In den letzten Jahren haben einige erhebliche Veränderungen im Bereich von Familie und
Kindheit stattgefunden. Kindheit wird heute als Familienkindheit gesehen, dennoch
verbringen Kinder ihre meiste Zeit in Institutionen. Dies hängt mit der Verschulung der
Kindheit und der verlängerten Schultage zusammen. Die geänderte Stellung der Frau hat ihr
übriges getan. Sie ist im allgemeinen durch die Ausübung eines eigenen Berufes nicht mehr
so stark wirtschaftlich von ihrem Mann abhängig. Die Tätigkeit der Frau macht jedoch eine
Tagesbetreuung der Kinder durch Fremde notwendig. „Familialisierung“ und
Institutionalisierung“ von Kindern wirken also nicht gegeneinander, sondern miteinander.
Von der Qualifikation und beruflichen Leistung der heutigen (Klein-)Kinder wird es
abhängen, ob der „Wirtschaftsstandort Deutschland“ die Herausforderungen der nächsten
Jahrzehnte meistern kann. Kinder sind eine wichtige Ressource. Vor allem das Bildungswesen
sollte größte Anstrengungen unternehmen, um die neue Generation auf die Anforderungen in
der Zukunft vorzubereiten. Auch die reinen Betreuungseinrichtungen sollten auf der
quantitativen, als auch auf der qualitativen Ebene um Verbesserung bemüht sein. Das KJHG
stellt zwar die Jugendämter vor die Aufgabe, den wohngebietsspezifischen Betreuungsbedarf
festzustellen und darauf hinzuwirken, daß Betreuungsmöglichkeiten geschaffen werden, die
diesem Bedarf entsprechen (vgl. § 80 KJHG). In den meisten Fällen und Wohnorten ist dies
aber noch nicht im geforderten Maße umgesetzt worden. Es ist eine gesellschaftspolitische
Aufgabe von hoher Bedeutung, Frauen und Familien dabei zu helfen, Familie und Beruf
miteinander zu vereinbaren und auch aus pädagogischen Gründen für eine ausreichende und
gute Kinderbetreuung zu sorgen. Die Qualität (früh-)kindlicher Erziehung, Bildung und
Betreuung muß in den Familien und in den Institutionen nachhaltig verbessert werden. Im
folgenden werde ich zunächst auf einige Aspekte der veränderten Lebenslagen von Familien
und Kindern eingehen und über den gesellschaftlichen Kontext berichten. Daran schließt sich
ein Überblick über die Familie als soziales Netzwerk und eine Beschreibung der
Betreuungsangebote in Einrichtungen. Letztlich erläutere ich kurz die Chancen und Risiken
der außerfamiliären Betreuung und erkläre die Maßnahmen des Gesetzgebers zur
Verbesserung der Betreuung in Familien.
INHALT
1.Einleitung
2. Veränderte Lebenslagen von Familien und Kindern
3. Gesellschaftlicher Kontext der Kinderbetreuung
3.1.Versorgung mit Betreuungsangeboten
4. Das soziale Netzwerk der Familie
4.1. Das verwandtschaftliche Hilfenetz
5. Einrichtungen und Betreuungsangebote
5.1. Plätze für Kinder unter drei Jahren
5.2. Plätze für Kinder von drei Jahren bis zum Schuleintritt
5.3. Hortplätze für Schulkinder
5.4. Familientagespflege
6. Chancen und Risiken außerfamiliärer Betreuung
7. Maßnahmen des Gesetzgebers zur Verbesserung der Betreuung in Familien
8. Schlußwort
1.Einleitung
In den letzten Jahren haben einige erhebliche Veränderungen im Bereich von Familie und Kindheit stattgefunden. Kindheit wird heute als Familienkindheit gesehen, dennoch verbringen Kinder ihre meiste Zeit in Institutionen. Dies hängt mit der Verschulung der Kindheit und der verlängerten Schultage zusammen. Die geänderte Stellung der Frau hat ihr übriges getan. Sie ist im allgemeinen durch die Ausübung eines eigenen Berufes nicht mehr so stark wirtschaftlich von ihrem Mann abhängig. Die Tätigkeit der Frau macht jedoch eine Tagesbetreuung der Kinder durch Fremde notwendig. „Familialisierung“ und Institutionalisierung“ von Kindern wirken also nicht gegeneinander, sondern miteinander. Von der Qualifikation und beruflichen Leistung der heutigen (Klein-)Kinder wird es abhängen, ob der „Wirtschaftsstandort Deutschland“ die Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte meistern kann. Kinder sind eine wichtige Ressource. Vor allem das Bildungswesen
