Die Studie referiert im Schwerpunkt die Auswertung der Fragebogenantworten von 27'354 Personen, worunter 4401 Paare, die über ein Onlineprojekt gewonnen wurden. Die Analyse der Ergebnisse zeigt signifikante Unterschiede bei den Faktoren Alter, Stand und Beziehungslänge. Die Testwerte (Zufriedenheit mit der Partnerschaft) aller User sinken im Laufe der ersten drei Jahrzehnte einer Beziehung markant ab bis zur Wende ab dem 30. Beziehungsjahr. Die Kategorie ‚Achtung und Gefühle’ erhält die höchsten, ‚Zärtlichkeit und Sexualität’ die tiefsten Werte in der Selbsteinschätzung der Paare und Partner. Ein facettenreiches Resultat entsteht bei der differenzierten Analyse der 35 Fragen. Die 12 beobachteten Untergruppen wechseln je nach Frage die Ränge, wobei die jüngeren Testnehmer bis 40 mehrheitlich an der Spitze stehen. Eine Sonderanalyse der Paare zeigt, dass Differenzen der beiden Partner bei der Beurteilung der Paarbeziehung je nach Stand und Beziehungsjahre variieren.
Aspekte variierender Partnerschaftszufriedenheit und ihre Faktoren
Josef Lang
Zusammenfassung
Die Studie referiert im Schwerpunkt die Auswertung der Fragebogenantworten von 27'354 Personen, worunter 4401 Paare, die über ein Onlineprojekt gewonnen wurden. Die Analyse der Ergebnisse zeigt signifikante Unterschiede bei den Faktoren Alter, Stand und Beziehungslänge. Die Testwerte (Zufriedenheit mit der Partnerschaft) aller User sinken im Laufe der ersten drei Jahrzehnte einer Beziehung markant ab bis zur Wende ab dem 30. Beziehungsjahr. Die Kategorie ‚Achtung und Gefühle’ erhält die höchsten, ‚Zärtlichkeit und Sexualität’ die tiefsten Werte in der Selbsteinschätzung der Paare und Partner. Ein facettenreiches Resultat entsteht bei der differenzierten Analyse der 35 Fragen. Die 12 beobachteten Untergruppen wechseln je nach Frage die Ränge, wobei die jüngeren Testnehmer bis 40 mehrheitlich an der Spitze stehen. Eine Sonderanalyse der Paare zeigt, dass Differenzen der beiden Partner bei der Beurteilung der Paarbeziehung je nach Stand und Beziehungsjahre variieren.
Schlagwörter: Partnerschaftszufriedenheit • Partnerdifferenzen • Beziehungsdauer • Veränderungen
Summary
Aspects of varying Satisfaction in intimate Partnership and its
Factors
This study presents an analysis of the answers submitted by 27'354 persons, including 4401 couples, who responded to a web-based questionnaire. The test scores differ significantly depending on age, marital status and the duration of the relationship. The overall score of all users (satisfaction with the partnership) declines in the first three decades of a relationship remarkably. A turning point can be seen in the 30th year of relationship.
The category ‘Respect and Emotions’ reached the highest test scores, ‘Tenderness and Sex’ the lowest values in the self-assessment of the couples and the partners. A multifaceted result arises out of the differentiated analysis of the 35 questions. The 12 observed subgroups change their ranking depending on the topic. However the younger people aged below 40 are mostly the highest-ranking group. A special analysis of the couples shows that differences between the two partners assessing their relationship vary depending of the status and the duration of relationship”.
Key Words: relationship satisfaction • differences of partners • duration of relationship• change
Als Begleitangebot zu einer Fernsehsendung wurde dem Publikum ein Paartest über das Internet angeboten[1]. Im Auftrag des Fernsehens hat der Autor das Projekt entwickelt und durchgeführt. 27'354 Frauen und Männern im Alter zwischen 18 und 90 Jahren haben den Test ausgefüllt, speziell ausgewertet wurden die Ergebnisse der 4401 Paare, bei denen beide Partner geantwortet haben.
