Die Terroranschläge vom 11. September 2001 offenbarten mit einem Schlag der Welt einen neuen Feind. Waren in der Zeit des Kalten Krieges die beiden Supermächte Russland und Amerika der jeweilige Feind, konnte dieser „neue“ Feind nicht lokalisiert werden. Der internationale Terrorismus der Al Qaida1 hatte kein Heimatland, besaß keine Botschaften und keine Diplomaten. Die Furcht vor dem islamistischen Terror ergriff die westliche Welt.
Die Kriegserklärung George Bushs gegen den Terror im September 2001 besaß primär einen propagandistischen Wert, sekundär diente sie jedoch als eine allgemeine Kriegserklärung an Staaten, denen Verbindungen zu Al Qaida unterstellt wurden und auf deren Territorium angeblich Terroristen trainierten.
Das erste Ziel war schnell gefunden. Das afghanische Taliban-Regime, welches seit dem Jahr 1995 die dominanteste Fraktion innerhalb Afghanistans war, stellte mit einer islamisch-fundamentalistischen Regierungsform einen islamischen Gottesstaat dar. Das Regime wurde beschuldigt, sowohl Terroristen auszubilden, als auch direkt das Terrornetzwerk Al Qaida zu unterstützen. Mit der UN-Resolution 1368 beschlossen die Vereinten Nationen, alle erdenklichen Schritte zu unternehmen, um auf die Terroranschläge vom 11. September zu antworten und alle Formen des Terrorismus zu bekämpfen.[...]
Täglich gingen unzählige Informationen über Ereignisse im Irak über den Äther. Allein in den öffentlich-rechtlichen Medien ARD und ZDF wurde in der Zeit vom 10. März bis 13. April 2003 von 17.00 Uhr bis 1.00 Uhr 9.825 Minuten lang über den Irak berichtet.
[...]
Aufgrund dieser Vermutung stellt sich die Frage, in welchem Maß bei der Berichterstattung über den Irak-Krieg eine subjektive Wertung eines Redakteurs einfloss. Sollte dies der Fall sein, so könnte durch Framing die Berichterstattung über den Irak negativ verzerrt worden sein.
Eine weitere Überlegung hierbei wäre, ob nicht durch die Widerspiegelung der Realität ein kritisches, pazifistisches Bild des Irak-Krieges gezeichnet werden müsste. Begründet werden kann dies mit der breiten gesellschaftlichen Ablehnung eines militärischen Eingreifens im Irak. Betrachtet man diese beiden Überlegungen, so drängt sich die Frage auf, inwieweit bei seriösen Nachrichtensendungen Ereignisse die den Islam oder den Irak betreffen objektiv und ohne Parteinahme dargestellt wurden.
Daraus ergibt sich die Hypothese: Wenn über den Irak oder den Islam berichtet wird, dann wird ein positives oder neutrales Bild vermittelt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Wissenschaftstheoretischer Bezug
3. Forschungsdesign
3.1 Die Inhaltsanalyse
3.1.1 Formen der Inhaltsanalyse
3.1.2 Die Valenz- und Bewertungsanalysen
3.2 Formale Kategorie
3.3 Inhaltliche Kategorien
3.3.1 Positive Kategorien
3.3.2 Negative Kategorien
3.4 Bewertung von Kategorien und Gewichtung von Aussagen
4. Das Untersuchungsmaterial
4.1 Die ausgewählten Medien
4.2 Auswahl des Untersuchungszeitraumes
5. Sequenzanalyse am Beispiel von drei Sendungen
5.1 Die Sendung vom 16. März 2003
5.2 Die Sendung vom 25. März 2003
5.3 Die Sendung vom 2. Mai 2003
5.4 Zusammenfassung der Ergebnisse
5.4.1 Allgemeine Ergebnisse
5.4.2 Darstellungsformen
5.4.3 Themenstruktur
5.4.4 Ergebnisse der Bewertungsanalyse
5.4.5 Zusammenfassung der Ergebnisse
6. Fazit
7. Quellen
7.1 Monographien
7.2 Wissenschaftliche Texte und Internetquellen
7.3 Verwendete Grafiken und Tabellen
7.4 Gesicherte Internetquellen
7.4.1 Allensbach-Analyse
7.4.2 Transkript Rede von Bush im September 2001
7.4.3 Inhalt des Schreibens im UN-Sicherheitsrat
7.4.4 Ultimatum an Saddam Hussein im März 2003
8. Material zur Analyse
8.1 Codebogen
8.2 Übersicht über Sendungen
8.3 Häufigkeiten der Darstellungsformen
8.4 Gewichtungsübersicht der Sendungen
8.5 Gesamtdauer der Sendungen sowie Berichterstattung über Irak
8.6 Themenfeldanalyse
9. Analysebögen
1. Einleitung
Die Terroranschläge vom 11. September 2001 offenbarten mit einem Schlag der Welt einen neuen Feind. Waren in der Zeit des Kalten Krieges die beiden Supermächte Russland und Amerika der jeweilige Feind, konnte dieser „neue“ Feind nicht lokalisiert werden. Der internationale Terrorismus der Al Qaida[1] hatte kein Heimatland, besaß keine Botschaften und keine Diplomaten. Die Furcht vor dem islamistischen Terror ergriff die westliche Welt.
Die Kriegserklärung George Bushs gegen den Terror im September 2001 besaß primär einen propagandistischen Wert, sekundär diente sie jedoch als eine allgemeine Kriegserklärung an Staaten, denen Verbindungen zu Al Qaida unterstellt wurden und auf deren Territorium angeblich Terroristen trainierten.
Das erste Ziel war schnell gefunden. Das afghanische Taliban-Regime, welches seit dem Jahr 1995 die dominanteste Fraktion innerhalb Afghanistans war, stellte mit einer islamisch-fundamentalistischen Regierungsform einen islamischen Gottesstaat dar. Das Regime wurde beschuldigt, sowohl Terroristen auszubilden, als auch direkt das Terrornetzwerk Al Qaida zu unterstützen.[2] Mit der UN-Resolution 1368 beschlossen die Vereinten Nationen, alle erdenklichen Schritte zu unternehmen, um auf die Terroranschläge vom 11. September zu antworten und alle Formen des Terrorismus zu bekämpfen.[3]
So begann unter Führung der US-Armee am 7. Oktober 2001 die Operation „Enduring Freedom“, deren Ziel es war, die Taliban-Regierung zu stürzen. Zusammen mit ehemaligen Kämpfern der Mudjahedin, der so genannten Nord-Allianz, gelang dies auch.
Doch auch andere Staaten wurden verdächtigt, eine Verbindung zu den islamischen Extremisten zu unterhalten. Der Hauptverdächtige diesmal: Saddam Hussein und seine Regime.
Die US-Regierung sah in ihm einen der mächtigsten Verbündeten und Unterstützer von Al Qaida, doch für viele Menschen handelte es sich dabei nur um einen vorgeschobenen Grund.
Erneut rief George W. Bush die Vereinten Nationen auf einen vermeintlichen Unterstützerstaat Al Qaidas zu bekämpfen, doch in diesem Fall beschlossen der UN-Sicherheitsrat trotz der – später als falsch enttarnten – Beweise keine entsprechende Resolution und ließen Bush ohne UN-Mandat. Über zehn Jahre hatten die Vereinten Nationen massive Sanktionen gegenüber dem Irak aufrechterhalten, UN-Kontrolleure hatten Zugang zu den Waffenfabriken des Regimes.
Auch nachdem Bush Beweise präsentierte, die zeigen sollten, dass der Irak im Besitz von Massenvernichtungswaffen sei und diese islamistischen Terroristen für einen Anschlag auf die westliche Welt zur Verfügung stellte, plädierten viele UN-Staaten für eine friedliche Lösung des Konflikts, allen voran Deutschland, Russland und Frankreich.[4]
Die Vereinten Nationen beschlossen eine weitere Resolution, die den Irak verpflichtete unter Beobachtung der Kontrolleure seine schweren Waffen und Trägerraketen zu demontieren. Staaten wie Deutschland und Frankreich teilten den Amerikanern bereits sehr früh mit, dass sie an einer militärischen Lösung nicht teilhaben würden. Auch die Öffentlichkeit in Deutschland unterstützte diesen Weg. Millionen Menschen gingen weltweit gegen den drohenden Krieg und für eine friedliche Lösung auf die Straße, in Deutschland demonstrierten Hunderttausende.
Bush beharrte jedoch weiterhin darauf, dass vom Irak eine Bedrohung ausgehe. Mit der „Koalition der Willigen“, bestehend aus 43 Staaten, darunter Großbritannien, Polen und Spanien, ohne ein genehmigendes UN-Mandat für diesen Einsatz marschierte die US-Armee in den Irak ein, begleitet von internationalen embedded journalists, also Journalisten, welche die kämpfenden Einheiten begleiteten. Ähnlich wie schon während des Afghanistankrieges nahmen sie am Vormarsch der Koalitionstruppen teil und auch in den irakischen Städten hielten sich nach Kriegsbeginn noch Journalisten auf. So erhielten die Redaktionen der Fernsehnachrichtensendungen während des gesamten Krieges Informationen von beiden Seiten der Front.
Ebenso wurde über Ereignisse, die durch den Irak-Krieg ausgelöst wurden, wie beispielsweise Friedensdemonstrationen in aller Welt, berichtet. Besonders den Demonstrationen in islamischen Ländern schenkte man verstärktes Interesse. Dort zeigten die Demonstranten große Solidarität mit den Irakern und ihre Verachtung für die Amerikaner, indem sie amerikanische Fahnen verbrannten und sich Straßenschlachten mit der Polizei lieferten.
Täglich gingen unzählige Informationen über Ereignisse im Irak über den Äther. Allein in den öffentlich-rechtlichen Medien ARD und ZDF wurde in der Zeit vom 10. März bis 13. April 2003 von 17.00 Uhr bis 1.00 Uhr 9.825 Minuten lang über den Irak berichtet.[5]
Geht man davon aus, dass die Medien nicht nur die gesellschaftliche Realität widerspiegeln, sondern sie gleichzeitig auch konstruieren[6], entsteht durch einen möglichen Framing-Effekt, also eine eingeschränkte Darstellung eines Sachverhaltes, bei der Berichterstattung über den Irak bei dieser hohen Frequenz eine massive Beeinflussung und Homogenisierung des Rezipienten.
In den Jahren 2004 und 2006 führte das Institut für Demoskopie Allensbach Umfragen durch, in denen die Stimmung gegenüber dem Islam in Deutschland herausgefunden werden sollte Dabei kam heraus, dass gerade einma acht Prozent der Deutschen dem Islam Friedfertigkeit bescheinigten. Die Furcht vor einem Kampf der Kulturen hatte sich innerhalb von zwei Jahren deutlich verschlimmert. Glaubten im Jahr 2004 46 Prozent der Befragten, dass es einen solchen Kampf geben könne, sagten im Jahr 2006 56 Prozent der Deutschen, dass ein solcher Konflikt bereits kurz bevorstehe.[7]
Ein möglicher Grund für diese Verschlechterung der Einstellung könnte ein Framing-Effekt bei der Berichterstattung über den Islam sein. Aufgrund dieser Vermutung stellt sich die Frage, in welchem Maß bei der Berichterstattung über den Irak-Krieg eine subjektive Wertung eines Redakteurs einfloss. Sollte dies der Fall sein, so könnte durch Framing die Berichterstattung über den Irak negativ verzerrt worden sein.
Eine weitere Überlegung hierbei wäre, ob nicht durch die Widerspiegelung der Realität ein kritisches, pazifistisches Bild des Irak-Krieges gezeichnet werden müsste. Begründet werden kann dies mit der breiten gesellschaftlichen Ablehnung eines militärischen Eingreifens im Irak. Betrachtet man diese beiden Überlegungen, so drängt sich die Frage auf, inwieweit bei seriösen Nachrichtensendungen Ereignisse die den Islam oder den Irak betreffen objektiv und ohne Parteinahme dargestellt wurden.
Daraus ergibt sich die Hypothese: Wenn über den Irak oder den Islam berichtet wird, dann wird ein positives oder neutrales Bild vermittelt.
Die Überprüfung der Hypothese soll mit Hilfe der Inhaltsanalyse anhand der Tagesschau durchgeführt werden und dabei auf mögliche Tendenzen in Wertungen und Darstellungen hin ausgearbeitet werden.
2. Wissenschaftstheoretischer Bezug
Eine genaue Definition des Begriffs der Inhaltsanalyse ist schwer, da sich diese Methode nicht nur mit der Analyse von Inhalten der Kommunikation beschäftigt. Im Ursprung ist diese Methode sozialwissenschaftlichen Ursprungs, mit deren Hilfe eine systematische, regel- und theoriegeleitete Analyse von fixierter Kommunikation durchgeführt werden kann. Das Ziel ist dabei Rückschlüsse auf bestimmte Aspekte der Kommunikation zu ziehen.[8]
Wer die ersten Inhaltsanalysen durchgeführt hat, lässt sich nur schwer nachvollziehen. Während zum Beispiel bei Schulz die erste Inhaltsanalyse in der Mitte des 18. Jahrhunderts im Auftrag der schwedischen Staatskirche in Auftrag gegeben wurde, um die Rechtgläubigkeit einer deutschen Sekte zu überprüfen, sind für Merten die Grundlagen der Inhaltsanalyse, deren frühe Entwicklung er „Phase der Intuition“ nennt, „so alt wie die Menschheit selbst“.[9]
Unabhängig davon, ob die Grundlagen der Inhaltsanalyse zeitlich in den frühen Tagen der Menschheit oder in die Mitte des 18. Jahrhunderts verortet werden, steht fest, dass die ersten quantitativen Inhaltsanalysen in der Zeit erstellt wurden, als Zeitungen zum Massenmedium wurden. Einen der ältesten Beiträge stellt hierbei die „Analyse der Themen der New Yorker Zeitungen (1881 bis 1893) nach semantischen Kategorien“[10] dar.
