Pierre Reverdy bezeichnete das Leben als eine ‚Kunstwirklichkeit’. Darin spiegelt sich einer
der wesentlichen Grundgedanken der historischen Avantgarden: Erst die Kunst stellt Natur
her, Realität ist etwas Selbstgeschaffenes. Dies bedeutet, dass die historischen Avantgarden
die Funktion und den Anspruch der Kunst darin sehen, Wirklichkeit aus dem natürlichen
Chaos herzustellen. Somit sprechen sich die Künstler und Dichter dieser Zeit selbst das Recht
zu, die eigentliche und einzige Instanz zu sein, die Wahrheit, Erkenntnis sowie Ordnung in
der Natur schaffen kann.
Der französische Dichter Pierre Reverdy war einer der zentralen Vertreter der historischen
Avantgarden. Ganz im Sinne dieser Bewegung lehnte er in seinen zahlreichen theoretischen
Schriften die Nachahmungsästhetik strikt ab. Er spricht sich für eine nichtmimetische Kunst
aus, deren Aufgabe es ist, sich vom Leben abzuheben, um darin letztendlich eine erhabenere
und völlig unabhängige Rolle zu spielen.
Anhand zwei seiner programmatischen Texte, Sur le cubisme von 1917 und Le Cubisme,
poésie plastique von 1919, sowie der Interpretation seines Gedichts Son de cloche von 1918
soll das Werk von Pierre Reverdy als Beispiel für die Lyrik im Zeitalter der historischen
Avantgarden dargestellt werden.
Pierre Reverdy war mit Guillaume Apollinaire und Max Jacobs, aber auch mit Pablo Picasso
und Georges Braque befreundet. Er war es, der in seinen Aufsätzen die eigentliche Theorie
einer kubistisch beeinflussten Dichtung lieferte. Kunst müsse demnach jegliche Form der
Nachahmung vermeiden, um Kunst zu sein. Ihm geht es um die Bildlichkeit. Diese
Bildlichkeit ist umso intensiver, je unterschiedlicher die in einem Gedicht vereinten
Bildvorstellungen sind. Damit bereitete er den Weg für Bewegungen wie den Futurismus,
den Dadaismus und vor allem für den Surrealismus, die diese Theorie noch enger definierten
und anwandten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung.
- I. Die historischen Avantgarden
- 3.1 Modernolatria
- III. Theorie einer kubistisch beeinflussten Dichtung
- 1. Definition des Begriffs der,Avantgarde'
- 2. Historische Vorraussetzungen für die Entwicklung der Avantgarden
- 3. Merkmale der ersten Phase der historischen Avantgarden
- 3.2 Simultanes Kunstwerk
- II. Pierre Reverdy: Plupart du temps
- 1. Biographie
- 2. Les Ardoises du toit (1918)
- 1. Sur le cubisme (1917)
- 2. Le Cubisme, poésie plastique (1919)
- IV. Poetologische Umsetzung im Gedicht Son de cloche (1918)
- 1. Aufbau und Struktur des Gedichts
- 2. Titel als Zugang
- 3. Verschiedene Motive
- 4. Gesamtinterpretation
- Schluss.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert Pierre Reverdys Werk im Kontext der historischen Avantgarden und untersucht, wie er in seinen Gedichten, insbesondere in „Son de cloche", die kubistische Ästhetik in eine poetologische Umsetzung überführt. Die Arbeit beleuchtet die Rolle Reverdys als einer der zentralen Vertreter der Avantgardebewegung und seine Kritik an der Nachahmungsästhetik.
- Definition der „Avantgarde" und ihre historischen Voraussetzungen
- Die „Modernolatria" als Ausdruck des Zeitgeistes der industriellen Revolution
- Reverdys kubistisch beeinflusste Dichtungstheorie und ihre Umsetzung im Gedicht „Son de cloche"
- Die Bedeutung von Bildlichkeit und Kontrast in Reverdys Werk
- Der Einfluss Reverdys auf spätere avantgardistische Bewegungen wie den Surrealismus
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt Pierre Reverdy als zentralen Vertreter der historischen Avantgarde vor und beschreibt seine Abkehr von der Nachahmungsästhetik zugunsten einer nichtmimetischen Kunst.
- I. Die historischen Avantgarden: Dieses Kapitel definiert den Begriff der „Avantgarde" und beleuchtet die historischen Vorraussetzungen für ihre Entstehung. Es beschreibt die „Modernolatria" und das Konzept des „simultanen Kunstwerks" als Ausdruck des Lebensgefühls der industriellen Revolution.
- II. Pierre Reverdy: Plupart du temps: Dieser Abschnitt gibt eine kurze Biographie von Pierre Reverdy und präsentiert sein Werk „Les Ardoises du toit", insbesondere die Schriften „Sur le cubisme" und „Le Cubisme, poésie plastique".
- IV. Poetologische Umsetzung im Gedicht Son de cloche (1918): Das Kapitel analysiert das Gedicht „Son de cloche" in Bezug auf seinen Aufbau, Titel und die enthaltenen Motive. Es beleuchtet die Umsetzung von Reverdys kubistischer Dichtungstheorie in der Praxis.
Schlüsselwörter
Historische Avantgarden, Kubismus, Pierre Reverdy, „Son de cloche", nichtmimetische Kunst, Modernolatria, Simultanität, Bildlichkeit, Kontrast, Surrealismus.
- Arbeit zitieren
- M.A. Hannah-Kristin Elenschneider (Autor:in), 2008, Pierre Reverdy: Son de cloche aus Plupart du temps (Les Ardoises du toit, 1918) , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146254