Eine Arbeitnehmerin verletzt ihre arbeitsvertragliche Mitteilungs- und Aufklärungspflicht nicht, wenn sie ihrem Arbeitgeber einen Einblick in die Akten eines gegen sie geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens verweigert.
Dies gilt auch für eine Tendenzträgerin (Redakteurin) einer Zeitung. Ein Tendenzträger kann seine vertraglichen Rücksichtnahmepflichten verletzen, indem er sich gegen eine Veröffentlichung in der Presse des eigenen Arbeitgebers mit einer Gegendarstellung wendet und sich diese als eine unverhältnismäßige Reaktion auf einen Pressebericht darstellt. Indizien für eine unverhältnismäßige Reaktion auf Grund einer Gegendarstellung können sich aus einer fehlenden Berechtigung der Gegendarstellung oder wegen eines fehlenden zumutbaren innerbetrieblichen Abhilfeversuchs in Form eines Richtigstellungsverlangens ergeben. Unverhältnismäßig kann die Reaktion auch dann sein, wenn das Gegendarstellungsrecht dazu genutzt wird, tendenzwidrige Meinungen kundzugeben oder wissentlich oder leichtfertig die Veröffentlichung durch unwahre Tatsachenbehauptungen veranlasst wird. Eine solche Veröffentlichung indiziert bei einem Redakteur und Tendenzträger eine besonders gravierende Pflichtverletzung, da sie zu einem Verlust der Glaubwürdigkeit des Arbeitgebers führen kann.
Ein Tendenzträger ist verpflichtet, sowohl bei der Arbeitsleistung als auch im außerdienstlichen Bereich nicht gegen die Tendenz des Unternehmens zu verstoßen. Er hat sich auch außerdienstlich solcher Äußerungen und Handlungen zu enthalten, die der Tendenz des Unternehmens nachhaltig zuwiderlaufen und damit betriebliche Interessen des Unternehmens erheblich berühren.
In einem Tendenzarbeitsverhältnis können bestimmte Sachverhalte für eine Auflösung ausreichen, die in einem anderen Arbeitsverhältnis nicht hinreichend wären. Allerdings rechtfertigt allein die Tendenzträgereigenschaft eine Auflösung nicht, eine § 14 Abs. 2 S.2 KSchG entsprechende Vorschrift für Tendenzträger kennt das Kündigungsschutzgesetz nicht.
Inhaltsverzeichnis
- Eine Arbeitnehmerin verletzt ihre arbeitsvertragliche Mitteilungs- und Aufklärungspflicht nicht
- Dies gilt auch für eine Tendenzträgerin
- Ein Tendenzträger kann seine vertraglichen Rücksichtnahmepflichten verletzen
- Ein Tendenzträger ist verpflichtet, sowohl bei der Arbeitsleistung als auch im außerdienstlichen Bereich nicht gegen die Tendenz des Unternehmens zu verstoßen
- In einem Tendenzarbeitsverhältnis können bestimmte Sachverhalte für eine Auflösung ausreichen
- Die bloße Weigerung von Arbeitskollegen, mit einer Arbeitnehmerin zusammenzuarbeiten, rechtfertigt eine Auflösung allein nicht
- Die Gegendarstellung in der eigenen Zeitung kann Ausdruck und gewichtiges Indiz für eine erheblich gestörte Kommunikation innerhalb des Arbeitsverhältnisses sein
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert den Fall einer außerordentlichen Kündigung einer Redakteurin (Tendenzträgerin) aufgrund vermeintlicher Nebenpflichtverletzungen. Die Zielsetzung besteht darin, die rechtlichen Aspekte und die Grenzen des Tendenzschutzes im Arbeitsverhältnis zu beleuchten.
