Spanien bezeichnet man in der Finanzkrise 2008/2010 als den „nuevo enfermo de Europa“, den neuen Kranken von Europa (El Pais vom 27.11.2009). In der aktuellen Situation zeigt sich Spanien relativ krisenfest im Bankensektor, aber nicht „zukunftsfähig“ mit seiner Wirtschaft. Javier Cáceres schreibt in der Süddeutschen Zeitung, das Land benötige ein „neues Wachstumsmodell“. Das „brachiale Ende“ eines langen „Immobilienbooms“ hat in Spanien zu einer ganz schwierigen Situation geführt. Die Arbeitslosigkeit ist die höchste der EU und steigt wahrscheinlich noch. Der Wohnungsbau, der der Leitsektor der Wirtschaft war, liegt völlig am Boden. Die Regierung des Ministerpräsidenten Zapatero legt ein Programm auf, von dem die Experten sagen, es würde Wesentliches nichts ändern(SZ vom 2.12.2009, The Economist vom 26.11.2009).
Spanien steht wirtschaftlich, wie schon politisch 1975, vor einem großen Umbruch. Wer diese grundlegenden Veränderungen gestalten wird, ist heute nicht zu sagen. Aber es wird wieder einmal zu einer heißen Auseinandersetzung zwischen den „zwei Spanien“, dem konservativen, katholischen und dem modernen, nach Westeuropa ausgerichteten, kommen. Spanien wird dabei im Rahmen der EU bleiben, aber wird das Land trotzdem wieder einen Sonderweg nehmen?
Die tiefe Spaltung der Gesellschaft kann man nur erklären, wenn man in die Geschichte dieses Landes hineinsieht. Besonders die Zeit zwischen 1492 und 1808 muss man dabei betrachten und die unterschiedlichen Tendenzen in ihrer Widersprüchlichkeit berücksichtigen. Dies wird in der vorliegenden Abhandlung vorgenommen und abschließend die Situation von Spanien in Europa vor 1808 beurteilt.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkungen
2. 1492 – Die große Zäsur in der spanischen Geschichte
3. Spanien auf dem Weg zur Großmacht – widersprüchliche Tendenzen
3.1. Das spanische Gold und die Folgen für Europa
3.2. Karl V. und der Aufstieg zur Großmacht
3.3. Philipp II. und die Großmacht Spanien als katholische Schutzmacht
4. Das Goldene Jahrhundert, Niedergang und Reformen in Spanien nach 1598
5. Das spanische Bürgertum in der Geschichte des Niedergangs
Zitate
Literaturliste
1. Vorbemerkungen
Spanien bezeichnet man in der Finanzkrise 2008/2010 als den „nuevo enfermo de Europa“, den neuen Kranken von Europa (El Pais vom 27.11.2009). In der aktuellen Situation zeigt sich Spanien relativ krisenfest im Bankensektor, aber nicht „zukunftsfähig“ mit seiner Wirtschaft. Javier Cáceres schreibt in der Süddeutschen Zeitung, das Land benötige ein „neues Wachstumsmodell“. Das „brachiale Ende“ eines langen „Immobilienbooms“ hat in Spanien zu einer ganz schwierigen Situation geführt. Die Arbeitslosigkeit ist die höchste der EU und steigt wahrscheinlich noch. Der Wohnungsbau, der der Leitsektor der Wirtschaft war, liegt völlig am Boden. Die Regierung des Ministerpräsidenten Zapatero legte ein Programm auf, von dem die Experten sagten, es würde Wesentliches nichts ändern (SZ vom 2.12.2009, The Economist vom 26.11.2009).
Spanien steht wirtschaftlich, wie schon politisch 1975, vor einem großen Umbruch. Wer diese grundlegenden Veränderungen gestalten wird, ist heute noch nicht zu sagen. Aber es wird wieder einmal zu einer heißen Auseinandersetzung zwischen den „zwei Spanien“, dem konservativen, katholischen und dem modernen, nach Westeuropa ausgerichteten, kommen. Spanien wird dabei im Rahmen der EU bleiben, aber wird das Land trotzdem wieder einen Sonderweg nehmen?
Die tiefe Spaltung der Gesellschaft kann man nur erklären, wenn man die Geschichte dieses Landes studiert. Besonders die Zeit zwischen 1492 und 1808 muss man dabei betrachten und die unterschiedlichen Tendenzen in ihrer Widersprüchlichkeit berücksichtigen. Dies wird in der vorliegenden Abhandlung vorgenommen und abschließend die Situation von Spanien in Europa vor 1808 beurteilt.
