„Man wird die Landkarten der Erde neu zeichnen müssen. Es ist nicht zu übersehen, dass auf der Erde Veränderungen stattfinden.“
Al Gore – 2006, ehem. Vizepräsident der USA, Friedensnobelpreisträger 2007.
Durch die zunehmende Umweltzerstörung, den Abbau von Ressourcen und der demographischen Entwicklung wurde eine Notwendigkeit deutlich, zukünftig verantwortungsbewusst und vorausschauend zu handeln, bzw. Eingriffe, die weitere Schädigungen verursachen würden, zu vermeiden. Nicht nur bei Klöpfer wird daher
„Nachweltschutz“ und „Langzeitverantwortung“ gefordert. Auch Irrgang schreibt, dass ein neues Denken, ein anderes Verhältnis zur Natur und die Abkehr vom neuzeitlichen Weg der Rationalität und die Hinwendung zu einem an der Ökonomie ausgerichteten Planes
notwendig ist.
Das kulturell differenzierte Konzept der Nachhaltigkeit soll nach Irrgang eine Antwort auf die
Folgeprobleme der technisch-ökonomischen Zivilisation geben.
Die folgende Hausarbeit soll daher auf den Verantwortungsbereich der Ethik eingehen und
im weiteren das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung erläutern und ein Stück weit bewerten.
Natürlich kann die Thematik der Nachhaltigkeit nicht im Ganzen erklärt und erschöpfend
behandelt werden, dennoch aber sollen strukturelle Eigenheiten aufgezeigt und beurteilt
werden. Auch die Kritik des Nachhaltigkeitsmodells – die weitgehende Nichtbeachtung der
Macht- und Herrschaftsverhältnisse – kann allenfalls kurz angeschnitten werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Verantwortungsethik und Zukunftsethik
2.1. Verantwortungsethik
2.2. Zukunftsethik
3. Exkurs: Was sind Generationen?
4. Nachhaltige Entwicklung
4.1. Historische Grundlegung und rhetorisch-pragmatische Verwendung
4.2. Vier Interpretationen für Nachhaltigkeit
4.3. Der Brundtland-Report und Abkommen von Rio
4.4. Forderungen
4.5. Gemeinschaft als Nachhaltigkeitsressource?
4.6. Ebene der Handlungen
5. Ethische Aspekte
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Man wird die Landkarten der Erde neu zeichnen müssen. Es ist nicht zu übersehen, dass auf der Erde Veränderungen stattfinden.“[1]
Al Gore – 2006, ehem. Vizepräsident der USA, Friedensnobelpreisträger 2007.
Durch die zunehmende Umweltzerstörung, den Abbau von Ressourcen und der demographischen Entwicklung wurde eine Notwendigkeit deutlich, zukünftig verantwortungsbewusst und vorausschauend zu handeln, bzw. Eingriffe, die weitere Schädigungen verursachen würden, zu vermeiden. Nicht nur bei Klöpfer[2] wird daher „Nachweltschutz“ und „Langzeitverantwortung“ gefordert.[3] Auch Irrgang schreibt, dass ein neues Denken, ein anderes Verhältnis zur Natur und die Abkehr vom neuzeitlichen Weg der Rationalität und die Hinwendung zu einem an der Ökonomie ausgerichteten Planes notwendig ist.[4]
Aus mehreren Gründen sind Fragen der Zukunftsverantwortung heute von bedeutender Aktualität:
1. Derzeit sind wir immer noch auf dem Weg, den zukünftigen Generationen eine übernutzte Umwelt zu hinterlasssen. Ursächlich dafür ist vor allem die anhaltende Inanspruchnahme der Natur durch den Menschen. Gemeint ist hier nicht nur die Nutzung der Natur als Ressource (Boden, Wasser, Rohstoffe), sondern auch die Nutzung der Natur als Senke für Reststoffe wie Abfälle und verschmutztes Wasser oder verunreinigte Luft.[5]
So verkleinert sich der tropische Regenwald, primär durch Luftverschmutzung, „sauren“ Regen und Abholzung[6], jährlich um elf Milliarden Hektar. Bisweilen ist eine Fläche, die in etwa der Größe Europas entspricht, versteppt.[7] Selbst in der Bundesrepublik sind mehr als die Hälfte aller Baumarten geschädigt.[8]
2. Gewässer werden durch immer mehr Schadstoffe aus häuslichen und industriellen Abwässern weiter verunreinigt, wobei die Verschmutzung der Küstengewässer und Meere durch Tankerunfälle und die Abfallbeseitigung auf hoher See die Dezimierung der Fischbestände „begünstigt“.[9] In Ländern wie Indien, Afrika, China und auch in Nordamerika übersteigt der Bedarf an Wasser den Vorrat.[10]
3. Sofern die Abbauraten von Ressourcen weiterhin so hoch ausfallen, werden sie innerhalb der nächsten Generationen vollständig abgebaut worden sein.[11]