Getragen durch eine positiv-behavioristische Denktradition, die Weiterentwicklung der empirischen Sozialforschung, die Verbreitung von Propagandamaterial und den Aufstieg der Massenmedien wie Radio und Fernsehen, entwickelte sich die Inhaltsanalyse zu einer eigenständigen wissenschaftlichen Methode, die ihren ersten Höhepunkt etwa zur Zeit des Zweiten Weltkriegs erreichte.
Der als „Vater der Inhaltsforschung“[11] geltende Howard D. Lasswell führte die Projekte „World Attention Survey“ sowie der „RADIR – Revolution and the Development of International Relations“ durch. Ziel dieser Analysen war es herauszufinden, inwieweit sich politisch-ideologische Konzepte in internationalen Zeitungen niederschlugen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam es zu einer „interdisziplinären Erweiterung“[12], die Methode fand internationale Anerkennung und die Zahl der entsprechenden Publikationen stieg stark an. Mit der Entwicklung der maschinellen und computergestützten Inhaltsanalyse in den 70er Jahren verlagerte sich das Interesse der Sozialwissenschaften in diesen Bereich.
Seither, so Früh, habe es auf dem theoretischen Gebiet der „konventionellen“ Inhaltsanalyse keine tiefgreifenden neuen Entwicklungen gegeben, obwohl die theoretischen Grundlagen der Inhaltsanalyse, sowie die Bedingungen der methodischen Umsetzung einer weiteren Bearbeitung bedürften.[13]
Trotz des Nachholbedarfs in diesen Bereichen findet die Inhaltsanalyse in vielen Wissenschaftsdisziplinen Anwendung, wie zum Beispiel in der Psychologie bei der Auswertung von Testbögen oder zur Analyse von Traumberichten in einer Psychiatrie.[14]
Häufig wird die Inhaltsanalyse bei der Analyse von Massenkommunikation angewendet, um dort Berichterstattungen über bestimmte Themen über einen Zeitraum hinweg zu beobachten, oder einen Vergleich zwischen unterschiedlichen Quellen, wie zum Beispiel verschiedenen Zeitungen, anzufertigen.
3. Forschungsdesign
Die Auswahl der Analysemethode richtet sich nach der Aufgabenstellung. Legt man das Kommunikationsmodell von Roman Jacobson mit den Komponenten „Sender – Nachricht – Empfänger“ zugrunde,[15] so unterscheiden sich die Theorien und Analyse-Modelle durch die Betrachtung des jeweiligen Kommunikationsteilnehmers und / oder –gegenstandes. Eine Analyse auf linguistischer Ebene betrachtet meist Semantik und Syntax der Nachricht, während die Inhaltsanalyse und die Medienwirkungsforschung den Text und dessen Kontext betrachten. Auf einer anderen Ebene unterscheiden sich diese beiden Methoden jedoch massiv: Während die Medienwirkungsforschung die Auswirkungen eines Textes auf den Rezipienten betrachten, untersucht die Inhaltsanalyse den Text selbst.
Um die Objektivität der Berichterstattung über den Irak in den Medien zu überprüfen, kann sowohl die inhaltliche Analyse als auch die Wirkungsforschung sinnvoll sein. Letztere verwendet dabei Umfragen und Rezeptionsstudien, um die Wirkung der Nachrichteninhalte auf den Rezipienten zu ermitteln. Aus den Ergebnissen dieser Studien ließe sich dann ersehen, wie das vermittelte Bild auf den Rezipienten gewirkt hat. Diese Methode lässt sich hier jedoch aus mehreren Gründen nicht durchführen. So kann aufgrund des in der Vergangenheit liegenden Analysezeitraumes die Rezeptionsstudie nicht durchgeführt werden, da keine Ergebnisse aus von diesem Zeitpunkt durchgeführten entsprechenden Studien vorliegen. Also müsste versucht werden, aus der Sicht heutiger Rezipienten auf das Aufnahmeverhalten der Rezipienten während des Analysezeitraumes zu schließen. Die in der Zwischenzeit gemachten kognitiven Erfahrungen und erworbene Informationen der Rezipienten können dabei jedoch nicht eliminiert werden, wodurch sich das Aufnahmeverhalten nicht simulieren oder reproduzieren lässt.
Anders verhält es sich bei der Inhaltsanalyse. Hierbei gibt es keinerlei Beeinflussung des zu untersuchenden Datenmaterials durch kognitive Erfahrungen und erworbene Informationen, da sich die Inhalte der analysierten Sendungen nicht verändern.
Im folgenden Kapitel wird näher auf die Inhaltsanalyse, ihre Definition, die Zielsetzung sowie ihre Vor- und Nachteile eingegangen. Im weiteren Verlauf folgt dann eine Betrachtung der Bewertungsanalyse, welche die Grundlage der hier erfolgten Auswertung darstellt.
3.1 Die Inhaltsanalyse
Zu Beginn gilt es zu klären, was unter dem Begriff der Inhaltsanalyse verstanden wird und welche Vor- und Nachteile diese hat. Die Inhaltsanalyse ist eine „empirische Methode zur systematischen, intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen; häufig mit dem Ziel einer darauf gestützten interpretativen Inferenz“.[16]
Dabei gibt es zwei mögliche Formen der Analyse, zum einen die qualitative, zum anderen die quantitative Methode, die meist interdisziplinär angelegt sind.[17]
3.1.1 Formen der Inhaltsanalyse
Der Vorgang der Inhaltsanalyse verläuft nach einem bestimmten Muster, wonach zu Beginn Kommunikationsinhalte nach festgelegten Regeln in Kategorien eingeordnet werden.
Bei der quantitativen Inhaltsanalyse wird für jede Dimension eine Analysekategorie entwickelt und diese statistisch ausgewertet, um die Häufigkeit von Merkmalen festzustellen. Ziel ist es, über diese Häufigkeit auf die Intensität einer Einstellung des Autors zu schließen.
Demgegenüber steht die qualitative Inhaltsanalyse, die auf die Analyse der dem Text zugrunde liegenden „Meinungs- und Einstellungsdimension“ zurückgeht.[18]
Für eine Inhaltsanalyse muss zunächst ein Kategoriensystem gebildet werden, in das die Merkmale eingeordnet werden können. Abhängig von der Vorgehensweise werden die Kategorien aus der Theorie (deduktiv) oder direkt aus dem Material gebildet (induktiv).[19] Es folgt eine Einordnung der Inhalte und Einordnung in die Kategorien durch den oder die Kodierer. Um Objektivität zu schaffen, sollte hierbei der Kodierer nicht an der Kategorisierung teilgenommen haben.
An dieser Stelle wird bei der quantitativen Inhaltsanalyse anhand von statistischen Erhebungen auf Ergebnisse und über eine Frequenzanalyse auf die Gewichtung der Kategorien geschlossen.
Bei der qualitativen Inhaltsanalyse erfolgt nicht nur eine Darstellung der Inhalte, sondern auch eine Analyse auf formale Aspekte und latente Sinninhalte.
Der allgemeine Vorteil der Inhaltsanalyse ist, dass durch eine Einordnung in Kategorien keine Beeinflussung des Untersuchungsgegenstandes stattfindet, so dass die zu analysierenden Materialien im Nachhinein untersucht werden können. Beachtet man eine strikte Trennung zwischen den an der Kategorisierung teilnehmenden Personen und den an der Auswertung beteiligten Vercodern, so ist auch Objektivität gewährleistet.
Ein großer Nachteil der quantitativen Inhaltsanalyse besteht darin, dass die Häufigkeit, mit der bestimmte Merkmale in den Nachrichtenbeiträgen erscheinen, bei der Auswertung mit ihrer Bedeutung gleichgesetzt wird. Dadurch können Inhalte durch häufige Nennung mehr Gewicht gewinnen, wohingegen die Abwesenheit von Inhalten nicht wahrgenommen wird.
Eine Eliminierung dieses Problems erfolgt nur, wenn aus dem Kontext der einzuordnenden Textteile auf Tendenzen im gesamten Text geschlossen werden kann. Dabei handelt es sich jedoch um eine qualitative Methode. Die Durchführung dieser Form der Inhaltsanalyse wird in dem folgenden Kapitel näher erläutert.
3.1.2 Die Valenz- und Bewertungsanalysen
Bei den Valenz- und Bewertungsanalysen handelt es sich um „inhaltsanalytische Verfahren, bei denen bestimmte Textbestandteile nach einer zwei- oder mehrstufigen Einschätzungsskala skaliert werden.“[20]
Um aus dem Kontext eines Textteiles auf die Tendenzen eines ganzen Textes oder einer Nachricht zu schließen, bedarf es einer angemessenen Einordnung in Kategorien. Während bei der Inhaltsanalyse die Einordnung in Kategorien dahingehend unterschieden wurde, ob und wie häufig ein Begriff in einer Nachricht verwendet wird, bedarf es bei der Valenzanalyse, einer weiterentwickelten Form der quantitativen Inhaltsanalyse, einer Einordnung in bewertete Kategorien mit einer negativen, positiven oder neutralen Tendenz. Statt beispielsweise die Häufigkeit des Begriffes „Islam“ in einem Nachrichtenbeitrag zu erheben, überprüft die Valenzanalyse, ob es zu einer Wertung kommt.
Für eine Analyse von gesprochenen Nachrichtenbeiträgen reicht dies jedoch nicht aus. So kann allein die Betonung eines Satzteiles die Einordnung in die Kategorie beeinflussen. Um auch diese Form von Bewertungen erfassen zu können, bedarf es einer erweiterten Valenzanalyse, der Bewertungsanalyse. Durch eine Einordnung der Beiträge nach ihrer Intensität ist es möglich zu bestimmen, wie stark die positive oder negative Tendenz einer Nachricht ist.
So könnte bei einem fiktiven Beispiel zwar die gleiche Anzahl von positiven und negativen Aussagen verwendet worden sein, durch die häufige Verwendung von besonders negativen Aussagen wäre diese Nachricht als negativ einzuordnen. Der Umgang mit solchen Wertungen wird in Kapitel 2.4 näher beschrieben.
Kritisch bei dieser Form der Analyse ist die Überprüfbarkeit der Reliabilität der Methode. Diese Bewertung erfolgt in der Regel über die Untersuchung der Intercoder-Reliabilität.
Dabei wird ein und dieselbe Nachricht durch mehrere Kodierer analysiert und die Ergebnisse miteinander verglichen. Abhängig von der Höhe der Inferenz einer Nachricht wird eine unterschiedlich starke kognitive Leistung von den Kodierern verlangt. Handelt es sich um eine hoch-inferente Nachricht, so sind diese Daten nicht ohne größere Interpretation der bewertbar.
In den meisten Fällen gibt es bei diesen hoch-inferenten Nachrichten eine geringe Interkoder-Reliabilität, da die Interpretation durch kognitive Erfahrungen beeinflusst wurde.[21] Dies führt dazu, dass es in den meisten Fällen bei stark differenzierten Untersuchungen wenige Übereinstimmungen gibt, aber dennoch aussagekräftige Ergebnisse entstehen. Der Kritikpunkt an der Überprüfung der Intercoder-Reliabilität ist, dass die Unterschiede von Interpretationen, bedingt durch kognitive Entwicklungen oder persönliche Unterschiede, nicht die Ausnahme sondern die Regel darstellen.[22]
In der Annahme, dass es sich bei dem Analysematerial um hoch-inferentes Datenmaterial handelt, wird die schwere Überprüfbarkeit der Reliabilität nicht als Ablehnungsgrund der Bewertungsanalyse gesehen und diese Methode für die Auswertung herangezogen.
Als erster Schritt der Inhaltsanalyse erfolgt eine formale und inhaltliche Kategorienbildung. Dabei ist es die Aufgabe der ersten gebildeten formalen Kategorien lediglich eine Unterscheidung der Darstellungsformen zu ermöglichen. Anhand dieser können die entsprechenden Beiträge identifiziert werden. Die Bewertungsanalyse bedarf ebenfalls einer qualitativen Kategorienbildung, die sich an gesprochenen Worten sowie ausgestrahlten Bildern und Filmen orientiert. Beide Kategorien werden im nächsten Kapitel näher bestimmt.
3.2 Formale Kategorie
Bei der Erstellung der formalen Kategorien werden die Unterschiede in der Darstellung der Inhalte erhoben. Zu unterscheiden sind Schlagzeilen, die direkt nach Beginn des Intros eingespielt werden. Hier werden häufig aktuelle Ereignisse vorweggenommen, um sie im weiteren Verlauf der Sendung neu aufzugreifen.
Eine weitere Form der Nachrichtenvermittlung ist die Sprechermeldung, bei der ein Nachrichtensprecher eine kurze Meldung verliest. Diese wird durch die Einblendung von kurzen Texten und Bildern im Hintergrund unterstützt.
Ein Filmbericht ist ein filmischer Beitrag, in dem die Hauptnachricht im gesprochenen Inhalt liegt. Diese Nachricht wird durch die gezeigten Bilder unterstützt. Selten dienen die Filmaufnahmen auch zur Dramatisierung oder Überzeichnung oder auch zum Abschwächen eines Inhaltes. Ein Reporter- oder Korrespondentenbericht lässt den Rezipienten an einem zeitgleich stattfindenden Ereignis teilnehmen, diese Form der Liveberichterstattung ist jedoch selten. Bei der Reportage handelt es sich um einen inhaltlich und zeitlich umfassenden Bericht, der auch andere Elemente, wie Interviews oder Statements einschließen kann. Der Autor wird bei dieser Form der Berichterstattung durch persönliches Auftreten kenntlich gemacht.