1 Ziel der Untersuchung
Eine Anfrage des Fernsehens SF1 eröffnete die Möglichkeit, Männer und Frauen, die in Partnerschaft leben, anzusprechen und einen Beitrag zur Prävention zu leisten. Damit stellt sich das Projekt in die Reihe der Bemühungen einzelner Institute[2], die seit einiger Zeit die Notwendigkeit von Prävention in Fragen zur Partnerschaft hervorgehoben haben.
Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist es, die Stichprobe der Testnutzer zu beschreiben und die Fragebogenergebnisse der nach Geschlecht, Alter und Stand gebildeten Untergruppen darzustellen. Insbesondere soll die Untergruppe der Paare im Hinblick auf Antwortdifferenzen einer gesonderten Auswertung unterzogen werden.
Die Unterschiedlichkeit von Partnern ist ein Thema, das Paare, Therapeuten und Forscher in gleicher Weise beschäftigt. Das Thema ist bedeutsam in der Phase der Partnerwahl, wo Ähnlichkeit oder Gegensätzlichkeit der Partner als Attraktivitätsfaktoren diskutiert werden. Die Andersheit des Partners ist ein allgegenwärtiges Thema in der Paartherapie. Paarprobleme würden sich in der Vorstellung mancher Paare in nichts auflösen, wenn der Partner/die Partnerin nicht derart anders wäre. Das Thema der Andersheit oder Verschiedenheit ist ein Thema in der Scheidungsforschung, wenn sich zeigt, dass größere Gegensätze die Stabilität der Ehe beeinträchtigen.
In der vorliegenden Auswertung geht es aber nicht um die immer zu erwartenden Unterschiede zwischen zwei Partnern oder deren Ausprägung im Blick auf die Stabilität oder Konfliktträchtigkeit einer Beziehung. Es geht vielmehr um die Beobachtung von Unterschieden, genauer um die Variation der Unterschiede, wie sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten von Beziehungen sichtbar werden.
Als Maß der Andersheit wird die Antwortdifferenz der Partner bei den Fragen definiert. Eine unterschiedliche Gewichtung wird als Hinweis auf Unterschiede der subjektiven Wahrnehmung, des Erlebens und Bewertens aufgefasst. Es ist zu erwarten, dass zwei Menschen dieselbe Situation abweichend beurteilen. Geprüft wird die Varianz der Unterschiedsdifferenzen. Es wird angenommen, dass sich Anpassungs-und Entwicklungsprozesse in Differenzen zwischen zwei Partnern niederschlagen. Selbstdarstellungsprozesse können offener (profilierter) werden, wenn die Vertrauensbasis stärker wird und wenn die Toleranz von Seiten des Partners zunimmt, sie werden seltener und karger, wenn die Beziehung durch Verletzungen geschwächt wird. Hier interessiert die Frage, wie sich Differenzen in welchen Bereichen bei welchen Paaren in welcher Weise abzeichnen.
Mehrere Studien haben die Unterschiede von Partnern wissenschaftlich erforscht und am Merkmal Partnerschaftszufriedenheit dargestellt. Irritieren kann die Tatsache, dass gemäss einiger Studien die Partnerschaftszufriedenheit als U-förmige Variable gefunden wird.[3] Andere Studien widersprechen diesen Befunden.[4]
„Jede Zeit und Kultur hat Unterschiede zwischen den Partnern als wichtige Größe erkannt. Ehepartner wurden im Blick auf die Ähnlichkeit bezüglich Kultur, Stand, Besitz, Macht, Bildung oder charakterlicher
Eigenarten gewählt oder arrangiert. Grosse Unterschiede gelten als Gefährdungsfaktoren der Ehe, Ähnlichkeit dagegen erhöht die Stabilität. Heute stehen zwar Liebe, Achtung und Verhandeln im Zentrum der Beziehungen“, zitiert Stephanie Coontz (2006, S. 458) die Psychologinnen Betty Carter und Joan Peters. Coontz (2006. S.458), fügt aber hinzu, dass Partner nicht alles aushandeln können. „Man kann nicht mehr voraussetzen, dass zwei Personen in der Lage sind, alle ihre Interessen und Überzeugungen zu verschmelzen. Wenn zwei Erwachsene zusammenkommen und keiner von beiden die Oberhand hat, müssen beide lernen, mit ihren Verschiedenheiten zu leben.“
Verschiedenheiten sind trotz Abstimmung bei der Partnerwahl gegeben. Partner benötigen Toleranz und Übung, die Andersheit des andern anzunehmen, beziehungsweise Konfliktfähigkeit, um bei Verschiedenheiten Lösungen zu entwickeln.
