In der Vergangenheit ist der Aufbau der Informationstechnologie (IT) in den meisten Unternehmen evolutionär und damit unkoordiniert gewachsen. So entstanden – unternehmensweit gesehen – große Unterschiede bezüglich der eingesetzten Applikationen, Betriebssysteme, Programmiersprachen, Hardware, Werkzeuge und weiteren IT-Komponenten. Folglich ist gerade bei bereichs- oder unternehmensübergreifenden Arbeitsabläufen eine Vielzahl an selbsterstellten Schnittstellen nötig geworden und es gibt Redundanzen in den Daten oder den Anwendungsfunktionen. Eine geordnete IT-Governance ist somit wesentlich erschwert.
Die Lösung dieser Problematik verspricht eine entsprechende IT-Architekturarbeit. Applikationsarchitekturen bieten einen Ausgangspunkt, die Vielzahl betrieblicher Applikationen und ihrer Schnittstellen in der Art eines Bauplans geordnet darzustellen und systematisch zu verbessern.
Bei der Entwicklung von Applikationsarchitekturen ist es elementar, alle Anforderungen einzusammeln sowie den Überblick über diese zu behalten. Folglich ist ein professionelles Anforderungsmanagement notwendig, da hierdurch eine zentrale Verwaltung der sich aus vielfältigen Quellen und in vielfältigen Formen ergebenden Anforderungen erreicht werden kann (vgl. DÖRNEMANN und MAYER 2003, S. 1).
Ziel nachfolgender Arbeit soll sein, einen Überblick zu verschaffen, warum das Anforderungsmanagement eine so wichtige Rolle bei der Entwicklung von Applikationsarchitekturen spielt und deshalb notwendigerweise damit zu verbinden ist. Dazu werden in Kapitel 2 zunächst die Grundlagen des Anforderungsmanagements dargestellt. Nach einer Begriffsdefinition erfolgt eine kurze Einführung über die Notwendigkeit des Anforderungsmanagements. Anschließend werden die Ziele sowie Aufgaben des Anforderungsmanagements herausgearbeitet. In Kapitel 3 werden nach einer definitorischen Abgrenzung des Begriffs Applikationsarchitektur sowie der Einordnung in die Unternehmensarchitektur die Ziele einer Applikationsarchitektur vorgestellt. In Kapitel 4 wird zunächst die Bedeutung des Anforderungsmanagements für die Entwicklung einer Applikationsarchitektur dargelegt. Anschließend werden die Anforderungsarten, die dabei zu berücksichtigen sind, aufgelistet. Abschließend werden beispielhaft zwei Methoden zur Architekturentwicklung vorgestellt, die dem Anforderungsmanagement eine besondere Bedeutung beimessen. Im letztem Kapitel werden die Ergebnisse der Seminararbeit kurz zusammengefasst und ausblickend beurteilt.
Inhaltsverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
2 ANFORDERUNGSMANAGEMENT
2.1 Definition des Anforderungsmanagements
2.2 Notwendigkeit des Anforderungsmanagements
2.3 Ziele des Anforderungsmanagements
2.4 Aufgaben des Anforderungsmanagements
3 APPLIKATIONSARCHITEKTUR
3.1 Definitorische Abgrenzung der Applikationsarchitektur
3.2 Ziele einer Applikationsarchitektur
4 VERBINDUNG VON ANFORDERUNGSMANAGEMENT UND ENTWURF VON APPLIKATIONSARCHITEKTUREN
4.1 Bedeutung des Anforderungsmanagements für die Entwicklung einer Applikationsarchitektur
4.2 Anforderungsarten bei der Entwicklung einer Applikationsarchitektur
4.3 Die Berücksichtigung des Anforderungsmanagements in den Phasen der Architekturentwicklung
4.3.1 Vorgehensweise nach TIEMEYER
4.3.2 Architecture Development Method (ADM)
5 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
LITERATURVERZEICHNIS
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Anforderungsdefinition und dem Projektrisiko
Abb. 2: Die Zielhierarchie des Anforderungsmanagements
Abb. 3: Bestandteile der Unternehmensarchitektur
Abb. 4: Prozessmodell zur Entwicklung einer ITArchitektur
