Friedrich Schlegel entwickelt in der Zeit von 1794-1800 eine Theorie der Weiblichkeit, die in seinem Werk und mit diesem untrennbar verwoben ist. Schlegel tritt als Kritiker des zeitgenössischen Frauenbildes auf und fordert entgegen diesem Bild weibliche Selbständigkeit, Bildung und Teilhabe am öffentlichen Leben.
Die vorliegende Hausarbeit Theorie der Weiblichkeit -- Ein Vergleich der Abhandlungen „Über die Diotima“ und „Über die Philosophie. An Dorothea“ von Friedrich Schlegel zeigt auf, dass sich beide Abhandlungen unterscheiden, ergänzen und durchdringen. In einem ersten Schritt wird die kritisch-postulativ-historische Abhandlung „Über die Diotima“ untersucht und es soll gezeigt werden, dass diese den Schematismus zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit überwinden will. Schlegel sucht nach einer Formel der Vereinigung der scheinbaren Widersprüche der Geschlechter, die es zu überwinden gilt. Er macht sich zum Kritiker der zeitgenössischen Sittenbilder. Schlegel beschreitet hier gegenüber den zeitgenössisch üblichen einen entgegengesetzten Weg, weg von anthropologischen und naturphilosophischen Aussagen. Seine Utopie ist die wechselseitige Durchdringung von Männlichkeit und Weiblichkeit.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Theorie der Weiblichkeit
1. „Über die Diotima“
2. „Über die Philosophie. An Dorothea“
III. Die wechselseitige Durchdringung
IV. Schluss
V. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Friedrich Schlegel entwickelt in der Zeit von 1794-1800 eine Theorie der Weiblichkeit, die in seinem Werk und mit diesem untrennbar verwoben ist. Schlegel tritt als Kritiker des zeitgenössischen Frauenbildes auf und fordert entgegen diesem Bild weibliche Selbständigkeit, Bildung und Teilhabe am öffentlichen Leben.[1]
Die vorliegende Hausarbeit Theorie der Weiblichkeit -- Ein Vergleich der Abhandlungen „Über die Diotima“ und „Über die Philosophie. An Dorothea“ von Friedrich Schlegel zeigt auf, dass sich beide Abhandlungen unterscheiden, ergänzen und durchdringen. In einem ersten Schritt wird die kritisch-postulativ-historische Abhandlung „Über die Diotima“ untersucht und es soll gezeigt werden, dass diese den Schematismus zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit überwinden will. Schlegel sucht nach einer Formel der Vereinigung der scheinbaren Widersprüche der Geschlechter, die es zu überwinden gilt. Er macht sich zum Kritiker der zeitgenössischen Sittenbilder. Schlegel beschreitet hier gegenüber den zeitgenössisch üblichen einen entgegengesetzten Weg, weg von anthropologischen und naturphilosophischen Aussagen. Seine Utopie ist die wechselseitige Durchdringung von Männlichkeit und Weiblichkeit. In der Antike sieht er den Anreiz für eine Reinigung der modernen Sitten. Eine Untersuchung des frühromantischen Diskurses normativen Charakters „Über die Philosophie. An Dorothea“ wird sich anschließen, um zu zeigen, dass diese Abhandlung die konsequente Weiterführung ist, aus der Antike zur Zukunft, weiter zur gleichen Utopie. Die Frau ist zu Höherem bestimmt, als es ihr die Natur und auch die konventionelle Gesellschaft zugesteht. Sie soll sich als gleichwertiges Mitglied innerhalb der Gesellschaft frei bewegen können. Schlegel entwickelt eine kontemplative, praktische Form der Selbsterweiterung. Die Philosophie ist die Mittlerin zwischen Konservatismus und utopischem Frauenbild. Philosophie steht für das Unbedingte im menschlichen Wissen, das auch und gerade den Frauen zugänglich zu machen ist. Sie ist der Weg zu einem erweiterten Bewusstsein.[2] In einem weiteren Schritt soll herausgearbeitet werden, wie sehr sich beide Abhandlungen durchdringen und Wechselwirkungen ermöglichen, die Schlegels Utopie der „Vollendung der Menschheit“ und der „Universalpoesie“ erst entstehen lassen.[3]
Im Juli 1791 schreibt Schlegel an seinen Bruder A. W. Schlegel:
„…ich habe noch keine [Frau, S.SG.] gesehen, bey der ich die Möglichkeit einsähe, sie lieben zu können.“[4]
Schlegel verachtet die Ungebildetheit und Unselbständigkeit der Frauen seiner Zeit. Und doch haben zwei Frauen Schlegels Leben maßgeblich geprägt: Caroline Michaelis-Böhmer-Schlegel-Schelling und Dorothea Mendelssohn-Veit-Schlegel. Dorothea hat das Leben, später auch als seine Frau, mit Schlegel geteilt. An sie persönlich richtet sich die Abhandlung „Über die Philosophie. An Dorothea“ aus dem Jahre 1799.[5] Was Diotima für Sokrates war, ist Caroline für Friedrich Schlegel:
„a friend and intellectual companion whom he trusted even to judge his person.”[6]
Schlegel sieht Ähnlichkeiten zwischen Platons Diotima und seiner Caroline, seine eigene “independent Diotima”[7], die so maßgeblich Schlegels Leben und Werk beeinflusst hat.
