Im Laufe der Zeit wurden verschiedenste Interpretationen der Ereignisse von November und Dezember 1930 vorgeschlagen. Die „klassische“ Sichtweise von Friedman/ Schwartz (1969) sieht die Krise als landesweite panik-induzierte Liquiditätskrise vor allem in Folge des Zusammenbruchs der Bank of United States in New York. Wicker (1980 u. 1996) interpretiert die Krise als regionale Panik vor allem in den landwirtschaftlich geprägten Gebieten im Süden der USA und auf den Zusammenbruch von Caldwell & Company zurückgehend. Für Temin (1976) stellt die Krise vor allem eine Folge der Depression dar bzw. der von ihr hervorgerufenen Agrarkrise. Weitere Gründe sieht er in einem von ihm festgestellten Kursverfall auf den Wertpapiermärkten, der den Wert der Aktiva vieler Banken gemindert hat und so der Insolvenz vieler Banken Vorschub leistete. White (1984) identifiziert als Hauptgrund eine Verbindung von fehlerhafter Regulierung, landwirtschaftlichen Krisen, riskanter Geschäftspolitik der Banken in den 20ern, restriktiver Geldpolitik und dem ökonomischen Abschwung im Zuge der beginnenden Depression. Die Krise steht für ihn in Kontinuität zu den Bankenkrisen der 20er Jahre. Walter (2005) erkennt in der Krise den aufgrund der Depression in den 30er Jahren konzentrierten Höhepunkt eines Anfang der 20er Jahre begonnen Marktbereinigungsprozesses in der Bankenbranche und betont ebenfalls die mehrfach falsche Regulierung der Banken in den Jahrzehnten vor der Depression.
Diese Arbeit hat zum Ziel, die Ursachen der Krise herauszuarbeiten und noch offene Fragen zu identifizieren. Hierzu wird wie folgt vorgegangen: Zuerst werden die oben genannten verschiedenen Sichtweisen der Ursachen der Krise dargestellt, dann werden empirische Untersuchungen angeführt, die bei der Beurteilung verschiedener Aspekte der jeweiligen Position helfen sollen. Anschließend werden die jeweiligen Sichtweisen und ihre wichtigsten Aspekte kritisch diskutiert und abschließend versucht die Ursachen der Krise herauszuarbeiten und zusammenfassend darzustellen.
Im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen hierbei folgende Hauptfragen, die es zu beantworten gilt: Waren die Ursachen der Krise autonom, d.h. von der Depression unabhängig oder war die Krise Folge der Depression? War Insolvenz, d.h. fundamentale Schwäche des Bankensystems oder panik-induzierte Illiquidität Hauptursache der Krise? Welche Rolle spielte die Bank of United States? Und welche Rolle spielten Regulierung und Geldpolitik der Federal Reserve?
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Ansätze zur Erklärung der Krise - Ein Überblick
- 2.1 Die Bankenkrise als autonome Störung - Friedman/ Schwartz und Wicker
- 2.2 Die Krise als Folge der Depression - Temin
- 2.3 White's „Reinterpretation“
- 2.4 Die „Marktbereinigungs-Hypothese“
- 3 Empirische Evidenzen
- 3.1 Die „White-Hypothese“ auf dem Prüfstand
- 3.2 Die Rolle von Geldpolitik und Regulierung
- 3.3 Panik oder fundamentale Probleme? – Ein „Überlebensmodell“ für die Banken
- 3.4 Richardsons „neue Daten“ – Die Krise statistisch ausgewertet
- 4 Ein komplexes Bild - Die Ursachen der Bankenkrise 1930 in der Diskussion
- 5 Zusammenfassung - Wie kam es zur Bankenkrise 1930?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Ursachen der US-Bankenkrise von 1930. Sie analysiert verschiedene Interpretationen der Ereignisse und bewertet diese anhand empirischer Untersuchungen. Ziel ist es, die offenen Fragen zu klären und ein umfassendes Bild der Ursachen zu zeichnen.
- Autonome Ursachen vs. Folgen der Depression
- Rolle von Panik und fundamentalen Problemen des Bankensystems
- Bedeutung der Bank of United States
- Einfluss von Geldpolitik und Regulierung
- Kritische Auseinandersetzung mit verschiedenen Erklärungsansätzen
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung stellt die US-Bankenkrise von 1930 und deren Bedeutung für die wirtschaftshistorische Forschung vor. Sie führt verschiedene Interpretationen der Krise an, von der panik-induzierten Liquiditätskrise nach Friedman/Schwartz bis hin zu Temins These, die Krise als Folge der Depression zu sehen. Die Arbeit kündigt ihre Vorgehensweise an: Darstellung verschiedener Sichtweisen, Präsentation empirischer Untersuchungen und kritische Diskussion der Ansätze. Die zentralen Forschungsfragen werden formuliert: Waren die Ursachen autonom oder Folge der Depression? War Insolvenz oder Illiquidität die Hauptursache? Welche Rolle spielten die Bank of United States, Regulierung und Geldpolitik?