2. 1492 – Die große Zäsur in der spanischen Geschichte
Die Wende vom Spätmittelalter in die frühe Neuzeit, die mit der Renaissance in Italien schon Mitte des 14. Jahrhunderts begann, war auf der iberischen Halbinsel mit großen einschneidenden Veränderungen verbunden. Es kommt überhaupt erst jetzt zu einer Herausbildung eines äußeren und inneren modernen spanischen Staates, der dann im 16. Jahrhundert zugleich zu einer Weltmacht aufsteigt, in der „die Sonne nicht untergeht“ (1). Die gewaltigen Eroberungen in Lateinamerika ermöglichten diesen Aufstieg, da die zunehmenden Edelmetallexporte der spanischen Kolonien den Aufbau einer großen Armee, einschließlich der berühmten spanischen Armada, begünstigten. Die Zeit von 1492 bzw. von 1516 bis 1598, also die Zeit der spanischen Könige Karl I. und Philipp II., bezeichnet man als das „Goldene Zeitalter“, als „España del Siglo de Oro“ oder als „época imperial“. Daran anschließend begann der lange Verfall der spanischen Großmachtstellung, dessen Tiefpunkt im Jahr der Besetzung durch die napoleonischen Truppen im Jahr 1808 war(2).
In diesem Zusammenhang stellen sich einige zentrale Fragen, die hier beantwortet werden. Wie konnte es denn bei den großen Gold- und Silberimporten aus Amerika zu solch einem Verfall und einer Abschottung von der modernen Entwicklung in Europa kommen? Weshalb ist es den Spaniern nicht gelungen, die Grundlagen für einen modernen Staat zu legen, um damit auch einen Übergang zu einer kapitalistischen Entwicklung zu ermöglichen, wie es in England der Fall war? (3)
Eine große Zäsur in der spanischen Geschichte war das Jahr 1492. Sicherlich war dies auch eine Wende für ganz Europa und vielleicht für einen großen Teil der Welt. In Spanien hat man es als „Jahr der Wunder, das Jahr des Herrn“ bezeichnet (4). In diesem Jahr wurde die Reconquista mit einer Eroberung von Granada beendet. Damit wurde eine fast 800 Jahre lange Herrschaft der Muslime auf der iberischen Halbinsel beendet. Seit 1212, als die Mauren
bei Tolosa erstmals unterlagen, wurde ihnen von den christlichen Rittern ihre Eroberung wieder abgerungen. Allein der Krieg gegen das Emirat von Granada dauerte von 1482 bis 1492 und nur durch einen Verrat aus den Reihen der maurischen Edelleute fand er ein Ende.
In einem Abkommen mit dem Emir Abu Abdallah sicherte man den Bewohnern von Granada „Unversehrtheit ihres Lebens und ihrer Habe zu, außerdem freie Religionsausübung und Gleichstellung der Muslime“ (5). Man hielt sich erst einmal an diese Abmachung, die sich auch von det bei der Einnahme anderer Städte unterschied. Dort wurden die Bewohner für ihren Widerstand in der Regel nach Nordafrika ausgewiesen. Die führenden Schichten haben dies freiwillig getan. Die niederen Volksschichten sollten einen Status erhalten, der dem der „mudéjares“, die nördlich in den von den Christen eroberten Gebieten lebten, entsprach. Diese konnten ihre Lebensart, ihr Rechtswesen und ihre Religion frei ausüben. Natürlich gar es auch hier den Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Betroffen waren aber immer die zurückgebliebenen Moslems, die mudéjares und die Juden.
Mehrere Folgen hatte die Eroberung von Granada durch die katholischen Könige. Sie stärkte die Stellung der Königin Isabella von Kastilien und des Königs Ferdinand II. von Aragonien in innenpolitischer Hinsicht. Der weitere Zugang zum Mittelmeer im Süden der Halbinsel war ebenso bedeutsam. Aber besonders kam es jetzt wieder zu einer „Wiederbelebung des Kreuzzugsgedankens“ (6). Damit verbunden war auch die Vorstellung, man könnte wieder eine christliche Gesellschaft aufbauen, wie sie in der Zeit vor 1096 existierte.
