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1 Wesentliche Anregungen zur Befestigung des neuartigen Ansatzes – der sich
vorrangig den religiösen Einstellungen größerer gesellschaftlicher Gruppen widmet – lieferten
die Vertreter der französischen ‚Annales‘-Schule um GEORGE DUBY und JACQUES LE
GOFF.2 Im deutschsprachigen Raum wandte sich vor allem PETER DINZELBACHER jenem
Gegenstand zu. DINZELBACHER sah Anfang der 1990er Jahre ein erfüllbares Desiderat
darin, ein interdisziplinär angelegtes, sechsbändiges Handbuch der Religiosität für die verschiedenen
Epochen der deutschen Geschichte zu erarbeiten. Entgegen der üblichen Reihenfolge
erschien seither zuerst der zweite Band, der den offensichtlich leichter zu
bewältigenden Abschnitt des Hoch- und Spätmittelalters behandelt.3 Dagegen steht der
erste Band zur Religiosität des Frühmittelalters bezeichnenderweise noch aus. Für das
Frühmittelalter stellt sich das Problem, dass die Quellenbasis zur Erforschung der Volksfrömmigkeit
und der Spiritualität der Laien im Allgemeinen nur spärlich beschaffen ist. Daher
haben, wie DINZELBACHER vermerkt, für diesen Zeitabschnitt gerade
personengeschichtliche Einzelstudien einen nicht zu unterschätzenden Erkenntniswert. Allerdings
existieren bisher nur wenig derartige Spezialuntersuchungen auf personenhistorischem
Gebiet.4 Die vorliegende Arbeit zur Religiosität Ottos III. möchte nun einen Beitrag zur
Behebung jenes Missstandes leisten.
1 DINZELBACHER, PETER, Mittelalterliche Religiosität, in: Frömmigkeitsstile im Mittelalter, hg. v.
WOLFGANG HAUBRICHS (Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 80, 1990), Göttingen
1991, S. 14–34, hier S. 14.
2 Siehe z. B. LE GOFF, JACQUES, Les mentalités – une histoire ambigue, in: Faire de l’histoire. Noveaux
problèmes. Nouvelles approches. Nouveaux objets, hg. v. JACQUES LE GOFF u. a., 3 Bde., Paris
21986; DUBY, GEORGE, Histoire des mentalités, in: L’histoire et ses methodes, hg. v. CHARLES
SAMARAN, Paris 1961; LE GOFF, JACQUES (Hg.), Histoire de la France religieuse, bisher 4 Bde., Paris
1988–1992.
3 DINZELBACHER, PETER, Handbuch der Religionsgeschichte des deutschsprachigen Raumes, Bd. 2:
Hoch- und Spätmittelalter, Paderborn / München 2000.
4 DINZELBACHER, Mittelalterliche Religiosität, S. 15 u. S. 16.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Religiöse Sozialisation: Vorbedingungen und Einflüsse auf Otto III.
1.1. Zeitgeist: monastische Spiritualität
1.1.1. Erneuerungsbestreben: cluniazensische und lothringische Klosterreform
1.1.2. Persönliche Läuterung: Aufblühen der Eremitenbewegung in Italien
1.1.3. Antriebsfeder zu aktivem Handeln: Intensivierung der Endzeiterwartung?
1.1.4. Zusammenfassung
1.2. Erziehung und Erwartungshaltung: religiöse Prägung Ottos III.
1.2.1. Erziehung: Hofkapelle, Lehrer und Beichtväter
1.2.2. Vorbilder: herausragende Vertreter der ottonischen Dynastie
1.2.3. Erwartungshaltung: christliches Sakralkönigtum und Fürstenspiegel
1.2.4. Zusammenfassung
2. Persönliche Religiosität Ottos III.
2.1. Quellen: allgemeine Aussagen zur religiösen Haltung
2.1.1. Das Bild Ottos III. bei zeitgenössischen Autoren
2.1.2. Das Bild Ottos III. in Selbstzeugnissen
2.2. Einstellungen und Handlungen: konkrete Ausformung der Religiosität
2.2.1. Anfertigung von Handschriften religiösen Inhalts
2.2.2. Verhältnis zu den herausragenden Vertretern der religiösen Strömungen
2.2.3. Stiftungstätigkeit und Heiligenverehrung
2.2.4. Sündenbewusstsein und Askese
Resümee
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Quellen
Literatur
Anhang
Einleitung
Im Zuge der seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts einsetzenden Etablierung der Mentalitätsgeschichte zu einem eigenständigen Zweig der Geschichtswissenschaft ist auch die Erforschung der mittelalterlichen Religiosität immer mehr ins Blickfeld des Interesses gerückt und „zu einem zentralen Thema der historisch arbeitenden Kulturwissenschaften geworden“.[1] Wesentliche Anregungen zur Befestigung des neuartigen Ansatzes – der sich vorrangig den religiösen Einstellungen größerer gesellschaftlicher Gruppen widmet – lieferten die Vertreter der französischen ‚Annales‘-Schule um George Duby und Jacques Le Goff.[2] Im deutschsprachigen Raum wandte sich vor allem Peter Dinzelbacher jenem Gegenstand zu. Dinzelbacher sah Anfang der 1990er Jahre ein erfüllbares Desiderat darin, ein interdisziplinär angelegtes, sechsbändiges Handbuch der Religiosität für die verschiedenen Epochen der deutschen Geschichte zu erarbeiten. Entgegen der üblichen Reihenfolge erschien seither zuerst der zweite Band, der den offensichtlich leichter zu bewältigenden Abschnitt des Hoch- und Spätmittelalters behandelt.[3] Dagegen steht der erste Band zur Religiosität des Frühmittelalters bezeichnenderweise noch aus. Für das Frühmittelalter stellt sich das Problem, dass die Quellenbasis zur Erforschung der Volksfrömmigkeit und der Spiritualität der Laien im Allgemeinen nur spärlich beschaffen ist. Daher haben, wie Dinzelbacher vermerkt, für diesen Zeitabschnitt gerade personengeschichtliche Einzelstudien einen nicht zu unterschätzenden Erkenntniswert. Allerdings existieren bisher nur wenig derartige Spezialuntersuchungen auf personenhistorischem Gebiet.[4] Die vorliegende Arbeit zur Religiosität Ottos III. möchte nun einen Beitrag zur Behebung jenes Missstandes leisten.
Wenn im Folgenden versucht wird, exemplarisch die religöse Haltung jenes Kaisers an der ersten Jahrtausendwende zu rekonstruieren, so gilt es jedoch zu bedenken, dass sich die Religiosität eines Herrschers – aufgrund der von ihm eingenommenen herausragenden Stellung – mitnichten Eins zu Eins auf eine die Gesellschaft allgemein auszeichnende frühmittelalterliche ‚Mentalität‘ übertragen lässt. Die zu gewinnenden Erkenntnisse werden sich kaum auf die religiösen Anschauungen der einfachen Bevölkerung des 10. Jahrhunderts anwenden lassen. Sie geben in erster Linie weiteren Aufschluss auf jene, das Bild der Religiosität der Epoche sehr wesentlich bestimmende Schicht der politisch-geistlichen Elite. Ein Ergebnis der Untersuchung soll daher die Beantwortung der Frage sein, in welchem Maße sich die religiöse Haltung Ottos III. in die vorher darzustellenden Ansichten und Gewohnheiten jener maßgeblichen geistlich-elitären Schicht einfügt oder inwiefern sie sich davon abhebt.
Die vorliegende Arbeit ist nicht nur in Bezug auf die Mentalitätsgeschichte, sondern auch aus der Sicht der traditionellen, an einzelnen Personen und deren Einbettung in die Gesellschaft orientierten Geschichtswissenschaft von Interesse. Unter diesem Blickwinkel ist festzustellen, dass die Religiosität Ottos III. in der Sekundärliteratur zwar stets als hervorstechendes Element seiner Persönlichkeit angesprochen wird,[5] aber – abgesehen von einigen wenigen Ansätzen –[6] im Gegensatz zu seinen Renovatio Imperii -Plänen nirgends einer eigenständigen, umfassenden Untersuchung unterzogen wurde.[7] Mehr noch tut sich die Forschung sichtlich schwer, die allgemein bekannten Nachrichten über Ottos religiöse Verfasstheit zu verstehen und angemessen einzuordnen.[8] Der junge Kaiser der Jahrtausendwende ist allgemein bekannt für seine asketischen Neigungen, seine Bußfertigkeit und für seine häufig vergossenen Tränen. So wurde er nicht selten als übersensibler Sohn einer Griechin dargestellt, der „als Kaiser die Welt beherrschen, als asketischer Gottsucher ihr entsagen wollte“.[9] Wenn auch die heutige Forschung nicht mehr das Bild eines „Phantasten auf dem Kaiserthron“ vermittelt,[10] ist dennoch eine mangelnde Befriedigung zu erkennen, die Persönlichkeit Ottos III. hinreichend zu erklären: „Warum dieser Hang zu Askese, Tränen, Wallfahrten, Bußen? Warum öffnete Otto sich so weit den Mahnungen der Reformmönche? Warum dieser heilige Wahn, diese Angst?“.[11] Zum Teil stark psychologisierende Abhandlungen haben dem jungen Herrscher sogar eine innere Zerrissenheit und Gewissensnot unterstellt, die ihn zwischen seinem Leben als Kaiser des Römischen Reiches und dem mächtigen Einfluss, den die Eremitenbewegung auf ihn ausübte, verzweifelt hin und her schwanken ließ.[12] Nach Ansicht mancher Historiker ging Ottos III. angeblich „egoistische Sorge um das eigene Seelenheil“ sogar soweit, dass er in seinen letzten Regierungsjahren dem eigennützigen Streben nach Vergebung für begangene Sünden alles andere untergeordnet habe.[13]
Um der Persönlichkeit jenes jungen Kaisers an der Schwelle zur ersten Jahrtausendwende tatsächlich gerecht werden zu können, widmet sich die vorliegende Arbeit erstmals eingehend dem Aspekt seiner Religiosität. Sie befasst sich demnach mit seiner persönlichen Frömmigkeit und fragt nach den Bedingungen seines religiösen Empfindens und Verhaltens, aber auch nach der Rolle, die ihm als christlichem Herrscher auferlegt wurde. Die Arbeit geht darüber hinaus der Frage nach, wie die Religiosität Ottos III. letztendlich zu beurteilen ist und versucht zu klären, ob sie tatsächlich jeglicher zeitgemäßen, realen Grundlage entbehrte: War Otto III. wirklich ein religiöser Schwärmer, der sich vom Rest der Welt abhob oder bewegte sich seine Frömmigkeit doch –wie Gerd Althoff in seiner Otto-Biographie zu zeigen versucht –[14] viel stärker als bisher angenommen ganz in konventionellen Formen der Zeit?