- Mitteilungspflichten von Arbeitnehmern, insbesondere Tendenzträgern
- Nebenpflichten und Rücksichtnahmepflichten im Tendenzarbeitsverhältnis
- Grenzen der außerordentlichen Kündigung bei Tendenzträgern
- Auswirkungen außerdienstlichen Verhaltens auf das Arbeitsverhältnis
- Zusammenarbeit und Kommunikation im Arbeitskontext
Zusammenfassung der Kapitel
Eine Arbeitnehmerin verletzt ihre arbeitsvertragliche Mitteilungs- und Aufklärungspflicht nicht: Der Text beginnt mit der Feststellung, dass eine Arbeitnehmerin nicht gegen ihre Mitteilungs- und Aufklärungspflicht verstößt, wenn sie die Einsicht in staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten verweigert. Dies gilt insbesondere auch für Tendenzträgerinnen, da die Weigerung an sich keinen tendenzbezogenen Pflichtenverstoß darstellt. Der Fokus liegt auf der Abgrenzung zwischen beruflichen und privaten Sphären und dem Schutz der Privatsphäre des Arbeitnehmers.
Dies gilt auch für eine Tendenzträgerin: Dieser Abschnitt vertieft die Thematik des Tendenzschutzes und erläutert, dass die Weigerung, Ermittlungsakten offenzulegen, für eine Redakteurin (Tendenzträgerin) keinen automatischen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten bedeutet. Die Argumentation betont die Bedeutung der Pressefreiheit und des Schutzes der Privatsphäre von Journalisten.
Ein Tendenzträger kann seine vertraglichen Rücksichtnahmepflichten verletzen: Hier wird dargelegt, wie ein Tendenzträger durch Handlungen, wie z.B. Gegendarstellungen, seine Rücksichtnahmepflichten verletzen kann. Der Text betont, dass eine Gegendarstellung unverhältnismäßig sein kann, wenn sie auf unzutreffenden Tatsachen basiert oder dazu genutzt wird, tendenzwidrige Meinungen zu verbreiten. Die Folgen einer solchen Verletzung für die Glaubwürdigkeit des Arbeitgebers werden hervorgehoben.
Ein Tendenzträger ist verpflichtet, sowohl bei der Arbeitsleistung als auch im außerdienstlichen Bereich nicht gegen die Tendenz des Unternehmens zu verstoßen: Dieser Abschnitt spezifiziert die Pflichten eines Tendenzträgers, sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich. Es wird klargestellt, dass auch außerdienstliches Verhalten, welches der Unternehmenstendenz nachhaltig zuwiderläuft, zu Konsequenzen führen kann. Die Abwägung zwischen persönlicher Freiheit und beruflichen Pflichten wird thematisiert.
In einem Tendenzarbeitsverhältnis können bestimmte Sachverhalte für eine Auflösung ausreichen: Der Text verdeutlicht, dass in Tendenzarbeitsverhältnissen bestimmte Handlungen, die in anderen Arbeitsverhältnissen nicht zu einer Kündigung führen würden, ausreichend sein können. Jedoch wird betont, dass die Tendenzträgereigenschaft allein keine ausreichende Grundlage für eine Kündigung ist.
Die bloße Weigerung von Arbeitskollegen, mit einer Arbeitnehmerin zusammenzuarbeiten, rechtfertigt eine Auflösung allein nicht: Dieser Abschnitt hebt hervor, dass mangelnde Zusammenarbeit unter Kollegen allein keine ausreichende Begründung für eine Kündigung darstellt. Jedoch können solche Vorfälle zusammen mit anderen Faktoren zu einer negativen Prognose für die weitere Zusammenarbeit und damit zu einer Kündigung führen.
Die Gegendarstellung in der eigenen Zeitung kann Ausdruck und gewichtiges Indiz für eine erheblich gestörte Kommunikation innerhalb des Arbeitsverhältnisses sein: Der Text unterstreicht, dass eine Gegendarstellung in der eigenen Zeitung ein starkes Indiz für eine gestörte Kommunikation im Arbeitsverhältnis sein kann, was wiederum die Begründung einer Kündigung stützen könnte.
Schlüsselwörter
Tendenzträger, Pressefreiheit, Nebenpflichtverletzung, Kündigungsschutz, Arbeitsverhältnis, Mitteilungspflicht, Rücksichtnahmepflicht, Gegendarstellung, Tendenzschutz, Arbeitsrecht.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Außerordentliche Kündigung einer Redakteurin (Tendenzträgerin)
Was ist der Gegenstand des Textes?
