Fragen einer gesicherten Energieversorgung – kurz: Energiesicherheit – sind in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der internationalen Politik gerückt. Die zunehmende Knappheit fossiler Energieträger, der Trend zur Verstaatlichung von Rohstoffvorkommen, steigende Importraten in den westlichen Großverbraucherregionen und temporäre Lieferunterbrechungen haben seit der Jahrtausendwende zu einer verstärkten Resonanz sicherheitspolitischer Implikationen in den allgemeinen Energiedebatten der europäischen Nachfrageländer geführt.
Das strategisch wichtigste Projekt in diesem Zusammenhang ist der Bau der 3300km langen Erdgaspipeline „Nabucco“, die die west- und zentraleuropäischen Gasmärkte mit den Gasreserven des kaspischen Raumes, Zentralasiens und des Nahen Ostens verbinden soll. Ab 2014 soll durch sie jährlich 31 Mrd. m³ Erdgas aus dem kaspischen Raum über die Transitstaaten Türkei, Bulgarien, Rumänien und Ungarn bis in das niederösterreichische Gasverteilerzentrum Baumgarten transportiert werden.
Der Realisierung dieses energiepolitischen Mammutprojekts stehen jedoch noch eine ganze Reihe politischer, ökonomischer und technischer Hindernisse im Weg: Angefangen von generellen Finanzierungsfragen und politischen Streitigkeiten über Gasdurchleitungsquoten zwischen den Transitstaaten besteht das dringendste Problem jedoch in der Verfügbarkeit ausreichender Gasquellen für die Auslastung der Pipelinekapazitäten. Die EU hofft dabei auf die Unterstützung aus den zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan, um die dortigen Gasreserven für die Befüllung der Nabucco-Pipeline nutzen zu können. Die entsprechenden politischen Zusagen sind bisher jedoch ausgeblieben. Lediglich Aserbaidschan konnte bisher als sicherer Lieferant gewonnen werden. Der Umfang der aserbaidschanischen Liefermengen reicht jedoch bei weitem nicht aus, um einen zufriedenstellenden Amortisierungsgrad der Pipeline gewährleisten zu können. Weiterhin determiniert der ungeklärte Rechtsstatus des Kaspischen Meeres und die fehlende Transportinfrastruktur an der Ostküste den geplanten Verlauf der Transitroute und verhindert eine Anbindung der zentralasiatischen Gasreserven. Auch das russische Konkurrenzprojekt „South Stream“ trägt aktiv zur Torpedierung des Nabucco-Projekts bei und besitzt das Potenzial, die europäischen Diversifizierungsbemühungen nachhaltig zu unterminieren.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die energiepolitische Interessenlage der EU
- 2.1 Europas Erdgasversorgung
- 2.2 Strategische Energiepolitik der EU
- 2.3 Das Pipelineprojekt „Nabucco“
- 3. Problemfeld I – Potenzielle Lieferanten
- 3.1 Aserbaidschan
- 3.2 Kasachstan
- 3.3 Turkmenistan und Usbekistan
- 3.4 Der Iran
- 4. Problemfeld II - Transitrouten und Transportinfrastruktur
- 4.1 Der Rechtsstatus des Kaspischen Meeres
- 4.2 Die Türkei als strategischer Knotenpunkt
- 4.3 Ungarns Pipelinepolitik - Verrat an „Nabucco“?
- 5. Problemfeld III – Das russische Konkurrenzprojekt „South Stream“
- 6. Fazit
- 7. Handlungsempfehlung: Langfristige Integration des Iran
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die europäische Erdgaspipeline „Nabucco“ und deren Bedeutung für die Energieversorgungssicherheit Europas. Es wird analysiert, ob das Projekt einen substanziellen Beitrag zur Diversifizierung der Energieversorgung leistet oder eher eine geopolitische Schimäre darstellt.
- Energieversorgungssicherheit der EU
- Potenzielle Gaslieferanten im kaspischen und zentralasiatischen Raum
- Transitrouten und Transportinfrastruktur
- Das Konkurrenzprojekt „South Stream“
- Die Machbarkeit und der politische Kontext des Nabucco-Projekts
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Energiesicherheit und deren Bedeutung für die politische und wirtschaftliche Stabilität ein. Sie betont die zunehmende Abhängigkeit der EU von russischen Energielieferungen und die Notwendigkeit der Diversifizierung. Das Nabucco-Projekt wird als strategisch wichtiges Instrument zur Erreichung dieses Ziels vorgestellt, wobei gleich die Herausforderungen und Unsicherheiten in Bezug auf die Realisierung des Projekts aufgezeigt werden.
2. Die energiepolitische Interessenlage der EU: Dieses Kapitel beschreibt die energiepolitische Lage der EU, die wachsende Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen und die daraus resultierende Notwendigkeit einer strategischen Diversifizierung. Es erläutert die Ziele der EU-Energiepolitik und den Stellenwert des Nabucco-Projekts innerhalb dieser Strategie. Der Fokus liegt auf der Notwendigkeit, alternative Gasquellen zu erschließen und neue Transitrouten zu etablieren, um die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren.