Bezüglich der Konzeption der Arbeit sind noch einige methodische Vorbemerkungen nötig. Terminologisch differenziert Dinzelbacher, dem hier Folge geleistet wird, ‚Religiosität‘ von den oftmals synonym gebrauchten Begriffen der ‚Frömmigkeit‘ und der ‚Spiritualität‘. Unter Spiritualität sind demnach „in erster Linie die emotionalen, aber auch verstandesmäßigen Beziehungen des Menschen zum Transzendenten“ und „zu seiner irdischen Umwelt“ zu verstehen, während Frömmigkeit die praktische Seite, den „gelebte[n] Vollzug des Glaubens“ darstellt.[15] Dem Begriff der Religiosität liegt dagegen eine umfassendere Bedeutung zu Grunde, welche die anderen Begriffe miteinschließt. Die Religiosität eines Menschen wird wiederum zu einem gewissen Grade von den Äußerungen der Theologie, der theoretischen Beschäftigung mit der Religion, geprägt.
In der Vorgehensweise lehnt sich die vorliegende Arbeit an einige ähnliche, freilich wesentlich knappere Abhandlungen zu anderen Herrschern an, welche die religöse Haltung und Frömmigkeit eines mittelalterlichen Kaisers im Wesentlichen in seinen Handlungen und Äußerungen, insbesondere in der Stiftungstätigkeit, in seiner Beziehung zu einzelnen Geistlichen und in der Heiligenverehrung ausgedrückt sehen.[16] Franz Machilek unterscheidet in seinem Aufsatz über Karl IV. zwischen der Privatfrömmigkeit und der Staatsfrömmigkeit eines Herrschers. Eine derartige Abgrenzung macht für den hier behandelten Zeitraum keinen Sinn. In der Epoche vor dem Investiturstreit ist es nicht möglich, Amt und Person voneinander zu trennen. Der frühmittelalterliche Herrscher verkörperte außerdem rex wie sacerdos zugleich. Nahezu jede seiner Handlungen war religiös motiviert, weshalb auch die heutzutage übliche Differenzierung zwischen Politik und Religion kaum der historischen Realität des Frühen Mittelalters entspricht.
Die vorliegende Untersuchung geht grundsätzlich davon aus, dass das anthropologische Phänomen der Religiosität etwas ist, was sich der Mensch durch seine gesellschaftliche Umwelt und durch die Erziehung in wesentlichen Teilen aneignet, deren spezifische Ausprägung aber durch die Wechselwirkung dieser äußeren Einflüsse mit einer in jedem Menschen bereits vorhandenen inneren Disposition zustande kommt. Die Arbeit ist dementsprechend in zwei Hauptbereiche untergliedert. Im ersten Abschnitt geht es darum, eine Vorstellung von den äußeren Einflüssen zu erhalten. Der zweite Teil widmet sich in der Untersuchung der Einstellungen Ottos III. und seiner Handlungsweise dem Ergebnis von äußeren Einflüssen und innerer Disposition, und versucht so, der spezifischen Ausprägung seiner religiösen Haltung auf die Spur zu kommen. Die Regierungszeit Ottos III. zerfällt zeitlich in zwei Hälften. Eine Zäsur ergibt sich im Jahre 994, in dem der junge König nach gut zehn Jahren der Vormundschaft die Mündigkeit erlangte und nun als Herrscher eigene Entscheidungen treffen konnte.[17] Die ersten 14 Jahre seines Lebens werden im Folgenden als die entscheidende Phase der Erziehung und Prägung betrachtet, in der während der Heranreifung Ottos III. die Voraussetzungen geschaffen wurden für sein späteres, eigenständiges religiöses Denken und Handeln. Es gilt jedoch zu bedenken, dass mit dem Erreichen der Volljährigkeit im Alter von 14 Jahren die Formung der Persönlichkeit Ottos III. nicht plötzlich abbrach, sondern dass auch weiterhin prägende Einflüsse auf den jungen Herrscher einwirkten. Eine strikte Scheidung beider Abschnitte ist deshalb nicht immer stringent einzuhalten.
1. Religiöse Sozialisation: Vorbedingungen und Einflüsse auf Otto III.
1.1. Zeitgeist: monastische Spiritualität
Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit geht es darum, den möglichen äußeren Faktoren nachzuspüren, die auf die Entwicklung und Ausgestaltung der Religiosität Ottos eingewirkt haben. Dazu soll zunächst die allgemeine religiöse Geisteshaltung des zu Ende gehenden 10. Jahrhunderts beleuchtet werden, um somit eine Vorstellung von der spezifischen Ausprägung der Spiritualität dieser Epoche zu gewinnen, vor deren Hintergrund dann die Religiosität Ottos III. beurteilt werden kann.
1.1.1. Erneuerungsbestreben: cluniazensische und lothringische Klosterreform
Noch zu Beginn des 10. Jahrhunderts waren als eine unmittelbare Folge des auseinanderfallenden Frankenreiches die Auswirkungen des Rückgangs staatlicher Einflussnahme deutlich zu spüren. Die gegen Ende der Karolingerherrschaft bemerkbar werdende Schwäche der Zentralmacht hatte letztendlich zu einem Niedergang nicht nur der politischen und sittlichen Ordnung, sondern auch der geistigen Kultur geführt.[18] Überall herrschte statt Königsrecht die Gewalt des Einzelnen. War die Kirche unter Karl dem Großen eine enge Verbindung mit dem Königtum eingegangen, so wurde die westliche Christenheit nun durch den Wegfall der zentralen Reichsgewalt in ihren Grundfesten erschüttert. Kirchen und Klöster litten besonders unter wiederholten Plünderungen und Zerstörungen im Zuge der Normannen- und Ungarneinfälle, aber auch infolge innerer Adelsfehden. Nicht selten waren es die Kirchenoberen selbst, die sich als Feudalherren der Klostergüter bedienten. Hungersnöte, Seuchen, Kriege trugen ihr übriges zum Verfall bei,[19] so dass selbst von der berühmten ‚Klosterzucht‘ kaum noch die Rede sein konnte.[20] Vor diesem Hintergrund sind die monastischen Reformbemühungen zu sehen, die ab den 30/40er Jahren an einer fundamentalen Besserung der Verhältnisse mitwirkten.[21] Das Mönchtum wuchs in dieser schwierigen Zeit zu einer bestimmenden Kraft heran, von der die wesentlichen Impulse zur Wiedererweckung des gesamten kulturellen und geistigen Lebens ausgingen.
Das im Verlaufe des 10. Jahrhunderts an verschiedenen Orten einsetzende monastische Erneuerungsbestreben schöpfte nördlich der Alpen seine Hauptantriebskräfte aus zwei Kernbereichen: Im französischen Herzogtum Burgund lag als ein Schwerpunkt das um 910 von Herzog Wilhelm von Aquitanien gegründete Kloster Cluny[22] – mit seinen zahlreichen weiteren, von ihm abhängigen Abteien und Prioraten –, während in den beiden lothringischen Herzogtümern die Klöster in Brogne (um 950), Trier (um 934) und vor allem das von Bischof Adalbero von Metz reformierte Kloster Gorze (um 933) zu bedeutenden Zentren der geistlichen Erneuerung emporstiegen.[23] Das Ausstrahlungsgebiet sowohl der cluniazensischen als auch der lothringischen Reformbewegung reichte weit über das unmittelbare regionale Umfeld hinaus, wobei Cluny besonders im französischen Raum und in Norditalien[24] wirkte, während die lothringischen Klöster hauptsächlich im deutschen Regnum ihren Einfluss geltend machten. So ist es nicht verwunderlich, dass Otto I. den Abt und die Mönche für sein in Magdeburg neu gegründetes Moritzkloster gerade aus St. Maximin in Trier berief.[25] Außerdem bestellte er den Trierer Mönch und Russenmissionar Adalbert zum Oberhirten seines erst nach längeren Auseinandersetzungen zum Erzbistum erhobenen Lieblingsortes. Noch unter diesem, vom lothringischen Reformertum geprägten Erzbischof, sollte die Magdeburger Domschule unter der Leitung des für seine Gelehrsamkeit berühmten Magisters Ohtrich zu einer der angesehensten Ausbildungsstätten des Reiches werden.[26] In Regensburg fasste der neue Geist ebenfalls Fuß. Bischof Wolfgang (972–994) von Regensburg betraute mit Ramwald (974–1000)[27] einen Trierer Mönch mit der Abtswürde des Kloster St. Emmeram,[28] das damit zu neuer Blüte gelangte und unter der besonderen Förderung des späteren Königs Heinrichs II. selbst wieder zum Ausgangspunkt einer nun bayerischen Klostererneuerung aufstieg.[29]
Worum ging es im Wesentlichen bei den Reformen? Das grundsätzliche Anliegen der Erneuerungsbewegungen bestand darin, dem fortschreitenden Verfall der Klöster Einhalt zu gebieten. Dazu war es einerseits notwendig, die in der Krisenzeit erschlaffte asketische Mönchszucht wieder herzustellen. Strikte Befolgung der Vorschriften und unbedingter Gehorsam gegenüber dem Abt waren die wichtigsten Forderungen. Hierzu mussten die von Benedikt von Nursia im 6. Jahrhundert aufgestellten und für das abendländische Mönchtum verbindlichen Regeln, die fast überall in Vergessenheit geraten waren, aus Klöstern wie Fleury-sur-Loire[30] oder Monte-Cassino neu zusammengetragen werden. Des weiteren war die Wiederherstellung einer soliden Wirtschaftsgrundlage ein wesentliches Anliegen beider Reformbewegungen, weil aufgrund weltlicher Eingriffe, aber auch durch eigennützig handelnde Bischöfe und Äbte der Klosterbesitz im Laufe der Zeit fast gänzlich verschleudert worden war. Um eine Wiederholung solcher Vorgänge für immer zu unterbinden, machte es sich gerade die cluniazensische Bewegung zum Ziel, die Unabhängigkeit von jeder weltlichen und geistlichen Gewalt durch die direkte Unterstellung unter den Papst (exemption) zu erwirken. Die Mönche sollten durch die Sicherstellung der Unabhängigkeit von äußeren Zwängen jeglicher Art in den Stand versetzt werden, ihrer eigentlichen Aufgabe, dem Gebet, nachzugehen.[31]
Wie sah nun die jeweilige Einstellung zur Welt und zum Menschen aus und worin unterschieden sich beide Richtungen? Im Mittelpunkt der regula Benedicti standen Ortsgebundenheit der Mönche (stabilitas loci), Armut (paupertas), Keuschheit (conversio morum) und Gehorsam (oboedientia). Darüber hinaus wurde besonders auf Gebet und Handarbeit (ora et labora), Gastfreundschaft, Armenpflege und die Unterhaltung von Klosterschulen Wert gelegt. Eine übertriebene Askese stieß dagegen ursprünglich eher auf Ablehnung. Trotz der beiderseitigen Rückbesinnung auf die Benediktregeln und auf die Empfehlungen des Benedikt von Aniane bildeten die Reformbewegungen ihren jeweils eigenen Charakter heraus. Die enge Anlehnung Clunys an den Papst in Rom, dem man sich unterstellte und von dem die Exemption der Klöster erbeten wurde, bewirkte im Gegenzug eine außerordentliche Verehrung für die Apostel, insbesondere für deren höchste Vertreter, Petrus und Paulus. In nahezu allen cluniazensischen Gemeinschaften nahm demzufolge das Apostelpatrozinium einen hohen Stellenwert ein.[32] Daneben beförderte Cluny im Laufe der Zeit die Ausgestaltung der Liturgie. Durch kostbare Gewänder, prächtigen Altarschmuck und kunstvolle Beleuchtung wurde der Messe je nach Anlass eine ausnehmende Festlichkeit verliehen. Aufwendige Inszenierungen, Glockenläuten und eine Vielzahl von Prozessionen erhöhten den feierlichen Charakter. Auch das Gotteshaus wurde durch den Bau gewaltiger Abteikirchen dem aufwendigen Rahmen der Liturgie angepasst. In der glanzvollen Ausgestaltung von Kultus und Kirchenarchitektur macht sich demnach ein eher auf ‚Äußerlichkeiten‘ bedachter Wesenszug der cluniazensischen Reform bemerkbar.
