Die vorliegende Seminararbeit setzt sich mit dem Art. 82 EGV (ehemals Art. 86) auseinander. Sie verschafft eine Übersicht hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen, der Merkmale und der Rechtsfolgen und versucht diese anhand von Beispielen zu verdeutlichen.
Dozent. Ingo Michael Groß - Richter am OLG Braunschweig
Gliederung
A. Einleitung
B. Abgrenzung des Art. 82 EGV von Art. 81 EGV
C. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 82 EGV
I. Der Unternehmensbegriff im Sinne des Art. 82 EGV
II. Weitere Voraussetzungen für eine Anwendbarkeit des Art. 82 EGV
1. Marktbeherrschende Stellung.
2. Auf relevantem Markt im Gemeinsamen oder wesentlichen Teil dessen
a) Relevanter Markt
aa) In sachlicher Hinsicht
bb) In räumlicher Hinsicht
cc) In zeitlicher Hinsicht
b) Wesentlicher Teil des gemeinsamen Marktes
3. Marktanteil
4. Missbräuchliche Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung
D. Die Arten des Wettbewerbsmissbrauchs.
I. Ausbeutungsmissbrauch
1. Die Ausbeutung durch Anbieter
2. Die Ausbeutung durch Nachfrager
II. Behinderungsmissbrauch
1. Schaffung unfairer Handelsbedingungen
2. Durchführung von Boykotten
3. Kampfpreisunterbietungen
4. Preisdiskriminierung
5. Kopplungsgeschäfte sowie Ausschließlichkeitsgeschäfte
E. Die Beeinträchtigung und deren Auswirkung im Sinne des Art. 82 EGV
F. Europarecht vs. Nationales Recht
G. Die Spürbarkeit als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal
H. Rechtliche Auswirkungen
I. Hinsichtlich der Rechtsfolgen
II. Hinsichtlich des Rechtschutzes
I. Die Auswirkung der VO 1 / 2003
J. Die Fusionskontrolle vs. Markstrukturmissbrauch
K. Fazit
Literaturverzeichnis
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Abkürzungsverzeichnis
Verweis: Hildebert / Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Deutschen Rechtsprache, 6. Auflage 2008, Berlin – New York
A. Einleitung
Die vorliegende Seminararbeit setzt sich mit dem Art. 82 EGV (ehemals Art. 86) auseinander. Sie verschafft eine Übersicht hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen, der Merkmale und der Rechtsfolgen und versucht diese anhand von Beispielen zu verdeutlichen.
Als Ausgangspunkt soll der Wortlaut des Art. 82 S.1 EGV dienen.
„Mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.“[1]
Der vorgenannte Missbrauch kann diesbezüglich nach Art. 82 S. 2 EGV verschiedenartig in Erscheinung treten, so zum Beispiel in:
- der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufspreisen und Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
- der Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch jene im Wettbewerb benachteiligt werden;
- den an den Abschluss von Verträgen geknüpften Bedingungen, dass etwaige Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen müssen, die weder sachlich noch im Sinne des Handelsbrauches in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen;
- der Einschränkung der Erzeugung, der technischen Entwicklung oder des Absatzes zum Schaden der Verbraucher.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass dem Art. 82 EGV der Art. 81 EGV sehr nahe ist, weil dieser auf Grund seiner engen Verbundenheit hinsichtlich seines Verbotes bezüglich der Vornahme beeinträchtigender Maßnahmen im Wettbewerb, oft in gleichem Atemzug genannt wird.
B. Abgrenzung des Art. 82 EGV vom Art. 81 EGV
Zu betrachten sind jedoch beide Artikel unabhängig voneinander, da Art. 82 EGV vor allem das wettbewerbsschädliche Verhalten reguliert, während der Art. 81 EGV zunächst den Handel zwischen den Staaten der Europäischen Union, also die den Wettbewerbbeschränkende Verhaltenskoordination regelt und dadurch Erschwernisse auf dem Markt durch Kartelle vereiteln soll.
