Betrachtet man die aktuelle wirtschaftliche Lage – geprägt durch den immer größer werdenden Konkurrenzdruck, kurzlebigere Produktionszyklen und zunehmende Globalisierung – ist die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens auf Dauer nur dann gewährleistet, wenn es durch zielgerichtete Maßnahmen flexibel auf die sich ändernden Marktbedingungen reagieren kann.
In Bezug auf die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit sehen sich immer mehr Unternehmen gezwungen ihr Management neu auszurichten. Obwohl viele bemüht sind, diese Herausforderungen zu meistern, scheitern sie häufig bei der konsequenten Umsetzung ihrer Strategien im operativen Tagesgeschäft. Managementsysteme, die für eine stabile Umwelt geschaffen wurden, scheinen in einem dynamischen Zeitalter nicht mehr adäquat. Selbst dem Klein- und Mittelbetrieb, der das Bild der leichten Überschaubarkeit vermittelt, macht eine derartige Evolution immens zu schaffen, um sich im Wettbewerb zu behaupten.
Ein traditionelles, auf finanzielle Kennzahlen fokussiertes Management kann den heutigen Anforderungen von Unternehmen im Informationszeitalter nach effektiven Planungswerkzeugen nicht weiter gerecht werden. Die Kollision des Zwangs zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen und dem Ziel eines an historischen Werten orientierten Rechnungswesensmodells hat eine neue Synthese hervorgebracht: die Balanced Scorecard (vgl. Kaplan, Norton 1997: 7).
Die BSC ergänzt finanzielle Kennzahlen vergangener Leistungen um die treibenden Faktoren künftiger Leistungen und ist damit auf dem Weg, sich zu einem modernen Managementsystem zu etablieren. Hohen Anklang findet die BSC in der Praxis. Eine in 2008 durchgeführte Studie von Horváth & Partners bestätigt, dass BSC-Anwender im Drei-Jahres-Vergleich überdurchschnittlich erfolgreich sind und ein höheres Umsatzwachstum im Wettbewerb erzielen. Ein positiver Einfluss zeigt sich u. a. bei Kennzahlen wie Kundenzufriedenheit (65 % Zustimmung), Qualität (65 %) und Mitarbeiterzufriedenheit (57 %). 40 % aller Unternehmen, die das Konzept intensiv nutzen, sahen bei sich selbst absolute Stärken in der Strategieumsetzung. Weiter gaben 90 % an, dass die BSC für sie auch künftig von großer Bedeutung sein wird (vgl. Horváth & Partners 2009a).
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Anlagenverzeichnis
1 Einführung zum Thema
1.1 Ausgangsszenario
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2 Charakteristik kleiner und mittelständischer Unternehmen
2.1 Definition kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU)
2.1.1 Quantitative Kriterien
2.1.2 Qualitative Kriterien
2.2 Bedeutung von KMU für die deutsche Wirtschaft
2.3 KMU und Strategie
3 Die Balanced Scorecard als theoretisches Konstrukt
3.1 Begriff und Wesen der BSC
3.2 Entstehung der BSC
3.3 Kerngedanke und Zielsetzung des BSC-Ansatzes
3.4 Die Balanced Scorecard als Managementsystem
3.5 Mission, Vision und Strategie als Ausgangspunkt der BSC
3.5.1 Die Mission
3.5.2 Die Vision
3.5.3 Die Strategie
3.6 Perspektiven der Balanced Scorecard
3.6.1 Finanzperspektive
3.6.2 Kundenperspektive
3.6.3 Interne Prozessperspektive
3.6.4 Lern- und Entwicklungsperspektive
3.6.5 Weitere Perspektiven
3.7 Kausale Verknüpfung der Messgrößen diverser Perspektiven
3.7.1 Ursache-Wirkungsbeziehungen
3.7.2 Ergebniskennzahlen und Leistungstreiber
3.7.3 Verknüpfung mit den Finanzen
3.8 Kritische Würdigung des Instruments Balanced Scorecard
3.8.1 Nutzenpotenziale und Stärken der BSC
3.8.2 Schwächen der BSC