Hinsichtlich der Quantität einzelner Rituale wurden ebenfalls erhebliche Steigerungen vorgenommen, was vor allem die Anzahl der zu betenden Psalmen und den Umfang des Stundengebets betraf. So konnte die Tagesleistung, die unter Abt Odo bei 138 Psalmen lag,[33] an Wintertagen auf 215 Psalmen anwachsen.[34] Das ständige Gebet rückte mehr noch als es die benediktinische Klosterregel ursprünglich vorsah, in den Mittelpunkt cluniazensischen Lebens. Die in das Gebet eingeflochtene Sorge um das Totengedächtnis bildete ein großes Anliegen cluniazensischen Mönchtums, was von der laikalen Aristokratie mit reichen Zuwendungen dankend anerkannt wurde.
Dagegen forderte die cluniazensische Spiritualität vom Menschen nicht, sich selbst aufzugeben. Statt dessen sollte sich jeder Einzelne mit den ihm gegebenen Möglichkeiten in den Dienst Gottes stellen. Die von Cluny geprägte Spiritualität schätzte nicht die Seele allein, sondern akzeptierte gleichermaßen auch den Leib. In diesem Sinne wurden, abgesehen von den hohen Gebetsleistungen der Mönche, keine übertriebenen asketischen Heldentaten noch allzu scharfe Kasteiungen erwartet.[35] Nicht zuletzt aufgrund dieser kompromissbereiten Einstellung zur Welt, die es einer breiteren Bevölkerungsschicht ermöglichte, sich mit jener Spiritualität zu identifizieren, erfreute sich Cluny großer Beliebtheit: „Viele weltliche Große traten ins Kloster ein oder legten in extremis (auf dem Totenbett) cluniazensiche Profeß ab.“[36] Nicht zu vergessen ist auch, welche einflussreiche Stellung die cluniazensischen Äbte bei vielen Päpsten und weltlichen Großen genossen, ohne jedoch „sich in den politischen und geistigen Auseinandersetzungen der Zeit zu stark zu exponieren.“[37]
In der Hochschätzung von äußerer Schönheit und Reichtum zum Lobe Gottes, in den Bemühungen um Restitution bzw. Mehrung des Klosterbesitzes, im Streben nach eigener Geltung, unabhängig von weltlicher wie geistlicher Gewalt, und in der Bildung großer Kongregationen, also ganzer Netzwerke von Klöstern,[38] die alle einem Abt unterstellt waren, deckte sich die cluniazensische Klosterbewegung mit einem wesentlichen Charakteristikum der Gesellschaft dieser Zeit. Sie machte sich gewisse feudale Elemente und Strukturen zu eigen:[39] Wie die Bischöfe zugleich Herren über Land und Leute waren, so stiegen selbst die Klöster zu Feudalherren auf.
Auch den mönchischen Gemeinschaften der lothringischen Reform haftete eine feudale Komponente an, sie fällt jedoch etwas anders aus. Die von lothringischem Geist durchdrungenen Klöster bildeten keinen Klosterverband, sondern behielten ihre Selbständigkeit. In den durch das erstarkte ottonische Königtum rechtlich besser gesicherten lothringisch-deutschen Klöstern fehlte ein derartiges Exemptionsstreben, wie es bei den französischen Klöstern aus ihrer speziellen Notlage heraus hervorgegangen war.[40] Die lothringischen Reformklöster waren bemüht, Hand in Hand mit den lokalen Machthabern zusammen zu arbeiten. Das Königtum im Ostfränkischen Reich hatte spätestens seit Otto I. wieder eine starke Zentralgewalt inne, die um einen Konsens der bestimmenden Mächte und um das gemeinschaftliche Vorgehen von Bischöfen, Fürsten und Klöstern bemüht war. So zeigte sich die auf den Osten hin orientierte lothringische Reformrichtung eher bereit, sich in die herrschenden gesellschaftlich-politischen Verhältnisse einzufügen. Trotzdem war man auch hier auf die Restitution und Ordnung des Klostergutes bedacht, um eine effiziente wirtschaftliche Versorgung gewährleisten zu können.[41]
Hinsichtlich der praktischen Ausgestaltung des monastischen Lebens fällt es bei der von Gorze, Brogne und Trier getragenen Erneuerungsbewegung schwer, deren konkrete Prinzipien festzumachen, da keine originalen consuetudines überliefert sind.[42] Einige Hinweise liefern die Lebensbeschreibungen wichtiger Personen aus dem Reformkreis, besonders die des Mitbegründers und späteren Abtes Johannes von Gorze.[43] Auffallend ist, dass Johannes nicht nur zu den Benediktinermönchen nach Monte-Cassino ging, um Informationen über monastische Gewohnheiten einzuholen, sondern das gleiche auch bei den ebenfalls in der Gegend ansässigen, nach der Regel des hl. Basilius lebenden byzantinisch-griechischen Mönchen tat.[44] Im Basilianermönchtum[45] hatte einerseits die Bildung, andererseits aber die Askese einen besonders hohen Stellenwert. Offenbar machte sich Johannes von Gorze gerade den Aspekt der Entsagung besonders zu eigen, wie man seiner Vita durchweg entnehmen kann.[46] Auch den anderen Gründungsmitgliedern von Gorze haftete ein asketisch-individueller Zug an, hatten sie doch, ursprünglich dem Weltklerus angehörend, auf der Suche nach einer gesteigerten religiösen Existenz einige Zeit als Reklusen in der Einsamkeit verbracht.[47] Der Hang zur Askese dürfte selbst nach dem Beschluss, sich in Gorze in einer Mönchsgemeinschaft niederzulassen, nicht vollkommen erloschen sein, auch wenn das anachoretische Element nunmehr in den Hintergrund treten musste.
Zusammenfassend lässt sich trotz der feinen Unterschiede für beide Reformbewegungen festhalten, dass sie selbst im Kampf gegen die Verweltlichung der Klöster einen gewissen diesseitsbezogenen Charakter bewahrt haben. Sowohl der cluniazensischen als auch der lothringischen Richtung ging es darum, sich in dieser Welt so gut wie möglich einzurichten, sich in den Dienst Gottes zu stellen und auf diese Art und Weise für das eigene und der Mitmenschen Seelenheil zu sorgen. Dabei legte die lothringische Richtung mehr Wert auf eine asketische Grundeinstellung, während bei der cluniazensischen Reform das Ritual und dessen prächtige Ausgestaltung im Vordergrund standen.
1.1.2. Persönliche Läuterung: Aufblühen der Eremitenbewegung in Italien
Als grundlegend anders geartet erweist sich die in Italien aufblühende Eremitenbewegung. Eremiten hatte es bereits seit den Anfängen des Mönchtums zu jeder Zeit gegeben, aber im 10. Jahrhundert erfuhren sie einen großen Aufschwung und bedeutenden Zulauf. Da das griechische Mönchtum dem Anachoretendasein offener gegenüberstand als das benediktinisch geprägte westliche Mönchtum, verwundert es nicht, dass eine solche Strömung gerade in Italien aufkam, dessen südlicher Teil noch immer byzantinisch beeinflusst und von Griechen bewohnt war. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass auch nördlich der Alpen immer wieder Eremiten oder Reklusen anzutreffen waren, die zumindest zeitweise die Einsamkeit dem gemeinschaftlichen Leben in einem Kloster vorzogen.
Die Eremitenbewegung dieser Epoche bezog ihre Impulse aus zwei verschiedenen Richtungen. Bedeutendster Vertreter der italisch-griechischen Ausprägung war der in Kalabrien geborene Grieche Nilus von Rossano (um 910–1004).[48] Während unzählige selbsternannte Eremiten ein ungezügeltes Leben nach eigenem Gutdünken führten, legte Nilus höchsten Wert auf ein geordnetes Einsiedlerdasein und übertrug daher die basilianische Regel, die ursprünglich auf eine zönobitsche Gemeinschaft angelegt war, auf das Anachoretentum.[49] Die lateinische Richtung der Eremitenbewegung wurde durch den aus Ravenna stammenden Romuald von Camaldoli (um 952–1027) vertreten.[50] Der Sohn des Herzogs von Ravenna trat aufgrund eines einschneidenden Erlebnisses freiwillig als Mönch in San Apollinare in Classe ein. Da ihm das mönchische Leben nicht streng genug erschien, entschied er sich für ein Eremitendasein und wandte sich nach Spanien in das nach cluniazensischem Vorbild reformierte Kloster des Erzengels Michael in Cuxa. Dort studierte er neben den cluniazensischen Gewohnheiten vor allem die Schriften der Einsiedlerväter und Cassians, nach denen er nun seine Vorstellung vom idealen Eremitentum umsetzte.[51] Für Romuald bildete die Aufopferung des Menschen im Einsiedlerdasein die höchste Stufe auf dem Weg der religiösen Vervollkommnung. Beide, sowohl Romuald als auch Nilus, waren geprägt durch den Wunsch, eine strenge Ordnung in das bis dahin als ungezügelt geltende Anachoretendasein zu bringen. Diese neue Ordnung beruhte auf Zucht und Gehorsam und erstrebte in ständiger Bußtätigkeit und Bekämpfung der Triebe die völlige Entsagung alles Fleischlichen. Im Unterschied zur zönobitischen Reform nördlich der Alpen war der Eremitenbewegung Italiens eine wesentlich schärfere Einstellung zur Welt zu Eigen: alles Weltliche wurde rigoros als vergänglich und sündhaft abgelehnt, statt dessen galt es, allein nach den himmlischen Gütern zu streben. Insofern nahm die Askese bei den Eremiten noch viel radikalere Ausmaße an, als es bei der lothringischen Klosterreform der Fall war. Da sich ihrer Auffassung nach jeder Mensch in der Welt zwangsläufig in Sünde verstrickt, schien für Männer wie Romuald und Nilus der Rückzug aus der Welt die einzige Alternative zu sein, um dem Laster so gut wie möglich zu entgehen. Von dieser Ansicht und von der Notwendigkeit fortwährender Buße wollten sie auch alle anderen Menschen überzeugen.