Weitere Formen der Berichterstattung sind Interviews und Statements, bei denen eine Person mit Sachkenntnissen oder einer bestimmten Funktion entweder im direkten Gespräch mit einem Reporter steht oder kurz zu etwas Stellung bezieht.
3.3 Inhaltliche Kategorien
Für eine Bewertungsanalyse erfolgt eine deduktive Einordnung in Kategorien, in welche die Inhalte eines Nachrichtenbeitrages eingeordnet werden können. Um das Gütekriterium der Interkoder-Reliabilität zu erfüllen, wurden Kategorien wechselseitig exklusiv und voneinander unabhängig definiert.[23]
Zunächst wurden die drei Kategorien „negativ“, „neutral“ und „positiv“ gebildet, in welche die Kategorienelemente eingeordnet werden. Diese Hauptkategorien orientieren sich an der am Anfang der Arbeit aufgestellten Hypothese, um eine allgemeine Gültigkeit zu erreichen. Die Bestimmung der Kategorien gestaltet sich jedoch komplizierter, da diese Einordnung bestimmte Kriterien erfüllen muss. So muss das Kategorienschema der theoretischen Ebene von der Hypothese abgeleitet werden, damit die Kategorien auch erfassen, was untersucht werden soll. Des Weiteren soll das Kategorienschema vollständig sein und alle Inhalte erfassen. Dabei ist die wechselseitige Exklusivität der Kategorien wichtig.[24]
3.3.1 Positive Kategorien
Für die positiven Kategorienelemente wurden Inhalte gewählt, durch die eine differenzierte Betrachtung von Ereignissen und Begebenheiten ermöglicht wird, sowie die Kriegsgeschehnisse im Irak kritisch darzustellen und sie womöglich sogar zu hinterfragen.
Darunter fällt die Erwähnung von zivilen Opfern, die durch Luftangriffe während des Krieges und Anschläge ihr Leben verloren (1.1) Dadurch wird die Realität des Krieges im Irak widergespiegelt und eine Verharmlosung des Krieges verhindert. Als Beispiel kann hier der Bericht über eine fehlgeleitete Rakete genannt werden, bei deren Einschlag es zivile Opfer gab. Bilder weinender und trauernder Menschen fallen ebenfalls darunter.
Wichtig für eine differenzierte Betrachtungsweise ist eine Betonung einer extremistischen Gesinnung bei Terroristen (1.2), um eine Verallgemeinerung zu verhindern. Auch die Betonung, dass es sich bei terroristischen Organisationen um islamistische, islamisch-fundamentalistische oder extremistische Gruppen handelt (1.3) ist hierfür bedeutsam.
Bei der Darstellung eines muslimischen Geistlichen, der sich für Frieden ausspricht oder eine friedliche Lösung im Irak fordert (1.4), wird dem Rezipienten das Bild einer Religion vermittelt, für die Frieden eine bedeutende Rolle spielt.
Durch eine Darstellung des Iraks in einer Opferrolle sowie Amerika in der Rolle eines übermächtigen Aggressors von außerhalb (1.5) entsteht das Bild eines kleinen Staates, der sich gegen die Machtdemonstrationen und Angriffe eines der am militärisch stärksten Länder der Welt behaupten muss.
Zum anderen wird dabei die Absurdität des Krieges zwischen der hochmoderne amerikanischen und der sehr schlecht ausgerüsteten irakischen Armee
Um auch positive Äußerungen und Darstellungen, die nicht in eine der Kategorien passen, zu erfassen, umfasst das letzte Kategorienelement die positiven Parteinahmen (1.6). Als Beispiel ist ein Bericht zu nennen, wonach eine Untersuchung ergeben habe, dass der Irak in keiner Weise an den Angriffen auf das World Trade Center beteiligt gewesen sei
3.3.2 Negative Kategorien
Für die negative Kategorie wurden Kategorienelemente gewählt, die ein negatives oder verfälschtes Bild vom Irak, dem Islam oder von Moslems zeigen.
So ist die Darstellung des Iraks bzw. des irakischen Volkes als rückständig oder geringerwertig (2.1) eine negative Wertung. Als Beispiel hierfür wäre die Gegenüberstellung des Todes von 500 irakischen Soldaten mit dem Abschuss von zwei US-Kampfhubschraubern zu nennen. Die Berichterstattung über muslimische Geistliche, die eine Hasspredigt halten (2.2), stellt das inhaltliche Pendant zur Kategorie (1.4) dar. Bei dieser Darstellung wird das Bild eines intoleranten Islam gezeigt, der andere Religionen und Kulturen nicht achtet.
Es folgen die Verallgemeinerungen über den Islam oder die arabischen Länder (2.3). Durch diese Darstellung entsteht ein massiv verallgemeinertes und verfälschtes Bild des Islam, welches zur Bildung von Stereotypen führen kann. Ein Beispiel wäre die Darstellung, dass die arabische Öffentlichkeit die Verluste von Menschen und Maschinen auf Seiten der Amerikaner als Sieg ansieht. Durch die unreflektierte Aufnahme dieser Aussage kann ein nachhaltiges Vorurteil entstehen.
Auch der Ausruf des Heiligen Krieges für alle Moslems durch islamische Geistliche, sowie die Aufforderung zu Selbstmordanschlägen (2.4) führt zur Ausbildung von Stereotypen. Durch eine unreflektierte Betrachtung dieser Inhalte kommt es zu einer latenten Furcht vor Moslems. Dabei wird ein gewaltverherrlichender Islam suggeriert.
Ein weiteres negatives Kategorienelement ist die Darstellung gefangener oder getöteter Soldaten der „Koalition der Willigen“ zu Propaganda-Zwecken im irakischen Fernsehen (2.5). Die Darstellung von Toten ruft bei dem Rezipienten ein Unverständnis über mangelnde Pietät hervor. Bei Bildern von gefangenen Soldaten empfindet der Rezipient aufgrund einer Abstammung aus einem ähnlichen Kulturkreises Mitleid mit den Gefangenen auf der einen und gleichzeitig Verachtung für die andere Seite.
Die Bilder von gewaltbereiten Moslems (2.6), die im Rahmen einer Beerdigung laut rufend oder sogar bewaffnet gezeigt werden, vermitteln das Bild eines unkontrollierbaren Mobs. Durch diese Darstellung erscheint eine Gruppe Menschen noch bedrohlicher.
Bilder von jubelnden Irakern, die den Tod von gefallenen Koalitions-Soldaten feiern (2.7), gelten aus dem gleichen Grund negativ. Die Darstellung eines Mobs, der seine Freude über den Tod von Menschen öffentlich zur Schau stellt, löst beim Rezipienten ein Angstgefühl aus.
Die Bilder von brennenden US-Fahnen bei Demonstrationen (2.8) zeigen die massive Verachtung der Demonstranten für das Land, dessen Fahne verbrannt wird.
Auch Berichte über geplante oder durchgeführte islamistische Anschläge, die in der einen oder anderen Form mit dem Irak in Verbindung gebracht werden können (2.9) wirken negativ. Durch diese Inhalte wird dem Rezipienten suggeriert, dass der Irak mit Terroristen sympathisierte und der Angriff der Amerikaner somit begründet war.
Auch die Darstellung des Iraks als eine Bedrohung (2.10) vermittelt dem Rezipienten den Eindruck, dass durch die militärische Intervention diese Bedrohung beseitigt wurde.
Das letzte Kategorienelement umfasst die negative Parteinahme, also negative Aspekte, die keiner der anderen Kategorien zugeordnet werden können (2.11), wie die Vermutung eines Korrespondenten, dass es sich bei den Exil-Irakern, die sich freiwillig für den Kampf gegen Amerika melden, für Saddam Hussein nur um „Kanonenfutter handele“.
3.3.3 Neutrale Kategorien
In die inhaltlichen Kategorienelemente für neutrale Berichterstattung werden Inhalte und Darstellungen eingeordnet, die weder wertend sind, noch eine Tendenz in der Darstellung eines Sachverhaltes erkennen lassen. Darunter fallen die Darstellung von Kriegsstrategien, Angriffsstatistiken sowie Berichte über diplomatische Verhandlungen (3.1). Wichtig hierbei ist, dass in diesem Zusammenhang keine Opferzahlen erwähnt werden. Die Erwähnung von Opfern bei Angriffen ist dann neutral, wenn bei der Darstellung militärische und zivile Opfer gleichwertig dargestellt werden (3.2). Als Beispiel sei die Bilanz einer Explosion eines Munitionslagers, in dem zwölf Toten, darunter sechs US-Soldaten, genannt werden.
Ein weiteres neutrales Kategorieelement ist die Hinterfragung des Wahrheitsgehalts einer Information (3.3), da es sich dabei um eine Grundpflicht eines Journalisten handelt. Ein Beispiel hierfür wäre die kritische Stellungnahme eines Reporters, der aufgrund mangelnder Beweise den Einschlag von irakischen Raketen in Kuwait als vermutliche Propagandameldung interpretiert.
Sollte in einer Sendung keine der positiven oder negativen Kategorien vertreten sein, so fällt dies unter die Kategorie 3.4.
Sendungen, in denen der Irak nicht thematisiert wird, werden als „nicht relevant“ mit der Kategorie 4 gekennzeichnet.
3.4 Bewertung von Kategorien und Gewichtung von Aussagen
Entgegen der üblichen Vorgehensweise wird bei dieser Ausarbeitung jedoch keine Abstufung zwischen den Bewertungskriterien vorgenommen. Die Grundlage für diese Entscheidung bildet die Beobachtung von Nachrichtenbeiträgen.
Hierbei fiel auf, dass es, wie zum Beispiel bei Printmedien üblich ist, keine standardisierte Länge von Nachrichtenbeiträgen gibt. Abhängig von der Aktualität eines Ereignisses und der inhaltliche Ausarbeitung eines Themas variiert die Länge eines Beitrages massiv.
Ein weiterer Grund ist der Aufbau sowie die inhaltliche und gestalterische Darstellung von Nachrichtenbeiträgen. In den meisten Fällen bestehen die Beiträge aus der Aneinanderreihung von kurzen Filmsequenzen und dem darüber gesprochenen Kommentar.
Bedingt durch einen Mangel von verfügbarem, themenrelevantem Filmmaterial können zum Beispiel anstelle von Filmsequenzen Bilder gezeigt werden, die nur in geringem Maße den Inhalt des Beitrages mittragen, wodurch die eigentliche Wirkung eines Kategorieelementes abgeschwächt oder sogar vollkommen aufgehoben würde.
Auch der Aufbau und Ablauf eines Filmbeitrages, sowie die Beiträge, die zuvor oder direkt danach gesendet werden können hierbei eine Rolle spielen. Folgt auf eine Propaganda-Rede ein kritischer Kommentar eines Korrespondenten, so ist die Wirkung der Rede eine deutlich andere, als bei einer allein stehenden, kommentarlosen Ausstrahlung.
Bedingt durch diese Störfaktoren wurde auf eine Abstufung der Bewertungskriterien verzichtet. Um eine Bewertung der Kategorienelemente zu ermöglichen, wurden die Kategorieelemente einzeln auf eine besonders positive oder negative Tendenz hin analysiert. Dadurch ergibt sich eine Skala von -3 (sehr negativ) über 0 (neutral) bis +3 (sehr positiv).
Bei der Vergabe der Bewertungen wurden nur Themen, die einen inhaltlichen Bezug zum Irak haben, einer Gewichtung unterzogen. Um die Netto-Wertung einer gesamten Sendung zu bestimmen, wurden die einzelnen Kategorieelemente eines Tages miteinander addiert und das Ergebnis anhand der Bewertungsübersicht zugeordnet:
Tabelle 2.4 Gewichtung von Sendungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aus Gründen der Vereinfachung bei der Analyse wurde im Anhang eine andere Form der Kenntlichmachung von besonders negativen oder positiven Wertungen mit einem + oder – Zeichen gewählt.
4. Das Untersuchungsmaterial
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem von den Medien gezeichneten Bild des Islam, des Iraks sowie der irakischen Bevölkerung im Vorfeld, Verlauf und in der Folge des Irak-Krieges. Dies ist aus mehreren Gründen eine interessante Perspektive: Zum einen stellt der Krieg im Irak, nach Afghanistan, den zweiten offiziellen Schauplatz des amerikanischen „Krieg gegen den Terror“ dar, also den Versuch den internationalen, islamistischen Terrorismus mit militärischen Mitteln zu bekämpfen.
In dem Ultimatum, mit dem George Bush den Diktator Saddam Hussein aufforderte, das Land innerhalb von 48 Stunden zu verlassen, formulierte er auch die Gründe für den Krieg. Demnach gebe es Beweise dafür, dass das irakische Regime Terroristen ausbilde und sie durch finanzielle Mittel unterstütze. Doch der schwerwiegendere Grund für eine Intervention sei die Tatsache, dass sich der Irak im Besitz von Massenvernichtungswaffen befinde, die er seit mehreren Jahren vor den UN-Kontrolleuren versteckt halte. Durch die enge Verbindung zwischen dem Irak und Al Qaida sei es nur eine Frage der Zeit, bis die Massenvernichtungswaffen in die Hände von Terroristen gerieten.
“The regime has a history of reckless aggression in the Middle East. It has a deep hatred of America and our friends. And it has aided, trained and harboured terrorists, including operatives of al Qaeda.
