Ulrich von Liechtenstein war in vieler Hinsicht ein Pionier. Er verfasste den ersten deutschen Ich-Roman, den Frauendienst. Er experimentierte weiterhin mit der Form von Texten, was für die Zeit in der er lebte und werkte besonders war. Im Frauenbuch, welches 1257 entstand und im Mittelpunkt meiner Arbeit steht, behandelt Ulrich die Thematik der angemessenen Verhaltensformen von Männern und Frauen, es ist eine „Mischung aus Zeitklage und Didaxe“, die zu der Frühphase einer später weiterentwickelten Gattung zugerechnet werden kann: der Minnerede. Die Minnethematik bildet in dem Werk Ulrichs den Mittelpunkt, ein Streitgespräch zwischen den Geschlechtern wird gezeigt, Verhaltensnormen werden diskutiert. Es wird sich mit den ideellen Minnevorstellungen auseinandergesetzt.
Pionier scheint er auch bei dem Thema „Komik“ gewesen zu sein. In der Einleitung der Reclam Ausgabe schreibt der Herausgeber Christopher Young: „Im Gegensatz zu allen anderen Beispielen der frühen deutschen Minnelehre enthält das Frauenbuch eine neue Dimension: den Humor.“ Im Mittelpunkt meiner Arbeit wird die Frage stehen, ob diese von Christopher Young beschriebene Dimension tatsächlich in Ulrichs Werk zu finden ist, ob sie das Werk ausmacht oder sie nur am Rande zu finden ist. Handelt es sich bei dem Frauenbuch um ein humoristisches Werk oder um ein ernstes? Handelt es sich vielleicht aber auch um ein ernstes Werk mit komischen Passagen oder vielleicht genau umgekehrt – ein komisches Werk mit ernsten?
In meiner Arbeit werde ich das Werk „Das Frauenbuch“ von Ulrich von Liechtenstein untersuchen und versuchen „das Komische“ ausfindig zu machen und an Textstellen zu belegen. Da die Analyse und Interpretation eines Werkes aus dem Mittelalter mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist, man den Sinn nicht 1:1 in die heutige Zeit übertragen kann, stelle ich zunächst methodische Überlegungen an und erläutere vor welche Herausforderungen man sich gestellt sieht, wenn man sich mit dem Thema „Komik im Mittelalter - Das Komische in Ulrichs von Liechtenstein "Frauenbuch" auseinandersetzen möchte.
Um Komik in einem Text identifizieren zu können, muss man ihn in seinem Kontext begreifen, deshalb werde ich in einem weiteren Schritt versuchen Komik im Mittelalter zu beschreiben und das Besondere des Komischen herauszustellen.
Der Schwerpunkt meiner Untersuchung ist die Beschäftigung mit der Komik in Ulrichs von Liechtensteins „Frauenbuch“.
Inhaltsverzeichnis
- I. EINLEITUNG
- II. METHODISCHE GRUNDÜBERLEGUNGEN
- III. KOMIK IM MITTELALTER
- IV. DAS KOMISCHE IN ULRICHS VON LIECHTENSTEINS FRAUENBUCH
- V. SCHLUSSBEMERKUNG
- VI. LITERATURVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert das Werk „Das Frauenbuch“ von Ulrich von Liechtenstein mit dem Ziel, die Frage nach der Präsenz von Komik in diesem Werk zu beantworten. Es soll untersucht werden, ob die von Christopher Young beschriebene „Dimension: den Humor“² tatsächlich im Werk zu finden ist und wie sie sich auf den Gesamteindruck des Textes auswirkt.
- Die Einordnung von „Das Frauenbuch“ in die Gattung der Minnerede und die Rolle der Minnethematik im Werk
- Die Herausforderungen der Analyse von Komik in mittelalterlichen Texten aufgrund von zeitlichen und kulturellen Unterschieden
- Die Identifizierung komischer Elemente durch die Analyse von Kontrasten in der Textstruktur und dem Inhalt
- Die mögliche Bedeutung von Aufführungssituationen für die Erzeugung von Komik im Minnesang und der Minnerede
- Die Einschätzung, ob „Das Frauenbuch“ als humoristisches oder ernstgemeintes Werk zu betrachten ist.
Zusammenfassung der Kapitel
- I. Einleitung: Die Einleitung stellt Ulrich von Liechtenstein als Pionier des deutschen Ich-Romans und Experimentierer mit Textformen vor. Sie führt das „Frauenbuch“ als Werk zur Thematik angemessenen Verhaltens von Mann und Frau ein und beschreibt dessen Einordnung in die Gattung der Minnerede. Weiterhin wird die Frage aufgeworfen, ob Komik ein zentrales Element oder eine Randerscheinung in „Das Frauenbuch“ ist und ob es sich um ein humoristisches oder ein ernstes Werk handelt.
- II. Methodische Grundüberlegungen: Dieser Abschnitt behandelt die Herausforderungen der Analyse eines mittelhochdeutschen Textes, insbesondere im Hinblick auf die Rezeption von Komik. Es wird die Bedeutung der Textpragmatik und des Verhältnisses zwischen Dichter und Publikum betont, sowie die Schwierigkeit, sich in die Lebensweise und Gewohnheiten des mittelalterlichen Publikums hineinzuversetzen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit folgenden Schlüsselbegriffen: Komik, Mittelalter, Minnesang, Minnerede, Ulrich von Liechtenstein, „Das Frauenbuch“, Textpragmatik, Kontrast, humoristisch, ernstgemeint, Textanalyse, Interpretation, mittelalterliche Lebensweise, kulturelle Unterschiede.
- Quote paper
- Anna-Lena Schilling (Author), 2009, Komik im Mittelalter , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143653