Der gesamte Komplex an Begrifflichkeiten, mit dem sich sozialer Wandel beschreiben lässt,
resultiert aus verschiedenen Theoriegebäuden innerhalb der Soziologie, die allesamt
unterschiedliche Konzepte hervorbringen1, daher lassen sich Begriffe wie u. a. Lebensstil,
Werte, soziale Ungleichheit, Identität, Individualisierung und Jugend, die in dieser Arbeit als
Zentralbegriffe in Bezug auf sozialen Wandel in Zusammenhang gebracht werden sollen, nur
schwer im einzelnen klar definieren.
Damit allerdings deren Bedeutung für die gegenwärtige soziologische Erforschung zum
sozialen Wandel deutlicher wird, müssen vor allem noch zwei grundlegende Faktoren näher
erläutert werden. Zum einen der jeweilige gesellschaftliche Hintergrund, auf dem
Veränderungen stattfinden, und zum anderen die damit einhergehende Situation der Jugend.
Zum ersten Punkt lässt sich eine Einteilung anführen, die zwar eine nicht wissenschaftlich
fundierte Bestimmung darstellt, aber doch in dieser Art allgemein akzeptiert wird. Es handelt
sich dabei um die verschiedenen Gesellschaftsformen von Vormoderne, Moderne und
Postmoderne, deren jeweils immanente soziale Strukturen durch den Wandel von der
Feudalgesellschaft zur Industriegesellschaft und damit durch den Prozess der
Industrialisierung bestimmt sind. Dabei war das Entstehen von einer Lebensphase wie der der
Jugend ein Nebenprodukt, das nun aber einen immer größeren Raum im gesellschaftlichen
Leben einnimmt, was man daran erkennt, dass die „Gesamtkultur“ „zunehmend
jugendkulturelle Elemente assimiliert und der jugendliche Gestus in andere
Lebensaltersstufen übernommen wird“ 2. Während es in der Feudalgesellschaft, in der das
Leben von geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung – beim Manne die Arbeit auf dem Felde,
bei der Frau die Arbeit im Hause – geprägt war, einer ausgedehnten Jugendphase ermangelte
und somit ein nahezu unmittelbarer Übergang vom Kindes- zum Erwachsenenalter stattfand,
brachte die Industrialisierung das Faktum Freizeit hervor, das zu einem „Moratorium der
Jugendphase“ führte. Mit diesem Moratorium sind soziale Anforderungen verbunden, denen
sich Jugendliche stellen müssen: die schrittweise Ablösung vom Elternhaus gehört ebenso
dazu wie die Wahl eines Ausbildungsgangs und eines Berufs; die eigene Geschlechterrolle
muss entwickelt werden, die Leistungsansprüche in Schule und Berufsausbildung gilt es zu
erfüllen.
INHALTSVERZEICHNIS
EINLEITUNG
I. WERTE UND WERTORIENTIERUNGEN
II. IDENTITÄT UND INDIVIDUALISIERUNG
III. LEBENSSTIL UND LEBENSWELTEN
IV. SCHLUSSBEMERKUNG
V. LITERATUR
EINLEITUNG
Der gesamte Komplex an Begrifflichkeiten, mit dem sich sozialer Wandel beschreiben lässt, resultiert aus verschiedenen Theoriegebäuden innerhalb der Soziologie, die allesamt unterschiedliche Konzepte hervorbringen[1], daher lassen sich Begriffe wie u. a. Lebensstil, Werte, soziale Ungleichheit, Identität, Individualisierung und Jugend, die in dieser Arbeit als Zentralbegriffe in Bezug auf sozialen Wandel in Zusammenhang gebracht werden sollen, nur schwer im einzelnen klar definieren.
Damit allerdings deren Bedeutung für die gegenwärtige soziologische Erforschung zum sozialen Wandel deutlicher wird, müssen vor allem noch zwei grundlegende Faktoren näher erläutert werden. Zum einen der jeweilige gesellschaftliche Hintergrund, auf dem Veränderungen stattfinden, und zum anderen die damit einhergehende Situation der Jugend.