The danger is clear: using chemical, biological or, one day, nuclear weapons, obtained with the help of Iraq, the terrorists could fulfill their stated ambitions and kill thousands or hundreds of thousands of innocent people in our country, or any other.”[25]
Dem gegenüber stand die Position Deutschlands. Bestätigt durch die massiven Proteste der Bevölkerung gegen einen Krieg und unter wahlpolitischen Kalkulationen im Rahmen der anstehenden Bundestagswahl, bezog Gerhard Schröder Position gegen eine Militärintervention im Irak. Daraus resultierte die deutsche Verweigerung von militärischer Unterstützung für die US-Armee bei einem Angriff auf den Irak. Auch die Vereinten Nationen, die bis zuletzt an einer friedlichen Lösung der Frage festgehalten hatten und eine militärische Lösung ablehnten, verweigerten den Amerikanern die Unterstützung durch ein entsprechendes Mandat. Hinzu kommt, dass demnach ein militärischer Einmarsch in den Irak einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellte, da es sich beim Irak um einen souveränen Staat handelte.
Aufgrund dieser kontroversen Standpunkte ist es, wie bereits in der einleitenden Forschungsfrage erwähnt, interessant zu analysieren, inwieweit von Seiten der Medien versucht wurde, die Situation im Irak objektiv darzustellen oder ob für eine der Parteien Stellung bezogen wurde.
Zusätzlich dazu lassen sich folgende Forschungsfragen formulieren, die durch die Methoden der qualitativen und quantitativen Inhaltsanalyse beantwortet werden sollen:
- Wie verändert sich die Form und Dauer der Berichterstattung?
- Welche Themen wurden in der Berichterstattung behandelt?
- Mit welchen Darstellungsformen wurde gearbeitet?
Zur Beantwortung dieser Fragen werden die Materialien mit einem Methodenmix aus qualitativer und quantitativer Inhaltsanalyse bearbeitet.
4.1 Die ausgewählten Medien
Grundlage für die Auswahl der zu untersuchenden Medien war zunächst die Verfügbarkeit. Bedingt durch die geringe Anzahl an freien Online-Archiven von Nachrichtensendungen, wurde sich bei der Auswahl auf die zur Verfügung stehenden Materialien beschränkt.
Das einzige vollständige Archiv, welches kostenfrei zur Verfügung steht, ist das der ARD. Aufgrund der Tatsache, dass sowohl die Nachrichtenbeiträge der Tagesschau, als auch die der Tagesthemen, durch die gleichen Redaktionen vorbereitet und aufgearbeitet werden, erschien es nicht sinnvoll diese beiden Formate miteinander zu vergleichen.
Deshalb wurde das populärere Format, die 20 Uhr-Ausgabe der Tagesschau, gewählt. Sie gilt als beliebteste tägliche Nachrichtensendung in Deutschland und erreichte im Jahr 2007 durchschnittlich 8,95 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von 33 Prozent entsprach. Somit stellt die Tagesschau einen meinungsbildenden oder –beeinflussenden Faktor in der deutschen Fernsehlandschaft, neben der Nachrichtensendung „Heute“ des ZDFs, dar.[26]
Leider war es nicht möglich eine vergleichende Analyse von „Tagesschau“ und „Heute“ durchzuführen, da das ZDF-Format nicht über ein frei zugängliches Onlinearchiv verfügt. Durch die Beschaffung der Materialien wären hohe Kosten entstanden, aus welchem Grund eine solche Durchführung nicht möglich war.
4.2 Auswahl des Untersuchungszeitraumes
Nachdem das zu untersuchende Medium festgelegt wurde, bedurfte es einer Festlegung der Zeitspanne. Aufgrund der Medienpräsenz, die Ereignisse im Irak noch immer innehaben, kann die Zeitspanne der Erhebung bis zum heutigen Tag festgelegt werden.
Dadurch entsteht eine Grundgesamtheit von weit über 1900 Sendungen. Da eine vollständige Analyse dieser Gesamtheit im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich ist, wurde eine Teilerhebung durchgeführt. Hierbei wurden jeweils 15 Tage umfassende Zeitinseln, 7 Tage vor und 7 Tage nach einem bestimmten Datum, ausgewählt und analysiert.
Der erste Analysezeitraum beginnt am 13. März 2003 und endet am 27. März 2003. Dieser Zeitraum erfasst einen Teil die Kriegsvorbereitungen und den Beginn der Kampfhandlungen sowie die Kriegshandlungen. In dieser Zeit dominieren die Geschehnisse im Irak die Nachrichten.
Die zweite Zeitinsel beginnt am 24. April 2003 und endet am 8. Mai 2003. Dieser Analysezeitraum erfasst die letzten Tage des Irak-Krieges und damit verbunden die Pläne der „Koalition der Willigen“ für eine Nachkriegsordnung im Irak, sowie die ersten Tage des Nachkriegsiraks.
Aufgrund der sinkenden Zahl von Ereignissen mit hohem Nachrichtenwert im Irak wurde die Auswahl bei der Festlegung der weiteren Analyseeinheiten gelenkt, um eine zeitliche Kontinuität bei der Teilerhebung eine Kontinuität zu schaffen.
Zwar hätte man besondere Ereignisse, wie zum Beispiel die Verhaftung und Hinrichtung des ehemaligen Diktators Saddam Hussein oder einen besonders schweren Anschlag auf amerikanische Soldaten als Analysezeitraum wählen können, jedoch könnte es dadurch zu einer Verfälschung der Ergebnisse kommen. Zur Verdeutlichung ein fiktives Beispiel: Bei einem Zwischenfall an einer Straßensperre wird das Fahrzeug eines hohen Geistlichen im Irak zerstört, wobei dieser das Leben verliert. Aus diesem Ereignis resultieren massive Demonstrationen und Übergriffe auf amerikanische Soldaten. Auch in den darauf folgenden Tagen kommt es zu Demonstrationen, bei denen US-Fahnen verbrannt werden. So können durch ein bedeutsames Ereignis mehrere Sendungen negativ oder positiv beeinflusst werden. Dies würde zu einer Verfälschung der Ergebnisse führen.
Ein weiterer möglicher Fehler könnte, bei einer willkürlichen Auswahl von Sendungen, eine völlige Abwesenheit von Nachrichten aus dem Irak sein, da zu diesem Zeitpunkt ein anderes Ereignis größere Bedeutung fand (z.B. die Fußball-WM in Deutschland). Dadurch verringert sich die Anzahl der verwertbaren Sendungen. Um dies zu verhindern, wurde als Schlüsselereignis in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2007 der Jahrestag des Kriegsbeginns am 20. März gewählt. Durch die Jährung des Kriegsbeginns steigt die Wahrscheinlichkeit, dass an diesen Tagen Nachrichten mit dem Themeninhalt Irak gesendet werden.
Dadurch ergibt sich eine Anzahl von 90 Sendungen. Aufgrund des Fehlens der Sendungen vom 1. Mai 2003 sowie 27. März 2004 im Online-Archiv werden 88 Sendungen mit einer Gesamtdauer von 1289:22 Minuten analysiert.
5. Sequenzanalyse am Beispiel von drei Sendungen
Zur Verdeutlichung der Analysemethodik sowie des Hintergrundes der Bewertungsanalyse, werden im folgenden Kapitel drei Sendungen aus der bereits bestimmten Stichprobe gewählt. Auch hier handelt es sich um eine systematische Stichprobenauswahl, um die Berichterstattung vor Beginn des Irak-Krieges, währenddessen, aber auch nach Beginn der Kampfhandlungen analysieren zu können.
Aus diesem Grund wurde eine komplette Nachricht über den Irak aus jeweils einer der Sendungen aus der Stichprobe ausgewählt und näher betrachtet. Um eine mögliche positive oder negative Wertung in der Berichterstattung aufzudecken und darzustellen, wurde der Nachrichteninhalt in die zu Beginn des zweiten Kapitels erläuterten Kategorien eingeordnet. Handelt es sich bei einem Nachrichteninhalt um eine besonders starke oder schwache Form einer Wertung oder Darstellung, so wurde die Bewertung nach subjektiver Einschätzung des Codierers getroffen.
Im Folgenden soll dieser Prozess exemplarisch an einigen Beiträgen durchgeführt werden.
Aufgrund der hohen Frequenz von neutralen Darstellungen und der damit verbundenen hohen Frequenz von neutralen Einordnungen, wird bei der Codierung jeweils nur einmal die Kategorie vermerkt, auch wenn mehrere neutrale Inhalte des gleichen Kategorienelements dargestellt werden. Dadurch werden Mehrfachnennungen in der negativen Kategorie ausgeschlossen. Dies erfolgt, da keine Gewichtung der neutralen Kategorien durchgeführt wurde und auch nicht sinnvoll ist.
5.1 Die Sendung vom 16. März 2003
Die Nachrichtenausgabe vom 16. März 2003 befasst sich sowohl mit den Vorbereitungen des Irak-Krieges, als auch mit den politischen Verhandlungen, die noch bis kurz vor Kriegsbeginn geführt wurden. Auf die Darstellung der diplomatischen Bemühungen zur Vermeidung eines Krieges, sowie die konsequente Position der „Koalition der Willigen“ (Bush), wird in der Tagesschau besonders eingegangen. Die Darstellung dieser diplomatischen Verhandlungen ist in die Kategorie 3.1 einzuordnen.
Nach dieser Darstellung folgt eine Sprechermeldung von Jo Brauner:
Angesichts eines drohenden Militärschlages hat die Führung in Bagdad den Kriegszustand ausgerufen. Der Irak wurde in Militärbezirke aufgeteilt. Damit wolle sich das Land auf eine mögliche Invasion vorbereiten, hieß es.
Diese Nachricht ist als neutral zu bewerten und kann ebenfalls die Kategorie 3.1 eingeordnet werden. Es folgt ein Filmbeitrag aus dem Irak. Er zeigt Saddam Hussein hinter einem großen Schreibtisch in einem Saal voller uniformierter Soldaten. Es folgen Bilder einer kleinen Stadt sowie Aufnahmen von toten Männern, Frauen und Kindern. Der Kommentator Jörg Armbruster:
Als erste große Kriegsmaßnahme wird der Irak in vier Militärzonen aufgeteilt, das verkündete der irakische Präsident vergangene Nacht. Damit hat für das Land eine entscheidende Phase bei der Vorbereitung auf den kommenden Krieg begonnen. Den wichtigen Militärbezirk Bagdad soll Präsidentensohn Kusai übernehmen, der heute Chef der Republikanischen Garde ist. Den südlichen Bezirk, der an Kuwait angrenzt, befehligt Ali Hassan al-Majid, auch „Chemical Ali“ genannt. Heute vor genau 15 Jahren hatte er den Befehl gegeben das Kurdenstädtchen Halabscha mit Giftgas anzugreifen. Mindestens 5.000 Menschen waren damals elend gestorben.
Die in diesem Filmbeitrag verwendeten Archivaufnahmen der Stadt Halabscha zeigen, dass die Mitglieder des Regimes, allen voran Ali Hassan al-Majid, nicht davor zurückschreckten Giftgas gegen Zivilisten einzusetzen. In Verbindung mit der Aussage Armbrusters, dass die angegriffenen Kurden „elend gestorben“ seien, ist dieser Beitrag eine starke 2.10.
Es folgt ein kurzer Beitrag über die UN-Kontrolleure, die noch immer ihre Arbeit im Irak durchführen, jedoch unter stark erschwerten Umständen und mit reduziertem Personal. Auch seien die Fernsehteams mit der Vorbereitung ihrer Abreise aus Bagdad beschäftigt, die Bewegungsfreiheit werde zunehmend von der irakischen Armee eingeschränkt. Auch die deutschen Botschaftsangehörigen bereiten sich auf das Verlassen des Iraks vor, andere Botschaften würden folgen.
Daran schließt eine kurze Sprechermeldung mit Filmbericht an, die über eine Initiative von Russland, Frankreich und Deutschland berichtet, mit der versucht werde den Krieg im Irak noch zu verhindern. Diese Initiative wurde von den Amerikanern jedoch abgelehnt. Insgesamt sind diese Beiträge neutral und in die Kategorie 3.1 einzuordnen, da es sich beim Nachrichteninhalt um diplomatische Verhandlungen und Entwicklungen im Irak handelt.
5.2 Die Sendung vom 25. März 2003
Der Sprecher der Nachrichtensendung vom 25. März ist Jan Hofer, der nach der Begrüßung eine kurze Zusammenfassung der Kriegsgeschehnisse des Tages verliest:
Sandstürme haben heute den Vormarsch der amerikanischen und britischen Truppen behindert. Die Verbündeten setzten jedoch ihre Luftangriffe mit rund 1.400 Einsätzen unvermindert fort. Ziele waren Stellungen der republikanischen Garde.
Diese Darstellung hat weder eine Wertung noch werden Opferzahlen genannt. Aus diesem Grund fällt dieser Teil in die Kategorie 3.1.
Für die Bereitstellung von Informationen folgt eine Einblendung einer Karte des Iraks, auf dem die Städte Basra, Nazirija und Bagdad eingezeichnet sind.
Schwere Kämpfe tobten besonders um Nazirija und Basra. Bei Nazirija mussten die Verbündeten nach US-Angaben Verluste hinnehmen. Außerdem werden zwei Kampfhubschrauber vermisst. Bei den Gefechten sollen auch fünfhundert irakische Soldaten getötet worden sein.