Gemäss Studien von Putz und Witte (2003) wird die Hypothese bestätigt, dass zwischen der Höhe der Ähnlichkeiten von Partnern, der Dauer der Partnerschaft und der Zufriedenheit ein Zusammenhang besteht. „Dabei zeigt sich, dass vor allem die Übereinstimmung zwischen den Partnern beim Verlieben in den beiden Bereichen emotionale Bindung und soziale Integration dazu führen, dass sich diese Paare von anderen Paaren mit geringerer Stabilität (Dauer und Glück) unterscheiden lassen. Der Ausgangspunkt des Mikrosystems ist damit eine Bedingung für die Entwicklung einer langen und glücklichen Beziehung oder deren Instabilität." Die Autoren geben weiter den Hinweis, wie die Erforschung der Entwicklung geschehen sollte: "Die Betrachtung der Entwicklung von Partnerschaften und deren Stabilität verlangt nach einer systemtheoretischen Konzeption, sich von einer molekularen (Einzelelementen) zu einer molaren Beschreibung hinzuwenden, also nicht nur Personen in bestimmten Beziehungen, sondern Mikrosysteme (z.B. Paare) miteinander zu vergleichen.“
Bei der vorliegenden Datenerhebung konnte das Postulat der molaren Beschreibung erfüllt werden, ebenfalls konnten Messwerte von Paaren nach 10, 20, 30 und mehr Beziehungsjahren gewonnen werden. Aus den Resultaten bezüglich Annäherung oder Vergrößerung der Differenzen der Partner bei den 35 Fragen kann man Hinweise zur Frage der Stabilität, beziehungsweise der Variabilität von Beziehungen erwarten.
2 Der Fragebogen
Unter Berücksichtigung einschlägiger Ergebnisse der Paarforschung wurde ein Fragebogen mit sieben Kategorien à 5 Fragen konstruiert. Mit den sieben Kategorien sollten die wichtigsten Bereiche zur Sprache kommen, welche die psychologischen Aspekte einer Partnerschaft umschreiben, nämlich: Kommunikation (1), Konflikt und Stress (2) , Unterstützung und Andersheit (3), Zärtlichkeit und Sexualität (4), Zukunft und Zufriedenheit (5), Achtung und Gefühle (6), Wechselseitigkeit, Nähe und Distanz (7).
Ein eigens entwickeltes Softwareprogramm hat den Testnehmern als Rückmeldung grafische Darstellungen mit Kommentaren ausgegeben. Zusätzlich zur Information wurden den Teilnehmern Interpretationshilfen und Anregungen für eine vertiefte Auseinandersetzung gegeben.
Technisch wurden Paare von individuellen Testusern so abgehoben, dass zwei Individuen für eine Paarauswertung Kenntnis von zwei Passwörtern haben mussten. Wenn sie die beiden Schlüssel ins Formular eingeben konnten, wurden sie als Paar in eine gesonderte Paardatei eingetragen, dementsprechend erhielten sie Zugang zur Paarauswertung.
Der Fragebogen wurde mit Korrelationsberechnungen und mittels Faktorenanalyse auf Konsistenz und Validität hin überprüft. Die Faktorenanalyse zeigt, dass der Paartest mit 35 Fragen die Partnerschaftszufriedenheit (1), die Zufriedenheit mit Sex und Zärtlichkeit (2) und die Stärke und Fertigkeit, mit der Andersartigkeit des Partners/der Partnerin umzugehen (3), misst. Faktor 1 deckt 40.99 % der Varianz, Faktor zwei 7.39 % und Faktor drei 4.19 % ab.
Zu Validierungszwecken wurde während einer Testphase der RAS-Test[5] eingesetzt. Die signifikante Korrelation von RAS-Test und Paartest von .841 sowie hohe Korrelationen von RAS-Test und den sieben Kategorien des Paartests belegen die Validität des Paartests.
