Die Vorstellung einer Nation von sich selbst, ihren Wesenszügen und ihrer Geschichte, kurzum ihrer Identität, verläuft nicht notwendigerweise entlang und kausal abhängig von tatsächlichen politischen Ereignissen, sondern wird u.a. durch (Massen-)Medien produziert, reproduziert und repräsentiert. Die Presse wird dabei als ein Medium der Bedeutungsdefinition und -übertragung betrachtet, und nicht als bloßer Spiegel der ‚Realität’.
In Deutschland im 19. Jahrhundert übernahm die Zeitschrift Die Gartenlaube eine bedeutende Rolle im Prozess der Vermittlung eines nationalen Bewusstseins und der Vorstellung politisch-kultureller Einheit. Im deutschen Sprachraum wurde durch die Zeitschrift (und – anders als in Großbritannien – nicht die Zeitung) die erste Form von Massenkommunikation etabliert. These der Arbeit ist, dass die Gartenlaube – obwohl sich als Familienblatt präsentierend – maßgeblich zur Vorstellung einer nationalen Gemeinschaft beitrug. Sie wirkte inkludierend, indem sie sich erstens an alle Familienmitglieder und verschiedene Schichten richtete und zweitens eine Vorstellung einer nationalen Gemeinschaft von Lesern erschuf.
Ausgehend von Theorie und Forschungsstand (II) wird eine politische und medienhistorische Kontextualisierung der Zeitschrift vorgenommen (III). Dabei sind einerseits politisch-historische Kontexte der Nationalstaatenbildung in Europa und national-politische Diskurse von Bedeutung, und andererseits auch die Entwicklung der Zeitschrift und ihrer zunehmenden Bedeutung in der Gesellschaft. In IV werden Mechanismen nationaler Identitätskonstruktion betrachtet, wobei ein Schwerpunkt auf der Vermittlungsrolle nationaler Bilder durch die moderne Massenpresse liegt.
Das der Arbeit zu Grunde liegende Erkenntnisinteresse sind sozio-politische und medien-historische Zusammenhänge und Konsequenzen des frühen Einsatzes des Massenmediums Zeitschrift zur Publikation, Verbreitung und Propagierung bürgerlich-liberaler Ideen. Allgemeiner geht es um die Frage, wo die Entwicklung der Massenmedien zur gegenwärtigen Stellung als Vierter Gewalt im Staat begann und wie die Anfänge einer Öffentlichkeit aussehen, die wie heute als legitimierend für eine Demokratie begreifen. Fokus dieser Untersuchung sind die Elemente und Themen, die die Vorstellung einer nationalen Gemeinschaft unterstützen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Methode und Forschungsstand
- Theorie und Methode
- Forschungsstand
- Historische und thematische Kontextualisierung
- Öffentlichkeit, nationale Identität und kollektives Bewusstsein
- Die Gartenlaube: populäres Massenmedium und politisches Organ
- Die Konstruktion der Nation in der Gartenlaube
- Die vorgestellte Gemeinschaft der Leser
- Die Kategorien von Region und Nation
- Grenzziehungen nach außen und antiaristokratische Tendenz
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rolle der Zeitschrift Die Gartenlaube im Prozess der Konstruktion einer nationalen Identität im 19. Jahrhundert in Deutschland. Sie beleuchtet, wie die Zeitschrift, obwohl sie sich als Familienblatt präsentierte, zur Vorstellung einer nationalen Gemeinschaft beitrug. Im Mittelpunkt stehen die Mechanismen nationaler Identitätskonstruktion, die von der Gartenlaube eingesetzt wurden, sowie die Kontextualisierung der Zeitschrift als politisches Organ in ihrem sozialen, historischen und politischen Umfeld.
- Die Bedeutung der Massenpresse als Vermittler von kulturellen und politischen Bildern nationaler Identität
- Die Konstruktion einer nationalen Gemeinschaft von Lesern durch die Gartenlaube
- Die medienhistorische und politische Kontextualisierung der Gartenlaube als politisches Organ
- Die Rolle der Gartenlaube in der Verbreitung bürgerlich-liberaler Ideen
- Die Entwicklung der Massenmedien und ihre Rolle in der Entstehung einer demokratischen Öffentlichkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und stellt die These auf, dass die Gartenlaube eine maßgebliche Rolle im Prozess der Vermittlung eines nationalen Bewusstseins im 19. Jahrhundert in Deutschland spielte.
Kapitel II behandelt die Theorie und den Forschungsstand. Es wird eine konstruktivistische Perspektive auf die Zusammenhänge von Kultur, Identität und Gesellschaft vorgestellt. Außerdem werden wichtige Forschungsarbeiten zu Die Gartenlaube und zur Rolle der Massenpresse in der Konstruktion nationaler Identität behandelt.
Kapitel III bietet eine historische und thematische Kontextualisierung der Gartenlaube. Es werden politische und medienhistorische Kontexte der Nationalstaatenbildung in Europa und der Entwicklung der Zeitschrift untersucht.
Kapitel IV analysiert die Mechanismen der Konstruktion der Nation in der Gartenlaube. Hierbei stehen die Vermittlungsrolle nationaler Bilder durch die moderne Massenpresse sowie die Vorstellung einer nationalen Gemeinschaft von Lesern im Vordergrund.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: nationale Identität, Massenpresse, Die Gartenlaube, konstruktivistische Perspektive, kollektives Bewusstsein, bürgerlich-liberale Ideen, politische Kontextualisierung, medienhistorische Entwicklung, imagined community.
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- Anna Milena Jurca (Author), 2008, Eine Nation schreiben, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142748