4. Mehrere tausend Pflanzen- und Tierarten sterben jährlich aus. Laut des Zehn-Jahresberichts des Umweltprogramms der Vereinten Nationen sind weltweit mehr als 1.000 Tierarten und etwa 25.000 Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. 30% der Pflanzen- und 50% aller Tierarten sind in der Bundesrepublik bereits ausgestorben oder wenigstens vom Aussterben bedroht.[12]
5. Diese meist irreversiblen Probleme, wie das Arten- und Baumsterben, die Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen, die Zerstörung der Landschaften, die Klimaveränderungen und die Verödung des Bodens, können und werden die Lebensqualität gegenwärtiger und vor allem kommender Generationen negativ beeinflussen.[13] Ein Weg, eine höhere Sensibilität für die ökologischen und daraus entstehenden sozialen Probleme zu erreichen, ist, die Maxime der Nachhaltigkeit, aus der Forstwirtschaft zu übernehmen, zu stärken und folglich zu effektiven Handlungskonzepten aufzufordern.[14]
Das kulturell differenzierte Konzept der Nachhaltigkeit soll nach Irrgang eine Antwort auf die Folgeprobleme der technisch-ökonomischen Zivilisation geben.[15]
Die folgende Hausarbeit soll daher auf den Verantwortungsbereich der Ethik eingehen und im weiteren das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung erläutern und ein Stück weit bewerten. Natürlich kann die Thematik der Nachhaltigkeit nicht im Ganzen erklärt und erschöpfend behandelt werden, dennoch aber sollen strukturelle Eigenheiten aufgezeigt und beurteilt werden. Auch die Kritik des Nachhaltigkeitsmodells – die weitgehende Nichtbeachtung der Macht- und Herrschaftsverhältnisse – kann allenfalls kurz angeschnitten werden.
2. Verantwortungsethik und Zukunftsethik
„Künftige Generationen haben durchaus den Grund sich die Frage zu stellen: Was haben sich unsere Eltern gedacht, warum sind sie nicht aufgewacht, als sie die Möglichkeit dazu hatten? Es ist wichtig, dass sie uns diese Frage jetzt stellen. [...] Sagt euren Eltern, dass sie die Welt in der Ihr leben wollt, nicht kaputt machen. Wenn Sie Eltern sind, retten Sie gemeinsam mit Ihren Kindern die Welt in der diese leben werden.“[16]
Al Gore – 2006, ehem. Vizepräsident der USA, Friedensnobelpreisträger 2007.
In diesem Zitat Gores wird deutlich, dass sich angesichts der globalen Entwicklung das Paradigma der Zukunftsethik vom optimistischen zum pessimistischen Pol verschoben hat. So sah bis vor 20 Jahren das optimistische Paradigma die Verantwortung für zukünftige Generationen vornehmlich als Verpflichtung zur Verlängerung eines Fortschrittsprozesses und stellte die gegenwärtigen Generationen grundsätzlich bessergestellt dar. Für das pessimistische Paradigma dagegen gilt, dass die zukünftigen Generationen gegenüber den gegenwärtigen Generationen schlechtergestellt sind. Die Verantwortung für diese Generationen beinhaltet daher primär die Minimierung von Risiken, die Vorsorge gegen kommende Katastrophen und die Erhaltung von Erreichtem.[17] Diese Unterscheidung ist aber in der Realität nur idealtypisch. Grundsätzlich werden beide Paradigmen bei den Zukunftsethikern des 19. Jahrhundert vermischt.[18]
Doch wie müssen wir mit den Begriffen Zukunftsethik, Verantwortungsethik und nachhaltige Entwicklung umgehen? Zunächst ist zu klären, dass sich alle Termini unter die Überschrift der angewandten Ethik, demnach auch der normativen Ethik, einordnen lassen.
Die angewandte Ethik versteht sich als eine Disziplin, die sich bei moralischen Entscheidungsproblemen mit Werten, Normen und der Grundorientierung der Menschen beschäftigt. Sie entwickelt Kriterien, vermittelt eine Handlungsorientierung in Entscheidungssituation und dient schließlich der Handlungskoordination. Sie ist demnach als angewandte Theorie des richtigen Handelns zu verstehen. So reflektiert die angewandte Ethik ihren Ausgangspunkt bei konkreten Erfahrungen der vielfältigen Lebensgestaltung – es ist für sie daher schwierig, komplexe moralische Sachverhalte auf wenige idealtypische Charakteristika zu reduzieren.[19]
2.1. Verantwortungsethik
Die Anwendung der Verantwortungsethik ist unabhängig von politischen und technischen Entwicklungen und daher mehr als ein herkömmliches Moralprinzip. Vielmehr ist sie aufgrund der Einsicht entstanden, dass technische und ökologische Risiken negative Konsequenzen für kommende Generationen haben können bzw. haben werden.