4 Balanced Scorecard in kleinen und mittleren Unternehmen
4.1 Rahmenbedingungen in KMU
4.2 Voraussetzungen und Möglichkeiten der Einführung einer BSC
4.3 Anwendungsfelder und Verbreitung der BSC in KMU
5 Das Unternehmen XY GmbH
5.1 Firmenporträt
5.2 Organisationsstruktur
5.3 Der Bereich Automobiltechnik
5.3.1 Produkt- und Dienstleistungsprogramm
5.3.2 Absatzmarkt und Branche
5.4 Anlass zur Implementierung einer Balanced Scorecard
6 Konzeption einer BSC für den XY Automobilbereich
6.1 Einführung zur Konzeption der Balanced Scorecard
6.2 Schaffung des organisatorischen Rahmens
6.2.1 Berücksichtigung kritischer Erfolgsfaktoren
6.2.2 Projektorganisation
6.2.2.1 Aufbauorganisation
6.2.2.2 Ablauforganisation
6.2.3 Bestimmung der BSC-Architektur
6.2.4 Kommunikation und Sicherstellung der Partizipation
6.3 Klärung strategischer Grundlagen
6.3.1 Durchführung eines Strategiechecks
6.3.2 SWOT-Analyse im Bereich Automobiltechnik
6.4 Entwicklung der BSC
6.4.1 Strategische Stoßrichtung und Ableitung strategischer Ziele
6.4.2 Strategy Map und Story of Strategy
6.4.3 Auswahl der Messgrößen
6.4.4 Festlegung der Zielwerte
6.4.5 Bestimmung strategischer Aktionen
6.5 Roll-out der Balanced Scorecard
6.6 Sicherstellung des kontinuierlichen Einsatzes der BSC
6.7 Einführungs- und Umsetzungsprobleme
7 Schlussbetrachtung und Fazit
Quellenverzeichnis
Anlagen
Eidesstattliche Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:Unternehmensgrößenklassen nach Definition des IfM
Abb. 2: KMU-Schwellenwerte der EU seit 01.01.2005
Abb. 3: Abgrenzung KMU von Großunternehmen
Abb. 4: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der mittelständischen Unternehmen
Abb. 5: Die Balanced Scorecard als strategischer Handlungsrahmen
Abb. 6: Illustration Mission, Vision, Strategie
Abb. 7: Von der Vision zur Balanced Scorecard
Abb. 8: Perspektiven der Balanced Scorecard
Abb. 9: Beispiel für die Finanzperspektive einer BSC
Abb. 10: Beispiel der Kundenperspektive einer BSC
Abb. 11: Die int. Prozessperspektive - das generische Wertkettenmodell
Abb. 12: Beispiel der internen Prozessperspektive einer BSC
Abb. 13: Beispiel der Lern- und Entwicklungsperspektive einer BSC
Abb. 14: Weitere denkbare Perspektiven der BSC
Abb. 15: Ergebniskennzahlen und Leistungstreiber
Abb. 16: Schematische Ursache-Wirkungskette in der BSC
Abb. 17: XY - ein mittelständisches Unternehmen
Abb. 18: 5 Phasen zur Einführung einer BSC
Abb. 19: Vorschlag einer BSC-Projektorganisation
Abb. 20: Prozess der Strategieklärung
Abb. 21: Checkliste Strategie
Abb. 22: SWOT Analyse der SGE Automobiltechnik
Abb. 23: SWOT - Strategische Stoßrichtungen
Abb. 24: Mögliche Zielformulierungen der SGE Automobiltechnik
Abb. 25: Horváth & Partners-Filter zur Ableitung strategischer Ziele
Abb. 26: Vorschlag Strategy Map SGE Automobil
Abb. 27: Vorschlag Messgrößen der BSC für die SGE Automobil
Abb. 28: Vorschlag Zielwerte der BSC für die SGE Automobil
Abb. 29: Vorschlag strategische Aktionen der BSC für die SGE Automobil
Anlagenverzeichnis
Anlage 1: Organigramm XY GmbH
Anlage 2: Projektbericht
Anlage 3: Projektplan
Anlage 4: Balanced Scorecard
1 Einführung zum Thema
1.1 Ausgangsszenario
Betrachtet man die aktuelle wirtschaftliche Lage - geprägt durch den immer größer werdenden Konkurrenzdruck, kurzlebigere Produktionszyklen und zunehmende Globalisierung - ist die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens auf Dauer nur dann gewährleistet, wenn es durch zielgerichtete Maßnahmen flexibel auf die sich ändernden Marktbedingungen reagieren kann.
