Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung der verschiedenen grundlegenden Strategien,die Sprecher sowohl auf tonaler als auch artikulatorischer Ebene verwenden, um neuartige oder besonders relevante Informationen innerhalb eines Diskurses von
kontextuell gegebenen oder weniger relevanten abzuheben, ein Phänomen, das als „Fokussierung“ bezeichnet wird.
Zu diesem Zweck werde ich hauptsächlich die Ergebnisse der Studien von BAUMANN et al. (2007) und HERMES et al. (2008) heranziehen, die sich in ihren Experimenten jeweils ganz konkret um diese Fragestellung bemühten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Fokustypen
3. Tonale Strategien
3.1. Akzenttypen und Tonhöhe
3.2. Tonhöhenauslenkung
4. Artikulatorische Strategien
4.1. Wortdauer
4.2. Lippenöffnung und Vokaldauer
4.3. Vokalformanten
5. Fazit
6. Bibliographie
7. Erklärung
1. Einführung
Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung der verschiedenen grundlegenden Strategien, die Sprecher sowohl auf tonaler als auch artikulatorischer Ebene verwenden, um neuartige oder besonders relevante Informationen innerhalb eines Diskurses von kontextuell gegebenen oder weniger relevanten abzuheben, ein Phänomen, das als „Fokussierung“ bezeichnet wird. Zu diesem Zweck werde ich hauptsächlich die Ergebnisse der Studien von BAUMANN et al. (2007) und HERMES et al. (2008) heranziehen, die sich in ihren Experimenten jeweils ganz konkret um diese Fragestellung bemühten.
Die erste Studie von 2007 beinhaltete Aufnahmen von sechs deutschen Muttersprachlern, die auf ein Set von Fragen kontextuell bezogen antworten sollten. Die Fragen waren so konzipiert, dass sie ein bestimmtes Zielwort jeweils in unterschiedlichen Fokussierungstypen elizitierten (BAUMANN et al. 2007: 1029 f.). Die Antworten der Probanden wurden digital aufgenommen und später mit Hilfe spezieller Software ausgewertet1. Die BAUMANN et al. Studie widmete sich also hauptsächlich der akustischen Analyse der Daten und leitete daraus Ergebnisse über tonale und artikulatorische Parameter ab, die von den Sprechern zur Fokussierung benutzt wurden (BAUMANN et al. 2007: 1031).
Die spätere Studie von 2008 ließdrei deutsche Muttersprachler ebenfalls eine Auswahl an Fragen kontext-adäquat beantworten und elizitierte dabei verschiedene Varianten des Zielwortes sowohl unterschiedlich fokussiert als auch unakzentuiert2. Dabei wurden die Probanden nicht nur digital aufgenommen, sondern zusätzlich ihre Kieferbewegungen durch einen elektromagnetischen Artikulographen erfasst. Auf diesem Wege konnten zusätzlich zu den akustischen Ergebnissen auch konkrete kinematische Werte gemessen werden, aus denen Aussagen über z.B. den jeweiligen Grad der Lippenöffnung gewonnen wurden (HERMES et al. 2008: 457).
Mithilfe der Ergebnisse beider Studien wird in dieser Arbeit gezeigt werden, dass Sprecher nicht nur zwischen akzentuierten und deakzentuierten Konstituenten unterscheiden, sondern auch innerhalb der Kategorie Fokus Differenzierungen markieren, indem sie eine Reihe von tonalen und artikulatorischen Parametern zu Hilfe nehmen und diese zwar sprecherspezifisch aber insgesamt doch systematisch justieren.
2. Fokustypen
Der Fokus eines Satzes wird auch als „Informationszentrum“ der Äußerung bezeichnet, er enthält den Teil oder die Teile der übermittelten Information, „auf [die] das Mitteilungsinteresse des Sprechers gerichtet ist“ (BUßMANN 2002: 218).
(1) < Wen will Thomas treffen? >
(2) < Er will [Melanie]focus treffen. >
In einem durch die Beispiele (1) und (2) dargestellten Kontext z.B. wäre in der Antwort des zweiten Sprechers nur ein Element des Satzes fokussiert, nämlich <Melanie>. Die übrigen Satzteile sind weniger relevant, was ihren Informationsgehalt angeht, besonders, da sie bereits in der Frage des ersten Sprechers genauso genannt wurden. Daher befinden sich die Elemente <er will> und <treffen> nicht im Fokusbereich, man spricht davon, dass sie zum Background gehören (BAUMANN et al. 2007: 1029).
Bei <Melanie> handelt es sich jedoch um das Element, welches neue Information in die Konversation miteinbringt und dadurch erst die Antwort auf die Frage des ersten Sprechers bilden kann und somit befindet es sich im Fokusbereich der Äußerung.
Bei vielen Studien mit dem Forschungsgegenstand des Fokus wird nun das alleinige Augenmerk auf die Unterscheidung gerichtet, ob ein Element bereits kontextuell vorgegeben wurde und damit zum Background gehört oder in irgendeiner Weise fokussiert wird (HERMES et al. 2008: 1029). Diese Dichotomie wird den verschiedenen Fokustypen, die es z.B. im Deutschen gibt, allerdings nicht gerecht.
