Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist darzustellen, welche Aspekte das bürgerliche Familienleitbild der Aufklärung kennzeichnen, und zu analysieren, inwiefern Lessing es in seinem Drama Emilia Galotti abbildet beziehungsweise kritisch hinterfragt.
Zu Beginn der Arbeit wird die historisch-soziale Position der bürgerlichen Familie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und ihre Bedeutung für das Bürgertum erläutert, um zu verdeutlichen, warum der familiäre Binnenraum für die Autoren der Aufklärung als Ort des literarischen Geschehens von besonderem Interesse war. Im Anschluss wird auf die Struktur der bürgerlichen Familie im Unterschied zur traditionellen Familienform des „Ganzen Hauses“ und auf das insbesondere durch die Moralischen Wochenschriften popularisierte und für den neuen Familientypus grundlegende aufgeklärte Familienleitbild eingegangen. Von primärem Interesse sind dabei die Konzeption von Liebe und Ehe, die Kindererziehung und der in der Familie kultivierte bürgerliche Moralkodex.
Im sich anschließenden zweiten Teil der Arbeit wird untersucht, in welcher Hinsicht die Repräsentation der Familie in Lessings Emilia Galotti Aspekte der bürgerlichen Familienideologie beinhaltet. Hierbei kommt der Erziehung Emilias und dem Verhalten ihres Vaters im Privaten und in der Öffentlichkeit besondere Beachtung zu. Da der Schwerpunkt der Arbeit auf der Darstellung der bürgerlichen Familie Galotti liegt, wird auf die Repräsentanten des Hofes nicht näher eingegangen.
Der abschließende dritte Teil der Arbeit widmet sich der Fragestellung, inwiefern Lessings Drama nicht nur als Reflex, sondern auch als kritischer Kommentar des bürgerlichen Familienideals gelesen werden kann. Von zentraler Bedeutung für die Argumentation wird dabei die vieldiskutierte Frage nach der Ursache von Emilias Tod sein.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Die bürgerliche Familie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
- 1. Bedeutung der Familie für das Bürgertum
- 2. Entstehung und Struktur der Kleinfamilie
- 3. Bürgerliches Familienleitbild
- a) Liebe und Ehe
- b) Erziehung
- c) Tugend
- II. Der Reflex des bürgerlichen Familienleitbilds in Lessings Emilia Galotti
- 1. Der tugendhafte Schutzraum Familie
- a) Odoardo und Appiani als Vertreter des bürgerlichen familialen Wertsystems
- b) Claudia und Emilia als Opfer des patriarchalischen Tugendrigorismus
- 2. Der gewaltsame Einbruch des Hofes in den Schutzraum Familie
- 1. Der tugendhafte Schutzraum Familie
- III. Die Dialektik des bürgerlichen familialen Wertsystems
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das bürgerliche Familienleitbild der Aufklärung und dessen Reflexion in Lessings Drama „Emilia Galotti“. Zunächst wird die historische und soziale Stellung der bürgerlichen Familie im 18. Jahrhundert beleuchtet, um deren Bedeutung als literarischen Schauplatz zu verstehen. Anschließend wird das aufgeklärte Familienleitbild analysiert, mit Fokus auf Liebe, Ehe, Erziehung und Moral. Schließlich wird untersucht, wie Lessings Drama dieses Leitbild repräsentiert und möglicherweise kritisch hinterfragt.
- Das bürgerliche Familienleitbild der Aufklärung
- Die Bedeutung der Familie für das Bürgertum im 18. Jahrhundert
- Die Struktur der bürgerlichen Kleinfamilie im Vergleich zum „Ganzen Haus“
- Die Darstellung der Familie in Lessings „Emilia Galotti“
- Lessings mögliche Kritik am bürgerlichen Familienideal
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Arbeit analysiert das bürgerliche Familienleitbild der Aufklärung und seine Darstellung in Lessings „Emilia Galotti“. Sie untersucht die soziale Position der bürgerlichen Familie im 18. Jahrhundert und deren Bedeutung als literarischer Raum. Der Fokus liegt auf dem aufgeklärten Familienleitbild (Liebe, Ehe, Erziehung, Moral) und seiner Repräsentation und möglichen kritischen Hinterfragung in Lessings Drama. Die Arbeit konzentriert sich auf die Familie Galotti und geht weniger auf die Hofrepräsentanten ein. Die Frage nach der Ursache von Emilias Tod wird als zentral für die Analyse Lessings kritischer Auseinandersetzung mit dem bürgerlichen Familienideal betrachtet.