Abb. 5: Basisstruktur des Architecture Development Cycle
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
In der Vergangenheit ist der Aufbau der Informationstechnologie (IT) in den meisten Unternehmen evolutionär und damit unkoordiniert gewachsen. TIEMEYER (2007, S. 75 f.) stellt dar, dass Ent- scheidungen oftmals aus dem Tagesgeschäft heraus ohne strategischen Bezug getroffen wurden. So entstanden - unternehmensweit gesehen - große Unterschiede bezüglich der eingesetzten Applika- tionen, Betriebssysteme, Programmiersprachen, Hardware, Werkzeuge und weiteren IT- Komponenten. Die eingesetzten, heterogenen Applikationen sind oft nicht für eine Zusammenarbeit geschaffen worden. Folglich ist gerade bei bereichs- oder unternehmensübergreifenden Arbeitsab- läufen eine Vielzahl an selbsterstellten Schnittstellen nötig geworden und es gibt Redundanzen in den Daten oder den Anwendungsfunktionen. Für den Support ist ein Spezialist für jedes System notwendig, die folglich über Herrschaftswissen verfügen. Dieser „Wildwuchs“ macht das Handling der IT unübersichtlich und verschlingt im Betrieb Unmengen an Geld und Ressourcen. Eine geord- nete IT-Governance durch das Management ist somit wesentlich erschwert.
Auf der anderen Seite verspüren die Unternehmen durch die stärker werdende Globalisierung und Internationalisierung der Märkte einen zunehmenden Wettbewerbsdruck. Zusätzlich erfordern der Wandel von Anbieter- zu Nachfragemärkten sowie kürzere Produktlebenszyklen eine stärkere Kundenorientierung und damit schnellere Reaktionszeiten, Flexibilität und Innovationsfähigkeit (vgl. SCHMELZER und SESSELMANN 2008, S. 1 f.). Hierdurch und durch die Entstehung neuer Technologien entstehen Anforderungen an Unternehmensapplikationen, die rasch und kostengünstig umzusetzen sind. Andernfalls drohen Wettbewerbsnachteile.
Die Lösung dieser Problematik verspricht eine entsprechende IT-Architekturarbeit. Applikationsar- chitekturen bieten einen Ausgangspunkt, die Vielzahl betrieblicher Applikationen und ihrer Schnitt- stellen in der Art eines Bauplans geordnet darzustellen und systematisch zu verbessern. Dabei sorgt die Architekturarbeit für eine integrierte Gesamtsicht auf alle für das Unternehmen relevanten As- pekte unter Rückkoppelung auf die Geschäftsprozesse und die Unternehmensstrategie und setzt durch die Definition von Standards und Rahmenbedingungen für den IT-Einsatz die Grundlage für einen flexiblen und kostengünstigen Betrieb und eine im Bedarfsfall schnelle Anpassung von Ap- plikationen (vgl. TIEMEYER 2007, S. 76). Zusätzlich können weitere angestrebte Ziele wie Vermei- dung von Redundanz, Wiederverwendung bestehender Komponenten sowie Beherrschung der Komplexität im Betrieb der erstellten Applikationen erreicht werden. Durch die Architekturarbeit wird folglich die IT-Governance unterstützt.
Bei der Entwicklung von Applikationsarchitekturen ist es elementar, alle Anforderungen einzu- sammeln sowie den Überblick über diese zu behalten. Folglich ist ein professionelles Anforde- rungsmanagement notwendig, da hierdurch eine zentrale Verwaltung der sich aus vielfältigen Quellen und in vielfältigen Formen ergebenden Anforderungen erreicht werden kann (vgl. DÖRNEMANN und MAYER 2003, S. 1). Das Anforderungsmanagement zählt heute zu den Kerntechnologien bei der Neuentwicklung von Produkten (vgl. VERSTEEGEN 2004, S. 1) und hat sich auch bei der ITArchitekturarbeit in Unternehmen als vorteilhaft erwiesen. Werden die Anforderungen nicht vollständig berücksichtigt, so kann es schließlich zu Fehlentwicklungen bei der Architekturentwicklung mit entsprechenden Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit kommen.