Die Zuverlässigkeit der Ergebnisse wurde mit drei Zufallsstichproben aus der Gesamtpopulation geprüft.[6]
Der Fragebogen wurde den potentiellen Teilnehmern im Fernsehen und im Internet vorgestellt und durch das Softwareprogramm vorgegeben. Die Antworten konnten auf einer sechsstufigen Likertskala beantwortet werden.
3 Beschreibung der Population
Die Ergebnisse in Kapitel 3 und 4.1 stützen sich auf eine Stichprobe von 27354 Antwortenden, wovon 39.49% Männer und 60.51% Frauen sind. Die Frauen sind bei den jüngeren Jahrgängen in der Überzahl, ab dem 55. Lebensjahr findet sich eine Mehrzahl von Männern. Insgesamt sind 46.56% sind im Alter zwischen 31 und 45 Jahren. Die Auswertungen von Paaren in Kapitel 4.2 basieren auf den Antworten von 4401 Paaren. Tabellen 1 bis 4 referieren weitere demographische Daten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Beziehungsdauer (N = 27354)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3: Bildung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 4: Stand / Wohnung
4 Ergebnisse nach Kategorien und Gruppen
4.1 Die sieben Kategorien bei 12 Untergruppen
Die folgenden statistischen Werte kennzeichnen die sieben Kategorien:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 5: Die 7 Kategorien
Ein Blick auf die Mittelwerte und die Standardabweichungen der sieben Kategorien macht deutlich, dass die fünf Kategorien Kommunikation, Stress, Unterstützung, Zukunft und Wechselseitigkeit mit einem Mittelwert zwischen 4.29 und 4.56 ähnliche Resultate zeitigen. Auffällig sind die Kategorien 4 (Zärtlichkeit und Sex) und 6 (Achtung). Die höchsten Werte bei geringer Streuung finden sich bei der Kategorie „Achtung und Gefühle“ (M = 4.97, SD = 0.21). Ähnlich gering ist die Streuung beim tiefsten Wert, der sich bei der Kategorie „Zärtlichkeit und Sexualität“ findet (M = 3.16, SD = 0.23). Interpretationen dazu werden im Schlusskapitel 6 referiert.
[...]
[1] Sendungen ‚Quer’ und ‚Leben live’ von SF1 im Jahre 2007.
[2] Z.B.:„Ehevorbereitung – Ein Partnerschaftliches Lernprogramm (EPL)“, „Freiburger Stress-Präventionstraining für Paare“, www.theratalk.de, www.paarberatung.ch
[3] So Bodenmann, G., Meyer J., Binz G. & Brunner L. (2005). Spanier, Lewis und Cole (1975). Rollins, B., C., Kenneth, L., C. (1974) stellen die gegensätzlichen Befunde dar und geben Interpretationen.
[4] „Later research on the U-shaped pattern of marital satisfaction across the life-course has generated conflicting findings. One longitudinal study found that marital satisfaction tends to decline over time "with the steepest declines in marital happiness occurring during the earliest and latest years of marriage" (VanLaningham, Johnson, and Amato 2001, p. 1313). „Norval Glen's (1998) study of marital success also rebutted the U-shaped model of marital satisfaction. Glen's (1998) research suggests that differences in marital success across the life-course are due to cohort differences.“ Zitiert am 4.10.2009 nach: http://family.jrank.org/pages/1035/Later-Life-Families-Couple-Relationships-in-Later-Life.html#ixzz0Sy58lAUa
[5] Relationship Assessment Scale (RAS) misst ein einziges Konstrukt, nämlich die subjektive Einschätzung der Zufriedenheit in einer engen Beziehung. Vgl. Hendrick S.S. u.a.. Verwendet wurde die deutschsprachige Version der Universität Freiburg i.Ue.. Vgl. Dinkel, A. & Balck, F..
[6] Brosius, F. (2007), SPSS für Dummies, S. 124
- Quote paper
- Josef Lang (Author), 2010, Aspekte variierender Partnerschaftszufriedenheit und ihre Faktoren, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145846
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