„Und da wir immer neue Mühe haben, uns geistig und staatlich gegen den westlichen Nachbar zu behaupten, [...], lohnt es sich vielleicht die Schilderung deutschen Wesens von der des französischen grundsätzlich abzuheben und am Franzosen den Deutschen zu erkennen.“ So schreibt der Romanist Eduard Wechssler im Vorwort seines 1927 erschienenen Werks Esprit und Geist. Versuch einer Wesenskunde des Deutschen und des Franzosen (Wechssler 1927: V). Dieses Zitat lässt erkennen, worauf die Wesenskunde Wechsslers, der einer der bedeutendsten Romanisten der Weimarer Republik war, abzielt: Wechssler befasst sich mit der französischen Kultur, um Deutschland von Frankreich abzugrenzen und dadurch die eigene Nation zu stärken. Dieser wechselseitige Bezug zwischen der untersuchten und der eigenen Kultur ist typisch für die Methodik der Wesenskunde, als deren Begründer Wechssler angesehen wird. In dieser Arbeit soll die Wesenskunde Eduard Wechsslers dargestellt und seine Beschreibung der französischen und deutschen Wesensart in Esprit und Geist analysiert werden. In dieser 600- seitigen Studie, die vom Romanisten Viktor Klemperer als eines von den „Werken, von denen die stärksten und geschlossensten, die bildsetzendsten Wirkungen ausgehen“ bezeichnet wird, stellt Wechssler antithetisch französisches und deutsches Wesen gegenüber (Klemperer 1963: 70. Posthum veröffentlicht. Original 1933). Die Analyse der in Esprit und Geist beschriebenen Wesensart soll exemplarisch die Methodik von Wechsslers Wesenkunde verdeutlichen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Entwicklung der Romanistik und politischer Hintergrund
- 1.1 Entwicklung der Romanistik bis 1914
- 1.2 Politische Ereignisse und Auswirkungen auf die Romanistik bis 1933
- 2. Die Wesenskunde Wechsslers
- 2.1 Biographischer Hintergrund Wechsslers
- 2.2 Entwicklung und Ziele der Wesenskunde
- 2.3 Differenzierung zwischen der Methodik der Kultur- und der Wesenskunde
- 2.4 Anwendung der wesenskundlichen Methode in Esprit und Geist
- 3. Darstellung französischer und deutscher Wesensart in Esprit und Geist
- 3.1 Entstehung des französischen und deutschen Volkscharakters
- 3.2 Französischer Verstand und deutsche Vernunft
- 3.3 Naturferne der Franzosen und deutsche Natürlichkeit
- 3.4 Gesellschaftlicher Charakter der Franzosen und deutscher Individualismus
- 4. Rezeption und Wirkung von Wechsslers Wesenskunde
- 4.1 Reaktionen auf Esprit und Geist
- 4.2 Auswirkungen auf den Französischunterricht
- 4.3 Instrumentalisierung der Wesenskunde im Dritten Reich
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die französische Wesenskunde von 1914 bis 1933 anhand von Eduard Wechsslers Werk „Esprit und Geist“. Ziel ist es, Wechsslers Methodik zu analysieren und seine Darstellung des französischen und deutschen Volkscharakters zu untersuchen. Die Arbeit beleuchtet den politischen und wissenschaftlichen Kontext, der die Entstehung und Rezeption der Wesenskunde prägte.
- Entwicklung der Romanistik und ihr politischer Kontext im Zeitraum 1914-1933
- Eduard Wechsslers Wesenskunde: Methodik und Ziele
- Gegenüberstellung des französischen und deutschen Wesens in „Esprit und Geist“
- Rezeption und Wirkung von Wechsslers Wesenskunde
- Der Einfluss des Ersten Weltkriegs und der Weimarer Republik auf die Romanistik
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der französischen Wesenskunde ein und stellt Eduard Wechsslers Werk „Esprit und Geist“ als zentralen Gegenstand der Untersuchung vor. Sie hebt Wechsslers Ziel hervor, die französische Kultur zu analysieren, um dadurch die deutsche Nation zu stärken und eine Abgrenzung zu Frankreich zu schaffen. Die Methodik der Wesenskunde und der Aufbau der Arbeit werden erläutert.
1. Entwicklung der Romanistik und politischer Hintergrund: Dieses Kapitel skizziert die Entwicklung der Romanistik bis 1914, beginnend mit ihren Anfängen im 19. Jahrhundert. Es beschreibt den Einfluss des Positivismus und die anschließende Wende durch Dilthey und Husserl, die zu einer stärker subjektiv geprägten Kulturkunde führten. Der politische Hintergrund, insbesondere der Deutsch-Französische Krieg und der Erste Weltkrieg, wird als wichtiger Einflussfaktor auf die Entwicklung der Wesenskunde hervorgehoben. Die zunehmende nationalistische Konzeption und die Notwendigkeit, die eigene Kultur im Vergleich zum "Erbfeind" Frankreich zu definieren, werden detailliert beschrieben.
2. Die Wesenskunde Wechsslers: Dieses Kapitel befasst sich ausführlich mit Eduard Wechsslers Leben und Werk, insbesondere mit seiner Wesenskunde. Es erläutert die Entwicklung und die Ziele seiner Wesenskunde, die sich von der traditionellen Sprach- und Literaturwissenschaft abgrenzt. Die Methodik wird detailliert beschrieben und im Kontext der philosophischen Strömungen des frühen 20. Jahrhunderts eingeordnet, mit besonderem Fokus auf den Vergleich zwischen seiner Methodik und der Kulturkunde. Die Anwendung seiner Methode im Werk "Esprit und Geist" wird vorbereitet.