In Bezug auf die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit sehen sich immer mehr Unternehmen gezwungen ihr Management neu auszurichten. Obwohl viele bemüht sind, diese Herausforderungen zu meistern, scheitern sie häufig bei der konsequenten Umsetzung ihrer Strategien im operativen Tagesgeschäft. Managementsysteme, die für eine stabile Umwelt geschaffen wurden, scheinen in einem dynamischen Zeitalter nicht mehr adäquat. Selbst dem Klein- und Mittelbetrieb, der das Bild der leichten Überschaubarkeit vermittelt, macht eine derartige Evolution immens zu schaffen, um sich im Wettbewerb zu behaupten.
Ein traditionelles, auf finanzielle Kennzahlen fokussiertes Management kann den heutigen Anforderungen von Unternehmen im Informationszeitalter nach effektiven Planungswerkzeugen nicht weiter gerecht werden. Die Kollision des Zwangs zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen und dem Ziel eines an historischen Werten orientierten Rechnungswesensmodells hat eine neue Synthese hervorgebracht: die Balanced Scorecard (vgl. Kaplan, Norton 1997: 7).
Die BSC ergänzt finanzielle Kennzahlen vergangener Leistungen um die treibenden Faktoren künftiger Leistungen und ist damit auf dem Weg, sich zu einem modernen Managementsystem zu etablieren. Hohen Anklang findet die BSC in der Praxis. Eine in 2008 durchgeführte Studie von Horváth & Partners bestätigt, dass BSC-Anwender im Drei-Jahres-Vergleich überdurchschnittlich erfolgreich sind und ein höheres Umsatzwachstum im Wettbewerb erzielen. Ein positiver Einfluss zeigt sich u. a. bei Kennzahlen wie Kundenzufriedenheit (65 % Zustimmung), Qualität (65 %) und Mitarbeiterzufriedenheit (57 %). 40 % aller Unternehmen, die das Konzept intensiv nutzen, sahen bei sich selbst absolute Stärken in der Strategieumsetzung. Weiter gaben 90 % an, dass die BSC für sie auch künftig von großer Bedeutung sein wird (vgl. Horváth & Partners 2009a).
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Ziel dieser Diplomarbeit ist es, die theoretischen Grundlagen der Balanced Scorecard darzulegen und anhand eines Implementierungskonzepts für das Unternehmen XY GmbH aufzuzeigen, wie eine BSC insbesondere in kleine und mittelständische Unternehmen eingeführt werden kann. In diesem Zusammenhang soll ferner zum Ausdruck kommen, ob die Balanced Scorecard ein geeignetes Instrument für den Bereich Automobiltechnik der XY GmbH darstellt. Der praktische Teil stellt ausschließlich auf die Entwicklung eines Vorschlags ab, der aufzeigt, welche organisatorischen Schritte und Maßnahmen durchzuführen wären, um eine erfolgreiche Implementierung im Automobilbereich der Unternehmung sicherzustellen.
Es erfolgt eine Untergliederung der Arbeit in sieben Kapitel. Zunächst wird das Ausgangsszenario sowie Zielsetzung und Aufbau im Rahmen der Einführung dargestellt, um einen adäquaten Einstieg in das Thema zu gewähren.