Ziel nachfolgender Arbeit soll sein, einen Überblick zu verschaffen, warum das Anforderungsma- nagement eine so wichtige Rolle bei der Entwicklung von Applikationsarchitekturen spielt und des- halb notwendigerweise damit zu verbinden ist. Dazu werden in Kapitel zwei zunächst die Grundla- gen des Anforderungsmanagements dargestellt. Nach einer Begriffsdefinition erfolgt eine kurze Einführung über die Notwendigkeit des Anforderungsmanagements. Anschließend werden die Ziele sowie Aufgaben des Anforderungsmanagements herausgearbeitet. In Kapitel drei werden nach einer definitorischen Abgrenzung des Begriffs Applikationsarchitektur sowie der Einordnung in die Un- ternehmensarchitektur die Ziele einer Applikationsarchitektur vorgestellt. In Kapitel vier wird zu- nächst die Bedeutung des Anforderungsmanagements für die Entwicklung einer Applikationsarchi- tektur dargelegt. Anschließend werden die Anforderungsarten, die dabei zu berücksichtigen sind, aufgelistet. Abschließend werden beispielhaft zwei Methoden zur Architekturentwicklung vorge- stellt, die dem Anforderungsmanagement eine besondere Bedeutung beimessen. In letztem Kapitel fünf werden die Ergebnisse der Seminararbeit kurz zusammengefasst und ausblickend beurteilt.
2 Anforderungsmanagement
Gemäß einer Untersuchung der STANDISH GROUP (1995, S. 5) ist das Scheitern von Projekten in mehr als 20 Prozent durch unvollständige oder sich ändernde Anforderungen verursacht. Diese Ri- siken können durch das Anforderungsmanagement minimiert werden. Nachfolgende Abschnitte nehmen nach einer Begriffsdefinition eine kurze Erläuterung über die Notwendigkeit des Anforde- rungsmanagements vor und geben eine Übersicht zu den Zielen sowie Aufgaben des Anforde- rungsmanagements.
2.1 Definition des Anforderungsmanagements
Das Anforderungsmanagement spielt eine exponierte Rolle im Bereich der Produktentwicklung bzw. -anpassung. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich bei der Verwendung des Begriffs auf den Bereich der IT bzw. deren Peripherie.
Um eine Definition des Anforderungsmanagements vornehmen zu können, ist zunächst die Erläuterung des Begriffsteils Anforderung (engl. Requirements) notwendig. Hier existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen, die an dieser Stelle nicht alle wiedergegeben werden. Eine Aufstellung liefert VERSTEEGEN (2004, S. 2 f.). Im Folgenden wird sich an der Definition von DÖRNEMANN und MAYER (2003, S. 1) orientiert, die eine Anforderung als eine „bestimmte Bedingung, Eigenschaft oder Fähigkeit, die ein System erfüllen soll“ beschreiben. Dabei bedeutet System im vorliegenden Kontext die in Kapitel drei näher vorgestellte Applikationsarchitektur.
Das Management der Anforderungen definiert VERSTEEGEN (2004, S. 4 f.) als einen kontinuierli- chen Prozess, der die einzelnen Anforderungen identifiziert, dokumentiert, kommuniziert, verfolgt und verwaltet. Dabei umfasst dieser Prozess nicht nur die Anforderungen selbst, sondern auch die Änderungen dieser Anforderungen. Es handelt sich somit nicht um die statische Einmalsammlung, sondern um die dynamische Verwaltung der Anforderungen. Ohne das explizite Management wer- den Anforderungen ggf. nicht oder zu spät als solche erkannt, werden vergessen oder bleiben aus sonstigen Gründen unberücksichtigt. DÖRNEMANN und MAYER (2003, S. 3) stellen fest, dass die Anforderungen im Laufe des Projekts von verschiedenen Beteiligten und in unterschiedlicher Gra- nularität kommen. Ein Endanwender wird andere Anforderungen an das zukünftige System stellen, als ein IT-Verantwortlicher. Weiterhin werden die Anforderungen im Laufe der Entwicklung immer detaillierter. Das Anforderungsmanagement umfasst somit alle Anforderungen der am Entwick- lungsprozess direkt oder indirekt Beteiligten sowie deren dynamische Entwicklung während der Projektlaufzeit.