Bemerkenswert ist zuletzt noch die besondere Beziehung, die beide Eremiten mit dem Erzengel Michael verbanden. Während seines langen Aufenthaltes in Cuxa dürfte sich Romuald, obwohl die Quellen nicht explizit darauf eingehen, schon allein bedingt durch die tägliche Liturgie intensiv mit dem Patron dieses Klosters auseinandergesetzt haben. Von Nilus ist bekannt, dass er sogar einige Jahre in einer Grotte des Erzengels Michael verbracht hat. Michael war nicht nur ein im Frühmittelalter reichsweit verehrter ‚Heiliger‘, sondern laut der Johannes-Apokalypse vor allem der Vorbote des Jüngsten Gerichts. In der Bevölkerung galt Michael gleichermaßen als ‚Seelengeleiter zum ewigen Licht‘, der mit seiner Waage über die Sünden und guten Taten der Verstorbenen urteilt. Damit spielt in die Eremitenbewegung ein besonders ausgeprägtes eschatologisches Element hinein. Die Kreise um Romuald und um Nilus hielten die Erinnerung an die Vergänglichkeit und an das Ende der Welt wach, angesichts dessen die persönliche Läuterung eines jeden Einzelnen zum dringenden Erfordernis wurde. Das Bewusstsein, am Ende des ersten Jahrtausends zu stehen, hat diese Einstellung sicher noch zusätzlich verstärkt.
1.1.3. Antriebsfeder zu aktivem Handeln: Intensivierung der Endzeiterwartung?
Bei der Darlegung der religiösen Strömungen des zu Ende gehenden 10. Jahrhunderts ist auch die Frage nach einer Intensivierung der Endzeiterwartung als möglicher Antriebsfeder zu aktivem Handeln zu klären. Aufgrund der Tatsache, dass es sich beim Christentum um eine Heilslehre handelt, waren eschatologische Vorstellungen zu jeder Zeit latent vorhanden. Umstritten ist in der Forschung nur, ob sich eine apokalyptische Naherwartung an der Wende zum zweiten Jahrtausend in irgendeiner Form verstärkte.[52] Grundsätzlicher Befürworter der These von der Ausweitung der Endzeiterwartung ist J. Fried, der 1989 eine weithin beachtete Stellungnahme zu diesem Thema abgab.[53] Seiner Ansicht nach vollzog die Intensität apokalyptischen Nachdenkens eine Wellenbewegung, die ihre Amplituden sowohl im ausgehenden 8. Jahrhundert als auch um die Jahrtausendwende hatte. In der neueren Forschung erntete Fried, der in den zeitgenössischen Quellen an vielen Stellen Anhaltspunkte für apokalyptisches Gedankengut zu erblicken glaubte, vermehrt Widerspruch.[54] Freilich ging Fried nicht soweit, Ende des 10. Jahrhunderts eine regelrechte Panik im Hinblick auf die Endzeit zu postulieren. Eine solche war tatsächlich nicht vorhanden. Er stufte statt dessen die Erwartung des Weltendes als ‚intensiveres Nachdenken‘ ein, doch stieß selbst diese Annahme in der Forschung nicht selten auf ablehnende Haltung. Die neueren Arbeiten kommen – mitunter bei Heranziehung der gleichen Quellen, auf die sich auch Fried stützt – zu der gegenteiligen Ansicht,[55] dass keinerlei Hinweise auf eine Zunahme der Endzeiterwartung zu finden sind.[56] Tatsächlich weisen die Schriften um die Jahrtausendwende, wie etwa die Jahrbücher von Quedlinburg oder die Chronik Thietmars von Merseburg, keine außergewöhnlichen Anzeichen für eine Furcht vor diesem Zeitpunkt auf. Die geschilderten Schreckensereignisse unterschieden sich kaum von denen anderer Jahre. Das tendenzielle Schweigen der Quellen findet jedoch eine grundsätzliche Erklärung in zwei Tatsachen. Zum einen dürfte einem Großteil der Bevölkerung die Verbindung der Jahreszahl 1000 mit dem Weltuntergang keineswegs geläufig gewesen sein.[57] Nur wer die Texte der Bibel und die Schriften der Kirchenväter gut kannte und noch dazu rechnen konnte, war überhaupt in der Lage, eine solche Brücke zur eigenen Zeit zu schlagen. Bezeichnenderweise stellt St. Freund gerade in der Monumentalmalerei, die vor allem die illiteraten Schichten ansprach, ein Fehlen von Zitaten aus der Offenbarung des Johannes 15, 1–20, 15 fest,[58] die als einzige Stelle im Neuen Testament einen konkreten Zeitraum von 1000 Jahren für das Weltende nennt (Offenbarung 20, 2–8: Das tausendjährige Reich; Der letzte Kampf).[59] Diese Feststellung trifft dagegen nicht für die Buchmalerei des 10.–11. Jahrhunderts zu, die sich bekanntlich an ein lesekundiges Publikum wandte. Es kann demnach festgehalten werden, dass eine tatsächliche Angst vor dem Jahr 1000 höchstens von einem sehr kleinen Kreis hochgebildeter Personen geteilt werden konnte.
Zum anderen entsprach es nicht dem Willen Gottes, den genauen Zeitpunkt des Jüngsten Gerichts zu offenbaren, heißt es doch schon bei Matthäus 24, 36: „Von dem Tage aber und von der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater.“ Dementsprechend deutete Augustinus die Zahl 1000 unbestimmt als die Gesamtheit der Jahre des letzten Saeculum.[60] Gerade weil sich das Ende nicht vorher sagen ließ, galt es aber um so mehr, stets wachsam zu bleiben[61] und Buße zu tun.[62] Sich jedoch um den genauen Zeitpunkt der Wiederkehr des Herrn Sorgen zu machen, war verpönt, weshalb sich in den Quellen kaum etwas davon widerspiegelt. Deshalb darf aber trotzdem damit gerechnet werden, dass der Markstein der ersten Jahrtausendwende in den gelehrten Kreisen vereinzelt zu erhöhter Aufmerksamkeit und auch zu verstärkter Bußfertigkeit bewegt hat, auch wenn nicht gleich das Ende der Welt befürchtet wurde. Bloß hat dies, wie gesagt, keinen expliziten Niederschlag im damaligen Schrifttum gefunden.
1.1.4. Zusammenfassung
Die vorangehenden Ausführungen haben gezeigt, dass das 10. Jahrhundert als eine Phase des allgemeinen religiösen Aufbruchs zu sehen ist, in der sich mit Hilfe der auf breite Zustimmung treffenden monastischen Reformbewegungen eine nachhaltige Verchristlichung weiter Teile Europas und eine Festigung der Frömmigkeit vollzog. Die Sorge um das Seelenheil, das Sündenbewusstsein und die fortwährende Buße standen im Zentrum des täglichen Lebens. In der ernsten Krise der Christenheit zu Beginn des 10. Jahrhunderts hatte sich gerade das Mönchtum als Institution bewährt.[63] Bei der im gesamten Mittelalter gängigen Auffassung von der hierarchischen Dreiteilung der Gesellschaft in oratores (Klerus), bellatores (Adel) und laboratores (Bauern) wurde nun selbst innerhalb der ersten Gruppe der Kleriker den Mönchen das höchste Ansehen entgegen gebracht: Das Kloster bildete den wahren Ort des Gebetes und allein durch das Gebet konnte sich jeder Einzelne seines Seelenheils und der Erlösung versichern. Mehr noch als in anderen Jahrhunderten versuchten gerade die Adligen, möglichst enge Verbindungen mit den Klöstern einzugehen. Die jüngeren Nachkommen wurden in der Regel für den geistlichen Stand bestimmt. Mit ihrem Eintritt ins Kloster erfolgten reiche Stiftungen, um den religiösen Beistand um so sicherer zu gewinnen. Auch wenn bei der Klostereinweisung von nachgeborenen Söhnen und Töchtern mitunter erb- und vermögenspraktische Fragen eine Rolle gespielt haben, sind die religiösen Beweggründe nicht zu vernachlässigen. In verstärktem Maße waren die Adligen zur Sicherung ihres Seelenheils sogar bereit, ganze Klöster zu stiften oder sie traten zumindest einer Gebetsverbrüderung bei, um der stetigen memoria gewiss zu sein.[64]
Zur Ausformung einer eigenständigen christlichen Laienethik war es trotz einiger Ansätze, etwa in den Laienspiegeln des 9. Jahrhunderts[65] oder in der um 925 entstandenen Vita Geralds von Aurillac,[66] noch nicht gekommen. Daher sah sich der weltliche Adel in seiner Lebensführung auf die Nachahmung des Mönchtums als leuchtendes Vorbild angewiesen.[67] Das religiöse Leben war demnach bis ins 12. Jahrhundert hinein durch eine monastische Spiritualität gekennzeichnet.[68] Innerhalb dieser existierten, wie oben erläutert, feine Ausdifferenzierungen und es wird später zu klären sein, welcher dieser Richtungen Otto III. vornehmlich anhing. Während das cluniazensische Mönchtum auf die Ausgestaltung des Kultus viel Wert legte und die Quantität der zu erbringenden Leistungen erhöhte, lag der Schwerpunkt der lothringischen Richtung in der Askese. Das Eremitentum Italiens ging bezüglich der Enthaltsamkeit wesentlich weiter und forderte vom Einzelnen gar die völlige Lösung aus allen weltlichen Bindungen. Obwohl das Eremitendasein, das ja Ursprung des Mönchtums überhaupt war, den höchsten Stellenwert innerhalb allen geistlichen Strebens einnahm und nur noch durch das Martyrium übertroffen werden konnte,[69] kam dieses Ideal nicht für alle Gläubigen gleichermaßen in Frage. Die breite Mehrheit der christlichen Bevölkerung, die eher im Sinne Clunys und der lothringischen Reform dachte, tröstete sich mit dem Gedanken, dass das Leben in der Einsamkeit oder gar die Gnade des Martyriums nur Wenigen vorbehalten sei. Im üblichen Deutungsschema der Gesellschaft, in der eine hierarchische Staffelung vorlag, hatte jeder seinen Platz in der gottgewollten Weltordnung, und darin musste er seine ihm zugewiesene Aufgabe erfüllen.[70] Die Spiritualität der Mehrheit der Menschen muss demnach, bedingt durch die bereits angesprochene enge Verknüpfung zwischen Aristokratie und Geistlichkeit, als eher feudal orientiert und diesseitsbezogen angesehen werden.