Nach dem einführenden Kapitel werden die charakteristischen Merkmale und Besonderheiten kleiner und mittelständischer Unternehmen betrachtet. Dabei wird der Begriff der KMU definiert, eine Abgrenzung der Unternehmen hinsichtlich quantitativer und qualitativer Aspekte vorgenommen sowie auf deren besondere gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Stellung in Deutschland eingegangen. Letztendlich wird die Bedeutung der Strategie in KMU´s beleuchtet.
Gegenstand des dritten Kapitels ist die theoretische Konzeption einer Balanced Scorecard. Nach wesentlicher begrifflicher Klärung und Erläuterung der Entstehung, des Kerngedankens und der Zielsetzung erfolgt die Darstellung der BSC als Managementsystem, in dem die zugrundeliegende Mission, Vision und Strategie des Instruments näher betrachtet werden. Nach expliziter Darbietung der möglichen Perspektiven der BSC wird auf die kausale Verknüpfung der Messgrößen in den verschiedenen Betrachtungsebenen eingegangen und deren Wirkungsweise näher erklärt. Den Abschluss dieses Abschnitts bildet eine kritische Bewertung des Konzepts, in dem die Stärken und Schwächen einer Balanced Scorecard im Allgemeinen verdeutlicht werden.
Des Weiteren verweist der vierte Teilbereich dieser Arbeit auf die Spezifika des Einsatzes der Balanced Scorecard in kleinen und mittleren Unternehmen. Insbesondere werden dabei die Rahmenbedingungen in KMU, Voraussetzungen und Möglichkeiten zur Implementierung des Konzepts sowie Anwendungsfelder und Verbreitung der BSC aufgezeigt.
Im Rahmen des fünften Kapitels dieser Diplomarbeit wird das Unternehmen XY GmbH vorgestellt, für das exemplarisch ein Konzept für die Einführung einer Balanced Scorecard im Bereich Automobiltechnik erörtert werden soll. Dabei wird ein Einblick in das Produkt- und Dienstleistungsprogramm sowie Absatzmarkt und Branche gewährt. Letztendlich bildet der Beweggrund zur Implementierung einer Balanced Scorecard in der vorgestellten Unternehmung den Schluss dieses Abschnitts.
Infolge der Unternehmensdarbietung wird im sechsten Kapitel ein in fünf Schritten dargestelltes Implementierungskonzept geschaffen. Hierbei ist in erster Linie der grundsätzliche organisatorische Rahmen zu klären, bevor im nachfolgenden Schritt die strategischen Grundlagen festgelegt werden können. Daraufhin kann die eigentliche Entwicklung der unternehmensindividuellen Balanced Scorecard stattfinden. Im Anschluss beschreibt die vierte Phase den unternehmensweiten Roll-out der BSC. In einem fünften Schritt werden Gestaltungsempfehlungen zur Gewährleistung des kontinuierlichen Einsatzes der Balanced Scorecard gegeben, um einen dauerhaften Erfolg zu sichern. Zudem werden die kritischsten Problembereiche bei der BSC-Einführung und Umsetzung aufgeführt.
Den Abschluss dieser Arbeit bildet eine Zusammenfassung des Instruments Balanced Scorecard sowie eine kritische Würdigung und Empfehlung des Balanced Scorecard-Konzeptes für die XY GmbH im Bereich Automobiltechnik. In einer abschließenden Gesamtbetrachtung wird auf die künftige Bedeutung der BSC verwiesen.
2 Charakteristik kleiner und mittelständischer Unternehmen
2.1 Definition kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU)
Eine Begriffsbestimmung kleiner und mittlerer Unternehmen scheint zunächst unproblematisch. Ein Blick in die Literatur hingegen zeigt, dass eine allgemein anerkannte und eindeutige Definition nicht existent ist. Erklärbar ist dieses Defizit durch die Branchenheterogenität, die eine generelle Aussage aussichtslos macht. Je nach Zweck sind verschiedene quantitative und qualitative Aspekte zur Abgrenzung von KMU denkbar, die wie folgt ausgestaltet sind. Häufig wird aus Gründen der Praktikabilität auf Definitionen des Instituts für Mittelstandsfor- schung (IfM) in Bonn oder des Gesetzgebers verwiesen (vgl. Müller 2009: 102 f.).
