Der deutsche Bundesrat ist ein „einzigartiges Organ in der Welt“ (Eschenburg,nach Rudzio 2006: 272). Doch oft steht es vor allem in den Medien in der Kritik. Von „Blockadeföderalismus“ (Schmidt 2007: 202f) und parteipolitischer Färbung ist da die Rede, wo doch die Länderkammer eigentlich „nur“ die Interessen der Bundesländer vertreten solle.
Diese Diskussion begann nicht erst in den 90er Jahren, als wichtige Reformen unter Kohl von der SPD-Opposition im Bundesrat gestoppt wurden, sondern setzte schon in den 50er und 60er Jahren ein. Bereits seit dieser Zeit wird auch wiederholt eine Reform des Föderalismus gefordert.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage. ob eine Trennung von Bundes- und Landesinteressen möglich und sinnvoll scheint, ob der Bundesrat tatsächlich ein Blockadeinstrument der Opposition ist und ob die Parteipolitik die größte Rolle in der Länderkammer spielt, oder ob nicht noch andere Faktoren in
die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden.
Außerdem werden mehrere Beispiele angeführt, um die wichtige Stellung des Bundesrates und sein Funktionieren zu verdeutlichen.
Inhaltsverzeichnis
1) Einleitung
2) Geschichte des Föderalismus in Deutschland
3) Organisation
3.1) Der Präsident des Bundesrates, Präsidium
3.2) Mitglieder
3.3) Die Ausschüsse
4) Aufgaben und Kompetenzen
4.1) Gesetzgebungskompetenz
4.2) Wahlfunktion
5) Arbeitsweise
6) Bundesrat als Mitregent & Vetoplayer
6.1) Bundesrat als Mitgesetzgeber
6.2) Parteipolitik im Bundesrat
6.2.1.) Beispiel Zuwanderungsgesetz
6.3) Blockadebilanz
6.4) Weitere Probleme
6.5) Beispiel Konjunkturpaket II
7) Der Bundesrat in Zeiten der Großen Koalition
8) Zusammenfassung/Fazit
9) Literaturverzeichnis
1) Einleitung
Der deutsche Bundesrat ist ein „einzigartiges Organ in der Welt“ (Eschenburg, nach Rudzio 2006: 272). Doch oft steht es vor allem in den Medien in der Kritik. Von „Blockadeföderalismus“ (Schmidt 2007: 202f) und parteipolitischer Färbung ist da die Rede, wo doch die Länderkammer eigentlich „nur“ die Interessen der Bundesländer vertreten solle.
Diese Diskussion begann nicht erst in den 90er Jahren, als wichtige Reformen unter Kohl von der SPD-Opposition im Bundesrat gestoppt wurden, sondern setzte schon in den 50er und 60er Jahren ein. Bereits seit dieser Zeit wird auch wiederholt eine Reform des Föderalismus gefordert.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage. ob eine Trennung von Bundes- und Landesinteressen möglich und sinnvoll scheint, ob der Bundesrat tatsächlich ein Blockadeinstrument der Opposition ist und ob die Parteipolitik die größte Rolle in der Länderkammer spielt, oder ob nicht noch andere Faktoren in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden.
Außerdem werden mehrere Beispiele angeführt, um die wichtige Stellung des Bundesrates und sein Funktionieren zu verdeutlichen.
2) Geschichte des Föderalismus in Deutschland
Der Föderalismus hat eine lange Tradition in Deutschland. Bis ins 19. Jahrhundert gab es eine Vielzahl von souveränen Kleinstaaten, die 1871 im neu gegründeten Deutschen Reich aufgingen. In diesem gab es neben dem Reichstag auch einen Reichsrat, der aus Ländervertreter bestand und an der Gesetzgebung mit beteiligt war. Die wichtige Stellung der Länder endete erst 1934, als sie - 1933 bereits gleichgeschaltet - von Hitler aufgelöst wurden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg forderten die Alliierten in den Frankfurter Dokumenten von 1948 eine föderale Struktur für den neuen deutschen Staat, was der Machteinschränkung der Bundes- und Länderebene dienen sollte (vgl. Marschall 2007: 221).
Ein - neben dem Bundestag - zweites Gesetzgebungsorgan, das die Länderinteressen auf Bundesebene vertreten sollte, wurde geschaffen und im Grundgesetz verankert (vgl. GG Art. 50): Der Bundesrat.
3) Organisation
3.1) Der Pr ä sident des Bundesrates, Präsidium
Der Bundesratspräsident wird jährlich gewählt. Das Amt hat immer ein Ministerpräsident inne, wobei die Reihenfolge nach der Bevölkerungsstärke der Bundesländer bestimmt wird (vgl. Rudzio 2006: 274). Momentan ist der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) Bundesratspräsident. Er bildet mit zwei Vizepräsidenten zusammen das Bundesratspräsidium (vgl. Homepage des Bundesrates - Präsident und Präsidium). Im Falle einer Verhinderung des Bundespräsidenten nimmt der Bundesratspräsident dessen Amt wahr (vgl. GG Art. 57).
3.2) Mitglieder
Der Bundesrat besteht aus 69 Mitgliedern, die eine Doppelfunktion innehaben: Sie sind sowohl Mitglieder des Bundesrates als auch Mitglieder der Landesregierungen.
Im Gegensatz zu Bundestagsmitgliedern sind sie weisungsgebunden, haben aber einen gewissen Ermessensspielraum. Das heißt, nach Absprache mit anderen Landespolitikern kann das Abstimmverhalten nochmals überdenkt werden.