Zum ersten Punkt lässt sich eine Einteilung anführen, die zwar eine nicht wissenschaftlich fundierte Bestimmung darstellt, aber doch in dieser Art allgemein akzeptiert wird. Es handelt sich dabei um die verschiedenen Gesellschaftsformen von Vormoderne, Moderne und Postmoderne, deren jeweils immanente soziale Strukturen durch den Wandel von der Feudalgesellschaft zur Industriegesellschaft und damit durch den Prozess der Industrialisierung bestimmt sind. Dabei war das Entstehen von einer Lebensphase wie der der Jugend ein Nebenprodukt, das nun aber einen immer größeren Raum im gesellschaftlichen Leben einnimmt, was man daran erkennt, dass die „Gesamtkultur“„zunehmend jugendkulturelle Elemente assimiliert und der jugendliche Gestus in andere Lebensaltersstufen übernommen wird“[2]. Während es in der Feudalgesellschaft, in der das Leben von geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung – beim Manne die Arbeit auf dem Felde, bei der Frau die Arbeit im Hause – geprägt war, einer ausgedehnten Jugendphase ermangelte und somit ein nahezu unmittelbarer Übergang vom Kindes- zum Erwachsenenalter stattfand, brachte die Industrialisierung das Faktum Freizeit hervor, das zu einem „Moratorium der Jugendphase“ führte. Mit diesem Moratorium sind soziale Anforderungen verbunden, denen sich Jugendliche stellen müssen: die schrittweise Ablösung vom Elternhaus gehört ebenso dazu wie die Wahl eines Ausbildungsgangs und eines Berufs; die eigene Geschlechterrolle muss entwickelt werden, die Leistungsansprüche in Schule und Berufsausbildung gilt es zu erfüllen. Jugend als Moratorium ist zwar einerseits so etwas wie ein Schonraum für Selbstfindung und Selbsterprobung, andererseits wird aber die erfolgreiche Bewältigung biographisch höchst bedeutsamer Aufgaben gefordert.
Schließlich ist der Hauptunterschied, der sich durch die Modelle von Vormoderne, Moderne und Postmoderne hindurch zieht, ein ökonomischer, nämlich der von Arbeit und Produktion hin zu Freizeit und Konsum. Das zu dieser Veränderung beitragende Hauptmerkmal ist der Prozess der Individualisierung, den man auch als Motor dieses Gesellschaftswandels bezeichnen kann. Das Problem, das sich dabei für die sich ausgestaltende Jugendphase ergibt, ist das der Identitätsfindung, da alte traditionelle Werte der Erwachsenenkultur verschwinden und neue, allerdings von mehr Eigenbestimmung abhängige, also selbst gewählte Werte entstehen. An dieser Stelle treten Subkulturen bzw. Jugendkulturen auf, die als kleinere Einheiten der Gesellschaft die Integrität des Individuums gewährleisten sollen. Mit anderen Worten: „Das System der modernen Gesellschaft steigert seine Komplexität und seinen Differenzierungsgrad in einem Maße, das beim Individuum zunehmend Orientierungsprobleme hervorruft; beispielhaft ist die Expansion wissenschaftlichen Wissens und der Information allgemein“[3]. Daher kommt es zur Ausbildung von unterschiedlichen Lebensstilen, hinter denen wiederum bei den betreffenden Individuen, die sich diesen oder jenen zu eigen machen, je eine spezifische Biographie steckt. Folglich gibt es „bislang keine einheitliche Lebensstil-Theorie, sondern nur eine Vielfalt an Lebensstil-Forschung“[4]. Die so genannte Sozialstrukturanalyse oder soziale Ungleichheitsforschung versucht, anhand von empirischen Untersuchungen auf der Grundlage askriptiver Merkmale wie Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen, Haushaltsgröße und –ausstattung Gemeinsamkeiten und damit Kategorien von neuen Lebensformen und –stilen aufzustellen.
[...]
[1] einen Gesamtüberblick zu sowohl klassischen als auch modernen Konzepten der Lebensstil-Forschung gibt Andreas Klocke in seinem Buch „Sozialer Wandel, Sozialstruktur und Lebensstile in der BRD“, Peter Lang GmbH Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt/ M. 1993, an
[2] Ralf Vollbrecht: „Von Subkulturen zu Lebensstilen“ in: „Kursbuch Jugendkultur“; Bollmann Verlag; Mannheim 1997; Hrsg. SPoKK; S. 27
[3] Heinz-Günther Vester: „Modernismus und Postmodernismus – Intellektuelle Spielereien?“ in: „Soziale Welt“; Verlag Otto Schwartz & Co.; Göttingen 1985/1; Hrsg. Dr. Ulrich Beck; S. 9
[4] Fritz Reusswig: „Lebensstile und Ökologie“ in: „Gesellschaft im Wandel“; Wissenschaftliche Buchgesellschaft; Darmstadt 1994; Hrsg. Christoph Görg; S. 227
- Arbeit zitieren
- M. A. Frank Findeiß (Autor:in), 1998, Jugend und sozialer Wandel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147459
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