Die Bezeichnung „Verantwortungsethik“ geht grundsätzlich auf Max Weber zurück, für den sich das verantwortungsethische Handeln dadurch auszeichnete, dass man bereit ist, für die Folgen[20] seiner Handlung aufzukommen. Geprägt wurde die Position der „Verantwortungsethik“ schließlich von Hans Jonas, welcher in seiner Schrift „Das Prinzip Verantwortung“ (1979) ein Konzept beschreibt, das eine langfristige Zukunftsverantwortung einschließt. Dieses Konzept geht somit ausschließlich auf die langfristigen ökologischen Folgen des menschlichen Handels für kommende Generationen aus. 1988 weist Birnbacher dann auf die unterschiedlichen Bedeutungen des Ausdrucks „Generation“ hin. So werden nicht nur Generationen gefasst, die gleichzeitig leben (Großmutter, Mutter, Enkelin), sondern primär die Generation der Ungeborenen als zukünftige Generation gesehen.[21] Schließlich fordert Jonas dazu auf, die Macht der Menschen gegenüber der Natur zu zügeln, wobei er darauf Wert legt, eine Ethik zu entwickeln, die der Bewahrung und Erhaltung der Natur dient und weniger den Fortschritt vorantreibt.[22] Jonas geht es kaum um die Zurechnung vergangener Taten, sondern um eine intentionale Verantwortung, die in jedem Menschen existiert. Er erklärt diese Verantwortung mit der Verantwortung von Eltern zu ihrem Neugeborenen und betont, dass diese Verantwortung sich auch auf zukünftige Generationen ausweiten lässt.[23] Dieser Standpunkt jedoch blieb nicht unkritisiert.
2.2. Zukunftsethik
Hans Jonas war ein markanter Vertreter einer Zukunftsethik, deren Inhalt die Verantwortbarkeit des Handelns hinsichtlich ihrer Folgen für kommende Generationen ist.
Grundsätzlich gibt es fünf Grundfragen der Zukunftsethik:
1. Die Frage nach der zeitlichen Reichweite,
2. die Frage nach der ontologischen Reichweite,
3. die Frage nach den Inhalten,
4. die Frage nach dem Gewicht der Zukunftsverantwortung im Verhältnis zur Gegenwartsverantwortung und
5. das Problem der Motivation zur Akzeptanz und Übernahme der Zukunftsverantwortung.
[...]
[1] Vgl. http://www.finanzoekologen.de/content/blogcategory/33/104 (12.11.2008).
[2] Klöpfer 1992, S 11, in: Schicha 1992, http://www.prometheusonline.de/heureka/nachhaltigkeit/monografien/schicha/index.htm (12.11.2008).
[3] Vgl. auch dazu Birnbacher/Schicha 2001, S. 17.
[4] Vgl. Irrgang 2002, S. 7.
[5] Vgl. Birnbacher/Schicha, 2001, S. 17.
[6] Vgl. Brown/Flavin 1988, S. 16.
[7] Vgl. Schönwiese/Diekmann 1991, S. 84f.
[8] Walletschek/Graw 1990², S. 53, in: Birnbacher, Dieter/Schicha, Christian, 1996, Vorsorge statt Nachhaltigkeit – ethische Grundlagen der Zukunftsverantwortung, in: Birnbacher, Dieter, Gerd Brudermüller, 2001, Zukunftsverantwortung und Generationssolidarität, Würzburg, S. 17-34.
[9] Vgl. Schicha 1992, http://www.prometheusonline.de/heureka/nachhaltigkeit/monografien/schicha/index.htm (12.11.2008).
[10] Vgl. Brown/Flavin 1988, S. 16.
[11] Vgl. Grießhammer 1990, S. 70.
[12] Vgl. Simonis 1990², S. 41f.
[13] Vgl. Leist 1991, S. 323.
[14] Vgl. Schicha 1992, http://www.prometheusonline.de/heureka/nachhaltigkeit/monografien/schicha/index.htm (12.11.2008).
[15] Vgl. Irrgang 2002, S. 10f.
[16] Vgl. http://www.finanzoekologen.de/content/blogcategory/33/104 (12.11.2008).
[17] Vgl. hier auch Jonas 1979, S. 63ff.
Das Schadensrisiko ist demnach laut „Heuristik der Furcht“ stärker zu gewichten.
[18] Vgl. Birnbacher/Schicha 2001, S. 19.
[19] Vgl. Schicha 1999, http://www.examensarbeiten.de/heureka/nachhaltigkeit/monografien/schicha2/index.htm.
[20] Gemeint sind die absehbaren Folgen.
[21] Vgl. Birnbacher 1988, S. 23ff.
[22] Vgl. Jonas 1984, S. 64f.
[23] Vgl. Jonas 1984, S. 89.
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