An der Spitze einer solchen christlichen, europäischen Gemeinschaft sollte der Kaiser bzw. an der Spitze der Kirche der Papst stehen. Dass dabei das Vereinigte Königreich eine zentrale Rolle spielen sollte, setzte man bestimmt voraus bzw. sah man bestätigt in dem folgenden Aufstieg von einem „zweit- oder drittrangigen Land zum reichsten und mächtigsten Land der Erde“ (7). Die Faszination der neuen Vorstellungen wirkte bis in die Reihen der spanischen Humanisten, etwa auf Antonio de Nebrija, der in dieser Zeit eine fundamentale Grammatik des Castellano verfasste. Er wollte damit in einer Zeit, in der die christliche Religion „gereinigt“ und die Feinde des Christentums besiegt waren, im Bereich der Sprache für „Klarheit“ und „Abstraktion“ und damit für „Fortschritt“ sorgen (8). Insgesamt kann man sagen, dass das Vereinigte Königreich sich nach 1492 im religiösen Sinne als „Wächter des Abendlandes“ mit einem „religiösen Sendungsbewusstsein“ verstand (9).
Ein weiteres wichtiges Ereignis im Jahr 1492 war natürlich die Fahrt von Christóbal Colón nach Amerika. Als er am 12. Oktober 1492 den neuen Kontinent betrat, hatte er die klare Vorstellung, die Menschen dort zu christianisieren. Colón war immer noch der Meinung, die Spanier würden Asien betreten und sie würden dort einen prochristlichen Herrscher der Mongolen treffen, der von ihnen unterrichtet werden wollte. Die Vereinigung der westlichen und der östlichen Christenheit wäre dann auch in der Lage, die Muslime zu besiegen und Jerusalem zu befreien. Colón sah also einen klaren Zusammenhang zwischen dem Ende der Reconquista und seiner Expedition (10). Inwieweit er diese Vorstellungen den katholischen Königen vorgetragen hat, ist mir nicht bekannt. Er war aber am 2. Januar 1492 in Granada anwesend, als Muhammad XII. kapitulierte. In anschließenden Verhandlungen hätte er die Möglichkeit gehabt, diese Vorstellungen vorzutragen. Von Colóns Seite wären solche Argumente durchaus nützlich gewesen, da die Kontakte mehrfach abgebrochen wurden, da er außergewöhnlich hohe Forderungen stellte, die abgewiesen wurden. Am 17. April 1492 wurde dann die sogenannte „Kapitulation von Santa Fe“ abgeschlossen, in der Colón den königlichen Auftrag erhielt, wobei man auf seine Forderungen überwiegend einging.
Die Idee eines neuen Kreuzzuges der katholischen Könige von Kastilien und Aragon impliziert natürlich auch die Vorstellung, wieder eine religiös homogene Gesellschaft zu aufzubauen, wie sie im Hochmittelalter weitgehend existierte. Dabei spielte die spanische Inquisition, die zu der Zeit der katholischen Könige 1478 in Kastilien und 1486 in Aragon gegründet wurde, eine wichtige Rolle. Im Gegensatz zur mittelalterlichen Inquisition, die seit dem 13. Jahrhundert ihr Unwesen trieb und die sich gegen die Ketzerei der Katharer, der Waldenser, der Albigenser u.a. richtete, wandte man sich jetzt den neuen Christen zu, also den konvertierten Moslems und Juden in den eroberten Gebieten der Reconquista. Die mittelalterliche Form der Judenfeindschaft gab es auch auf der iberischen Halbinsel, die mit dem Ausbruch der Pest Mitte des 14. Jahrhunderts ihren Höhepunkt fand (11). Die „Einheit und Reinheit des katholischen Glaubens“ sah man seit Mitte des 14. Jahrhunderts in Gefahr und verabschiedete „Blutreinheitsvorschriften/estatutos de limpieza de sangre“, um die Juden und die „conversos“ von den öffentlichen Ämtern auszuschließen (12). Mit der Berufung des Dominikaners Tomás de Torquemada als Großinquisitor des Consejo de la Suprema y General Inquisición begann die “Spanische Inquisition” zu einer furchterregenden Institution zu werden. Jetzt wollte man das Problem mit den „conversos“ lösen, sie sollten aus dem Vereinigten Königreich ausgewiesen werden. Mit dem Vertreibungsedikt der Juden vom 31.3.1492 begann die neue Politik, die 1502 die Muslime und 1609 die „moriscos“, die übergetretenen Moslems, traf. Verbunden damit war eine Ära des „Konformismus“ und der „geistige[n] Intoleranz“, die Spanien in der Zeit des 16. Jahrhunderts prägte (13).