2.1.1 Quantitative Kriterien
In der Regel wird der rechnerische Anteil des Mittelstands an der Gesamt- wirtschaft über sog. quantitative Kriterien ermittelt. Hierbei handelt es sich um Größen, wie Zahl der Beschäftigten, Gesamtkapital, Umsatz, Bilanzsumme etc. Die Einbeziehung aller möglichen Aspekte zur Abgrenzung von KMU ist weder zwingend, noch zielführend. Alternativ werden daher zur Betriebsgrößen- klassifikation ausgewählte quantitative Merkmale vorgeschlagen. Exemplarisch seien hier die Regelungen des IfM Bonn, der Europäischen Kommission sowie des Handelsgesetzbuches erwähnt. Alle drei referenzieren auf die Größen Beschäftigtenzahl und Umsatz, während das HGB und die EU darüber hinaus die Bilanzsumme in die Größenprüfung einbeziehen (vgl. Müller 2009: 6).
KMU-Definition des IfM Bonn (seit 01.01.2002)
Von großer Bedeutung für Wissenschaft und Arbeit ist die „Arbeitsdefinition“ (siehe Abb. 1) des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn. Unternehmensgrößen werden dabei wie folgt abgegrenzt (vgl. IfM 2009a):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Unternehmensgrößenklassen nach Definition des IfM. - Quelle: IfM 2009a (Eigene Darstellung).
KMU-Definition der Europäischen Kommission (seit 01.01.2005)
Gemäß Kommissions-Empfehlung vom 6. Mai 2003 erfolgt die Klassifizierung der Unternehmensgrößen wie in Abbildung 2 dargestellt. Diese Abgrenzung ist im Speziellen für die Berechtigung der Inanspruchnahme von Fördermitteln für KMU von Bedeutung (vgl. IfM 2009b).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: KMU-Schwellenwerte der EU seit 01.01.2005. - Quelle: IfM 2009b (Eigene Darstellung).
Definition nach deutschem HGB:
Eine weitere Begriffsabgrenzung bietet das deutsche Handelsgesetzbuch für Kapitalgesellschaften gemäß § 267 HGB. Demnach gelten nachstehende Bestimmungen.
§ 267 Umschreibung der Größenklassen
(1) Kleine Kapitalgesellschaften sind solche, die mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten:
1. 4.015.000 Euro Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags (§ 268 Abs. 3).
2. 8.030.000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlußstichtag.
3. Im Jahresdurchschnitt fünfzig Arbeitnehmer.
(2) Mittelgroße Kapitalgesellschaften sind solche, die mindestens zwei der drei in Absatz 1 bezeichneten Merkmale überschreiten und jeweils mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten:
1. 16.060.000 Euro Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags (§ 268 Abs. 3).
2. 32.120.000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlußstichtag.
3. Im Jahresdurchschnitt zweihundertfünfzig Arbeitnehmer.
(3) Große Kapitalgesellschaften sind solche, die mindestens zwei der drei in Absatz 2 bezeichneten Merkmale überschreiten...
(4) Die Rechtsfolgen der Merkmale nach den Absätzen 1 bis 3 Satz 1 treten nur ein, wenn sie an den Abschlußstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren über- oder unterschritten werden.
2.1.2 Qualitative Kriterien
Zur Abgrenzung der KMU von Großunternehmen mögen quantitative Merkmale durchaus zweckmäßig sein, dennoch ist für eine weiterführende Analyse bzw. Differenzierung ein höheres Maß an Detaillierung notwendig. Um dieser Anforderung gerecht zu werden, ist eine Berücksichtigung qualitativer Aspekte erforderlich (vgl. Müller 2009: 7). Als kennzeichnend gelten folgende Merkmale, die sich bei der qualitativen Beschreibung von KMU durchgesetzt haben:
- Selbständigkeit der Unternehmung
- Fähigkeit zur Erbringung individualisierter, differenzierter Leistungen
- Verschmelzung von Unternehmer, Kapitalgeber und Leiter in einer Person
- Prägung des Betriebs durch die Persönlichkeit des Unternehmers
- regional oder hinsichtlich Marktgröße begrenzte Tätigkeit
- geringer Formalisierungsgrad (vgl. Pichler et al. 1996: 12).