sollte größte Anstrengungen unternehmen, um die neue Generation auf die Anforderungen in der Zukunft vorzubereiten. Auch die reinen Betreuungseinrichtungen sollten auf der quantitativen, als auch auf der qualitativen Ebene um Verbesserung bemüht sein. Das KJHG stellt zwar die Jugendämter vor die Aufgabe, den wohngebietsspezifischen Betreuungsbedarf festzustellen und darauf hinzuwirken, daß Betreuungsmöglichkeiten geschaffen werden, die diesem Bedarf entsprechen (vgl. § 80 KJHG). In den meisten Fällen und Wohnorten ist dies aber noch nicht im geforderten Maße umgesetzt worden. Es ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe von hoher Bedeutung, Frauen und Familien dabei zu helfen, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren und auch aus pädagogischen Gründen für eine ausreichende und gute Kinderbetreuung zu sorgen. Die Qualität (früh-)kindlicher Erziehung, Bildung und Betreuung muß in den Familien und in den Institutionen nachhaltig verbessert werden. Im folgenden werde ich zunächst auf einige Aspekte der veränderten Lebenslagen von Familien und Kindern eingehen und über den gesellschaftlichen Kontext berichten. Daran schließt sich ein Überblick über die Familie als soziales Netzwerk und eine Beschreibung der Betreuungsangebote in Einrichtungen. Letztlich erläutere ich kurz die Chancen und Risiken der außerfamiliären Betreuung und erkläre die Maßnahmen des Gesetzgebers zur Verbesserung der Betreuung in Familien.
2.Veränderte Lebenslagen von Familien und Kindern
Das auffallendste Merkmal ist der Rückgang der Kinderzahl. Die durchschnittliche Anzahl von Kindern pro Frauen im Alter zwischen 15 – 45 Jahren hat sich von 2,0 (1970) auf 1,4 (1988) verringert. Auch die Kinderdichte in der Wohnbevölkerung ist um ein Drittel gesunken.[1] Dies führt dazu, daß keine oder nur wenige Nachbarskinder als Spielkameraden oder Freunde zur Verfügung stehen. Geschwistererfahrungen werden immer seltener, 9 von 10 Kindern wachsen als Einzelkind auf.[2] Der traditionelle Verband Ehe verliert durch ein Anwachsen der Scheidungsrate zunehmend an Bedeutung. Man nimmt an, daß fast 30 % der Kinder bis zum Erlangen ihrer Volljährigkeit mehrere Jahre mit nur einem Elternteil zusammenleben.[3] Das liegt unter anderem an der gestiegenen Erwerbstätigkeit der Mütter, welche sich oft nachteilig auf den Zusammenhalt der Ehe auswirkt. Die Mütter sind nicht mehr ausschließlich familienorientiert. Die Phase ausschließlicher Familientätigkeit wird zunehmend verkürzt und eingeschränkt, die Mütter kehren nach der Geburt des Kindes relativ schnell in den Beruf zurück und auch das Durchschnittsalter der Mütter bei der Geburt hat sich erhöht.[4] Die Frauen orientieren sich nicht mehr nur an den Aufgaben in der Familie, sondern erstreben auch eine Teilnahme im öffentlichen Leben. Bedeutende Veränderungen sind auch in der Wohnumwelt des Kindes zu beobachten. Die Zunahme des Straßenverkehrs, die Abgrenzung öffentlicher Plätze und Räume sowie mangelnde Spielangebote, erschweren es den Kindern zunehmend, eigenständig und gefahrlos ihre Umwelt zu erschließen. Zusätzlich muß die ökonomische Benachteiligung vieler Kinder beachtet werden. Kinder verfügen im Regelfall über kein eigenes Einkommen und sind damit von ihren Eltern abhängig. Die Verfügbarkeit von Ressourcen ist in Haushalten mit mehreren Kindern von vornherein begrenzter als in Haushalten mit nur einem Kind. Es hängt von der Höhe des Einkommens der Eltern und der Zahl der Kinder ab, ob ein Dasein an der Armutsgrenze vorliegt oder nicht. Zwar existiert in Deutschland keine absolute Kinderarmut wie in den Ländern der Dritten Welt, aber es gibt dennoch sehr viele Kinder, die unter oder hart an der Armutsgrenze leben (müssen). Dies sind vor allem Kinder aus Einelternfamilien, aus kinderreichen Familien und aus Alleinverdienerhaushalten. Eine Benachteiligung der Kinder durch die Gesellschaft findet sich z.B. in der Stadt- und Verkehrsplanung oder im Bildungswesen. In fast allen öffentlichen und privaten Bereichen werden Kinder in einer Art
und Weise behandelt, wie man es einem Erwachsenen nie zumuten würde. Die Entwicklung der individuellen Rechte hat fast die gesamte Erwachsenengesellschaft erfaßt, Frauen, Senioren, Behinderte, aber kaum die Kinder.