3. Problemfeld I – Potenzielle Lieferanten: Dieses Kapitel analysiert die potenziellen Gaslieferanten für das Nabucco-Projekt, darunter Aserbaidschan, Kasachstan, Turkmenistan, Usbekistan und den Iran. Es bewertet die jeweilige politische Stabilität, die Gasreserven und die Bereitschaft der Länder, Gas an die EU zu liefern. Die Herausforderungen, insbesondere die Unsicherheiten hinsichtlich der Gasliefermengen aus Zentralasien, werden hervorgehoben. Die Rolle des Iran als potenzieller, aber politisch schwieriger Lieferant wird ebenfalls diskutiert.
4. Problemfeld II - Transitrouten und Transportinfrastruktur: Dieses Kapitel befasst sich mit den Herausforderungen im Zusammenhang mit den Transitrouten und der Transportinfrastruktur für die Nabucco-Pipeline. Es untersucht den Rechtsstatus des Kaspischen Meeres, die Bedeutung der Türkei als strategischer Knotenpunkt und die potenziellen politischen Risiken, insbesondere im Hinblick auf die Rolle Ungarns. Die fehlende oder unzureichende Infrastruktur in Teilen der Transitroute wird als entscheidendes Hindernis für die Realisierung des Projekts identifiziert.
5. Problemfeld III – Das russische Konkurrenzprojekt „South Stream“: Dieses Kapitel untersucht das russische Konkurrenzprojekt „South Stream“ und dessen potenziellen Einfluss auf das Nabucco-Projekt. Es analysiert die strategischen Ziele Russlands und dessen Möglichkeiten, das Nabucco-Projekt zu behindern oder zu unterminieren. Die Bedeutung des „South Stream“-Projekts als Gegengewicht zu den europäischen Diversifizierungsbemühungen wird hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Energiesicherheit, Erdgaspipeline Nabucco, EU-Energiepolitik, Diversifizierung, Russland, Zentralasien, Kaspisches Meer, Transitrouten, South Stream, Energieversorgungssicherheit Europas.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Europäische Erdgaspipeline Nabucco"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die europäische Erdgaspipeline "Nabucco" und deren Bedeutung für die Energieversorgungssicherheit Europas. Es wird untersucht, ob das Projekt einen substanziellen Beitrag zur Diversifizierung der Energieversorgung leistet oder eher eine geopolitische Schimäre darstellt.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die energiepolitische Interessenlage der EU, potenzielle Gaslieferanten im kaspischen und zentralasiatischen Raum (Aserbaidschan, Kasachstan, Turkmenistan, Usbekistan und Iran), Transitrouten und Transportinfrastruktur, das Konkurrenzprojekt "South Stream" und die Machbarkeit sowie den politischen Kontext des Nabucco-Projekts. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Abhängigkeit der EU von russischen Energielieferungen und der Notwendigkeit der Diversifizierung.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel: Einleitung, Die energiepolitische Interessenlage der EU, Problemfeld I – Potenzielle Lieferanten, Problemfeld II - Transitrouten und Transportinfrastruktur, Problemfeld III – Das russische Konkurrenzprojekt „South Stream“, Fazit und Handlungsempfehlung: Langfristige Integration des Iran. Jedes Kapitel beleuchtet einen spezifischen Aspekt des Nabucco-Projekts und der damit verbundenen Herausforderungen.
Welche Herausforderungen werden im Zusammenhang mit dem Nabucco-Projekt diskutiert?
Die Arbeit identifiziert verschiedene Herausforderungen, darunter die politische Stabilität potenzieller Lieferanten, der Rechtsstatus des Kaspischen Meeres, die unzureichende Transportinfrastruktur in einigen Transitländern, die Rolle der Türkei als strategischer Knotenpunkt, die potenzielle Behinderung durch das Konkurrenzprojekt "South Stream" und die komplexe politische Situation im Iran.
Welche Rolle spielt Russland in diesem Kontext?
Russland spielt eine zentrale Rolle als Hauptlieferant von Erdgas für die EU und als Initiator des Konkurrenzprojekts "South Stream". Die Arbeit analysiert die strategischen Ziele Russlands und dessen Möglichkeiten, das Nabucco-Projekt zu behindern.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Das Fazit und die Handlungsempfehlung werden im siebten Kapitel präsentiert. Es wird eine umfassende Bewertung der Machbarkeit und des politischen Kontexts des Nabucco-Projekts gegeben und eine mögliche langfristige Integration des Iran als Lieferant vorgeschlagen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Energiesicherheit, Erdgaspipeline Nabucco, EU-Energiepolitik, Diversifizierung, Russland, Zentralasien, Kaspisches Meer, Transitrouten, South Stream, Energieversorgungssicherheit Europas.
Wo finde ich detailliertere Informationen zu den einzelnen Kapiteln?
Die Zusammenfassung der Kapitel bietet einen Überblick über die jeweiligen Inhalte. Detaillierte Informationen finden sich im Volltext der Arbeit.
- Arbeit zitieren
- Jakob Kullik (Autor:in), 2009, Die europäische Erdgaspipeline "Nabucco", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145011