(3) < Was hast du vor? >
(4) < Ich [fahre nach Berlin.]focus >
(5) < Wann fährst du nach Berlin? >
(6) < Ich fahre [morgen]focus nach Berlin. >
(7) < Fährst du nächste Woche nach Berlin? >
(8) < Nein, ich fahre [morgen]focus nach Berlin. >
Die Beispiele (3) bis (8) enthalten jeweils einen Fokusbereich, diese sind aber von unterschiedlicher Art. In der Antwort (4) gehört lediglich das Element <ich> bereits zum Background, da es sich bei dem Antwortenden zugleich um den in der Frage Angesprochenen handelt. Der gesamte Teil <fahre nach Berlin> enthält neue Information, die besonders im Kontext der Frage hohe Relevanz genießt und steht somit im Fokus. Da es sich um mehrere Elemente handelt, die fast den gesamten Satz ausmachen, spricht man hierbei von einem „breiten Fokus“ (LADD 1980: 73ff.). Beispiel (6) repräsentiert einen Fokus, dessen Bereich was die Größe angeht mit dem eingangs erläuterten Satz (2) vergleichbar ist. In Situationen wie dieser, wo sich der Fokusbereich auf eine einzelne Konstituente beschränkt, die erhöhte Relevanz im Diskurs besitzt, spricht man von einem „engen Fokus“ (ibid. et GUSSENHOVEN 2004: 86).
Auch im Antwortsatz (8) handelt es sich um eine einzelne Konstituente, die fokussiert wurde. Doch im Gegensatz zu Beispiel (6) ist ihr Informationsgehalt im Bezug auf den Kontext nicht vollkommen neu bzw. unerwartet, da sie gezielt und bewusst mit einem Element der vorhergegangenen Äußerung kontrastiert. Eine derart fokussierte Konstituente wird mit erheblich stärkerer Emphase realisiert als der normale enge Fokus, da sie aus Sicht des Sprechers oft sogar Teile des vorherigen turns korrigieren soll. Aus diesem Grund wird dieses Phänomen als „korrektiver“ oder im Folgenden als „kontrastiver Fokus“ bezeichnet (LADD 1980: 78ff.).
Bei detaillierter Betrachtung erkennt man also, dass sich Foki sowohl durch die Größe ihrer Domäne als auch durch ihren speziellen Typus unterscheiden lassen. Im Folgenden betrachten wir nun, welche dieser Differenzierungen auf welche Weise von Sprechern auf tonaler und artikulatorischer Ebene umgesetzt werden.
3. Tonale Strategien
3.1. Akzenttypen und Tonhöhe
Das prosodische Phänomen der Fokussierung bestimmter Konstituenten wird durch konkrete intonatorische Effekte wie Tonhöhenbewegungen und Akzentuierungen umgesetzt. Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass ein eng fokussiertes Element eine Akzentsilbe beinhaltet, also einen der Tonakzente der Intonationsphrase trägt (LADD 1996: 45f.). Die 2008 von HERMES et al. durchgeführte Studie untersuchte - neben anderen Aspekten - welche Akzenttypen und damit verbundene Tonbewegungen in einem bestimmten Zielwort vorkamen, wenn dieses in den verschiedenen Fokusstrukturen produziert wurde. Abbildung 1 fasst diese Ergebnisse zusammen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 (aus HERMES et al. 2008)
Aufgeführt sind die von den drei Probanden der Studie (DM, AH und WP) in insgesamt 336 Zielworten am häufigsten produzierten Akzenttypen, sortiert nach Fokustyp. Alle drei Sprecher deakzentuierten das Zielwort, wenn es im Background stand, was zu erwarten war, da ein nicht fokussiertes Element keinen Tonakzent enthalten sollte (HERMES et al. 2008: 458). Alle anderen Fokusstrukturen wurden von allen Sprechern mit einem hohen Tonakzent markiert, wobei es jedoch Unterschiede in der Art der Tonhöhenbewegung auf der Silbe gab.
Befand sich das Zielwort in einem weiten (broad) Fokus verwendeten Sprecher DM (mit 85,2%) und AH (mit 100%) fast ausschließlich einen downstep, also eine fallende Tonbewegung auf der Silbe. Sprecher WP realisierte mit 84% am häufigsten eine upstep Bewegung, also ein Ansteigen der Tonhöhe (HERMES et al. 2008: 458). Im engen (narrow) Fokus traten bei einem Probanden noch stärker wechselnde Akzenttypen auf, denn Sprecher AH realisierte den Hochton zu gleichen Teilen mit downsteps (zu 32%), upsteps (zu 36%) und unmodifiziert, also ohne Tonhöhenbewegung auf der akzenttragenden Silbe (zu 32%). Derweil wurde bei den beiden anderen Probanden überwiegend nur upstep Bewegungen gefunden (bei Sprecher DM zu 82,6% und bei Sprecher WP zu 100%).
[...]
1 Die Aufnahmen ergaben 72 tokens pro Sprecher, also 432 tokens insgesamt (BAUMANN et al. 2007: 1030)
2 Hierbei ergaben sich 112 tokens pro Sprecher, also 336 tokens insgesamt (HERMES et al. 2008: 457)
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