1492 war also in dreifacher Hinsicht eine entscheidende Zäsur in der spanischen Geschichte. Der Fall von Granada zu Beginn des Jahres war der Abschluss der Reconquista, was zu einer Erneuerung des Kreuzzugsgedankens führte. Die erste Fahrt des Kolumbus begründete das spanische Imperium der frühen Neuzeit und den Aufstieg Spaniens zur katholischen Schutzmacht in Europa. Die Vertreibung der Juden war der Beginn einer neuen Religions- und Innenpolitik zur Erreichung einer „gereinigten“ und erneuerten christlichen Gesellschaft. Die Dynamik, die diese drei Faktoren auslösten, war durchaus widersprüchlich, denn sie
enthielten Tendenzen des Fortschritts, aber auch des Niedergangs bzw. der Restauration. Die komplexe Geschichte des 16. Jahrhunderts zeigte die Wirkung der unterschiedlichen Faktoren.
3. Spanien auf dem Weg zur Großmacht – widersprüchliche Tendenzen
Der Aufstieg Spaniens zur Weltmacht im 16. Jahrhundert war am Anfang mit Karl I., zugleich Kaiser Karl V., verbunden. Er war spanischer König, genauer nur König von Aragonien bzw. von Kastilien, da seine Mutter nicht herrschaftsfähig war, und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Er war von seiner Herkunft von der höfischen Kultur Burgunds geprägt und kam erst 1517 auf die Pyrenäenhalbinsel. Dort musste er sich als König erst einmal durchsetzen. In seiner Zeit begann die Conquista Amerikas und er wollte sie von Anfang an unter der Kontrolle der Krone behalten, was mit Hilfe u.a. einer monopolartigen Behörde, der Casa de Contratación, in Sevilla, gesichert werden sollte. Von dort aus wurde der Handel mit Lateinamerika gefördert und kontrolliert. Dort wurden auch Zölle und Abgaben erhoben. Außerdem wurden den Eroberern königliche Dekrete über die Ziele ihrer Aktionen ausgehändigt. In den Kolonien wurden staatliche Behörden installiert, um die königliche Kontrolle der Entwicklung nach der Eroberung zu sichern. Nicht zuletzt wurde dadurch auch die soziale Dynamik der Konquistadoren entschärft. Durch ihre Verschuldung, die aus der persönlichen Ausrüstung entstand und die starke Tendenzen der individuellen Bereicherung als Folge hatte, widersprach der Vorstellung einer geordneten Entwicklung. Kirche und Staat hatten klare Vorstellungen über die Zukunft der Kolonien und sie unternahmen alles, um dies auch durchzusetzen, was aber den Wünschen der Konquistadoren widersprach.
Um die spanischen Großmachtsansprüche durchzusetzen, musste es sich in Europa mit Frankreich und den Osmanen auseinandersetzen. Außerdem wurde der spanische König durch
die Reformation, die Bauernkriege und die Gegenreformation in unzählige Auseinander-setzungen verwickelt. Das führte zu einer großen Belastung der Wirtschaftskraft des Kerngebietes des riesigen Reiches, nämlich Kastilien.
Als 1479 Kastilien und Aragon sich vereinigten, gab es auf der iberischen Halbinsel noch drei Gebiete, die sich diesem Gebilde nicht anschlossen, das waren Portugal und Navarra sowie bis 1492 Granada. Seit den Katholischen Königen waren die Gebiete von Süditalien, Sizilien, Sardinien und Nordafrika wichtige Gebiete, die zum Teil dem Vereinigten Königreich angehörten bzw. Bereiche der spanischen Mittelmeerpolitik. Von Nordafrika aus plünderten immer wieder Piraten spanische und süditalienische Küstenorte, was zu bewaffneten Gegenaktionen der Spanier führte, die auch Auseinandersetzungen mit den Osmanen
einschloss. In Italien traf man auf eine Interessensphäre der Franzosen. In mehreren bewaffneten Begegnungen schlugen die deutsch-spanischen Streitkräfte die Franzosen und konnten ihnen 1529 Mailand, Genua, Neapel und die Bourgogne abnehmen. Damit hatten sich in Europa drei Kreise gebildet, die sich um Frankreich bzw. dessen Einflussgebiete schlossen (14). Spanien war zur Hegemonialmacht in Europa aufgestiegen. Die Modernisierung Spaniens wurde in Abwesenheit von Karl I. von seiner Frau Isabella von Portugal mit ihren Beratern umgesetzt. Sie schufen ein für die damalige Zeit fortschriftliches System der Verwaltung mit der Schaffung verschiedenster Räte, einer Frühform der Ministerien, die sich nach Sachgebieten unterschieden, so etwa auch ein Indienrat, der für die überseeischen Territorien zuständig war. Die Leiter dieser Räte, die Sekretäre, waren in der Anfangsphase ausschließlich Burgunder, sie kamen aus dem Gebiet, wo Karl I. aufwuchs und sie wurden erst allmählich von Spaniern, oft aus dem Kleinadel oder dem Bürgertum, ersetzt. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts war also Spanien ein moderner Staat mit einer fortschrittlichen, sachorientierten Verwaltung und einem umfangreichen diplomatischen Korps. Das führte dann dazu, dass in Europa die spanische Mode stilbildend wurde, dass man spanische Literatur und Philosophie las. Man lernte die spanische Sprache und unter Intellektuellen verwendete man sie.