Letztlich dienen Art. 82 EGV und Art. 81 EGV aber beide demselben Ziel. Sie sollen Verfälschungen des Wettbewerbs verhindern.[2] Im diesem Sinne ergänzen sie sich, jedoch auf verschiedenen Ebenen. So kann unter Umständen die Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne des Art. 82 EGV auch gegen Art. 81 EGV verstoßen oder aber unterhalb der Eingriffsschwelle des Kartellrechts liegen.[3]
Beide Artikel setzen in ihrem Wesen einen Zwischenstaatsbezug voraus.[4] Jedoch will der Art. 81 EGV seinerseits das Entstehen von Marktmacht verhindern, wenn diese insoweit geeignet ist, zum Beispiel durch Unternehmensvereinigungen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.[5] Der Art. 82 EGV hingegen setzt das Bestehen von Marktmacht voraus und will nur ihre missbräuchliche Ausnutzung verbieten.[6] Weiterhin dient Art. 82 EGV vorrangig dem Schutz der Mitbewerber, wobei die Adressaten zumeist schon Monopole oder Oligopole sind.[7]
Art. 81 EGV hingegen versucht die kooperative Gleichschaltung unternehmerischer Handlungsautonomie zu verhindern,[8] indem er im EU-Handel versucht, Erschwernisse durch Kartelle zu vereiteln.[9] Zwar kann unter Umständen ein freigestelltes Verhalten nach Art. 81 III EGV gegen Art. 82 EGV verstoßen.[10] Aber wegen der auch differenzierten Schutzrichtungen kann die Verwirklichung des Art. 81 III EGV keine Sperrwirkung gegenüber Art. 82 EGV entfalten.[11] Sofern allerdings beide Artikel mit ihren Verboten gleichzeitig erfüllt sind, stünde es einer etwaigen Kommission offen, zwischen deren Anwendung zu wählen, da zwischen ihnen Idealkonkurrenz besteht.[12]
Wie schon angeführt, verfolgen die Art. 82 EGV und 81 EGV zwar dasselbe übergeordnete Ziel, die Aufrechterhaltung und Entwicklung eines wirksamen Wettbewerbs. Wegen der verschiedenartigen Mittel aber, die den Artikeln 81 EGV und 82 EGV bereitstehen, ist jedoch eine harmonische Rechtsanwendung geboten,[13] die jeden Artikel die größtmögliche Wirksamkeit hinsichtlich seines Zweckes sichert und dadurch die Entstehung von Lücken im Wettbewerbssystem wenn möglich verhindert.[14]
C. Die Tatbestandvoraussetzungen des Art. 82 EGV
Im Einzelnen gehören zum Tatbestand des Verbots des Art. 82 EGV nachfolgend aufgezählte Merkmale die kumulativ vorliegen müssen. Zum einen muss es sich um ein Unternehmen im Sinne des Art. 82 EGV handeln, welches eine marktbeherrschende Stellung auf einem gemeinsamen Markt oder einen wesentlichen Teil desselben innehat und diese zum anderen noch derart missbräuchlich ausnutzt, so dass dieses auch geeignet ist, den Handel zwischen den EG – Staaten zu beeinträchtigen.[15]
I. Der Unternehmensbegriff im Sinne des Art. 82 EGV
Aufgrund dessen, das es im EGV an einer Legalbestimmung des Unternehmensbegriffs mangelt, wird hinsichtlich der Rechtsprechung und der Literatur von einem einheitlichen Unternehmensbegriff im Recht des Wettbewerbs der EG ausgegangen, der dem der Unternehmensbegriffe der Art. 81 EGV und Art. 87 EGV des Beihilferechts entspricht.[16] Die Bestimmung des Begriffs Unternehmen wird somit einheitlich gesehen.[17]
Der vor allem von der ständigen Rechtsprechung des EuGH, geprägte Unternehmensbegriff, wird dabei funktional verstanden.[18] Danach beinhaltet der funktionale Unternehmensbegriff, dass jede wirtschaftliche Tätigkeit[19] ausübende Einheit, nicht abhängig von der Art der Finanzierung ein Unternehmen ist. Für die Qualifikation als Unternehmen im Sinne des Art. 82 EGV, bleibt die Organisationsform außer Betracht.[20] Im Engeren bedeutet dies, dass jede wirtschaftliche Tätigkeit bzw. jedwedes Verhalten das auf die Nachfrage von Waren oder Dienstleistungen gerichtet ist, vom funktionalen Begriff mit erfasst wird. Personen die freie Berufe ausüben, können deshalb ebenfalls als Unternehmen verstanden werden.[21] Der Unternehmensbegriff ist folglich dahingehend auszulegen, dass dieser Personengesellschaften, alle natürlichen und juristischen Personen, Sondervermögen sowie öffentliche Unternehmen, die einer auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen mit einschließt,[22] insoweit sie auch am Markt konkurrieren mögen.[23]
[...]