Des Weiteren finden sich qualitative Unterschiede zwischen Großbetrieben und KMU in sämtlichen Funktionsbereichen der Unternehmen wieder (s. Abb. 3). Ausgewählte Beispiele sollen an dieser Stelle der Transparenz dienen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Abgrenzung KMU von Großunternehmen. - Quelle: Pfohl 2006: 18 ff. (Eigene Darstellung).
2.2 Bedeutung von KMU für die deutsche Wirtschaft
Den gesamtwirtschaftlichen Stellenwert der mittelständischen Unternehmen in Deutschland zeigt Abbildung 4 deutlich auf. Unter Zugrundelegung der quantitativen Definition des IfM Bonn ergibt sich, dass in 2007 von insgesamt 3,59 Mio. Unternehmen in Deutschland, deren Jahresumsatz Minimum 17.500 € beträgt, 99,7 % zu kleinen und mittelständischen Unternehmen zählen. Auf sie entfallen 37,5 % aller Umsätze und 70,6 % aller Beschäftigten, deren Anteil an Auszubildenden sich auf 83,0 % beläuft. Des Weiteren halten KMU 47,2 % an der Nettowertschöpfung der Unternehmen (vgl. IfM 2009a).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der mittelständischen Unternehmen. - Quelle: IfM 2009a.
Aus diesen Schlüsselzahlen geht hervor, dass KMU eine eminente Größe in der deutschen Wirtschaft sind. Die wirtschaftliche Bedeutung einer solchen Verantwortung kann anhand eines magischen Bedeutungsvierecks aufgezeigt werden, in dem mittelständische Unternehmer primär als Anbieter, Arbeitgeber, Ausbilder und Innovatoren fungieren und somit einen beachtlichen Stellenwert in der Wirtschaft darstellen (vgl. Wegmann 2006: 36 ff.).
Als Anbieter nehmen vor allem vorgelagerte Zulieferer z. B. im Automobilbereich eine wichtige Rolle ein. Traditionell mittelständisch geprägte Zulieferer begründen ihren Erfolg durch Flexibilität und starkes unternehmerisches Engagement. Sie tragen dazu bei, dass Großunternehmen kostengünstig produzieren können.
Weiterhin lässt sich die beschäftigungspolitische Bedeutung als Arbeitgeber und Ausbilder gut ersehen. Durch die hohe Beschäftigungsquote wirken KMU stabilisierend auf die Volkswirtschaft und werden als Beschäftigungsmotor in Deutschland bezeichnet. Selbst die Verantwortung für die Gesellschaft, die sich aus der hohen Ausbildungsintensität ergibt, geht zunächst von KMU aus.
Technischer Fortschritt und Innovation sind die Schlüsselfaktoren für wirtschaftliches Wachstum. In der Rolle des Innovators sind KMU insofern aktiv, dass sie sich durch Konzentration auf markt- und kundenorientierte Innovationen sowie enge Kunden- und Lieferantenbindung überlegene Informationen schaffen, um Zeit und Kosten für F&E-Aktivitäten zu begrenzen. Letztendlich profitiert dadurch die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands (vgl. Wegmann 2006: 36 ff.).
2.3 KMU und Strategie
Das strategische Management in kleinen und mittelständischen Unternehmen, die größtenteils durch Inhaber geführt sind, ist zumeist von der Persönlichkeit des Unternehmers geprägt. Die strategische Planung erfolgt in KMU häufig implizit und intuitiv - im Kopf des Unternehmers. Auf formale Planungsmethoden wird häufig verzichtet. Zu sehr stehen die Bewältigung des Tagesgeschäfts, die Sicherung des unmittelbaren Erfolgs und der Liquidität im Mittelpunkt (vgl. Krüger et al. 2006: 233).