Und dennoch waren die Anforderungen an den Gläubigen, der den Weg Christi wahrhaftig nachgehen wollte, äußerst hoch. Das Idealbild christlicher Lebensführung, wie es die Lebensbeschreibungen der Heiligen dieser Zeit propagieren, ist ein sehr heroisches, das sich allein durch unerlässliche, bis ans äußerste gehende Bemühungen auszeichnet. Die ausgeprägte Askese erweist sich damit als das bestimmende Merkmal der Hagiographie des 10. Jahrhunderts.[71] Diese Verschärfung setzte nicht von ungefähr an der Schwelle zur Vollendung des ersten Jahrtausends ein. Auch wenn das Millenium erwiesenermaßen keine, in allen Gesellschaftsschichten Panik verbreitenden Weltuntergangsängste hervorgerufen hat, so ist die Erreichung der Zahl 1000 unter den Gebildeten dennoch mit Sicherheit nicht unbemerkt vorübergegangen. Allein grundsätzliche kirchliche Anweisungen, die auf Jesus Christus selbst zurück gingen,[72] verboten es, diese Gedanken in die Öffentlichkeit zu tragen. Man hätte sich sonst der Sünde der acedia schuldig gemacht. Die erste Jahrtausendwende dürfte aber mit hoher Wahrscheinlichkeit für einen Großteil der gebildeten Gläubigen mahnender Anlass gewesen sein, insgeheim die eigene christliche Lebensführung kritisch zu überdenken und dementsprechend bewusster zu handeln.
1.2. Erziehung und Erwartungshaltung: religiöse Prägung Ottos III.
Wurden bisher die allgemeinen geistigen Voraussetzungen abgesteckt, nach denen die religiöse Haltung Ottos III. zu beurteilen ist, so gilt es nun im nächsten Kapitel auszuarbeiten, welche direkten Einflüsse zur Ausformung dieser Haltung beigetragen haben. Bei der religiösen Prägung eines Menschen spielen schon in frühester Zeit Erziehung, Vorbilder – vor allem aus der eigenen Familie – und herangetragene Erwartungshaltungen eine große Rolle. Nach Meinung J. Le Goffs, eines führenden Vertreters der französischen Annales-Schule, darf nicht vergessen werden, „daß die Menschen [...] einen beträchtlichen Teil ihrer Kenntnisse und ihrer Gewohnheiten in Kindheit und Jugend erwerben“. Le Goff hebt auch hervor, welch starken Einfluss im Mittelalter Eltern, Lehrer und andere ältere Personen auf die Entwicklung des Kindes ausübten, da durch den Stellenwert der Tradition und des Gedächtnisses in einer eher schriftlosen Welt allein schon das Alter große Autorität verlieh.[73] Die möglichen Einwirkungen derartiger Personen und Traditionen auf Otto III. sollen im Folgenden beleuchtet werden.
1.2.1. Erziehung: Hofkapelle, Lehrer und Beichtväter
Über die Erziehung Ottos III. sind nicht viele Einzelheiten bekannt.[74] Zumindest kennt man die Namen einiger seiner Lehrer, unter denen so bedeutende Persönlichkeiten wie Bernward von Hildesheim oder Gerbert von Aurillac auftauchen, daneben auch recht unbekannte Personen wie etwa der Sachse Hoiko, der in der Zeit des Thronstreites mit Heinrich dem Zänker fest auf der Seite des legitimen Erben gestanden hatte und nach der Beilegung dieses Konflikts die erste Erziehung des Vierjährigen übernahm.[75] Da es sich bei dem sächsischen Grafen um einen adligen Laien handelte, wird man von ihm kaum eine umfassende Einwirkung in religiöser Hinsicht erwarten dürfen. Die Forschung geht vielmehr davon aus, dass er Otto III. vor allem im Gebrauch der Waffen und in den standesgemäßen Umgangsformen des Hofes unterwies.[76]
Angesichts dessen kommt Bernward von Hildesheim wesentlich größere Bedeutung zu.[77] Bernward entstammte dem sächsischen Hochadel und hatte in Hildesheim, Utrecht und Mainz eine fundierte geistliche Ausbildung genossen. Unter der besonderen Förderung des Erzbischofs Willigis von Mainz wurde er 987 in die königliche Hofkapelle aufgenommen und von Theophanu zum Lehrer ihres Sohnes bestellt.[78] In dieser Position hat er Otto III. nicht nur Lesen, Schreiben und Rechnen gelehrt, sondern ihn auch inhaltlich mit den Schriften der Kirchenväter und der antiken Philosophen vertraut gemacht.[79] Dass der junge Kaiser zu Bernward zeitlebens ein inniges Verhältnis pflegte, geht nicht nur aus der Lebensbeschreibung des heiligen Bischofs, sondern auch aus Urkunden Ottos selbst hervor.[80] Damit dürfte feststehen, dass Bernwards Einfluss auf seinen Schüler von nicht zu unterschätzendem Ausmaß gewesen ist. Da sich nicht genauer bestimmen lässt, mit welchen Mitteln Bernward die religiöse Erziehung Ottos III. förderte, muss der Blick auf Bernwards eigene Person gerichtet werden. Seine Lebensbeschreibung schildert ihn als einen frommen, mildtätigen Menschen, der zum Maßhalten und zu strenger Befolgung der Sitten aufrief.[81] Eine außerordentliche Wertschätzung für Reliquien legte Bernward nicht nur in der eigenen Sammlungstätigkeit zutage.[82] Er hat wahrscheinlich in der Zeit seiner Anwesenheit am Hof auch den königlichen Reliquienschatz betreut,[83] aus welchem er auf dem Zug gegen Rom die Hl. Lanze vorantrug.[84] Äußerst bekannt ist Bernward selbst heute noch für seine Liebe zur Kunst, die sich nicht zuletzt in der Errichtung der Hildesheimer Michaeliskirche,[85] der dortigen Bronzetür und der sog. Bernwardsäule niederschlug.[86] Zugleich erwies er sich im Reichsdienst als ein zuverlässiger Helfer des Kaisers. Neben den seelsorgerischen Pflichten, die ihm als Oberhirten seiner Diözese oblagen, sorgte er effektiv für die Landesverteidigung, indem er beispielsweise Burgen zum Schutze der Grenzen baute (Mundberg und Warenholz gegen die Elbslaven).[87] Diese beiden Seiten ein und derselben Person werden plakativ durch eine Äußerung Thietmars von Merseburg unterstrichen, der Bernward in seiner Chronik mit der ungewöhnlichen Bezeichnung comes et clericus charakterisiert.[88] Es ist anzunehmen, dass Bernward von Hildesheim – mit seiner Offenheit für weltliche Dinge und seinem Sinn für die Kunst und das Schöne – in der Unterweisung seines Schülers jene bereits in den vorherigen Kapiteln vorgestellte Richtung einer diesseitsbezogenen, feudalen Spiritualität zur Geltung brachte.[89]
In einem weiteren engen Vertrauten, dem späteren Kanzler und Bischof von Köln, Heribert, der möglicherweise ebenfalls als Lehrer fungiert hat, lassen sich die Ideen des lothringischen Reformmönchtums im engeren Kreis um den jungen Kaiser direkt fassen.[90] Der aus rheinfränkischem Adel stammende Heribert hatte die Domschule in Worms besucht und, was wichtiger ist, einige Zeit in Gorze studiert.[91] Gerade dieser lothringischen Schulung, die Heribert in dem Reformkloster erfuhr, war vielleicht zu verdanken, was als kleine Anekdote über seinen Einzug als Bischof in Köln überliefert ist: Heribert soll im Jahr 999, also noch vor Ottos berühmter Gnesenfahrt, im rauhen Winter mit nackten Füßen in seine Bischofsstadt eingezogen sein.[92] Diese Begebenheit zeigt, wie bereits Althoff bemerkt hat,[93] dass derartige Handlungen in der damaligen Zeit doch nicht so außergewöhnlich waren, wie das die Forschung mitunter dargestellt hat.
Einen für einen Herrscher des Abendlandes eher eigentümlichen Kurs dürfte die charakterliche Entwicklung Ottos III. durch den Einfluss griechischer Geistlicher genommen haben. Als Griechischlehrer wird in der Sekundärliteratur zumeist Johannes Philagathos aus Rossano in Kalabrien angeführt.[94] Nach der Vita S. Nili soll jener, ein Günstling der Theophanu, Otto III. sogar aus der Taufe gehoben haben.[95] Über eine ausgeprägte Frömmigkeit des Griechen wissen die Quellen nichts zu berichten, ihm wird vielmehr ein äußerst schlechtes Zeugnis ausgestellt, wofür aber sehr wesentlich seine unglückliche und gescheiterte Erhebung zum Gegenpapst verantwortlich ist.[96] In dem anschließenden Strafgericht zeigt sich auch, dass Otto III. keine außerordentlich innige Beziehung zu Johannes unterhalten haben kann.
[...]
[1] Dinzelbacher, Peter, Mittelalterliche Religiosität, in: Frömmigkeitsstile im Mittelalter, hg. v. Wolfgang Haubrichs (Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 80, 1990), Göttingen 1991, S. 14–34, hier S. 14.
[2] Siehe z. B. Le Goff, Jacques, Les mentalités – une histoire ambigue, in: Faire de l’histoire. Noveaux problèmes. Nouvelles approches. Nouveaux objets, hg. v. Jacques Le Goff u. a., 3 Bde., Paris 21986; Duby, George, Histoire des mentalités, in: L’histoire et ses methodes, hg. v. Charles Samaran, Paris 1961; Le Goff, Jacques (Hg.), Histoire de la France religieuse, bisher 4 Bde., Paris 1988–1992.
[3] Dinzelbacher, Peter, Handbuch der Religionsgeschichte des deutschsprachigen Raumes, Bd. 2: Hoch- und Spätmittelalter, Paderborn / München 2000.
[4] Dinzelbacher, Mittelalterliche Religiosität, S. 15 u. S. 16.
[5] Eine allgemeine Darstellung der Person Ottos III. findet sich bei: Beumann, Helmut, Otto III. (983–1002), in: Ders. (Hg.), Kaisergestalten des Mittelalters, München 21985, S. 73–97; Beyreuther, Gerald, Otto III., in: Deutsche Könige und Kaiser des Mittelalters, hg. v. Evamaria Engel / Eberhard Holtz , Köln / Wien 1989, S. 84–93; Thomas, Heinz, Kaiser Otto III. Eine Skizze (Gocher Schriften 2), Goch 1980; Hlawitschka, Eduard, Kaiser Otto III. (983–1002), in: Karl Rudolf Schnith (Hg.), Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern, 1990, S. 155–165.
[6] Siehe z. B. Sansterre, Jean-Marie, Otton III. et les saints ascètes de son temps, in: Rivista di storia della chiesa in Italia 43, 1989, S. 377–412 (über Ottos Verhältnis zu den Eremiten); Görich, Knut, Otto III. Romanus Saxonicus et Italicus. Kaiserliche Rompolitik und Sächsische Historiographie (Historische Forschungen 18), Sigmaringen 1993, S. 209–250 (über Ansätze zur Kirchenreform).
[7] „Der Frömmigkeit Ottos III. hat die Forschung gegenüber seiner Anknüpfung an antike Traditionen eher wenig Aufmerksamkeit gewidmet, sie ist für das Verständnis der Herrschaft dieses Kaisers jedoch von zentraler Bedeutung.“ Görich, Knut, Otto III. öffnet das Karlsgrab in Aachen. Überlegungen zu Heiligenverehrung, Heiligsprechung und Traditionsbildung, in: Althoff, Gerd / Schubert, Ernst (Hg.): Herrschaftsrepräsentation im ottonischen Sachsen (Vorträge und Forschungen 46), Sigmaringen 1998, S. 381–430, hier S. 389, Anm. 29.