II. Theorie der Weiblichkeit
„Die Frauen werden in der Poesie ebenso ungerecht behandelt, wie im Leben. Die weiblichen sind nicht idealisch, und die idealischen sind nicht weiblich.“[8]
An der Schwelle zur Moderne lässt sich die Frühromantik mit ihrer Spezifik in Philosophie, Poesie, Wissenschaft, Ästhetik, Politik und Religion konzeptionell fassen. Dazu gehört auch die „romantische Geselligkeit“ als Gemeinschaft Gleichgesinnter. Individuelle Freiheit verbindet sich mit Freundschaft und Gedankenaustausch. Die Würdigung der Frau gehört mit in das progressive Miteinander der Gemeinschaft. Die Frauen erhalten innerhalb der Gruppe die Möglichkeit als gleichberechtige Partnerinnen mitzuarbeiten. Vereinzelung wird durch Synthese ersetzt, die Synthese von Individualismus und Universalismus, Denken und Fühlen, Philosophie und Poesie, Mann und Frau.[9] In diesem Rahmen und aus dieser Synthese ergibt sich eine Theorie der Weiblichkeit als Notwendigkeit. Als Theorie der Weiblichkeit, einem von Schlegel selbst geprägten Begriff, fasst der Herausgeber Winfried Menninghaus die Abhandlungen „“Über die weiblichen Charaktere in den griechischen Dichtern“, „Über die Diotima“ und „Über die Philosophie. An Dorothea“ zusammen.[10] So ist es Schlegel mit seiner Theorie der Weiblichkeit, insbesondere mit den Studien über die griechische Weiblichkeit, gelungen, „Markstein[e] in der Geschichte der Frauenemanzipation“ zu setzen.[11]
1. „Über die Diotima“
In seinen Abhandlungen über die Griechischen Frauen sucht Friedrich Schlegel nach einer Möglichkeit die Unterdrückung und Geringschätzung der Frauen, ihr Ausschluss von Gesellschaft und Bildung in der griechischen Antike zu überwinden. In „Über die Diotima“ erschienen 1795, geht er den Weg durch die griechische Geschichte und richtet sein Interesse verstärkt auf die Ausnahmen. Er ist auf der Suche nach griechischer Weiblichkeit, die das Privileg der Bildung und der Teilhabe am männlichen Leben für sich in Anspruch nehmen konnte. Seine Ausgangsthese ist die, dass es außer den Hetären in der griechischen Gesellschaft noch andere Frauengruppen gegeben hat, die dieses Privileg innehatten. So legt Schlegel Tendenzen und Frauengestalten offen, die auch für seine eigene moderne Zeit, das Denken beeinflussen können. Ganz bewusst verlegt er hier seinen Blickwinkel auf die Geschichte, um einer anthropologischen Argumentation, wie in seiner Zeit üblich, zu entgehen. Er enthält sich in der Abhandlung fast vollständig, die Natur der Frauen freizulegen. Gerade hierin offenbart sich seine Stellung als zeitgenössischer Kritiker. Schlegel fordert die Durchdringung von Männlichkeit und Weiblichkeit als Ideal, verbunden mit einem vielleicht, denn vielleicht gibt es ja doch die Männlichkeit und die Weiblichkeit, gemäß der vorherrschenden naturrechtlichen Position. Diese vorherrschende Meinung seiner Zeit, sieht er in der Abstraktion als argumentativ nicht haltbar.[12] Ausgehend von seinem Glauben an den Republikanismus, der für ihn die wahre Freiheit für alle darstellt, stellt Schlegel die These auf, dass die Rolle der Frau eine entscheidende Position innerhalb einer Kultur einnimmt. Eine gerechte Gesellschaft, wahrer Republikanismus, ist für Schlegel gebunden an die Freiheit der Frau. Dies findet Schlegel in der griechischen Geschichte, in Diotima findet Schlegel eine reale Frau ihrer Zeit, dargestellt in Platons Symposium. Sie lehrt Sokrates die Liebe. Er erkennt in Diotima Ähnlichkeiten mit Caroline. Diotima ist nicht nur schöne Weiblichkeit, sondern vollendete Menschlichkeit, da sie vom traditionellen Rollenbild ihrer Zeit befreit ist. Diotima ist Sinnbild der Liebe zur Humanität, wie der Liebe zum Universum. Die Abhandlung “Über die Diotima“ beantwortet die Frage, wer und was Diotima wirklich war. Schlegel beginnt die Abhandlung mit dem Schluss, dass Diotima eine Hetäre gewesen sein muss, da sie sonst zur damaligen Zeit nicht die Möglichkeit gehabt hätte, öffentlich Umgang mit Männern zu pflegen. Nach weiteren Überlegungen bezüglich der gleichen Bildung von Männern und Frauen im damaligen Griechenland kommt er seiner Logik folgend zur rhetorischen Frage:[13]
[...]
[1] Menninghaus, W. (Hrsg.): Friedrich Schlegel: Theorie der Weiblichkeit. Frankfurt a. M. 1983, Klappentext
[2] Menninghaus,: Friedrich Schlegel: Theorie der Weiblichkeit, S. 189-203
[3] Ebd.: S. 211-212
[4] Ebd.: S. 187
[5] Ebd.: S. 85
[6] Friedrichsmeyer, Sara: The Androgyne in Early German Romanticism. Friedrich Schlegel, Novalis and the Metaphysics of Love. Bern 1983, S. 123. Vgl. auch Menninghaus: Friedrich Schlegel, S. 188
[7] Ebd.: S. 122
[8] Menninghaus,: Friedrich Schlegel, S. 155
[9] Frischmann, Bärbel; Millán-Zaibert, Elizabeth (Hrsg.): Das neue Licht der Frühromantik. Innovation und Aktualität frühromantischer Philosophie. Paderborn 2009, S. 8-9
[10] Menninghaus,: Friedrich Schlegel, Klappentext
[11] Ebd.: S. 195
[12] Menninghaus,: Friedrich Schlegel, S. 194-195
[13] Friedrichsmeyer: The Androgyne in Early German Romanticism, S. 115-125
- Quote paper
- Silvia Schmitz-Görtler (Author), 2009, Theorie der Weiblichkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143938
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