2.2 Notwendigkeit des Anforderungsmanagements
Anforderungen liegen in der Praxis regelmäßig in unterschiedlicher Form vor. Es kann sich dabei z.B. um Texte in Word-Dokumenten, Zeichnungen in Grafik-Dateien, Tabellen in Excel-Dateien, Elementen in PowerPoint-Präsentationen oder sonstige weitere Formen handeln. Schlimmstenfalls finden sie sich in unausgesprochenen, weil als bekannt vorausgesetzten Erwartungen (vgl. VERSTEEGEN 2004, S. 4). Des Weiteren sind sie häufig an unterschiedlichen Orten abgelegt. Dies führt dazu, dass Anforderungen unvollständig oder erst zu spät in das Projekt eingebracht werden. Dabei ist die frühest mögliche Kenntnis aller Anforderungen entscheidend für den Projekterfolg, denn es gilt: Je später Anforderungen bei der Entwicklung gestellt bzw. Anforderungswidersprüche erkannt werden, desto größer das Risiko für das Scheitern des Projektes. Grund hierfür ist die Tat- sache, dass nach der Sammlung aller Anforderungen die konzeptionellen Grundlagen definiert wer- den und die Implementierung begonnen wird. Kommen nun noch Anforderungen hinzu, die Aus- wirkungen auf die konzeptionellen Festlegungen haben, so steigt der Aufwand exorbitant, da ggf. eine völlig falsche Architektur für das zu entwickelnde System gewählt wurde. Nachfolgende Ab- bildung soll dies verdeutlichen.
Abb. 1: Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Anforderungsdefinition und dem Projektrisiko
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an VERSTEEGEN (2004, S. 9)
Die Abbildung zeigt sehr deutlich, dass der Zeitpunkt der Anforderungsdefinition bzw. -änderung für das Risiko des Projekts von entscheidender Bedeutung ist. Denn je später die Anforderung for- muliert wird, desto größer ist das Projektrisiko. Durch das Anforderungsmanagement können An- forderungen und auch fehlerhafte oder sich widersprechende Anforderungen früher erkannt werden, wodurch das Risiko erheblich reduziert wird. Folglich kann von einer unabdingbaren Notwendig- keit des Anforderungsmanagements bei Projekten jeglicher Art gesprochen werden. Die Ausgestal- tung und der Umfang des Anforderungsmanagements sind dann abhängig von der Art des Projekts und der Projektgröße.
2.3 Ziele des Anforderungsmanagements
Grundsätzlich soll mit dem Anforderungsmanagement die Entwicklung von „etwas Neuem“ unter- stützt werden. Hauptziele des Anforderungsmanagements sind dabei die Qualitätssteigerung des Produkts, die Reduzierung des Entwicklungsaufwands sowie eine Verkürzung der Entwicklungszei- ten. Diesen Hauptzielen dienen die nachfolgend aufgezählten Unterziele (vgl. DÖRNEMANN und MAYER 2003, S. 2):
- Einheitliche, zentrale und dynamische Verwaltung aller Anforderungen
- Kommunikation der Anforderungen
- Unterstützung der Projektplanung (Basis für Zeit- und Kostenplanung)
- Dokumentation der Anforderungen
- Wiederverwendung von Anforderungen
Dabei ist die einheitliche und zentrale Verwaltung grundlegend für die anderen genannten Ziele. Es lässt sich somit nachfolgende Zielhierarchie aufbauen:
Abb. 2: Die Zielhierarchie des Anforderungsmanagements
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Erstellung
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- Quote paper
- Markus Stub (Author), 2009, Verbindung von Anforderungsmanagement und Entwurf von Applikationsarchitekturen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145393
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