Durch diese Darstellung entsteht ein inhaltliches Missverhältnis. Während auf Seiten der Amerikaner von nicht näher beschriebenen „Verlusten“ gesprochen wird, steht dem gegenüber die feste Zahl der fünfhundert getöteten Irakern. Der einzige numerische Vergleichswert, der im Kontext verfügbar ist, ist die Erwähnung zweier Kampfhubschrauber, die vermisst werden. So entsteht bei dem Rezipienten der Eindruck, dass das Leben von zweihundertfünfzig irakischen Soldaten dem Gegenwert eines vermissten Kampfhubschraubers entspräche. Durch diese Darstellung fällt dieser Beitrag in die Kategorie 2.1.
Anders interpretiert kann durch die Gegenüberstellung von toten Irakern und Kampfhubschraubern die übermächtige Militärstärke der Amerikaner dargestellt werden. Dadurch wird das Bild einer deutlich unterlegenen irakischen Armee impliziert, wodurch dieser Beitrag in die Kategorie 1.5 einzuordnen ist.
Es folgt eine weitere, kurze Zusammenfassung von Gefechten um die Stadt Basra in Form einer Sprechermeldung, die in einen Filmbeitrag übergeht. Zu sehen ist ein großer Trauerzug, dessen Teilnehmer laut rufend durch eine Straße ziehen. Die nächsten Aufnahmen zeigen mehrere weinende Frauen mit Kopftuch, die unter dem Vordach eines Geschäftes an der Kamera vorbeiblicken. Erneut erfolgt ein Bildwechsel und die laut rufende Menschenmenge wird erst von der Seite, dann sich auf die Kamera zu bewegend gezeigt.
An vorderster Stelle des Trauerzuges fährt ein Geländewagen mit großer Ladefläche, auf dem quer zur Fahrtrichtung ein Sarg steht, der mit einer irakischen Fahne verhüllt ist. Hinter dem Sarg stehen mehrere Menschen, zum Teil in Militäruniformen. Einer von ihnen stützt sich mit einem Maschinengewehr auf den Sarg. Neben und hinter dem Wagen laufen laut rufende und die Fäuste in die Luft streckende Männer.
Der Kommentator berichtet:
Der Tod gehört nach einer knappen Woche Krieg zum Alltag. Trauer mischt sich mit Wut auf die Angreifer. Von einem Präzisionskrieg hatten die Amerikaner vorher gesprochen. Inzwischen müssen sie einräumen, dass ihre Bomben nicht nur militärische Ziele getroffen haben, auch Frauen und Kinder zählen zu den Opfern, verlässliche Angaben gibt es, wie immer, nicht.
Untermalt wird der Kommentar durch die Bilder der weinenden Frauen. Diese Erwähnung und Darstellung fällt in die Kategorie 1.1.
Die deutlich eindrucksvolleren Inhalte des Nachrichtenbeitrages werden jedoch mit den folgenden Bildern der protestierenden Menschenmenge vermittelt.
Zwar handelt es sich um Bilder eines Trauerzuges, bedingt durch die Unterschiede in den kulturellen und geschichtlichen Entwicklungen erzeugt die Interpretation dieser Bilder jedoch eine andere Wirkung auf westliche Rezipienten als Bilder einer westlichen Beerdigung, die in der Regel als schweigende Prozession abgehalten wird. So wirkt der Trauerzug durch die gewählte Kameraposition wie eine auf den Rezipienten zukommende Bedrohung. Die offen zur Schau gestellten Waffen, aber auch die laut skandierende Menschenmenge verstärkt hierbei den Eindruck einer möglichen Gefahr.
Diese Darstellung der Bilder fällt in die Kategorie 2.6. Aufgrund der in dem Filmbeitrag vermittelten, gewalttätigen Atmosphäre wird dieser Beitrag als besonders negativ eingeordnet.
Es folgen Bilder aus Bagdad sowie ein Statement des Handelsministers des Iraks, dem aufgrund von Propagandainhalten keine weitere Beachtung geschenkt wird.
Daran knüpfen Bilder zweier amerikanischer Soldaten in Uniformen an, die auf Stühlen vor einer Wand sitzen. Über ihren Köpfen ist die irakische Fahne aufgehängt. Mit den nächsten Einstellungen wird über die persönlichen Habseligkeiten der Soldaten geschwenkt. Der Kommentator erklärt:
Diese Männer sollen die Piloten eines US-Hubschraubers sein, den die Iraker gestern abgeschossen haben, gefilmt vom irakischen Fernsehen. Propaganda, die gegen die Genfer Konvention verstößt. Kriegsgefangene dürfen nicht zur Schau gestellt werden.
Mit der Darstellung der amerikanischen Soldaten wurde vermutlich von Seiten des irakischen Fernsehen versucht zu zeigen, dass die Amerikaner besiegbar sind. Diese Bilder vermitteln, dass der Irak auch Gefangene macht und diese human behandelt, aber diese für ihre eigenen Zwecke im Fernsehen zur Schau stellt. Aufgrund der humanen Darstellung der Soldaten handelt es sich um eine schwache 2.5.
Durch den nachdrücklichen Hinweis des Korrespondenten Michael Heussen, dass die Darstellung der Soldaten gegen die Genfer Konvention verstoße, erhält der Beitrag eine Wertung. Denn festzustellen, ob diese Darstellung wirklich einen Verstoß gegen geltendes Kriegsrecht darstellt, ist die Aufgabe eines Gerichtes. Dadurch verstärkt Heusser die eigentlich schwach negative Tendenz der Bilder, so dass der Beitrag dadurch negativ wird.
Die nächsten Beiträge beinhalten Kriegsstatistiken, die bereits zu Beginn als neutrale Berichterstattung gewertet wurden, zum anderen ein Statement von Victor Renuart vom US-Zentralkommando in Katar und einen Korrespondentenbericht.
Nach einer Sprechermeldung über die Bombardierung der Städte Kirkuk und Mossul folgt ein Filmbeitrag über drei irakische Deserteure. Die Filmaufnahmen zeigen die Männer, die auf einem Sofa sitzen und mit einem Gesprächspartner hinter der Kamera sprechen. Dazu der Kommentar:
Deserteure der irakischen Armee. Sie sind am ersten Tag des Krieges bei Basra weggelaufen. Viele der Soldaten wissen gar nicht, was um sie herum vorgeht. Die meisten können ja kaum lesen und schreiben, wie sollen die sich informieren. Und sie sind eingespannt, von morgens fünf bis nachts um zehn. Jede Einheit hat jetzt ein eigenes Erschießungskommando für die, die weglaufen wollen.
Dieser Filmbeitrag zeigt zum einen den blinden Gehorsam der irakischen Soldaten auf, mit dem sie den Befehlen der irakischen Regierung Folge leisten. Was jedoch deutlicher vermittelt wird, ist die Rückständigkeit der irakischen Armee, in der kaum jemand lesen und schreiben könne. Dadurch werden die Iraker als Opfer dargestellt, die gegen einen angreifenden Feind kämpfen, ohne genau zu wissen warum. Dadurch handelt es sich um eine 1.5.
Durch die Erwähnung der Erschießungskommandos wird das rückständige Bild der irakischen Armee jedoch überzeichnet. Die Erschießung von Deserteuren vermittelt die archaischen Zustände in der irakischen Armee. Die Erschießung von Fahnenflüchtigen erinnert an die Hinrichtungen von deutschen Soldaten während des Zweiten Weltkrieges, die sich weigerten für die Nazis zu kämpfen. Aus diesem Grund ein negatives Bild der Kategorie 2.11.
5.3 Die Sendung vom 2. Mai 2003
Die Sendung vom 2. Mai befasst sich in der ersten Sprechermeldung, einem abschließenden Filmbeitrag sowie einem Statement von Tom Buhrow mit dem Irak-Krieg und dem offiziellen Ende der Kriegshandlungen. Sprecher Jo Brauner verliest:
Sechs Wochen nach Beginn des Irak-Krieges hat Präsident Bush die Hauptkampfhandlungen für beendet erklärt. Die USA und ihre Verbündeten hätten sich durchgesetzt, der Irak sei befreit, sagte er in einer Rede an Bord eines Flugzeugträgers vor der Kalifornischen Küste. Zugleich betonte er, es sei noch schwierige und gefährliche Arbeit zu erledigen, noch sei der Kampf gegen den Terrorismus nicht vorbei.
Es folgen die offiziellen Filmaufnahmen von Bord des Trägers. George Bush läuft über das Flugfeld, während im Hintergrund Soldaten stramm stehen. Tom Buhrow kommentiert:
Die perfekt inszenierte Kulisse auf dem heimwärts fahrenden Flugzeugträger USS Lincoln hatte dem Präsidenten eine halbe Stunde zur besten Sendezeit im amerikanischen Fernsehen garantiert. Die Kernaussage seiner Rede machte Bush gleich zu Anfang. Schnörkellos kam er im ersten Satz zum Punkt. Die Hauptkampfhandlungen im Irak sind vorbei, die USA und die Verbündeten haben gesiegt.
Jubel der anwesenden Soldaten auf dem Deck des Flugzeugträgers.
„Mission erfüllt“ stand folgerichtig auf dem Banner, das auf der USS Lincoln aufgespannt war. Bush betonte, dass für ihn der Krieg im Irak Teil des Anti-Terror-Feldzuges war.
‚Wir haben einen Verbündeten von Al Qaida beseitigt und eine Finanzierungsquelle für Terroristen trocken gelegt. Kein Terrorist wird jemals Massenvernichtungswaffen vom irakischen Regime erhalten, denn dieses Regime existiert nicht mehr.’
Bush erinnerte auch daran, dass noch viel Arbeit im Irak bevorstehe und noch nicht alle Teile des Landes gesichert seien.
Es folgt ein Korrespondentenbericht von Tom Buhrow, der vor einer Straße in einer nicht genannten Stadt in den USA steht.
Amerika stellt im Augenblick des Sieges keine kritischen Fragen an den Oberbefehlshaber, aber die Weltöffentlichkeit wartet gespannt darauf, ob im Irak noch Massenvernichtungswaffen gefunden werden, wegen derer der Krieg offiziell ja begonnen wurde. Bush sagte, man suche danach. Vom Ergebnis dieser Suche wird unter anderem abhängen, ob der Präsident nach dem Krieg auch den Frieden gewinnt.
Durch die Verwendung der Bilder des inszenierten Auftrittes George Bush wirkt der Beitrag zu Beginn wie ein Werbefilm, dessen Ziel es ist den Zuschauer zu überzeugen, dass der Krieg im Irak ein höheres Ziel hatte und dadurch gerechtfertigt gewesen sei.
Durch den Kommentar Buhrows schwindet dieser Eindruck jedoch schnell. Durch die verwendeten Worte wie „perfekt inszeniert“ und „schnörkellos“ erhält der erste Teil des Beitrages jedoch einen ironischen Unterton.
Der anschließende Korrespondentenbericht knüpft zwar nicht weiter an die Ironie an, jedoch wird indirekt hinterfragt, ob es die besagten Massenvernichtungswaffen im Irak überhaupt gegeben habe oder ob diese noch gefunden würden. Insgesamt ist der gesamte Nachrichtenblock eine neutrale Darstellung der Ereignisse.
Diese kurze, exemplarische Analyse von Nachrichtenbeiträgen soll darstellen, wie die Einordnung und Bewertung bei der Auswertung der Ergebnisse vorgenommen wurden.
5.4 Zusammenfassung der Ergebnisse
Ziel dieser Inhaltsanalyse ist es, zu untersuchen, ob Berichte in der ARD-Tagesschau über den Irak-Krieg ein negatives oder neutral-positives Bild des Iraks und des Islam vermitteln. Aus diesem Zweck wurden Sendungen der Tagesschau aus ausgewählten Zeitinseln auf ihre Darbietungsformen und Themenstrukturen hin untersucht sowie diese Sendungen einer Bewertungsanalyse unterzogen.
5.4.1 Allgemeine Ergebnisse
Insgesamt umfasste die Stichprobe einen Umfang von 90 Sendungen. Die Sendung vom
1. Mai 2003 fehlte komplett im Online-Archiv der Tagesschau, die Sendung vom 27. März 2004 war im kompletten Bearbeitungszeitraum dieser Arbeit aufgrund eines technischen Fehlers nicht verfügbar, wodurch die Stichprobe 88 Sendungen umfasst.
Von den verbliebenen Sendungen beinhalteten dreißig keinerlei Informationsgehalt über Geschehnisse im Irak, so dass die Anzahl der Sendungen, die sich mit dem Thema Irak beschäftigen, auf 58 beläuft. Dies lässt sich damit erklären, dass die Berichterstattung weniger wird, je weiter der betrachtete Zeitraum vom eigentlichen Irak-Krieg entfernt ist. Berichtet wird in den späteren Zeiträumen nur noch über den Irak, wenn es dort zu einem Ereignis mit hohem Nachrichtenwert kam, wie zum Beispiel einem Bombenanschlag.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Grafik 4.2.1 Sendedauer über den Irak-Krieg in Stunden Gesamtdauer der Sendungen: 21:29:38 Stunden.
Prozentual bedeutet dies, dass sich während des ersten Untersuchungszeitraumes 60,8 Prozent der Berichterstattung mit dem Irak beschäftigte. Im zweiten Untersuchungszeitraum handelt es sich nur noch um 17,1 Prozent und sinkt noch weiter auf 8,4 Prozent während des dritten Untersuchungszeitraumes. Am seltensten wird im vierten Untersuchungszeitraum berichtet (2,4 %). Im Jahr 2006 steigt die prozentuale Nachrichtendauer auf 4,3 Prozent, im Jahr 2007 liegt sie bei 3,9 Prozent. Insgesamt umfasst die Berichterstattung über den Irak 16,4 Prozent der gesamten Nachrichten.
