vgl. Prof. Dr. Peter Hohman, FH-Giessen-Friedberg (2005)
[6] Vgl. paeger-consulting.de „Prozessmanagement“
[7] Vgl. de.wikipedia.org „Geschäftsprozessmanagement“
[8] Vgl. de.wikipedia.org „Geschäftsprozess“
[9] Vgl. prozessmanagement-news.de „Prozessmanagement“
[10] Vgl. Prof. Dr. Peter Hohman, FH-Giessen-Friedberg (2005)
[11] Vgl. Jochen Sommer 2004, S.47-50
[12] Vgl. controllingportal.de, ”Kennzahlensysteme”
[13] DuPont System of Financial Control wurde 1919 von der Du Pont de Nemours and Co.
entwickelt. Im Mittelpunkt steht der Return of Investment des Unternehmens.
[14] Vgl. de.wikipedia.org “Shareholder Value Ansatz”
[15] Vgl. de.wikipedia.org “Tableau de Bord”
[16] Vgl. F.John Reh
[18] Vgl. Informationbuilders.com
[19] Vgl. Cobit (2000), S. 14
[20] Vgl. Kaplan/ Norton (1997)Robert
[21] Quelle: Symposion.de (http://www.symposion.de/wm-hb/wm_10.htm)
[22] Barwert zukünftiger Zahlungsüberschüsse
[23] Vgl. quality.de „ISO 9001:2000“
[24] Vgl. Tuvit.de
[25] Vgl. CMMI-DEV 2006, S. 2-100
[26] CobiT 4.0, S. 44
[27] Vgl. CMMI-DEV 2006, S.31
[28] Vgl. CMMI-DEV 2006, S.31
[29] Quelle: Leantransformation.com (http://www.leantransformation.com/images/BellCurve6Sigma.gif)
[30] Vgl.George/ Rowlands/ Price/ Maxey 2004
- Quote paper
- Manuel Fernandez (Author), 2007, Analyse, Bewertung und Optimierung von Prozessen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147628
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