3. Gesellschaftlicher Kontext der Kinderbetreuung
Von 1948 – 1989 entwickelten sich unterschiedliche Systeme der außerfamilialen Kinderbetreuung in der DDR und der BRD. In der DDR war die Erwerbstätigkeit der Frauen politisches Ziel, so daß genügend ganztägige Betreuungsangebote vorhanden waren. Die Kindergärten waren staatlich finanzierte Bildungseinrichtungen zur Bildung der „sozialistischen Persönlichkeit“. Das Recht auf einen Kindergartenplatz wurde schon früh gesetzlich verankert, Krippenplätze und Tageseinrichtungen wurden kontinuierlich ausgebaut.
In der BRD dagegen wurde 1952 das Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) mit dem Subsidiaritätsprinzip verabschiedet, nach dem öffentliche Träger (Kommunen, Gemeinden) erst dann Betreuungsangebote schaffen sollen, wenn keine entsprechenden Angebote der freien Träger (die von Staat, Land und Kommune subventioniert werden), vorhanden waren. Dieses Prinzip wird erneut im Kinder – und Jugendhilfegesetz (KJHG) verankert. Die Beteiligung der Frauen im Beruf war viel geringer, Tageseinrichtungen wurden eher als Einrichtungen für Familien in Notlagen gesehen, so daß der Ausbau von Betreuungsangeboten nur zögerlich vorankam. Erst in den 70er Jahren wurden die Kindergärten als Bildungseinrichtungen verstanden und zunehmend ausgebaut. Nach dem KJHG (1990) hat nun jedes Kind seit dem 01.01.1996 einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz nach Vollendung des 3.Lebensjahres. Zuständig für die Ausführung der Gesetze des KJHG sind die 16 Bundesländer.[5]
3.1. Versorgung mit Betreuungsangeboten
Kinder werden in der Gesellschaft in vielfältiger Weise betreut. Es lassen sich vier große Bereiche unterscheiden:
a) Kernfamilie,
die meisten Kinder werden durch die Mutter betreut, eher selten übernehmen der Vater oder die Geschwister diese Aufgabe
b) das soziale Netzwerk,
hier sind hauptsächlich die Großeltern bei fast jedem 2.Kind regelmäßig beteiligt; doch manchmal übernehmen auch Freunde oder Nachbarn die Betreuung
c) private Betreuung durch Kinderfrau, Tagesmütter, Babysitter,
7 – 8 % der Kinder werden regelmäßig durch eine Kinderfrau (Betreuung in der elterlichen Wohnung) oder durch eine Tagesmutter (Betreuung in deren Wohnung) betreut.