5.4.2 Darstellungsformen
Betrachtet man die Berichterstattung nach und deren redaktionellen Darstellungsformen, überwiegen die Filmberichte deutlich vor allen anderen Formen. Dies deutet zum einen auf die hohe Bedeutung des Irak-Krieges hin, zum anderen auf den Versuch, durch eine umfangreiche Visualisierung der Ereignisse dem Zuschauer die Geschehnisse möglichst plastisch darzustellen. Der hohe Anteil von Gesprächen mit Akteuren, Politikern und Experten weist ebenfalls darauf hin. Die Häufigkeit von Korrespondenten- und Reporterberichten, besonders während des Jahres 2003, zeigt, dass großer Wert auf eine journalistische Einschätzung der Lage in den entsprechenden Regionen gelegt wurde. Für die Berichterstattung über Ereignisse des Krieges, die nicht gefilmt wurden oder werden konnten, dienten die Korrespondentenberichte, um ein möglichst lückenfreies Bild der Geschehnisse zu liefern.
Schlagzeilen spielten nur eine geringe Rolle in der Berichterstattung, ebenso wurde auf den Kommentar fast vollkommen verzichtet. Dieser wurde durch die Kommentierung eines Korrespondenten bei Filmbeiträgen ersetzt. Häufig folgten noch kurze Auftritte der Korrespondenten, die abschließend Sachverhalte schilderten und erklärten.
Mit dem Ende des Krieges veränderte sich auch die Berichterstattung deutlich. Bestanden während der Kampfhandlungen über 20 Prozent der gesamten Berichterstattung aus Statements und Interviews, sank die Zahl nach Kriegsende massiv.
Diese Veränderung geschah zu Gunsten der Filmbeiträge und Sprechermeldungen, die ab diesem Zeitpunkt einen deutlich höheren Anteil der Berichterstattung ausmachten. Auch die Häufigkeit und Dauer von Korrespondentenberichte nahm deutlich ab. Dies lässt sich damit erklären, dass durch die gesunkene Bedrohungslage mehr Filmteams in den Irak zurückgekehrt waren und so Bildaufnahmen von Ereignissen häufiger zur Verfügung standen. Außerdem war aufgrund der selten gewordenen Ereignisse mit hohem Nachrichtenwert die Entsendung von Korrespondenten unnötig geworden. Eine weitere Ursache könnte im Fokus der Berichterstattung liegen. So erscheinen die Auswirkungen eines Bomben- oder Selbstmordanschlages filmisch durchaus bedrohlicher, als eine verbale Aufzählung der Schäden.
Tabelle Kapitel 4.2.2 Häufigkeit von Darstellungsformen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
5.4.3 Themenstruktur
Um die Themenstruktur auch im Hinblick auf ihre Entwicklung in der Berichterstattung erfassen zu können, wird die Ergebnisdarstellung in die sechs Analysezeiträume aufgetrennt betrachtet. Für die Erstellung der Themenfelder wurde der Inhalt einer Nachricht betrachtet und daraus Kategorien geschaffen, deren Häufigkeit gezählt wurde.
Das am häufigsten behandelte Thema ist die Darstellung von Kriegsstrategien und Kriegsverläufen. Diese hohe Frequenz ergibt sich aus dem ersten Analysezeitraum, da dort der Fokus der Berichterstattung auf der Darstellung des Kriegsverlaufes lag. Während des zweiten Analysezeitraums lag die Frequenz nur noch bei etwa einem Viertel des ersten Zeitraums, danach fand dieses Thema nur noch im Jahr 2006 Beachtung.
Etwas seltener ist die Nennung von Opfern und Sachschäden, die durch den Krieg oder terroristische Anschläge entstanden sind. Zwar lässt auch hier die Häufigkeit während des ersten Analysezeitraumes stark nach, in den anderen Analysezeiträumen wird jedoch mit einer fast gleich hohen Frequenz darüber berichtet.
Darauf folgen die Reaktionen auf den Krieg, über die während der beiden Kriegszeiträume doppelt so viele Berichte gesendet wurden wie im nächst stärkeren, fünften Zeitraum. Als weitere Reaktion auf den Krieg folgen die Anti-Kriegs-Demonstrationen, über die im Mai 2003 am häufigsten berichtet wurde. Auch die Frequenz dieses Thema nahm nach dem Ende der Kriegshandlungen deutlich ab.
Ein Thema, dessen Erwähnung genau entgegen der allgemeinen Tendenz mit dem Ende des Krieges steigt, sind die Anschläge gegen die Besatzer. Während im ersten Untersuchungszeitraum nur zwei Mal über Anschläge berichtet wird, verdoppelt sich die Frequenz im zweiten Zeitraum und steigt auch im darauf folgenden weiter an.
Die nächsten zwei Themen haben eine gleiche Häufigkeit der Nennung. Dabei handelt es sich um die Politik im Irak, aber auch die Kriegsbeteiligung von anderen Staaten wie Polen oder der Türkei. Beide Themenfelder durchlaufen eine ähnliche Entwicklung bei der Verringerung der Frequenz – während das Themenfeld der Kriegsbeteiligung den Höhepunkt der Häufigkeit jedoch im ersten Analysezeitraum hatte, hatte das Themenfeld der Politik im Irak die häufigste Erwähnung im zweiten Zeitraum.
Das Themenfeld der Kriegslegitimation dominierte im Vorfeld des Irak-Krieges die Berichterstattung, nahm jedoch bei Ausbruch des Krieges stark ab. Erst im fünften Untersuchungszeitraum stieg die Frequenz wieder.
Die Nennung des Themenfeldes Propaganda umfasst hauptsächlich die Zeit des Irak-Krieges und hat somit im März 2003 die höchste Frequentierung. Insgesamt wird dieses Thema ebenso häufig wie der Kampf gegen den Terror genannt, die Verteilung hierbei ist in den ersten drei Zeiträumen etwa gleich groß, im fünften steigt die Zahl jedoch deutlich an.
Die Rolle der Vereinten Nationen im Irak wird am häufigsten im ersten Zeitraum thematisiert, dann lässt die Häufigkeit im zweiten Zeitraum etwas nach, stellt damit aber auch die letzte Thematisierung dar.
Sowohl die humanitäre Hilfe, als auch die internationale Politik haben während des ersten Analysezeitraums die höchste Zahl an Erwähnungen, diese lässt in beiden Fällen im zweiten Zeitraum stark nach. Das Themenfeld der humanitären Hilfe wurde ab dem dritten Analysezeitraum nicht mehr behandelt, die Nennung der internationalen Politik verharrte auf einem gleich bleibenden Niveau.
Die Diskussion um die deutsche Kriegsbeteiligung ist die am schwächsten thematisierte. Im März 2003 wurde besonders häufig darüber berichtet. Durch die Beendigung des Krieges wurden Berichte über eine mögliche deutsche Kriegsbeteiligung unnötig, wodurch dieses Themenfeld nicht weiter beachtet wurde
Tabelle Kapitel 4.2.3 Häufigkeit der Themenfelder Gesamthäufigkeit n = 294
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
5.4.4 Ergebnisse der Bewertungsanalyse
Betrachtet man die Berichterstattung der Tagesschau kurz vor dem Ausbruch des Irak-Krieges, so war dort nur selten eine Wertung innerhalb der Berichte zu verzeichnen. Lediglich bei der Berichterstattung des Korrespondenten Jörg Armbruster am 16. März 2003 über die Aufteilung des Iraks in Kriegszonen floss eine deutliche Wertung in die Berichterstattung ein.
Dies änderte sich mit dem Beginn des Krieges jedoch deutlich, da sich in dieser Zeit das gezeigte Bild des Iraks drastisch veränderte. Wertungen und Berichte, in denen, unter anderem, der Irak als mögliche Bedrohung dargestellt wurde, flossen in die Berichterstattung ein. Während des ersten Analysezeitraums erhielten so 25 Aussagen und Darstellungen, die einer negativen Kategorie zugeordnet werden können, Eingang in die Nachrichten, ebenso zwanzig positive Wertungen. Insgesamt ergeben sich sieben Sendungen mit einer negativen oder besonders negativen Tendenz in der Berichterstattung. Dem gegenüber stehen fünf neutrale sowie zwei Sendungen mit einer schwachpositiven und eine mit einer positiven Tendenz.
Während des zweiten Analysezeitraums ließ die Frequenz von negativen und positiven Beiträgen deutlich nach. Die Anzahl der negativen Wertungen sank auf zwölf, die der positiven Wertungen gar auf drei. Den Wendepunkt in der Berichterstattung markiert der 2. Mai 2003. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es elf negative Darstellungen oder Wertungen und drei positive. Ab dem 2. Mai konnte nur noch eine negative und keine positive Darstellung ermittelt werden. In der Bilanz ergibt dies fünf negative und neun neutrale Sendungen.
Der dritte Analysezeitraum zeichnet sich durch eine Ausgeglichenheit der Kategorien aus. Insgesamt gab es sechs Darstellungen oder Aussagen, die einer negativen Kategorie zugeordnet werden konnten, fünf einer positiven sowie fünf einer neutralen Kategorie, zwei schwach positive und zwei positive Sendungen. Eine der Sendungen war negativ, zwei stark negativ sowie eine schwach negativ. Von den verbliebenen Sendungen blieben drei neutral und drei befassten sich nicht mit dem Irak.
Während des Analysezeitraumes im Jahr 2005 gab es keine Wertung in der Berichterstattung, so dass die fünf Sendungen, die sich mit dem Irak befassten, alle als neutral einzuordnen sind.
Im Jahr 2006 waren zwei der acht relevanten Sendungen positiv, während sich die anderen alle durch Neutralität auszeichneten. Insgesamt gab es zwei positive Wertungen. Und auch im Jahr 2007 setzte sich dieser Trend weiter fort. Von fünf relevanten Sendungen erwies sich eine als positiv. In diesem Zeitraum wurden eine positive und eine schwach positive, sowie eine schwach negative Wertung registriert. Die beiden schwachen Kategorien wurden während einer Sendung verwendet, so dass sie sich gegenseitig aufhoben.
5.4.5 Zusammenfassung der Ergebnisse
Betrachtet man die gesamte Berichterstattung der Tagesschau zum Irak-Krieg, so zeigt sich, dass von 58 Sendungen, in denen der Irak thematisiert wurde, 19 Beiträge eine negative Tendenz beinhalteten, während nur bei elf der Sendungen eine positive Tendenz erkennbar war. 28 Sendungen konnten entweder durch eine Ausgewogenheit der positiven und negativen Kategorien als neutral gewertet werden beziehungsweise es wurde keinerlei Wertung eingebracht.
Betrachtet man die Verteilung der Kategorien genauer, so wird deutlich, dass mehr als 76 Prozent der negativen Darstellungen und Wertungen während des offiziellen Kriegszeitraumes in die Nachrichtenbeiträge einflossen. Aber auch 66,6 Prozent der positiven Darstellungen waren in dieser Zeit verortet. Bei einer Gesamtzahl von 43 negativen und 33 positiven Darstellungen bedeutet dies eine Anzahl von 22 positiven und 32 negativen Nennungen in dem Zeitraum.
Der Unterschied scheint gering zu sein, addiert man jedoch die Netto-Werte der Bewertungsanalyse für den Zeitraum des Irak-Krieges, so erhält man eine negative Tendenz von -22.
Auch die addierten Netto-Werte der gesamten Analysezeiträume ergeben einen Wert von -24.
Dies beweist eine klar negative Tendenz in der Berichterstattung während des Irak-Krieges.
6. Fazit
Die vorliegende Arbeit hat sich mit Hilfe der Methode einer Bewertungsanalyse mit der Berichterstattung der 20-Uhr-Ausgabe der Tagesschau befasst. Auf Basis dieser Bewertung konnte in der Berichterstattung eine deutliche Wertung in der Berichterstattung über den Irak festgestellt werden.
Betrachtet man die Häufigkeit von positiv oder neutral gewichteten Sendungen gegenüber der Häufigkeit von negativ gewichteten, so berichten 39 Sendungen positiv oder neutral über den Irak, dem gegenüber stehen 19 Sendungen mit einer negativen Tendenz. Das bedeutet, dass knapp ein Drittel der Sendungen eine negative Gewichtung hatten. Daraus ergibt sich, dass die Hypothese bestätigt werden kann.
Betrachtet man die Berichterstattung in der Zeit vom 20. März 2003 bis zum 27. März 2003, sowie von 23. April 2003 bis 30. April 2003, so zeigt sich, dass die negativen Wertungen innerhalb der Sendungen deutlich überwiegen. Von den fünfzehn Sendungen, die während des Irak-Krieges ausgestrahlt wurden, waren acht Sendungen negativ, fünf von ihnen sogar besonders negativ, insgesamt ergab sich eine negative Tendenz von -22.
Dem gegenüber steht eine negative Wertung von -2 bei einem Umfang von 43 Sendungen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass bei der Berichterstattung über den Irak-Krieg ein Framing stattfand. In den Zeiträumen ohne Kriegshandlungen, war keine besonders auffällig hohe Anzahl von wertenden Darstellungen erkennbar, was nicht bedeutet, dass vollkommen Wertfrei berichtet wurde.
Durch dieses Framing findet eine Homogenisierung der Rezipienten im Sinne der negativen Berichterstattung statt. Inwieweit diese Homogenisierung jedoch eine längerfristige Wirkung hat müsste durch eine Wirkungsforschung analysiert werden.
Als Abschluss dieser Arbeit soll noch einmal auf die Theorie von Michael Schmolke eingegangen werden. Aus dieser Theorie lässt sich schließen, dass durch die Widerspiegelung der Realität eine völlig wertfreie und neutrale Berichterstattung nicht möglich ist. Zusätzlich spielt hier der Faktor Mensch eine große Rolle. Durch positive oder negative Erfahrungen der Korrespondenten kann ein Bericht unbewusst eine Wertung erhalten.