Die intensiven militärischen Auseinandersetzungen mit Frankreich und der Umbau des frühneuzeitlichen Staates kosteten sehr viel Geld. Das wurde zuerst von den italienischen und niederländischen Gebieten aufgebracht, aber ab den 40er Jahren wurden die spanischen Gebiete stärker herangezogen, wobei der Cortes von Aragon sich vehement wehrte, so dass die Hauptkosten auf Kastilien zukamen. Die Hauptlast trugen dort die abgabenpflichtigen Bürger und nicht der Adel oder die Geistlichkeit. Außerdem standen jetzt große Mengen von Edelmetall der amerikanischen Kolonien zur Verfügung.
Als 1517 der 16jährige Karl, Herzog von Burgund, Sohn von Johanna, der Tochter der Katholischen Könige, genannt „die Wahnsinnige“, zum ersten Mal spanischen Boden betrat, mussten er und seine Berater die kastilische Cortes von seiner Mitregentschaft überzeugen. Seine Mutter sollte von der Thronnachfolge faktisch ausgeschlossen werden. Er fand ein geeintes Reich aus Kastilien, Aragon und Navara vor, das 1512 kurzerhand militärisch besetzt wurde, das sich aber nur zögernd und mit vielen Forderungen dem jungen Anwärter, der in den Niederlanden erzogen wurde und kein Spanisch sprach, unterwarf. Trotzdem löste er mit seinen ersten Steuererhöhungen in Kastilien einen großen Aufstand der kastilischen Städte, der communeros, aus, der erst nach einer Radikalisierung durch den König und den Hochadel niedergeworfen wurde. Zu den Forderungen gehörte auch, dass er Spanisch lernen musste. Das versprach er und verschwand für viele Jahre von der iberischen Halbinsel, um u.a. drei jahrelange Kriege, 1521 – 1526, 1526 – 1529 und 1552 – 1556, mit Frankreich zu führen. Diese aufwendigen Kriege und nicht zuletzt 1519 seine Wahl zum deutschen König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches mussten finanziert werden, dem letzten, der noch vom Papst 1530 in Bologna gekrönt wurde. Die Finanzierung der vielen Kriege und der Conquista wäre allein aus den finanziellen Mitteln von Kastilien nicht möglich gewesen, dazu wurden die Edelmetalllieferungen aus den neuen Kolonien verwendet.
3.1. Das spanische Gold und die Folgen für Europa
Die Mengen von Gold und Silber, die nach Spanien geschickt wurden, waren gewaltig, auch wenn man das sagenhafte „El Dorado“ nicht fand und die Enttäuschungen darüber bei den Eroberern groß waren, denn lediglich im heutigen Kolumbien fand man größere Mengen von Gold, sind doch bis 1660 180 Tonnen nach Sevilla geliefert worden. In einem ganz anderen Umfang wurde aber Silber exportiert, nämlich 17 Millionen Kilo ebenfalls bis 1660 (15).
Der spanische König gab aber in den Jahren nach 1521 sehr viel mehr Geld aus, als ihm zustand. Bernecker schreibt, ihm standen jährlich eine Million Dukaten zu und 1542 eineinhalb Millionen, er gab aber bis zu 39 Millionen Dukaten jährlich aus. Die Differenz hat auch das Edelmetall nicht ausgleichen können, zumal ihm die Cortes auch nicht mehr zusprach. Also musste er sich bei Banken, im Wesentlichen bei ausländischen, verschulden und die Silberlieferungen bzw. das Steueraufkommen der nächsten Jahre verpfänden (16).
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- Quote paper
- Peter Sandmaier (Author), 2010, Spanien 1492 - 1808: Aufstieg und Untergang einer Großmacht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145776
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