d) öffentliche Einrichtungen mit verschiedenen Formen der Gruppenbetreuung,
es ergeben sich starke Unterschiede von der quantitativen Versorgung her bei Plätzen für Kinder im Kindergartenalter und Plätzen für Kinder unter drei Jahren, z.B. haben nur 3 %
der unter Dreijährigen einen Platz in einer Einrichtung
Die Betreuung von den unter Dreijährigen und den Kindern im Kindergartenalter wird überwiegend durch die Mutterbetreuung gewährleistet. Die Betreuung durch die übrigen Mitglieder der Kernfamilie ist etwa 12 % geringer als die Betreuung durch die Mutter. Die Institutionen leisten einen ähnlichen Beitrag und immerhin fast doppelt so viel wie das soziale Netzwerk mit Freunden oder Nachbarn. Die Betreuungsaufgaben sind also nach wie vor einseitig verteilt. Die außerhäuslichen Betreuungsformen tragen nur sehr wenig zur Betreuung von Kindern bei.[6]
4. Das soziale Netzwerk der Familie
Das allgemeine Wohlbefinden des Kindes hängt am stärksten vom Wohlbefinden des Familiensystems ab. Aus diesem Grund müssen Familien unterstützende, ergänzende und ersetzende Hilfen erhalten, damit das Wohlbefinden der Kinder verbessert werden kann. Kinder in der unvollständigen Familie leben meist nur mit der Mutter zusammen, da sich die Eltern getrennt/ geschieden haben, der Vater verstorben ist oder das Kind unehelich geboren wurde. Alleinerziehende hat es schon immer gegeben, jedoch hat sich ihre Zahl in den letzten Jahren vergrößert.[7] Dies liegt unter anderem an der gestiegenen Zahl der Scheidungen. In einer großen Felduntersuchung in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig – Holstein hat die Autorin Anneke Napp-Peters die ökonomischen Merkmale, das familiale Selbstverständnis und die Rollenkonflikte von 400 ledigen, verwitweten oder geschiedenen Müttern bzw. Vätern sowie die Lebenslage der Kinder in den unvollständigen Familien, untersucht. Sie kam zu dem Ergebnis, daß die unvollständige Familie sozial ungesichert ist und von der Gesellschaft diskriminiert wird, dafür aber „sehr viel familienbewußter und familienzentrierter lebt“.[8] Das Problem Alleinerziehender besteht meist darin, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Durch den Ausbau institutioneller Stützsysteme gelingt es ihnen aber mittlerweile besser, Erwerbsleben und Kinderbetreuung zu verbinden. In der Gesellschaft gilt immer noch die Annahme, daß sich das Fehlen eines Elternteils nachteilig auf die Erziehung des Kindes auswirkt. Die meisten Alleinstehenden geben jedoch an, wenigstens genauso viel Zeit mit ihren Kindern verbringen zu können, wie Familien mit beiden Elternteilen. Außerdem glauben sie, daß ihre Kinder schneller selbständig werden. Trotzdem, daß sich die wirtschaftliche Situation der Alleinerziehenden in den letzten Jahren gebessert hat, sind immer noch mehr als die Hälfte der geschiedenen, ledigen, getrennt lebenden oder verwitweten Mütter gezwungen, ihre Kinder wenigstens tagsüber in Fremdbetreuung zu geben, um den Lebensunterhalt zu sichern. Dies könnte auch nicht durch vermehrte Teilzeitstellen verändert werden, da „nur 25 % der ledigen, 30,8 % der geschiedenen, 40,5 % der getrennt lebenden und 45,9 % der verwitweten Mütter aus ökonomischen Gründen eine Teilzeittätigkeit annehmen“.[9] Es muß allerdings auch beachtet werden, daß viele Mütter nicht nur die finanzielle Situation verbessern wollen, sondern zugleich Bestätigung im Job außerhalb der Familienarbeit suchen. Da allein erziehende Mütter nicht auf einen Partner zurückgreifen können, beziehen sie leichter Außenstehende in ihr Leben ein als verheiratete Mütter, und geben sich jede Mühe, diese Kontakte auch zu halten. Allerdings haben die allein erziehenden Mütter auch weniger Kontakte zu Verwandten, so daß sie bei der Sicherung der Kinderbetreuung oder im Krankheitsfall auf Hilfe von außen geradezu angewiesen sind.[10] Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß Alleinerziehende Familie, Beruf und Freizeit durch gut durchdachte Organisation der Haus – und Familienarbeit und Kompromißbereitschaft im Berufs – und Freizeitbereich, in Einklang bringen können.
[...]
[1] vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg): Zahlen und Fakten der BRD
[2] vgl. Schriftenreihe des Bundesministeriums für Frauen und Jugend: Betreuungsangebote für Kinder im
vorschulischen Alter. S.8
3 vgl. Schwarz, K.: In welcher Form wachsen unsere Kinder auf? S. 27 - 48
4 vgl. Kirner, Schulz.: Angebot an Arbeitskräften in Deutschland auf längere Sicht. S. 683
[5] vgl. Oberhuemer, P.; Ulich, M.: Kinderbetreuung in Europa, S.82
[6] vgl. Fthenakis, W.; Textor, M.: Qualität von Kinderbetreuung. S.38
[7] vgl. Schwarz, K.: Eltern und Kinder in der unvollständigen Familie. S.3
[8] vgl. Napp – Peters, A.: Ein- Eltern- Familien. S. 130
[9] Neubauer, E.: Alleinerziehende Mütter und Väter. S.137
[10] vgl. Gräbe, S.; Lüscher, K.: Soziale Beziehungen alleinstehender und verheirateter Mütter. S.494
- Arbeit zitieren
- Bärbel Backhaus (Autor:in), 2000, Qualität von Kinderbetreuung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14751
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