[8] Keller sieht – mit Blick auf die religiöse Tugend der Demut – diese Schwierigkeit auf die gesamte ottonisch-salische Kaiserzeit ausgedehnt: Die moderne Geschichtswissenschaft hat „den vollen Zugang zur humilitas der ottonisch-frühsalischen Kaiser wohl noch nicht gefunden. Wir registrieren das Bemühen, dem normativen Bild gerecht zu werden, bei Otto III., Heinrich II. oder Heinrich III. – die tiefe religiöse Devotion, die nicht selten als skrupulös, überspannt, als den eigentlichen Herrscheraufgaben hinderlich abqualifiziert wurde.“ Keller, Hagen, Grundlagen ottonischer Königsherrschaft, in: Schmid, Karl (Hg.), Reich und Kirche vor dem Investiturstreit. Vorträge beim wissenschaftlichen Kolloquium aus Anlaß’ des 80. Geburtstags von Gerd Tellenbach, Sigmaringen 1985, S. 17–34, hier S. 33.
[9] Schulze, Hans K., Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier (Siedler Deutsche Geschichte), Berlin 1991, S. 9.
[10] So der Titel eines 1882 in der Zeitschrift ‚Nord und Süd. Eine deutsche Monatsschrift‘ erschienenen Aufsatzes von J. von Pflugk-Harttung.
[11] Fried, Johannes, Der Weg in die Geschichte. Die Ursprünge Deutschlands bis 1024 (Propyläen Geschichte Deutschlands 1), Berlin 1994, S. 594.
[12] Benz, Karl-Josef, Macht und Gewissen im hohen Mittelalter. Der Beitrag des Reformmönchtums zur Humanisierung des Herrscherethos unter Otto III., in: Consuetudines monasticae. Eine Festgabe für Kassius Hallinger aus Anlaß seines 70. Geburtstages, hg. v. Joachim F. Angerer / Joseph Lenzenweger (Studia Anselmiana 85), Rom 1982, S. 157–174. Sehr stark psychologisierend auch Labande, Edmond-René, Mirabilia mundi. Essai sur la personalité d’Otton III., in: Cahiers de civilisation médiéval 6, (Poitiers) 1963, S. 297–313, S. 455–476.
[13] Seibert, Hubertus, Herrscher und Mönchtum im spätottonischen Reich. Vorstellung – Funktion – Interaktion, in: Bernd Schneidmüller / Stefan Weinfurter (Hg.), Otto III. – Heinrich II. Eine Wende? (Mittelalter-Forschungen 1), Sigmaringen 1997, S. 205–266, hier S. 242.
[14] Althoff, Gerd, Otto III. (Gestalten des Mittelalters und der Renaissance), Darmstadt 1996.
[15] Dinzelbacher, Mittelalterliche Religiosität, S. 16 f.
[16] Schaller, Hans Martin, Die Frömmigkeit Kaiser Friedrichs II. in: DA 51, 1995, S. 493–513; Oppl, Ferdinand, Amator ecclesiarum. Studien zur religiösen Haltung Friedrich Barbarossas, in: MIÖG 88, 1980, S. 70–93; Machilek, Franz, „Privatfrömmigkeit und Staatsfrömmigkeit“, in: Kaiser Karl IV., hg. von Ferdinand Seibt, München 1978, S. 87–101, S. 441–443.
[17] Fleckenstein, Josef, Die Hofkapelle der deutschen Könige 2: Die Hofkapelle im Rahmen der ottonisch-salischen Reichskirche (Schriften der MGH 16/2), Stuttgart 1971, S. 77.
[18] Siehe hierzu: Riché, Pierre u. a., Die westliche Christenheit im 10. und in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts, in: Die Geschichte des Christentums. Religion, Politik, Kultur, Bd. 4: Bischöfe, Mönche und Kaiser (642–1054), hg. v. Gilbert Dagron, Pierre Riché und André Vauchez, dt. Ausgabe bearb. u. hg. v. Egon Boshof, Freiburg /Basel / Wien 1994, S. 778–879, hier S. 778–796.
[19] Zoepf, Ludwig, Das Heiligenleben im 10. Jahrhundert (Beiträge zur Kulturgeschichte des Mittelalters und der Renaissance 1), Leipzig / Berlin 1908, S. 3 f.
[20] Die Synode zu Trosly beklagt im Jahr 909 den totalen Verlust der Klosterzucht und den allgemeinen Niedergang: „Entvölkert sind die Städte, niedergebrannt die Klöster verödet die Äcker“ (Mansi 18, S. 265) zitiert nach: Fried, Johannes, Die Formierung Europas 840–1046 (Oldenbourg Grundriss der Geschichte 6), München 1991, S. 96; Riché, Pierre, Die westliche Christenheit, in: Die Geschichte des Christentums, S. 784.
[21] Zur monastischen Erneuerung siehe: Kempf, Friedrich, Renovations- und Reformbewegungen von 900 bis 1050, in: Handbuch der Kirchengeschichte, hg. v. Hubert Jedin, Bd. 3,1: Die Mittelalterliche Kirche. Vom kirchlichen Frühmittelalter zur gregorianischen Reform, hg. v. Kempf, Friedrich / Beck, Hans-Georg / Ewig, Eugen / Jungmann, Josef Andreas, Freiburg / Basel / Wien 1966, S. 365–380.
[22] Hallinger, Kassius, Gorze-Kluny. Studien zu den monastischen Lebensformen und Gegensätzen im Hochmittelalter (Studia Anselmiana 22–25), 2 Bde., Rom 1950/51 [ND Graz 1971]. Bulst, Neidhardt u. a., Cluny, Cluniazenser, in: LdMA 2, 1983, Sp. 2172–2194.
[23] Parisse, Michel, Lotharingische Reform, in: LdMA 5, 1991, S. 2131–2133.
[24] Erstmals in den 30er Jahren, erneut um die Jahrtausendwende.
[25] Jungandreas, Wolfgang, St. Maximin zur Zeit der Ottonen, in: Kurtrierisches Jahrbuch 7, 1967, S. 12–22. Auch die Gründung St. Pantaleon durch Ottos I. Bruder, Erzbischof Brun von Köln, geschah mit Hilfe von Mönchen aus diesem Kloster.
[26] Bezeichnenderweise hat hier der im Zusammenhang mit den geistlichen Vertrauten Ottos III. noch zu besprechende Adalbert/Vojtech von Prag (unten Kap. 2.2.2) seine grundlegende Erziehung erfahren. Darüber hinaus ist der Trierer Mönch und spätere Erzbischof von Magdeburg als Firmpate Adalberts/Vojtechs bezeugt.
[27] Auf Ramwald wird später ebenfalls noch näher einzugehen sein (Kap. 2.2.2.).
[28] Freund, Stephan, Das Jahr 1000. Ende der Welt oder Beginn eines neuen Zeitalters?, in: Enno Bünz / Rainer Gries / Frank Möller (Hg.), Der Tag X in der Geschichte. Erwartungen und Enttäuschungen seit tausend Jahren, Stuttgart 1997, S. 24–49 und S. 335–340, hier S. 28 f. Freund führt seine Untersuchung zur Jahrtausendwende am Beispiel Regensburgs durch.
[29] Kempf, Renovations- und Reformbewegungen, S. 369. Mit Niederaltaich, Tegernsee, Fulda, Hersfeld, Corvey, Reichenau und St. Gallen gehörten weitere Reichsklöster zum lothringisch geprägten Mönchtum. Hallinger, Gorze-Kluny, S. 38.
[30] Das ursprünglich durch Abt Odo von Cluny wiederhergestellte Kloster Fleury-sur-Loire, das Reliquien des hl. Benedikt besaß, entwickelte sich rasch selbst zu einem Zentrum der Reform. Durch die Verbreitung der Regel des Hl. Benedikt und der Gewohnheiten (consuetudines) steuerte es wesentliche Impulse hinsichtlich der Klosterzucht bei.
[31] Diese Forderung wurde bereits in der Gründungsurkunde Clunys formuliert, in der es heißt: „Der Zweck der Stiftung ist, daß in Cluny zu Ehren der heiligen Apostel Petrus und Paulus ein ordentliches Kloster errichtet wird [...] Dabei soll dort das ehrwürdige Bethaus zu getreuem, inständigem Gebet oft aufgesucht werden, und mit allem glühenden und tiefen Verlangen soll ein Verkehr mit dem Himmel gesucht und erstrebt werden.“ Zitiert nach: Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen. Ein Arbeitsbuch, hg. v. Heiko A. Obermann / Adolf Martin Ritter / Hans-Walter Krumwiede, Bd. 2: Mittelalter, ausgewählt u. kommentiert v. Reinhold Mokrosch / Herbert Walz, Neukirchen 31989, S. 49 f.
[32] Vgl. Anm. 31: „Stiftung zu Ehren der heiligen Apostel“.
[33] Kempf, Renovations- und Reformbewegungen, S. 372.
[34] Neunheuser, Burkhard, in: Bulst u. a., Cluny, Cluniazenser, Sp. 2191.
[35] Vauchez, André, The Spirituality of the Medieval West. From the Eighth to the Twelfth Century, übers. v. Colette Friedländer, Kalamazoo 1993, franz. Originalausgabe: La spiritualité au Moyen Age occidental (VIIIe–XIIe siècles), Paris 1975, S. 51. Anders die Eremiten (unten Kap. 1.1.2.)
[36] Bulst, Cluny, Cluniazenser, Sp. 2174.
[37] Ebd. Bulst, Cluny, Cluniazenser, Sp. 2174.
[38] Bulst, Neidhart, Odilo von Cluny, in: LdMA 6, 1993, Sp. 1252: „Unter Odilo erfolgte die Umformung Clunys von einer Reformgemeinschaft zu einem zentralistisch ausgerichteten Klosterverband, der am Ende seines Abbatiats mehr als 70 Klöster mit unterschiedlicher Rechtsstellung umfaßte, von denen 25 bis 30 unter Odilo hinzugekommen waren.“
[39] Siehe hierzu Vauchez, The Spirituality, S. 35 passim und unten Kap. 1.1.4.
[40] Kempf, Renovations- und Reformbewegungen, S. 371.
[41] Dies verdeutlicht die Vita des Mitbegründers von Gorze, Johannes, der zunächst als Bauerssohn fundierte Kenntnisse in der Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Hofes erwarb, die er später als ‚Ökonom‘ und Abt von Gorze nutzbringend eingesetzt haben soll.
[42] Parisse ist der Meinung, dass von eigenen monastischen consuetudines, außer im Sinne der Institutiones Aquisgranenses des Benedikt von Aniane, überhaupt noch nicht gesprochen werden könne. Parisse, Lotharingische Reform, Sp. 2131.