[1] Art. 82 EGV
[2] Vgl. Eilmansberger in Streinz, 2003, EUV-EGV-Ko.,Art 82, RN.78
[3] EuG, ver.Rs.T-68,77 und 78, SIV u.a./Kommission,Slg.1992.II-1403,Rn.360
[4] Vgl. Eilmansberger in Streinz,2003, EUV/EGV-Ko.Art.82, Rn.79 a.A.
[5] Vgl. A icher/Schuhmacher in Grabitz/Hilf,2009,EGV-Ko.Art.81, Rn.1
[6] Vgl. Streinz, 2008, S.405, Rn.999; Weiß in , Callies/Ruffert,EGV-Ko.Art.82, Rn.1
[7] Vgl. Sreinz, 2008, S.405,Rn.999;Vgl. Jung in Grabitz/Hilf,EGV-Ko.Art.82,Rn15u.
[8] Vgl. Jung in Grabitz/Hilf,2009,EGV-Ko.,Art.82,Rn.15
[9] Vgl. Koenig/Haratsch/Pechstein, 2009,S.453, Rn 1033
[10] Vgl. Schubel, 2006,§ 3 II; Vgl.EuGH.Rs.66/86,Slg.1989,803,Rn.37(Flugreisen)
[11] Vgl. CalliesRuffert, EGV-Ko.Art.82,Rn.2; Koenig/Haratsch/Pechstein, 2008, S.542
[12] Vgl. Jung in Grabitz / Hilf,2009,EUV/EGV-Ko.,Art. 82, S.11,Rn.16
[13] Vgl. von derGroeben/Schwarze, EGV-Ko., Art.82EGV,S.565,Rn.32; EUGH
Ancides,43/85-Slg.1987,3131,Rn.13; Jung in Grabitz/Hilf,EGV-Ko.,Art.82, Rn.20
[14] Vgl. Schröter in von der Groeben/Schwarze,EGV-Ko.Art.82,Rn.32; so auch Mestmäcker,Europäisches Wettbewerbsrecht, 1974,S.348ff. und Raisch, 1995.S.441
[15] Vgl. Jung in Grabitz/Hilf, 2009, EUV/EGV-Ko., Art.82, S.4, Rn.2
[16] So v.Wallenberg in Grabitz/Hilf,2009,EGV-Ko.,Art.82,Rn.43;Vgl.auch K oenig /Haratsch/Pechstein, 2009,S.529, Rn.1027
[17] Vgl. Koenig / Haratsch / Pechstein,2009,S.541,Rn.1052; Weiß in Callies/Ruffert,
EGV-Ko.,2007, 3.Auflage, Art.82, Rn.4
[18] Vgl. Oppermann/Claasen/Nettesheim, 2009, in Europarecht, S. 367, Rn. 11
[19] EuGH, 1995, I-637, verb. Rs. C-159f./91 „Poucet“
[20] EuGH. Slg.1991, S.I-1979, Rn.21 – „Höfer und Elser“
[21] Vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein,2009,S.530,Rn.1028; EuG,Rs.T-513/93,Slg.2000
S.II-1807, Rn.39 - CSND
[22] Vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein, 2009.S.530,Rn.1028
[23] Vgl. Münder/v.Bötticher, 2003, Forschungsnotiz zu den Auswirkungen des euro –
päischen Beihilfenrechts auf die Stellung gemeinnütziger Anbieter sozialer Dienst-
Leistungen in Deutschland
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