3. Darstellung französischer und deutscher Wesensart in Esprit und Geist: Das Kapitel analysiert Wechsslers Beschreibung des französischen und deutschen Wesens in „Esprit und Geist“. Es untersucht die von Wechssler dargestellten Unterschiede, wie z.B. den Gegensatz zwischen französischem Verstand und deutscher Vernunft, sowie die Charakterisierung der Franzosen als naturfern und der Deutschen als naturverbunden. Die gesellschaftlichen Unterschiede und der Vergleich von Individualismus und Kollektivismus werden ebenfalls betrachtet. Die antithetische Gegenüberstellung der beiden Nationen wird im Detail untersucht.
4. Rezeption und Wirkung von Wechsslers Wesenskunde: Der letzte analysierte Abschnitt behandelt die Rezeption und Wirkung von Wechsslers Wesenskunde. Er untersucht die Reaktionen auf „Esprit und Geist“, den Einfluss auf den Französischunterricht und die problematische Instrumentalisierung der Wesenskunde im Dritten Reich. Die unterschiedlichen Bewertungen und die Auswirkungen auf die Wissenschaftslandschaft werden beleuchtet.
Schlüsselwörter
Französische Wesenskunde, Eduard Wechssler, Esprit und Geist, Romanistik, Weimarer Republik, Nationalismus, Kulturkunde, Volkscharakter, Erster Weltkrieg, Positivismus, Dilthey, Husserl, Phänomenologie, Frankreich, Deutschland.
Häufig gestellte Fragen zu "Esprit und Geist": Eduard Wechsslers Wesenskunde im Kontext der Weimarer Republik
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht Eduard Wechsslers Werk „Esprit und Geist“ und dessen Beitrag zur französischen Wesenskunde in der Zeit von 1914 bis 1933. Im Fokus steht die Analyse von Wechsslers Methodik, seine Darstellung des französischen und deutschen Volkscharakters und der Kontext, in dem seine Arbeit entstand und rezipiert wurde.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entwicklung der Romanistik im Kontext des Ersten Weltkriegs und der Weimarer Republik, Wechsslers Biografie und die Entwicklung seiner Wesenskunde, den Vergleich des französischen und deutschen Wesens nach Wechssler (z.B. Verstand vs. Vernunft, Naturferne vs. Natürlichkeit, Individualismus vs. Kollektivismus), und schließlich die Rezeption und Wirkung von Wechsslers Arbeit, inklusive ihrer Instrumentalisierung im Dritten Reich.
Welche Methodik verwendet Wechssler?
Wechsslers Methodik grenzt sich von der traditionellen Sprach- und Literaturwissenschaft ab und ist im Kontext der philosophischen Strömungen des frühen 20. Jahrhunderts zu verorten. Die Arbeit beschreibt diese Methodik detailliert und vergleicht sie mit der Kulturkunde. Der Fokus liegt auf der Gegenüberstellung von französischem und deutschem Wesen.
Wie stellt Wechssler den französischen und deutschen Volkscharakter dar?
Wechssler präsentiert eine antithetische Gegenüberstellung von französischem und deutschem Wesen. Er charakterisiert die Franzosen als verstandesbetont, naturfern und gesellschaftlich orientiert, während er die Deutschen als vernunftgeleitet, naturverbunden und individualistisch beschreibt. Diese Gegenüberstellung wird im Detail analysiert.
Welche Rezeption erfuhr Wechsslers Werk?
Die Arbeit untersucht die Reaktionen auf „Esprit und Geist“, den Einfluss auf den Französischunterricht und die problematische Instrumentalisierung der Wesenskunde im Dritten Reich. Verschiedene Bewertungen und Auswirkungen auf die Wissenschaftslandschaft werden beleuchtet.
Welchen Einfluss hatten politische Ereignisse auf die Romanistik und Wechsslers Werk?
Der Deutsch-Französische Krieg und der Erste Weltkrieg werden als wichtige Einflussfaktoren auf die Entwicklung der Wesenskunde und die nationalistische Konzeption hervorgehoben. Die Arbeit zeigt, wie die Notwendigkeit, die eigene Kultur im Vergleich zu Frankreich zu definieren, die Romanistik und Wechsslers Werk prägte.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant für das Verständnis der Arbeit?
Schlüsselbegriffe sind: Französische Wesenskunde, Eduard Wechssler, Esprit und Geist, Romanistik, Weimarer Republik, Nationalismus, Kulturkunde, Volkscharakter, Erster Weltkrieg, Positivismus, Dilthey, Husserl, Phänomenologie, Frankreich, Deutschland.
Wie ist die Arbeit aufgebaut?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, vier Hauptkapitel (Entwicklung der Romanistik, Wechsslers Wesenskunde, Darstellung französischer und deutscher Wesensart in "Esprit und Geist", Rezeption und Wirkung) und eine Zusammenfassung. Jedes Kapitel wird in der Zusammenfassung der Kapitel detailliert beschrieben.
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- Susanne Held (Author), 2006, Die französische Wesenskunde von 1914 bis 1933 am Beispiel Eduard Wechsslers Esprit und Geist, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145415