[43] Johannes von St. Arnulf, Vita Johannis abbatis Gorziensis, hg. von Georg Heinrich Pertz, MGH SS 4, Hannover 1841 (ND Stuttgart 1963), S. 335–377.
[44] Parisse, Michel, Die lothringischen Reformen, in: Die Geschichte des Christentums. Religion, Politik, Kultur, Bd. 4: Bischöfe, Mönche und Kaiser (642–1054), hg. v. Gilbert Dagron, Pierre Riché und André Vauchez, dt. Ausgabe bearb. u. hg. v. Egon Boshof, Freiburg / Basel / Wien 1994, S. 789–796, hier S. 791.
[45] Ein Vertreter war Nilus von Rossano. Siehe unten Kap. 1.1.2.
[46] Zoepf, Das Heiligenleben, S. 95, sieht in der Lebensbeschreibung des Johannes gar eine Propagandaschrift für die Askese.
[47] Goez, Werner, Abt Johannes von Gorze, in: ders., Lebensbilder aus dem Mittelalter. Die Zeit der Ottonen, Salier und Staufer, Darmstadt 21998, S. 53–65, hier S. 55; Parisse, Die lothringischen Reformen, S. 791.
[48] Sansterre, Jean-Marie, Saint Nil de Rossano et le monachisme latin, in: Bolletino della Badia Greca di Grottaferrata 45, 1991, S. 339–386; Giovanelli, Germano, Nilo di Rossano, in: Bibliotheca Sanctorum 9, 1967, Sp. 995–1008; Dell’Omo, M.-A., Neilos, in: LdMa 6, 1993, Sp. 1085; Frank, Karl Suso, Neilos von Rossano, in: LThK 7, 31998, Sp. 730 f.
[49] Die Basilianermönche Süditaliens genossen einen sehr hohen Ruf in der Bevölkerung. Die meist in kleineren Einsiedlergemeinschaft lebenden Mönche waren berühmt für ihre strenge Weltentsagung, für die heroische Aufopferung, aber auch für die Pflege des geistigen Erbes der Ostkirche. Eickhoff, Ekkehard, Basilianer und Ottonen, in: HJb 114, 1994, S. 10–46. Siehe auch: Johannes Canaparius, Vita S. Adalberti episcopi, MGH SS 4, cap. 15, S. 587.
[50] Zu Romuald: Franke, Walter, Romuald von Camaldoli und seine Reformtätigkeit zur Zeit Ottos III. (Historische Studien 107), Berlin 1913 (ND Vaduz 1965); Tabacco, Giovanni, Romualdo, in: Bibliotheca Sanctorum 11, 1968, Sp. 366–375; Tabacco, Giovanni, Romuald v. Camaldoli, in: LdMa 7, 1994, Sp. 1019 f.; Frank, Karl Suso, Romuald von Camaldoli, in: LThK 8, 31999, Sp. 1293; Goez, Werner, Romuald von Ravenna, in: ders., Lebensbilder aus dem Mittelalter. Die Zeit der Ottonen, Salier und Staufer. Darmstadt 21983, S. 95–105.
[51] Sein ehemaliger Begleiter Johannes Gradenigo lobt die Bedeutung Romualds: „Dieser Romuald lebt als erster unserer Zeiten nicht nach persönlicher Anmaßung, sondern gemäß den ‚Gesprächen der Einsiedlerväter‘, über das Schöne und Große hinweg in erhabener Demut, und hat uns gelehrt, welcher der rechte Weg ist.“ Brun von Querfurt, Vita quinque fratrum, MGH SS 15, cap. 2, S. 718. Zur Konzeption Romualds siehe v.a. Franke, Romuald von Camaldoli, S. 125 ff.
[52] Zur neueren Forschung siehe: Auffahrt, Christoph, „Die Schrecken des Jahres Tausend“ (L’An Mil): Eschatologie nach dem Zerbrechen des Karolingerreiches, in: Ders., Irdische Wege und himmlischer Lohn. Kreuzzug, Jerusalem und Fegefeuer in religionswissenschaftlicher Perspektive (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 144), Kap. 3.3, Göttingen 2002, S. 83–96; Boiadjiev, Tzotcho, Der mittelalterliche Apokalyptismus und der Mythos vom Jahre 1000, in: Aertsen, Jan a. / Pickavé, Martin (Hg.), Ende und Vollendung. Eschatologische Perspektiven im Mittelalter (Miscellanea Mediaevalia 29), Berlin / New York 2002, S. 165–178; Brincken, Anna-Dorothee von den, Abendländischer Chiliasmus um 1000? Zur Rezeption unserer christlichen Ära, in: in: Aertsen, Jan a. / Pickavé, Martin (Hg.), Ende und Vollendung. Eschatologische Perspektiven im Mittelalter (Miscellanea Mediaevalia 29), Berlin / New York 2002, S. 179–190; Gouguenheim, Sylvain, Les fausses terreurs de l’an mil. Attente de la fin des temps ou approfondissement de la foi?, Paris 1999.
[53] Fried, Johannes, Endzeiterwartung um die Jahrtausendwende, in: DA 45, 1989, S. 381–473.
[54] Boiadjiev, Der mittellaterliche Apokalyptismus, S. 176, Anm. 53: „Eine Intensivierung der eschatologischen Ängste im späten 10. Jahrhundert ist schwer festzustellen, sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht.“ Auffahrt, Die Schrecken, S. 88, Anm. 64 und v. a. S. 90.
[55] Das liegt vor allem an der gegensätzlichen Bewertung der Quellen: Fried, Endzeiterwartung, S. 389: „Nahezu jedes potentiell eschatologische Zeichen, auch wenn es in unseren Quellen nicht eigens als solches firmiert, kann endzeitliche Schrecken spiegeln.“. Dagegen Auffahrt, Die Schrecken, S. 89: „Apokalyptische Bilder sind vielfach gebraucht, ohne daß sie ein apokalyptisches Welt- und Geschichtsbild bezeugen.“
[56] Diese Auffassung lässt sich am Beispiel Regensburg bestätigen: Freund, Stephan, Das Jahr 1000. Ende der Welt oder Beginn eines neuen Zeitalters?, in: Enno Bünz / Rainer Gries / Frank Möller (Hg.), Der Tag X in der Geschichte. Erwartungen und Enttäuschungen seit tausend Jahren, Stuttgart 1997, S. 24–49 und S. 335–340.
[57] Boiadjiev, Der mittellaterliche Apokalyptismus, S. 171: „Das Verbinden der apokalyptischen Prophezeiungen mit konkreten Daten hat offensichtlich keine besonderen Chancen in einer Zeit, in der sehr wenige Leute ihre eigene Existenz auf der Skala der universellen Geschichte zu lokalisieren imstande sind.“
[58] Freund, Das Jahr 1000, S. 42 f.
[59] Boiadjiev, Der mittellaterliche Apokalyptismus, S. 166, Anm. 2.
[60] Augustinus von Hippo, De civitate Dei, CCSL 47 und 48, Turnhout 1955, lib. 20, cap. 7, 2: pro annis omnibus huius saeculi.
[61] Matthäus 24, 42–44: „Darum wachet; denn ihr wißt nicht an welchem Tag euer Herr kommt. [...] Darum seid auch ihr bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr’s nicht meint.“
[62] Gauzlins Antwort auf König Roberts Anfrage zum Endgericht: Man dürfe glauben, „daß durch Buße und Almosen und durch die übrigen Früchte der Buße, welche im Schoß der Mutter Kirche erbracht werden, Gottes, des gerechten Richters, Strenge und Zorn, die den Sündern gebühren, zum Erbarmen gewendet werden können.“ in: André de Fleury, Vie de Gauzlin, Abbé de Fleury, hg. v. Robert-Henri Bautier / Gilette Labory, Sources d’histoire médiévale 2, 1969, S. 140 und S. 164, zitiert nach: Fried, Endzeiterwartung, S. 382.
[63] Vauchez, The Spirituality, S. 36.
[64] So verordnet beispielsweise Herzog Wilhelm von Aquitanien in seiner Gründungsurkunde für Cluny: „unablässig sollen sowohl für mich als auch für alle oben Erwähnten beharrliche und inständige Gebete an den Herrn gerichtet werden.“ Zitiert nach: Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen, Bd. 2, S. 50.
[65] Z. B. die von Bischof Jonas von Orleans verfasste Schrift De institutione laicali. Die Laienspiegel forderten Eigenschaften wie Stärke, Gerechtigkeit, Treue, Bußfertigkeit und aktives Handeln in Armenfürsorge, tägliches Gebet und Bibellektüre (Riché, Pierre, Religiöse Kultur und Frömmigkeit im Abendland, in: Die Geschichte des Christentums, Bd. 4, 747–777, hier S. 764).
[66] Die Lebensbeschreibung des südfranzösischen Adligen, der in seiner Grafschaft Auvergne das Kloster Aurillac gegründet hatte, wurde von Odo, dem ersten Abt Clunys, verfasst. Lotter, Friedrich, Das Idealbild adeliger Laienfrömmigkeit in den Anfängen Clunys: Odos Vita des Grafen Gerald von Aurillac, in: Benedictine culture 750–1050 (Mediaevalia Lovaniensia 1,11), hg. v. W. Lourdaux, Leuven 1983, S. 76–95.
[67] Fichtenau, Heinrich, Lebensordnungen des 10. Jahrhunderts. Studien über Denkart und Existenz im einstigen Karolingerreich, Stuttgart 1984, S. 203 f.: „Für die Weltlichen hat es eine eigenständige christliche Laienethik noch nicht gegeben. Man war auf das angewiesen, was in der Bibel stand, befolgte aber eher die Landes- und Stammessitte. Wesen und Einzelheiten eines späteren ‚ritterlichen Tugendsystems‘ sind umstritten, immerhin bildete sich seit dem 11. Jahrhundert ein neues Ethos weltlicher Waffen- und Herrschaftsträger heraus. Vorher mochte man sich, wenn man besonders christlich leben wollte, das Mönchtum zum Muster nehmen, wie das Ludwig der Fromme und die aquitanischen Fürstenspiegel getan hatten.“ Ähnlich stellt Klinkenberg fest: „Nach dem Ethos des Mönches benediktinischer Form richtete man sich, wenn man nach dem Ethos anderer Gruppen suchte“. Auch in der Gruppe der Krieger „gipfelte die christliche Ethisierung schließlich in der Monastisierung“ (Klinkenberg, Hans Martin, Über karolingische Fürstenspiegel, in: Ideologie und Herrschaft im Mittelalter, Darmstadt 1982, S. 191 f.). Als weitere Beispiele der Übernahme mönchischer Tugenden nennt Fichtenau neben dem Grafen Gerald von Aurillac, „der ‚in weltlicher Tracht‘ dem Mönchsleben (religionis proposito) diente, im geheimen eine Tonsur trug, sein Schwert niemals berührte usw.“ (Ebd. S. 204), besonders Otto III. und Robert den Frommen.