Würde versucht alle Bereiche, in die wertende Faktoren einfließen könnten zu eliminieren, wäre eine Berichterstattung über Ereignisse nahezu unmöglich. Abschließend ist zu sagen, dass die Tagesschau mit den Nachrichten über den Irak nach dem Krieg zwar nicht neutral war, aber einer objektiven und neutralen Berichterstattung sehr nahe kam.
7. Quellen
7.1 Monographien
Früh, Werner
„Inhaltsanalyse – Theorie und Praxis“
5. überarbeitete Auflage
UVK 2001
Mayring, Philipp
„Qualitative Inhaltsanalyse – Grundlagen und Techniken“
8. Auflage
Deutscher Studien Verlag 2003
Merten, Klaus
„Inhaltsanalyse – Einführung in Theorie, Methoden und Praxis“
Westdeutscher Verlag 1983
Schulz, Winfried
„Medienanalyse (Inhaltsanalyse) und Wirkungsforschung; S. 111 – 116“ in:
Groebel, Jo Schulz, Winfried (Hrsg)
„Medienwirkungsforschung in der Bundesrepublik Deutschland“
Teil 1 Berichte und Empfehlungen
Weinheim 1986
Schulz, Winfried
„Inhaltsanalyse“ S. 41 – 63 in:
Noelle-Neumann, Elisabeth, Schulz, Wienfried & Wilke, Jürgen (Hrsg):
„Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation.“
Frankfurt/M 2002
Bonfadelli, Heinz
„Medienwirkungsforschung I – Grundlagen und theoretische Perspektiven“
UVK Medien 2000
Bonfadelli, Heinz
Medienwirkungsforschung II – Anwendungen in Politik, Wirtschaft und Kultur
UVK Medien 2000
Charlton, Michael – Silvia Schneider (Hrsg.)
Rezeptionsforschung – Theorien und Untersuchungen zum Umgang mit Massenmedien
Westdeutscher Verlag 1997
Böhme-Dürr, Karin, Emig, Jürgen, Seel, Norbert M.
Wissensveränderung durch Medien – Theoretische Grundlagen und empirische Analysen
K.G. Saur Verlag 1990
Landridge, Derek W.
„Inhaltsanalyse: Grundlagen und Methoden“
K.G. Saur Verlag 1994
Eilders, Christiane
„Nachrichtenfaktoren und Rezeption – Eine empirische Analyse zur Auswahl und Verarbeitung von politischer Information“
Westdeutscher Verlag 1997
Diekmann, Andreas
„Empirische Sozialforschung – Grundlagen, Methoden, Anwendungen“
15. Auflage
Rohwolts Taschenbuch Verlag 2006
Kircher, Ernst, Schneider, Werner B
„Physikdidaktik in der Praxis“;
Springer, 2003
Leonhard, Joachim-Felix (Hrsg)
„Medienwissenschaft - ein Handbuch zur Entwicklung der Medien und Kommunikationsformen“;
de Gruyter, 2007
7.2 Wissenschaftliche Texte und Internetquellen
Krüger, Udo Michael
„Der Irak-Krieg im deutschen Fernsehen - Analyse der Berichterstattung in ARD/Das Erste, ZDF, RTL und SAT.1“ in:
„Media Perspektiven 9 / 2003“
Auch erreichbar unter:
http://www.media-perspektiven.de/uploads/tx_mppublications/09-2003_Krueger.pdf
(Stand 21.7.2008)
Müller, Kathrin
„Dänemarks Selbst- und Fremdbild im Kontext der europäischen Integration. Eine Medieninhaltsanalyse.“
Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades
Kiel 2005
http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=97877745x&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=97877745x.pdf
(Stand 21.7.2008)
Tritz, Regina
„Die Veränderung der britischen Presseberichterstattung über Deutschland im Zuge des Regierungswechsels Schröder/Merkel“
KFBIS-Studie zur Erlangung der Magistertitels
Köln, Stand 2 / 2007
http://www.kfibs.org/index.php?id=83
(Stand 21.7.2008)
Koeber, Regina
Die Methode der Inhaltsanalyse - eine deskriptive Annäherung
An Westfälische Wilhelmsuniversität
http://egora.uni-muenster.de/pol/personen/zimmer/bindata/Hausarbeit_Inhaltsanalyse_Regine_Koeber.pdf
(Stand 21.7.2008)
Security Council resolution 1368 (2001) Threats to international peace and security caused by terrorist actshttp://www.un.org/docs/scres/2001/sc2001.htm
(Stand 21.07.2008)
Rede zum “War on Terror” von George W. Bush
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2001/09/20010920-8.html
(Stand 21.07.2008)
Ultimatum an Saddam Hussein von George W. Bush
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2003/03/20030317-7.html
(Stand 21.7.2008)
Noelle, Professor Dr. Elisabeth und Petersen, Dr. Thomas
“Eine fremde, bedrohliche Welt”
http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~E2D1CB6E9AA1045B291A1FC21272D467D~ATpl~Ecommon~Scontent.html
(Stand 21. 07. 2008)
„Schreiben der Ständigen Vertreter Deutschlands, Frankreichs und der Russischen Föderation bei den Vereinten Nationen an den Präsidenten des Sicherheitsrats, datiert vom 5. März 2003“
http://www.un.org/depts/german/sr/sr_sonst/s03-253.pdf
(Stand 21. 07.2008
7.3 Verwendete Grafiken und Tabellen
Tabelle 2.4 Gewichtung von Sendungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Grafik 4.2.1 Sendedauer über den Irak-Krieg in Stunden
Gesamtdauer der Sendungen: 21:29:38 Stunden Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
.
Tabelle Kapitel 4.2.2 Häufigkeit von Darstellungsformen n =
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle Kapitel 4.2.3 Häufigkeit der Themenfelder Gesamthäufigkeit n = 294
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
7.4 Gesicherte Internetquellen
7.4.1 Allensbach-Analyse
Eine fremde, bedrohliche Welt
Von Professor Dr. Elisabeth Noelle und Dr. Thomas Petersen
17. Mai 2006
Wie entstehen eigentlich Konflikte, Kriege zwischen Bevölkerungsgruppen oder Völkern?
Die Geschichte lehrt, daß dem offenen Ausbruch eines Konflikts oft eine längere Zeit der Entfremdung vorangeht. Die Beteiligten stellen fest, daß ihre Ziele nicht miteinander zu vereinbaren sind, das Verständnis für das Anliegen des Gegenübers nimmt ab, die beiden Parteien sprechen immer weniger miteinander, Mißtrauen entsteht und wächst. Die Wahrnehmung des Gegenübers wird zunehmend durch Gerüchte und stereotype Vereinfachungen geprägt, die Sprache, mit der über die andere Seite gesprochen wird, wendet sich ins Schlagworthafte.
Schließlich werden die Absichten der Gegenseite als Bedrohung für die eigenen Ziele, sogar die Existenz angesehen, der man sich mit allen Mitteln erwehren müsse. Dem Gegenüber werden jegliche Moral und schließlich sogar menschliche Eigenschaften abgesprochen.
Beginn einer Konfliktspirale
Als der amerikanische Politikwissenschaftler Samuel Huntington vor mehr als einem Jahrzehnt seine These vom „Clash of Civilizations“ veröffentlichte, erntete er dafür viel Aufmerksamkeit, aber auch viel Kritik. Zu wenig schien die Annahme, es werde eines Tages eine Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Kulturkreisen auf der Welt geben, in eine Zeit zu passen, die nach dem Ende des Kalten Krieges einer friedlichen Zukunft entgegenzugehen schien. Historiker rechneten vor, daß die weitaus meisten Konflikte in der Geschichte stets innerhalb eines Kulturkreises stattgefunden hätten.
Blättern
Zum Thema
* Kopftuch: Das Accessoire des Islam
* Selbstversuch mit Kopftuch
* Dänemark - Ein Land des Fremdenhasses?
* Islamisten haben in Hessen weiterhin Zulauf
* Düsseldorf: Prozeß gegen mutmaßliche Al-Qaida-Terroristen
Betrachtet man die Ergebnisse der Umfrage über die Einstellung der Deutschen zum Islam, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Mai 2006 im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erhoben hat, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß in Deutschland ebenjener Prozeß der Entfremdung zwischen abendländischer und islamischer Welt wie auch der zwischen traditioneller Bevölkerung und den im Lande lebenden Muslimen selbst stattfindet, der, wenn man es pessimistisch betrachtet, als Beginn einer Konfliktspirale angesehen werden kann.
Spürbar verdüsterte Vorstellungen
So sind die Deutschen zunehmend der Ansicht, daß ein friedliches Zusammenleben mit der islamischen Welt auf Dauer unmöglich sein wird. Auf die Frage „Was meinen Sie: Können Christentum und Islam friedlich nebeneinander existieren, oder sind diese Religionen zu verschieden, wird es deshalb immer wieder zu schweren Konflikten kommen?“ antworten heute 61 Prozent der Befragten, sie glaubten, es werde immer wieder schwere Konflikte zwischen Islam und Christentum geben.
Formuliert man die Frage etwas genauer und fragt, ob es in Zukunft zu Konflikten zwischen der westlichen und der arabisch-muslimischen Kultur kommen werde, ändern sich die Antworten kaum. In diesem Fall sagen 65 Prozent, sie rechneten mit solchen Konflikten.
Die Vorstellungen der Deutschen über den Islam waren bereits in den vergangenen Jahren negativ, doch sie haben sich in der jüngsten Zeit noch einmal spürbar verdüstert. 91 Prozent der Befragten sagten im Mai 2006, sie dächten bei dem Stichwort Islam an die Benachteiligung von Frauen; im Jahr 2004 hatten 85 Prozent so geurteilt. Die Aussage, der Islam sei von Fanatismus geprägt, teilten vor zwei Jahren 75, jetzt 83 Prozent. Der Islam sei rückwärtsgewandt, sagen heute 62 im Vergleich zu 49 Prozent, er sei intolerant, meinen 71 gegenüber 66 Prozent, und die Ansicht, der Islam sei undemokratisch, hat in den vergangenen zwei Jahren von 52 auf 60 Prozent zugenommen. Die Eigenschaft Friedfertigkeit bescheinigen dem Islam gerade acht Prozent der Deutschen.
Der Graben wird tiefer
Das Bild des Christentums hat sich dagegen deutlich zum Positiven verändert. Es sei von Nächstenliebe geprägt, meinen heute 80 Prozent, 71 Prozent denken beim Stichwort Christentum an die Achtung der Menschenrechte, ebenso viele an Wohltätigkeit. 65 Prozent bescheinigen ihm Friedfertigkeit, immerhin 42 Prozent Toleranz und 36 Prozent Selbstbewußtsein. Alle diese Eigenschaften werden dem Christentum heute deutlich häufiger zugeordnet als noch im Jahr 2004, und zwar ohne daß der Anteil der gläubigen Christen an der deutschen Bevölkerung zugenommen hätte. Man erkennt die Muster der Polarisierung. Der Graben zwischen dem eigenen Lager und „den anderen“ wird tiefer.
Einige Zeit hatte es den Anschein, als handele es sich bei dem Konflikt zwischen dem Islam und der westlichen Welt um etwas, was vor allem in fernen Ländern stattfindet, doch inzwischen betrachtet die Bevölkerung die Rolle des Islams auch in Deutschland mit wachsendem Mißtrauen. Es liegt nahe, hierin eine Reaktion auf die sogenannten „Ehrenmorde“, auf burkatragende Schülerinnen in Bonn oder die Probleme der Berliner Rütli-Schule mit ihrem hohen Ausländeranteil sowie auf die intensive öffentliche Diskussion über das Staatsangehörigkeitsrecht zu sehen.
Bei der Frage „Glauben Sie, daß es in nächster Zeit auch hier in Deutschland zu Spannungen mit der muslimischen Bevölkerung kommt, oder ist das nicht zu befürchten?“ waren die Deutschen im September 2001, unmittelbar nach den Anschlägen von Washington und New York, noch gespalten: 49 Prozent erwarteten Spannungen, 43 Prozent meinten, das sei nicht zu befürchten. In der Zwischenzeit haben sich die Gewichte eindeutig verschoben. 58 Prozent der Befragten erwarten heute, daß es zu Spannungen mit der muslimischen Bevölkerung in Deutschland kommen werde, nur noch 22 Prozent widersprechen ausdrücklich.
Keineswegs besonders ausländerfeindlich
Darüber hinaus glauben 46 Prozent, daß es in Deutschland in nächster Zeit zu Terroranschlägen kommen werde, eine relative Mehrheit von 42 Prozent stimmt der Aussage zu: „Es leben ja so viele Moslems bei uns in Deutschland. Manchmal habe ich direkt Angst, ob darunter nicht auch viele Terroristen sind.“
Obwohl zahlreiche demoskopische Ergebnisse zeigen, daß die Deutschen, anders als oft behauptet wird, keineswegs besonders ausländerfeindlich sind, sondern im Gegenteil im internationalen Vergleich eine überdurchschnittlich große Aufgeschlossenheit gegenüber fremden Kulturen aufweisen, sieht die Mehrheit die Signale der Ausbreitung des Islam in ihrem persönlichen Umfeld mit wachsendem Unbehagen.