Der Text analysiert den Fall einer außerordentlichen Kündigung einer Redakteurin, die als Tendenzträgerin in einem Arbeitsverhältnis stand. Im Mittelpunkt stehen die rechtlichen Aspekte und die Grenzen des Tendenzschutzes im Arbeitsverhältnis, insbesondere im Zusammenhang mit vermeintlichen Nebenpflichtverletzungen.
Welche Mitteilungspflichten hat eine Arbeitnehmerin, insbesondere eine Tendenzträgerin?
Der Text untersucht die Mitteilungs- und Aufklärungspflichten von Arbeitnehmern im Allgemeinen und von Tendenzträgern im Besonderen. Es wird betont, dass die Weigerung, staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten einzusehen, an sich keinen Verstoß gegen diese Pflichten darstellt, auch nicht für Tendenzträgerinnen. Der Schutz der Privatsphäre und die Abgrenzung zwischen beruflicher und privater Sphäre spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Welche Nebenpflichten und Rücksichtnahmepflichten bestehen in einem Tendenzarbeitsverhältnis?
Ein Tendenzträger hat neben seinen primären Arbeitsleistungen auch Nebenpflichten und Rücksichtnahmepflichten zu beachten. Diese Pflichten umfassen auch das außerdienstliche Verhalten. Eine Gegendarstellung in der eigenen Zeitung kann beispielsweise eine Verletzung dieser Pflichten darstellen, insbesondere wenn sie auf unzutreffenden Tatsachen basiert oder zur Verbreitung tendenzwidriger Meinungen genutzt wird.
Unter welchen Umständen kann ein Tendenzarbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt werden?
Der Text verdeutlicht, dass in Tendenzarbeitsverhältnissen bestimmte Handlungen, die in anderen Arbeitsverhältnissen nicht zu einer Kündigung führen würden, ausreichen können, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Allerdings ist die Tendenzträgereigenschaft allein keine ausreichende Grundlage für eine Kündigung. Es kommt auf eine Abwägung der Umstände an, wobei eine erheblich gestörte Kommunikation im Arbeitsverhältnis ein wichtiger Faktor sein kann.
Welche Rolle spielt das außerdienstliche Verhalten eines Tendenzträgers?
Auch außerdienstliches Verhalten kann Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis haben, wenn es nachhaltig der Unternehmenstendenz zuwiderläuft. Der Text thematisiert den Abwägungsprozess zwischen der persönlichen Freiheit des Arbeitnehmers und seinen beruflichen Pflichten.
Ist die Weigerung von Kollegen, mit einer Arbeitnehmerin zusammenzuarbeiten, ein Kündigungsgrund?
Die bloße Weigerung von Arbeitskollegen, mit einer Arbeitnehmerin zusammenzuarbeiten, rechtfertigt allein keine Kündigung. Solche Vorfälle können jedoch zusammen mit anderen Faktoren zu einer negativen Prognose für die weitere Zusammenarbeit führen und somit die Kündigung begründen.
Welche Bedeutung hat eine Gegendarstellung in der eigenen Zeitung im Kontext einer Kündigung?
Eine Gegendarstellung in der eigenen Zeitung kann ein starkes Indiz für eine erheblich gestörte Kommunikation innerhalb des Arbeitsverhältnisses sein und die Begründung einer Kündigung stützen. Es kommt auf den Kontext und die Umstände der Gegendarstellung an.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt des Textes?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Tendenzträger, Pressefreiheit, Nebenpflichtverletzung, Kündigungsschutz, Arbeitsverhältnis, Mitteilungspflicht, Rücksichtnahmepflicht, Gegendarstellung, Tendenzschutz, Arbeitsrecht.
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- Prof. Dr. Dr. Assessor jur., Mag. rer. publ. Siegfried Schwab (Author), 2010, Außerordentliche Kündigung einer Redakteurin wegen vermeintlicher Nebenpflichtverletzungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144656