Die Stimmenanteile der Länder sind unterschiedlich und richten sich nach der Größe des Bundeslandes: „Jedes Land hat mindestens drei Stimmen, Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf, Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern sechs Stimmen“ (GG Art. 51, Abs. 2).
Nach der hessischen Landtagswahl im Januar 2009 hat die Große Koalition aus SPD und CDU ihre knappe Bundesratsmehrheit von 35 Stimmen verloren.
3.3) Die Ausschüsse
In jedem der 16 Ausschüsse (z.B. Arbeit und Sozialpolitik, Gesundheit, Inneres) sitzt ein Vertreter pro Land. Dort werden - als Pendant zu den Bundestagsausschüssen - die Gesetzesvorlagen vorbesprochen und verhandelt, bevor sie ins Bundesratsplenum kommen. Wichtig für die Gesetzgebung ist der Vermittlungsausschuss, der einberufen wird, wenn der Bundesrat gegen ein Gesetz stimmt. Er besteht je zur Hälfte aus Bundestags- und Bundesratsmitgliedern Bundesratsmitglieder sind auch im Gemeinsamen Ausschuss beteiligt, der als Notparlament im Ausnahmezustand dient. Dieser besteht zu einem Drittel ausMitgliedern des Bundesrats und zu zwei Dritteln aus Mitgliedern des Bundestags.
4) Aufgaben und Kompetenzen
4.1) Gesetzgebungskompetenz
Der Bundesrat hat - wie auch der Bundestag oder die Bundesregierung - das Recht zur Gesetzesinitiative. Diese vom Bundesrat eingebrachten Gesetzesvorlagen werden zunächst der Bundesregierung vorgelegt, die dazu Stellung nimmt. Andersrum werden Gesetzesvorlagen der Bundesregierung zunächst zur Stellungnahme dem Bundesrat vorgelegt, bevor diese im Bundestag diskutiert werden (vgl. Leuning 2004: 34). So kann die Länderkammer schon am Anfang des Gesetzgebungsverfahrens ihren Einfluss geltend machen.
Nachdem eine Gesetzesvorlage vom Plenum des Bundestages beschlossen wurde kommt diese zur Abstimmung in den Bundesrat. Ob die Zustimmung unbedingt nötig ist, hängt von der Art des Gesetzes ab. Bei Zustimmungsgesetzen1 wird nach Ablehnung des Bundesrates der Vermittlungsausschuss angerufen, wo in Zusammenarbeit von Bundestags- und Bundesratsmitgliedern Änderungen am Gesetz vorgenommen werden können. Stimmt die Ländekammer dann nochmals gegen die Gesetzesvorlage, ist sie endgültig gescheitert.
Bis September 2006 machten Zustimmungsgesetze 53% aller Gesetze aus (vgl. Marschall 2007: 231).
Handelt es sich hingegen um ein Einspruchsgesetz, kann ein Veto des Bundesrates vom Bundestag mit gleicher Mehrheit überstimmt werden.
4.2) Wahlfunktion
Neben der Gesetzgebungsfunktion hat der Bundesrat auch noch eine Wahlfunktion: Seine Mitglieder wählen die Hälfte der Richter des Bundesverfassungsgericht. Ebenso wird der Bundespräsident von Vertretern der Länder in der Bundesversammlung mit gewählt.
5) Arbeitsweise
Etwa alle drei bis vier Wochen findet eine Sitzung des Bundesrates statt, wobei die Bundesratsmitglieder unter großem Zeitdruck stehen, da es nicht selten vorkommt, dass 50 oder 60 Tagesordnungspunkte an einem Tag besprochen werden müssen. Ein weiteres Problem besteht in der in Punkt 3.2 erwähnten Doppelfunktion der Mitglieder, die dazu führt, dass oft Stellvertreter, so genannte Ministerialbeamte, die Länderpolitiker im Plenum des Bundesrates, besonders aber in den Ausschüssen, vertreten (vgl. Rudzio 2006: 274).
Ganz im Gegensatz zum Plenum des Bundestages, wo es meist zu hitzigen, öffentlichkeitswirksamen Debatten kommt, herrscht im Bundesrat meistens eine ruhige, kühle Atmosphäre. Die Mitglieder beschränken sich auf nüchterne Diskussionen und Stellungsnahmen, was wohl auch an dem vollen Sitzungsprogramm liegt (vgl. Stüwe 2004: 25). Doch dies ist nicht immer der Fall, wie das Beispiel der Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz zeigt, welche in Punkt 6.2.1 noch erläutert wird. Meistens finden im Bundesrat jedoch nur förmliche Beschlussfassungen statt, da das Abstimmungsverhalten vorher festgelegt wird: Ein Gesetzesentwurf wird in den einzelnen Landesregierungen beraten, wonach er in die Fachausschüsse des Bundesrates kommt. Vor der Abstimmung im Plenum kommt es oft noch zu informellen Gesprächen zwischen SPD- bzw. CDU-geführten Ländern, wobei die parteipolitischen Fronten zum Ausdruck kommen (vgl. Rudzio 2006: 274).
[...]
1 Zustimmungsbedürftig sind z.B. Gesetze zur Verfassungsänderung (2/3 der Stimmen nötig); Gesetze, die Auswirkungen auf die Finanzen der Länder haben und Gesetze, die die Verwaltungshoheit der Länder betreffen (vgl. Rudzio 2006:275).
- Arbeit zitieren
- Ulrike Döbel (Autor:in), 2009, Bundesrat – Parteipolitische Arena und Blockadeinstrument?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143437
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