Ein Feldexperiment
Am deutlichsten wird dies am Ergebnis eines Feldexperiments, bei dem die Gesamtstichprobe der Befragten in zwei gleich große, jeweils in sich repräsentative Gruppen unterteilt wurde. Der einen Hälfte der Befragten wurde die folgende Frage gestellt, die eine aktuelle Debatte in Berlin-Pankow aufgreift: „Einmal angenommen, in einer deutschen Großstadt soll in einem Stadtviertel eine Moschee gebaut werden. Die Behörden haben dem Bau zugestimmt, aber die Bevölkerung in dem Stadtviertel ist dagegen. Wie ist Ihre Meinung: Sollte man die Moschee bauen, auch wenn die Bevölkerung dagegen ist, oder sollte man auf den Bau verzichten?“
11 Prozent der Befragten meinten, man sollte unter diesen Umständen an dem Bau der Moschee festhalten, fast drei Viertel, 74 Prozent sagten dagegen, daß man die Moschee nicht bauen sollte. Der anderen Hälfte der Befragten wurde eine gleichlautende Frage gestellt, nur daß in diesem Fall nicht von einer Moschee, sondern von einem Jugendzentrum die Rede war. In diesem Fall sprachen sich 59 Prozent der Befragten für den Bau aus, nur 27 Prozent meinten, man solle besser darauf verzichten.
Erschöpfte Verständigungsbereitschaft
Angesichts des diffusen Gefühls der Bedrohung und der vermuteten Intoleranz des Islams sinkt die Bereitschaft der Deutschen, ihrerseits Toleranz gegenüber dem muslimischen Glauben zu üben. Der Aussage „Wenn es in manchen islamischen Ländern verboten ist, Kirchen zu bauen, sollte es bei uns auch verboten sein, Moscheen zu bauen“ stimmen 56 Prozent der Befragten zu, nur 30 Prozent sagen, das sähen sie nicht so. Selbst erhebliche Eingriffe in das Grundrecht der Religionsfreiheit würden von einem großen Teil der Bevölkerung befürwortet. Immerhin 40 Prozent reagieren auf die Aussage „Um zu verhindern, daß es zu viele radikale, gewaltbereite Moslems in Deutschland gibt, sollte man die Ausübung des islamischen Glaubens in Deutschland stark einschränken“ mit Zustimmung.
Wie sehr die Verständigungsbereitschaft erschöpft ist, läßt sich auch am Beispiel der Reaktionen auf den Karikaturenstreit vom Beginn des Jahres zeigen, als die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Zeitung zu wütenden, zum Teil offensichtlich organisierten Protesten in vielen muslimischen Ländern führte.
Im Februar/März dieses Jahres, als die öffentliche Diskussion zu diesem Thema in vollem Gange war, stellte das Allensbacher Institut die Frage: „Jetzt einmal abgesehen von den gewaltsamen Ausschreitungen: Haben Sie grundsätzlich Verständnis dafür, daß sich viele Moslems durch die Karikaturen in ihren religiösen Gefühlen verletzt sehen, oder haben Sie dafür kein Verständnis?“
Harmoniebedürftige Deutsche
47 Prozent meinten damals, sie hätten Verständnis für die Reaktionen der muslimischen Welt, 42 Prozent sagten, dafür hätten sie kein Verständnis. Heute, nachdem die Debatte abgeflaut ist und die Beschwichtigungsversuche von Politikern und Medien aus dem Bewußtsein verschwunden sind, meint eine Mehrheit von 52 Prozent, sie habe kein Verständnis, nur noch 35 Prozent sagen, sie könnten die Reaktionen der Muslime auf die Karikaturen nachvollziehen.
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat die deutsche Bevölkerung, wie sich an vielen Beispielen zeigen läßt, immer eine besondere Abneigung gegenüber Konflikten gezeigt. Man könnte sogar von einer ausgeprägten Harmoniebedürftigkeit der Deutschen sprechen. Daran hat sich bis heute nichts Grundlegendes geändert, doch in bezug auf den Islam werden die Fronten offensichtlich härter.
Nach wie vor liegt es den Deutschen fern, alle Muslime pauschal des Extremismus zu bezichtigen. Bei der Frage „Halten Sie den Islam insgesamt für eine Bedrohung, oder sind das nur einzelne radikale Anhänger dieser Religion, von denen eine Bedrohung ausgeht?“ versichern zwei Drittel der Befragten, die Gefahr gehe ihrer Ansicht nach nur von einzelnen Radikalen aus, doch das Grundgefühl ist ein anderes. Am deutlichsten wird dies an der Frage: „Man hört ja manchmal den Begriff ,Kampf der Kulturen'. Damit ist ein ernster Konflikt zwischen Islam und Christentum gemeint. Was meinen Sie: Haben wir zur Zeit einen solchen Kampf der Kulturen, oder würden Sie das nicht sagen?“
Vor zwei Jahren meinten 46 Prozent der Befragten, es gebe einen solchen Kampf der Kulturen, 34 Prozent widersprachen. Heute sagen 56 Prozent der Deutschen, die Gesellschaft stehe bereits jetzt in einer solchen Auseinandersetzung, nur noch 25 Prozent vertreten die Ansicht, das könne man nicht sagen. In den Köpfen der Bürger hat der „Kampf der Kulturen“ bereits begonnen.
7.4.2 Transkript Rede von Bush im September 2001
Address to a Joint Session of Congress and the American People en Español
United States Capitol
Washington, D.C.
9:00 P.M. EDT
THE PRESIDENT: Mr. Speaker, Mr. President Pro Tempore, members of Congress, and fellow Americans:
In the normal course of events, Presidents come to this chamber to report on the state of the Union. Tonight, no such report is needed. It has already been delivered by the American people.
In a historic address to the nation and joint session of Congress Sept. 20, President Bush pledges to defend America's freedom against the fear of terrorism. White House by Eric Draper. We have seen it in the courage of passengers, who rushed terrorists to save others on the ground -- passengers like an exceptional man named Todd Beamer. And would you please help me to welcome his wife, Lisa Beamer, here tonight. (Applause.)
We have seen the state of our Union in the endurance of rescuers, working past exhaustion. We have seen the unfurling of flags, the lighting of candles, the giving of blood, the saying of prayers -- in English, Hebrew, and Arabic. We have seen the decency of a loving and giving people who have made the grief of strangers their own.
My fellow citizens, for the last nine days, the entire world has seen for itself the state of our Union -- and it is strong. (Applause.)
Tonight we are a country awakened to danger and called to defend freedom. Our grief has turned to anger, and anger to resolution. Whether we bring our enemies to justice, or bring justice to our enemies, justice will be done. (Applause.)
I thank the Congress for its leadership at such an important time. All of America was touched on the evening of the tragedy to see Republicans and Democrats joined together on the steps of this Capitol, singing "God Bless America." And you did more than sing; you acted, by delivering $40 billion to rebuild our communities and meet the needs of our military.
Speaker Hastert, Minority Leader Gephardt, Majority Leader Daschle and Senator Lott, I thank you for your friendship, for your leadership and for your service to our country. (Applause.)
And on behalf of the American people, I thank the world for its outpouring of support. America will never forget the sounds of our National Anthem playing at Buckingham Palace, on the streets of Paris, and at Berlin's Brandenburg Gate.
We will not forget South Korean children gathering to pray outside our embassy in Seoul, or the prayers of sympathy offered at a mosque in Cairo. We will not forget moments of silence and days of mourning in Australia and Africa and Latin America. British Prime Minister Tony Blair (center, left) Mrs. Laura Bush attends a joint session of Congress in which President Bush praised the efforts of New York Mayor Rudolph Giuliani (far right) and named Pennsylvania Governor Tom Ridge (far left) to a newly created cabinet-level position in which he will oversee the homeland defense initiatives. White House photo by Paul Morse.
Nor will we forget the citizens of 80 other nations who died with our own: dozens of Pakistanis; more than 130 Israelis; more than 250 citizens of India; men and women from El Salvador, Iran, Mexico and Japan; and hundreds of British citizens. America has no truer friend than Great Britain. (Applause.) Once again, we are joined together in a great cause -- so honored the British Prime Minister has crossed an ocean to show his unity of purpose with America. Thank you for coming, friend. (Applause.)
On September the 11th, enemies of freedom committed an act of war against our country. Americans have known wars -- but for the past 136 years, they have been wars on foreign soil, except for one Sunday in 1941. Americans have known the casualties of war -- but not at the center of a great city on a peaceful morning. Americans have known surprise attacks -- but never before on thousands of civilians. All of this was brought upon us in a single day -- and night fell on a different world, a world where freedom itself is under attack.
Americans have many questions tonight. Americans are asking: Who attacked our country? The evidence we have gathered all points to a collection of loosely affiliated terrorist organizations known as al Qaeda. They are the same murderers indicted for bombing American embassies in Tanzania and Kenya, and responsible for bombing the USS Cole.
Al Qaeda is to terror what the mafia is to crime. But its goal is not making money; its goal is remaking the world -- and imposing its radical beliefs on people everywhere.
The terrorists practice a fringe form of Islamic extremism that has been rejected by Muslim scholars and the vast majority of Muslim clerics -- a fringe movement that perverts the peaceful teachings of Islam. The terrorists' directive commands them to kill Christians and Jews, to kill all Americans, and make no distinction among military and civilians, including women and children.
This group and its leader -- a person named Osama bin Laden -- are linked to many other organizations in different countries, including the Egyptian Islamic Jihad and the Islamic Movement of Uzbekistan. There are thousands of these terrorists in more than 60 countries. They are recruited from their own nations and neighborhoods and brought to camps in places like Afghanistan, where they are trained in the tactics of terror. They are sent back to their homes or sent to hide in countries around the world to plot evil and destruction.
The leadership of al Qaeda has great influence in Afghanistan and supports the Taliban regime in controlling most of that country. In Afghanistan, we see al Qaeda's vision for the world.
Afghanistan's people have been brutalized -- many are starving and many have fled. Women are not allowed to attend school. You can be jailed for owning a television. Religion can be practiced only as their leaders dictate. A man can be jailed in Afghanistan if his beard is not long enough.
The United States respects the people of Afghanistan -- after all, we are currently its largest source of humanitarian aid -- but we condemn the Taliban regime. (Applause.) It is not only repressing its own people, it is threatening people everywhere by sponsoring and sheltering and supplying terrorists. By aiding and abetting murder, the Taliban regime is committing murder.
And tonight, the United States of America makes the following demands on the Taliban: Deliver to United States authorities all the leaders of al Qaeda who hide in your land. (Applause.) Release all foreign nationals, including American citizens, you have unjustly imprisoned. Protect foreign journalists, diplomats and aid workers in your country. Close immediately and permanently every terrorist training camp in Afghanistan, and hand over every terrorist, and every person in their support structure, to appropriate authorities. (Applause.) Give the United States full access to terrorist training camps, so we can make sure they are no longer operating.
[...]
[1] Im Deutschen gibt es keine genormte Schreibweise des Wortes. Um Irritationen zu vermeiden, wird diese gebräuchlichste Schreibweise im gesamten Text beibehalten.
[2] Quelle: http://www.whitehouse.gov/news/releases/2001/09/20010920-8.html
[3] Quelle: http://daccessdds.un.org/doc/UNDOC/GEN/N01/533/82/PDF/N0153382.pdf?OpenElement
[4] Quelle: http://www.un.org/depts/german/sr/sr_sonst/s03-253.pdf (Stand 21.07.2008)
[5] Quelle: Krüger, Michael Udo: „Der Irak-Krieg im deutschen Fernsehen“ in Media Perspektiven (9/2003)
[6] Quelle: Schmolke, Michael: „Aufklärung und Aberwissen – Ausgewählte Beiträge zur Publizistik“, (1999)
[7] Quelle: http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~E2D1CB6E9AA 1045B291A1FC21272D467D~ATpl~Ecommon~Scontent.html (Stand 21. Juli 2008)
[8] Mayring, Philipp: „Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken“, 8. Aufl. Beltz UTB, 2003
[9] Quelle: Mertens, Klaus: „Inhaltsanalyse – Einführung in Theorie, Methoden und Praxis“, Westdeutscher Verlag, 1983
[10] Nach: Merten, Klaus (1983)
[11] ebda: S. 12
[12] Quelle: Früh, Werner „Inhaltsanalyse – Theorie und Praxis“; Deutscher Studienverlag S. 15
[13] ebda: S. 16
[14] Nach Merten, Klaus (1983): S. 14
[15] Quelle: Liebrand, Claudia: „Einführung in die Medienkulturwissenschaft“; Lit Verlag, 2005; S. 66
[16] Quelle: Früh, Werner: „Inhaltsanalyse - Theorie und Praxis“; UVK-Verl.-Ges., 2007
[17] Vgl. Mans, Dieter: Qualitative Inhaltsanalyse, in: Schmitz, Sven-Uwe, Schubert, Klaus (Hrsg.):
Einführung in die politische Theorie und Methodenlehre. Opladen, S. 129-145.
[18] Quelle: Leonhard, Joachim-Felix (Hrsg): „Medienwissenschaft - ein Handbuch zur Entwicklung der Medien und Kommunikationsformen“; de Gruyter, 2007
[19] Vgl. Mayring, Philipp: „Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken“. 8. Aufl. Beltz UTB, 2003.
[20] Quelle: Mayring, Philipp: „Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken“. 8. Aufl. Beltz UTB, 2003
[21] Quelle: Kircher, Ernst, Schneider, Werner B.: „Physikdidaktik in der Praxis“; Springer, 2003, S. 344
[22] Quelle: Mayring, Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse – Grundlagen und Techniken; Deutscher Studien Verlag 2003
[23] Quelle: Merten, Klaus: (1983)
[24] Vgl. Merten, Klaus: (1983)
[25] http://www.whitehouse.gov/news/releases/2003/03/20030317-7.html
[26]
- Quote paper
- Tim Conrads (Author), 2009, Der Islam in Nomen und Adjektiven - Inhaltsanalyse der Tagesschau von 2003 bis 2007, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144512
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