1. Einleitung
Der Ausruf „Schiedsrichter ans Telefon“ ist wohl fast so alt wie der moderne Fußball selbst. Emotionsgeladene Momente zwischen Spielbeteiligten und Schiedsrichtern gehören eher zum Sportspiel-Alltag, als dass sie die Ausnahme darstellen. Von einem guten Schiedsrichter wird verlangt, sich auf solche Situationen vorzubereiten und mit diesen Emotionen dann auch umzugehen. Dementsprechend wird die Tätigkeit als Schiedsrichter nicht selten als „stressiger Job“ angesehen, dem sich der ansonsten sportbegeisterte Zeitgenosse lieber nicht aussetzen möchte.
Stress ist körperlich betrachtet eine Relikt aus der Steinzeit: eine überlebensnotwendige Reaktion auf drohende Gefahren. Dafür wird der Körper blitzschnell in einen Alarmzustand gebracht. Hormone wie Adrenalin werden in die Blutbahn ausgeschüttet, der Herzschlag beschleunigt. Die Muskeln werden stärker durchblutet und das Immunsystem mobilisiert. Heute unterscheidet man zwischen zwei Arten von Stress: dem positiven, so genannten Eustress und dem negativen, so genannten Dysstress. Während uns Eustress gut bekommt und aufbauend ist, und Dysstress destruktiv, abbauend und es bleibt nur eine Frage der Zeit, bis der Körper auf diesen Zustand mit Krankheit reagiert.
Tatsächlich belegt u. a. eine amerikanische Stichprobe von Fußball-Schiedsrichtern (Taylor et al., 1990) einen Zusammenhang der erlebten Stressintensität mit einem als „Burnout“ bezeichneten Phänomen. Unter diesem Begriff soll ein „affektiv gefärbter Erschöpfungszustand des Organismus“ verstanden werden, „der sich über eine längere Zeit erhöhten Stresserlebens hinweg entwickelt und verfestigt“ (Brand 2002, S. 52).
Die Tatsache, dass dennoch eine große Anzahl von Schiedsrichtern trotz ähnlicher Bedingungen für ihre Tätigkeit keinen Burnout-Zustand erleben, legt die Vermutung nahe, dass diese im Sinne der Salutogenese über Ressourcen verfügen, welche sie ihre Tätigkeit als weniger stressreich erleben lassen. Nach dem salutogenetischen Modell von Antonovsky gibt es keine klare Grenzlinie zwischen Gesundheit und Krankheit, sondern der Mensch bewegt sich zwischen diesen beiden Endpunkten, wobei eine Anzahl von jeweils belastenden Faktoren (Stressoren) und schützenden Faktoren (Widerstandsressourcen) die Nähe zum einen oder anderen Endpunkt bestimmt. Als zentrale Widerstandsressource bezeichnet Antonovsky dabei den Kohärenzsinn, der wiederum aus den Komponenten Verstehbarkeit (in Bezug auf die Schiedsrichter-Tätigkeit...
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Stress-Situationen bei der Leitung von Fußballspielen
- Beschreibung verschiedener Stress-Situationen
- Kritik an Schiedsrichter-Entscheidungen
- „Unpopuläre“ Entscheidungen
- Umgang mit erkannten Fehlern
- Körperliche Auseinandersetzungen mit/unter Spielern
- Beobachtung
- Anforderungen an den Schiedsrichtern
- Beschreibung verschiedener Stress-Situationen
- Die Rolle der körperlichen Fitness des Fußball-Schiedsrichters bei der Stressbewältigung bzw. -milderung
- Abhängigkeit von der Bewertung des Erlebten
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, inwiefern körperliche Fitness als Ressource zur Stressbewältigung für Fußballschiedsrichter dienen kann. Der Fokus liegt auf der Handhabbarkeits-Komponente des Kohärenzsinns, einem zentralen Element des salutogenetischen Modells von Antonovsky.
- Analyse von Stresssituationen im Fußballschiedsrichterwesen
- Einfluss von körperlicher Fitness auf die Stresswahrnehmung und -bewältigung
- Die Bedeutung des Kohärenzsinns für den Umgang mit Stressoren
- Präventive Wirkung körperlicher Fitness auf Burnout-Zustände
- Verbindung von psychologischer und sportwissenschaftlicher Perspektive
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Der Text beleuchtet die Herausforderungen der Schiedsrichtertätigkeit im Fußball, insbesondere im Hinblick auf Stress und Burnout. Er stellt fest, dass die Belastung durch Stressoren wie Kritik, „unpopuläre“ Entscheidungen und körperliche Auseinandersetzungen eine Rolle spielen. Die Arbeit fokussiert auf die salutogenetische Perspektive und den Einfluss von Ressourcen, wie der körperlichen Fitness, auf die Stresswahrnehmung und -bewältigung.
Stress-Situationen bei der Leitung von Fußballspielen
Dieses Kapitel beschreibt verschiedene Stresssituationen, denen Schiedsrichter während eines Spiels begegnen. Dazu gehören Kritik an Entscheidungen, „unpopuläre“ Entscheidungen, Umgang mit eigenen Fehlern, körperliche Auseinandersetzungen und die Beobachtung durch Verbände.
Anforderungen an den Schiedsrichtern
Neben den hohen physischen Anforderungen an Schiedsrichter werden die wachsenden psychischen Herausforderungen in diesem Kapitel beleuchtet. Die Arbeit betont die Wichtigkeit von Charakterstärke, Mut und Entschlossenheit sowie einer guten körperlichen Verfassung.
Die Rolle der körperlichen Fitness des Fußball-Schiedsrichters bei der Stressbewältigung bzw. -milderung
Dieses Kapitel setzt sich mit der Bedeutung der körperlichen Fitness für die Stressbewältigung auseinander. Die Arbeit stellt den Zusammenhang zwischen Stresswahrnehmung und individueller Bewertung der Situation heraus, und bezieht sich auf das Konzept der primären und sekundären Bewertungen von Stressoren.
Schlüsselwörter
Schiedsrichter, Fußball, Stress, Burnout, Kohärenzsinn, Salutogenese, körperliche Fitness, Handhabbarkeit, Stressbewältigung, Stresswahrnehmung, primäre und sekundäre Bewertungen, Prävention.
- Quote paper
- Dimitrios Gavrilas (Author), 2005, Körperliche Fitness als Hilfe für Fußballschiedsrichter in Stresssituationen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142978