[68] Siehe hierzu: Vauchez, The Spirituality, S. 35–74; Jungmann, Andreas Josef, Frömmigkeitsformen, in: Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. 3,1, S. 357: „Wie das kulturelle Leben unseres Zeitraumes, so ist auch das Frömmigkeitsleben monastisch geprägt. Das gilt vom Klerus, aber auch Laien suchten in Gebetsverbrüderungen [...] den Anschluß an ein Kloster.“
[69] Brun von Querfurt, Vita quinque fratrum, cap. 12, S. 724: tria maxima bona, quorum unum ad salutem sufficit: monachicum habitum, heremum et martyrium.
[70] Diese Tatsache zeigt sich sowohl in den Lebensbeschreibungen vieler Bischöfe, die gerade in dieser Zeit die Balance zwischen ihrem geistlichen Amt und ihren weltlich-adligen Pflichten zu halten versuchen, als auch die Vita Geralds von Aurillac, der als adliger Laie dennoch eine tiefe Frömmigkeit praktiziert.
[71] Zoepf, Das Heiligenleben, S. 94 f. „Die Askese wurde das Kennzeichen nicht nur für das Mönchstum, sondern für jeden Kleriker, ob hoch oder nieder, der sich die Achtung und Verehrung seiner Gemeinde, im weiteren Sinne: des Landes verdienen wollte. Die Askese war volkstümlich geworden.“ Ebd., S. 118.
[72] „Es gebührt euch nicht, die Zeiten oder die Jahre zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat“ (Act. 1, 7); zitiert nach: Boiadjiev, Der mittelalterliche Apokalyptismus, S. 174.
[73] Le Goff, Jacques, Ludwig der Heilige, aus dem Franz. v. Grete Osterwald, Stuttgart 2000 [franz. Originalausgabe Paris 1996], S. 14.
[74] Zur Erziehung Ottos siehe: Eickhoff, Theophanu und der König, Kapitel XII und XIII, S. 249–284; Althoff, Gerd, Vormundschaft, Erzieher, Lehrer – Einflüsse auf Otto III., in: Kaiserin Theophanu. Begegnungen des Ostens und Westens um die Wende des ersten Jahrtausends, hg. v. A. v. Euw / P. Schreiner, Bd. 2, Köln 1991, S. 277–289; Uhlirz, Mathilde, Die Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Otto II. und Otto III., Bd. 2: Otto III. 983–1002, Berlin 1954; S. 88 f. Speziell zur Hofkapelle: Fleckenstein, Hofkapelle, S. 77–117.
[75] Thietmar von Merseburg, Chronicon, hg. v. Robert Holtzmann, MGH SS rer. germ. NS 9, Berlin 21955, lib. 4, cap. 8, S. 140: Rex a suimet matre aviaque diligenter succeptus, Hoiconis magisterio comitis commissus est.
[76] Uhlirz, Jahrbücher, S. 89.
[77] Johanek, Peter, Bernward, in: LThK 2, ³1994, Sp. 286-287; Lotter, Friedrich / Elbern, Victor H., Bernward, in: LdMA 1, 1980, Sp. 2012–2014; Bernward von Hildesheim und das Zeitalter der Ottonen. Katalog der Ausstellung Hildesheim 1993, hg. v. Michael Brandt, 2 Bde., Hildesheim 1993; hierin v.a. Bd. 1: Schuffels, Hans Jakob, Bernward Bischof von Hildesheim. Eine biographische Skizze, S. 29–45; Oexle, Otto Gerhard, Bernward von Hildesheim und die religiösen Bewegungen seiner Zeit, S. 355–360.
[78] Zu Bernwards Leben: Thangmar, Vita Bernwardi episcopi Hildesheimensis, hg. v. Georg Heinrich Pertz, MGH SS 4, Hannover 1841 (ND Stuttgart 1981) S. 754–782. Zum Eintritt in kaiserliche Dienste: Vita Bernwardi, cap. 2, S. 759: [...] ad palatium se contulit, in servitium videlicet tertii Ottonis imperatoris, qui septennis adhuc puer, cum venerablili et sapientissima matre domna Theuphanu augusta rebus praeerat. A qua hic venerabilis iuvenis Bernwardus benignisseime suscipitur, atque in brevi summae familiaritatis locum apud illam obtinuit, adeo ut domnum regem fidei illius literis impuendum moribusque instituendum. Der Quellenwert der Vita Bernwardi ist allerdings umstritten. Teile davon entstanden offenbar erst im 12. Jahrhundert. Siehe hierzu: Görich, Knut / Kortüm, Hans-Henning, Otto III., Thangmar und die Vita Bernwardi, in: MIÖG 98, 1990, S. 1–57.
[79] Uhlirz, Jahrbücher, S. 90: „Sein Unterricht umfaßte alle Wissenszweige der damaligen Bildung und es ist uns in dem Domschatz von Hildesheim noch ein Arithmetikbuch des Boethius erhalten, das Bernward selbst für die Lehrstunden geschrieben und mit geometrischen Zeichnungen versehen hat. Auch die Kunst des Schreibens hat vermutlich Bernward seinem Schüler beigebracht.“
[80] Vita Bernwardi, cap. 3, S. 759: Praecipua itaque familiaritate magistrum suum amplectebatur [sc. Otto III.]; Die Urkunden Ottos III., in: Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, hg. v. Th. Sickel, MGH Dipl. regn. et imp. Germ. 2, 2, Hannover 1893 (2. unveränd. Aufl. Berlin 1957) Nr. 390, S. 821, vom 23. Januar 1001 [Empfängerausfertigung]: ... parentum nostrorum alumnus nostrarumque cunabularum primus sotius nostrique antiqui et adhuc non cessantis laboris testis semper fidelis nec non nostre puericiae, ac iuventutis tam affabilis multimode literationis informator...
[81] Vita Bernwardi, cap. 5, S. 759 f.
[82] Angenendt, Arnold, „In meinem Fleisch werde ich Gott sehen.“ Bernward und die Reliquien, in: Bernward von Hildesheim und das Zeitalter der Ottonen. Katalog der Ausstellung Hildesheim 1993, Bd. 1, Hildesheim 1993, S. 361–368.
[83] Fleckenstein, Hofkapelle, S. 80.
[84] Vita Bernwardi, cap. 24, S. 770. Bereits auf seiner ersten Romfahrt hatte Otto beim Auszug aus Regensburg die Hl. Lanze vorantragen lassen (Arnodus de S. Emmerammo, hg. von Georg Waitz, MGH SS 4, Hannover 1841 [Stuttgart 1981], lib. 2, cap. 33, S. 567). Der Heilig-Kreuzreliquie waren Bernward und Otto III. gleichermaßen zugetan. In seiner Zeit als Bischof errichtete Bernward mit Ottos Hilfe zur Ehre des Hl. Kreuzes eine Kapelle in Hildesheim. Vita Bernwardi, cap. 8, S. 761 f.
[85] Diese war bezeichnenderweise dem Erzengel Michael (neben dem Salvator und der Jungfrau Maria) geweiht. Carmer, Johannes / Jacobsen, Werner / Winterfeld, Dethard von, Die Michaeliskirche, in: Bernward von Hildesheim und das Zeitalter der Ottonen. Katalog der Ausstellung Hildesheim 1993, Bd. 1, Hildesheim1993, S. 369–382.
[86] So schildert denn auch die Vita Bernwardi, cap. 6, S. 760: nec aliquid artis erat, quod non attemptaret.
[87] Vita Bernwardi, cap. 7, S. 760 f.
[88] Thiet. lib. 4, cap.2, S. 132; im Zusammenhang mit den Gegnern Heinrichs des Zänkers.
[89] Siehe v.a. oben Kap. 1.1.4, S. 5. Oexle, Bernward, S. 358: „Bernward von Hildesheim gehörte zu jenen Vertretern der religiösen Bewegung des 10. Jahrhunderts, die sich in säkularen wie in spirituellen Bereichen in gleicher Weise auszeichneten, darin vergleichbar etwa Johannes von Gorze [...]“.
[90] Müller, Heribert, Erzbischof Heribert von Köln und der „Osten“, in: Europas Mitte um 1000. Handbuch zur Ausstellung Europas Mitte um 1000. Beiträge zur Geschichte, Kunst und Archäologie, Bd. 2, hg. v. Alfried Wieczorek / Hans-Martin Hinz, Stuttgart 2000, S. 774–781; Althoff, Otto III., S. 78 und S. 131; Fleckenstein, Hofkapelle, S. 80 und S. 84 f. Lantbert von deutz, Vita Heriberti archiepiscopi Coloniensis, hg. v. Georg Heinrich Pertz, MGH SS 4, Hannover 1841, S. 739–753, zum engen Vertrauensverhältnis S. 742: Is pretiosiorem carbunculo Heribertum ad se accersitum, archicancellarium et secreti sui voluit esse primum.
[91] Vita Heriberti, cap. 3, S. 742; Eickhoff, Theophanu und der König, S. 252.
[92] Vita Heriberti, cap. 6, S. 744: Iam in proximo erat metropolis suae vicinia, cum praemitit pallii insigne et reliqua sacerdotalia; ipse procul ab urbe nudis procedit pedibus in asperrima hieme [...]. Das gleiche Verhalten schildert die um 997 verfasste Vita Adalberti für Adalberts Einzug in Prag (983): Ibi tum novus ille pontifex vincla pedum solvens, nudo pede intrat urbem (Johannes Canaparius, Vita S. Adalberti, hg. v. Georg Heinrich Pertz, MGH SS 4, Hannover 1841 [ND Stuttgart 1981], cap. 8, S. 584). Auch Adalbert war von lothringischem Gedankengut beeinflusst.
[93] Althoff, Otto III., S. 131.
[94] Uhlirz, Jahrbücher, S. 89; Eickhoff, Theophanu und der König, S. 253; Althoff, Einflüsse, S. 284. Sicher ist nur, dass sich Philagathos, nachdem er 980 von Otto II. an Spitze der italienischen Kanzlei gesetzt worden war, zwischen 983 und 988 ständig am Hof aufhielt.
[95] Zusammen mit dem späteren Papst: Vita S. Nili abbatis Cryptae Ferratae, Auszug (cap. 89–93), hg. v. Georg Heinrich Pertz, MGH SS 4, Hannover 1841 (ND Stuttgart 1981), S. 616–618, hier cap. 90, S. 616: illum [sc. Philagathos], [...] qui utrumque vestrum de fonte baptismatis suscepit.
[96] Annales Quedlinburgenses, hg. v. Georg Heinrich Pertz, MGH SS 3, Hannover 1859 (ND Stuttgart 1987), S. 72–90, hier ad a. 997 und 998, S. 74: Hoc etiam anno Crescentius quidam, diabolica fraude deceptus, Romam absente papa Gregorio invasit, Iohannemque quendam Calabritanum [...] se indigno excepit honore, illumque non tam papam quam apostatam constituens, legatos imperatorios sub custodia Romae retinuit. Siehe auch: Schramm, Percy Ernst, Zwölf Briefe des byzantinischen Gesandten Leon von seiner Reise zu Otto III. aus den Jahren 997–998, in: Kaiser, Könige und Päpste, Bd. 3, Stuttgart 1969, S. 246–276.
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