I. Die bürgerliche Familie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts: Dieses Kapitel beleuchtet die Bedeutung der bürgerlichen Familie im 18. Jahrhundert. Das Bürgertum, als Hauptträger wirtschaftlichen Fortschritts, suchte im Privaten, in der Familie, Schutz vor der politischen Machtlosigkeit im absolutistischen System. Die Kleinfamilie entwickelte sich als Gegenmodell zum „Ganzen Haus“, gekennzeichnet durch die Trennung von Arbeits- und Wohnraum. Dieser Wandel beeinflusste die Rollenverteilung, insbesondere die der Mutter, die trotz Unterordnung dem Mann nun die Führung des Haushalts und die Erziehung der Kinder oblag. Das Kapitel betont die Kultivierung eines auf Aufklärung und Empfindsamkeit basierenden Moralkodexes innerhalb der Familie, der sich von den als unsittlich empfundenen höfischen Werten abgrenzte und Einfluss auf die Gesellschaft ausüben sollte.
Häufig gestellte Fragen zu: Bürgerliches Familienleitbild und seine Reflexion in Lessings Emilia Galotti
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit analysiert das bürgerliche Familienleitbild der Aufklärung und dessen Darstellung in Gotthold Ephraim Lessings Drama „Emilia Galotti“. Sie untersucht die soziale Position der bürgerlichen Familie im 18. Jahrhundert und deren Bedeutung als literarischer Raum. Der Fokus liegt auf dem aufgeklärten Familienleitbild (Liebe, Ehe, Erziehung, Moral) und seiner Repräsentation sowie einer möglichen kritischen Hinterfragung in Lessings Drama.
Welche Aspekte der bürgerlichen Familie im 18. Jahrhundert werden behandelt?
Die Arbeit beleuchtet die Bedeutung der bürgerlichen Familie im 18. Jahrhundert für das Bürgertum, die Entstehung und Struktur der Kleinfamilie im Vergleich zum „Ganzen Haus“, sowie die Entwicklung eines auf Aufklärung und Empfindsamkeit basierenden Moralkodexes innerhalb der Familie. Es wird die Rollenverteilung innerhalb der Familie und der Einfluss des bürgerlichen Familienideals auf die Gesellschaft untersucht.
Wie wird das bürgerliche Familienleitbild in der Arbeit definiert?
Das bürgerliche Familienleitbild wird durch die zentralen Werte der Aufklärung und Empfindsamkeit definiert: Liebe, Ehe, Erziehung und Moral. Es steht im Kontrast zu den als unsittlich empfundenen höfischen Werten und stellt einen Schutzraum vor der politischen Machtlosigkeit im absolutistischen System dar.
Welche Rolle spielt Lessings „Emilia Galotti“ in der Analyse?
Lessings Drama „Emilia Galotti“ dient als Fallstudie zur Reflexion des bürgerlichen Familienleitbilds. Die Analyse konzentriert sich auf die Familie Galotti und untersucht, wie Lessing dieses Leitbild repräsentiert und möglicherweise kritisch hinterfragt. Die Frage nach Emilias Tod wird als zentral für die Analyse Lessings kritischer Auseinandersetzung mit dem bürgerlichen Familienideal betrachtet.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und was ist ihr jeweiliger Inhalt?
Die Arbeit gliedert sich in drei Hauptteile: Eine Einleitung, einen Teil über die bürgerliche Familie im 18. Jahrhundert (inkl. Bedeutung, Struktur der Kleinfamilie und bürgerlichem Familienleitbild mit Aspekten wie Liebe, Ehe, Erziehung und Tugend), und einen Teil über die Reflexion des bürgerlichen Familienleitbilds in Lessings „Emilia Galotti“ (inkl. Familie als Schutzraum, Einbruch des Hofes und Dialektik des familialen Wertsystems). Ein dritter Teil befasst sich mit der Dialektik des bürgerlichen familialen Wertsystems.
Welche zentralen Themenschwerpunkte werden in der Arbeit behandelt?
Die zentralen Themenschwerpunkte sind: Das bürgerliche Familienleitbild der Aufklärung, die Bedeutung der Familie für das Bürgertum im 18. Jahrhundert, die Struktur der bürgerlichen Kleinfamilie, die Darstellung der Familie in Lessings „Emilia Galotti“ und Lessings mögliche Kritik am bürgerlichen Familienideal.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Arbeit untersucht, wie die Familie Galotti Lessings mögliche kritische Auseinandersetzung mit dem bürgerlichen Familienideal repräsentiert. Die Frage nach der Ursache von Emilias Tod spielt dabei eine zentrale Rolle in der Analyse.
- Quote paper
- Rebecca Blum (Author), 2006, Das bürgerliche Familienleitbild der Aufklärung und sein Reflex in Lessings Emilia Galotti, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143905