Zudem scheitert es oftmals an der Ausstattung mit zeitlichen, finanziellen und personellen Ressourcen sowie an der Arbeitsüberlastung der Geschäftsführung durch operative Tätigkeiten (vgl. Schöning et al. 2005: 25 f.). Die Notwendigkeit eines strategischen Managements wird daher oftmals unterschätzt. Insbesondere dann, wenn die aktuelle wirtschaftliche Lage unschädlich ist. Vor dem Hintergrund der wachsenden Umweltdynamik, des steigenden Innovationsdrucks und der zunehmenden Kapitalintensität - eine fatale Situation. Nur durch eine strategisch richtige Positionierung kann gewährleistet werden, dass die Unternehmung auch künftig erfolgreich sein wird (vgl. Schauf 2006: 67).
Mittelständische Unternehmen besitzen gerade durch ihre Kleinheit und Übersichtlichkeit einen strukturellen Wettbewerbsvorteil gegenüber großen Unternehmen. Um sich diesen Vorteil bestmöglich zunutze zu machen, bedarf es einer zukunftsfähigen Strategie. Um dorthin zu gelangen gilt es, zunächst den Status quo der Unternehmung zu ermitteln, daraufhin eine auf externe Marktchancen sowie ressourcenbasierende Strategie zu entwickeln und mittels eines geeigneten Instruments umzusetzen. Eine Umsetzung des strategischen Leitsatzes erfolgt mit Hilfe der Balanced Scorecard, auf die in nachfolgenden Ausführungen explizit eingegangen wird (vgl. Krüger et al. 2006: 235 f.).
3 Die Balanced Scorecard als theoretisches Konstrukt
3.1 Begriff und Wesen der BSC
„Die Balanced Scorecard (BSC) ist ein Instrument zur Strategieumsetzung und Strategiekommunikation. Mit Hilfe der BSC werden Leitbilder und Visionen in konkrete Handlungen und Aktionen transformiert“ (Horváth & Partners 2009b).
Frei übersetzt ist der Begriff Balanced Scorecard mit „gewichteter Berichtsbogen“, „gewichtete Zielekarte“, „ausgewogener Zielebogen“, oder in einem weiteren Sinne „Konzept der strategischen Anzeigetafel“, gleichzusetzen (vgl. Morganski 2003: 11). Die Betonung liegt dabei auf Ausgewogenheit. Die maßgeblichen Ziele eines Unternehmens sollen aus den wesentlichen Perspektiven einer Organisation gleichgewichtig, d. h. ausgewogen (balanced) dargestellt werden (vgl. Friedag, Schmidt 2002: 21).
Als wesentlich werden gemäß Kaplan/Norton folgende vier Perspektiven betrachtet (vgl. Kaplan, Norton 1997: 23):
- Finanzwirtschaftliche Perspektive
- Kundenperspektive
- Interne Prozessperspektive
- Lern- und Entwicklungsperspektive.
3.2 Entstehung der BSC
Vor dem Hintergrund der massiven Kritik an der Eindimensionalität finanzieller Kennzahlensysteme wurde in den neunziger Jahren die BSC von Robert S. Kaplan und David P. Norton in Rahmen eines Forschungsprojekts entwickelt. Die Studie, die sich mit dem Thema „Performance Measurement in Unternehmen der Zukunft“ befasste, wurde in Zusammenarbeit mit zwölf US-amerikanischen Unternehmen durchgeführt (vgl. Kaplan, Norton 1997: Vorwort VII).
Als Resultat ihrer Arbeit entstand das Konzept der Balanced Scorecard, welchem der Gedanke zugrunde lag, dass zur Leistungsbewertung die unterschiedlich relevanten Geschäftsinhalte, wie z. B. Finanzen, Kunden oder Prozesse in ihrer Gesamtheit berücksichtigt werden müssen (vgl. Horváth & Partners 2007: 2).
Erstmals wurden die Ergebnisse der Studie 1992 in der Harvard Business Review unter dem Titel „The Balanced Scorecard - Measures that Drive Performance“ verfasst und veröffentlicht. Seither findet das Konzept weltweit zunehmende Betrachtung in Betrieben und Organisationen (vgl. Niven 2003: 36).