2 Ansätze zur Erklärung der Krise - Ein Überblick: Dieses Kapitel präsentiert verschiedene Erklärungsansätze für die Bankenkrise. Friedman/Schwartz sehen die Krise als autonome, panik-induzierte Liquiditätskrise, ausgelöst durch den Zusammenbruch der Bank of United States. Wicker betont eine regionale Panik, beginnend mit dem Zusammenbruch von Caldwell & Company. Temin sieht die Krise als Folge der Depression und der damit verbundenen Agrarkrise. White identifiziert eine Kombination aus fehlerhafter Regulierung, landwirtschaftlichen Krisen und restriktiver Geldpolitik als Hauptursache. Walter betont die Marktbereinigung in der Bankenbranche als längerfristigen Hintergrund.
Schlüsselwörter
US-Bankenkrise 1930, Große Depression, Friedman/Schwartz, Panik, Liquiditätskrise, Insolvenz, Geldpolitik, Federal Reserve (Fed), Regulierung, Empirische Evidenz, Wirtschaftsgeschichte.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur US-Bankenkrise von 1930
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Ursachen der US-Bankenkrise von 1930. Sie analysiert verschiedene Interpretationen der Ereignisse und bewertet diese anhand empirischer Untersuchungen. Ziel ist es, ein umfassendes Bild der Ursachen zu zeichnen und offene Fragen zu klären, beispielsweise ob die Ursachen autonom waren oder Folge der Depression, ob Insolvenz oder Illiquidität die Hauptursache war und welche Rolle die Bank of United States, Regulierung und Geldpolitik spielten.
Welche Erklärungsansätze zur Bankenkrise werden vorgestellt?
Die Arbeit präsentiert verschiedene Erklärungsansätze: Friedman/Schwartz sehen die Krise als autonome, panik-induzierte Liquiditätskrise, ausgelöst durch den Zusammenbruch der Bank of United States. Wicker betont eine regionale Panik. Temin sieht die Krise als Folge der Depression und der damit verbundenen Agrarkrise. White identifiziert eine Kombination aus fehlerhafter Regulierung, landwirtschaftlichen Krisen und restriktiver Geldpolitik. Walter betont die Marktbereinigung in der Bankenbranche.
Welche empirischen Evidenzen werden untersucht?
Die Arbeit untersucht empirische Evidenzen, um die verschiedenen Erklärungsansätze zu bewerten. Dies beinhaltet die kritische Prüfung der „White-Hypothese“, die Analyse der Rolle von Geldpolitik und Regulierung, die Untersuchung der Frage, ob Panik oder fundamentale Probleme der Banken die Krise auslösten und die Auswertung neuer Daten von Richardson.
Welche Rolle spielten Panik und fundamentale Probleme des Bankensystems?
Die Arbeit untersucht die relative Bedeutung von Panik und fundamentalen Problemen des Bankensystems als Ursachen der Krise. Es wird analysiert, inwieweit die Krise durch eine panik-induzierte Liquiditätskrise oder durch die Insolvenz von Banken aufgrund fundamentaler Schwächen ausgelöst wurde.
Welche Bedeutung hatte die Bank of United States?
Die Bedeutung des Zusammenbruchs der Bank of United States als Auslöser oder Verstärker der Krise wird untersucht. Verschiedene Ansätze gewichten die Rolle dieser Bank unterschiedlich stark.
Welchen Einfluss hatten Geldpolitik und Regulierung?
Die Arbeit analysiert den Einfluss der Geldpolitik der Federal Reserve (Fed) und der bestehenden Regulierungen auf den Verlauf und die Ursachen der Bankenkrise. Die Effektivität und die möglichen Fehlentscheidungen der Geldpolitik werden kritisch betrachtet.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in fünf Kapitel gegliedert: Einleitung, Überblick über verschiedene Erklärungsansätze, Präsentation empirischer Evidenzen, Diskussion der Ursachen der Bankenkrise und Zusammenfassung. Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und die Vorgehensweise vor. Die Kapitel 2 und 3 präsentieren und analysieren verschiedene Interpretationen und empirische Daten. Kapitel 4 diskutiert die Ursachen umfassend, und Kapitel 5 fasst die Ergebnisse zusammen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: US-Bankenkrise 1930, Große Depression, Friedman/Schwartz, Panik, Liquiditätskrise, Insolvenz, Geldpolitik, Federal Reserve (Fed), Regulierung, Empirische Evidenz, Wirtschaftsgeschichte.
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- Fabian Wahl (Author), 2010, Die Ursachen der US-Bankenkrise 1930, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145140