3.3 Kerngedanke und Zielsetzung des BSC-Ansatzes
Kaplan und Norton entwickelten das Balanced Scorecard-Konzept mit einer klaren Intention, die bis heute noch Kerngedanke geblieben ist:
„Translating strategy into action“.
Die Strategie nicht nur denken, sondern tun. Ziel ist es, die Vision und Strategie eines Unternehmens in ein geschlossenes Bündel qualitativer und quantitativer Zielsetzungen und Kennzahlen zu übersetzen, transparent darzustellen und vermittelbar in die gesamte Organisation zu integrieren (vgl. Rüth 2004: 8).
Mittels BSC sollen strategische Vorgaben des Managements über Funktionen und Hierarchien, bis hin zum einzelnen Mitarbeiter, operationalisiert werden, so dass am Ende eine konkrete Handlungsempfehlung steht, die das Verrichten des Einzelnen mit der Strategie kompatibel werden lässt (vgl. Müller 2007: 3).
Zielführend für die Balanced Scorecard als strategisches Steuerungsinstrument ist im Wesentlichen:
- Zielorientierung
- Zukunftsorientierung
- Denken in Zusammenhängen
- Verknüpfung qualitativer und quantitativer Gesichtspunkte ¾ Umsetzungsorientierung
Anzumerken bleibt, dass die BSC kein statisches, sondern ein dynamisches Management-Werkzeug darstellt, welches von Lerneffekten während der Nutzung lebt und an sich ändernde Rahmenbedingungen regelmäßig angepasst werden muss (vgl. Horváth & Partners 2009b).
3.4 Die Balanced Scorecard als Managementsystem
Ursprünglich wurde die BSC als Leistungsmessansatz konzipiert, um die Grenzen der Steuerung mit finanziellen Messgrößen allein zu verbessern (vgl. Kaplan, Norton 2001: 21 f.). Durch die Implementierung des Konzepts in der Praxis wurde jedoch schnell deutlich, dass es in der Lage war, gegenwärtige Finanzdaten mit den Treibern für die künftige Performance zu verknüpfen und zugleich die Organisationsstrategie zu vermitteln (vgl. Niven 2003: 36). Schließlich entwickelte sich daraus die These von Kaplan/Norton (vgl. Controllingportal 2009):
„Balanced Scorecard is management not measurement”.
Die Balanced Scorecard präsentiert sich als strukturierte Sammlung von Kennzahlen, ist jedoch in ihrer Anwendung von den herkömmlichen Systemen völlig verschieden (vgl. Jung 2004: 1146). Sie ist mehr als ein KennziffernTableau. Genauer betrachtet verkörpert die BSC ein Managementsystem, das dabei hilft, kritische Prozesse zu meistern.
Konkret bietet sie hierzu Unterstützung bei (vgl. Müller 2005: 133 f.):
- Klärung und Konsensbildung in Bezug auf die Strategie
- Kommunikation der Strategie in der gesamten Unternehmung
- Angleichung abteilungsbezogener Ziele an die Strategie
- Verknüpfung politischer Ziele mit Jahresbudgets
- Identifikation und Verknüpfung von strategischen Initiativen
- Durchführung systematischer, periodenbezogener Strategie-Reviews ¾ Feedback und Lernen hinsichtlich Verbesserungsmöglichkeiten der Strategie
Demnach bildet die Balanced Scorecard den strategischen Handlungsrahmen für das Management, der in Abbildung 5 visuell dargestellt wird. Ausgehend von den Kennzahlen der BSC, findet eine Verknüpfung vier erfolgskritischer ManagementTeilprozesse nach dem Regelkreisprinzip statt (vgl. Horváth 2004: 9).
[...]
- Quote paper
- Tanja Oexler (Author), 2009, Entwicklung eines Balanced Scorecard-Konzeptes für kleine und mittelständische Unternehmen der Automobiltechnik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142862
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