Goethes literarisches Schaffen hat durch seine semantische Intensität und Dichte dazu geführt, dass sich eine auf ihn selbst zurückführende Epoche konstituiert hat: die Goe-thezeit (1770 -1830). Die zeitlichen Grenzen dieser Epoche müssten – würden sie sich nach dem Geburts- und Todesdatum des Dichters richten – weiter ausgebreitet werden. Und zwar in die Vergangenheit bis 1749 und in die Zukunft bis 1832. Diese Minimie-rung des Zeitraumes deutet allerdings darauf, dass nicht Goethe selbst unmittelbarer Schöpfer dieser Epoche sein kann, sondern nur sein literarisches Werk, das aufgrund seiner Bedeutungstiefe für die Literaturhistorie paradigmatisch wirkt.
Mit dieser Hausarbeit anhand von Goethes Gedicht An den Mond (2. Fassung) soll versucht werden zu zeigen, was der einzelne literarische Text leisten kann, und zwar über seine biografischen Grenzen hinaus, enthebt man ihn nur seiner direkten Einbet-tung in Goethes Leben. Denn Ziel der Literaturwissenschaft sollte es nicht sein, ledig-lich die richtige Autorintention herauszufinden. Dieser Begriff impliziert nämlich „ei-ne sinnlose Zielsetzung (…), die nachweislich bislang nie realisiert worden ist und die heute argumentativ als unrealisierbar nachgewiesen werden kann“. Es soll daher ge-zeigt werden, was Literatur kann und wie sie menschliche Erfahrung, die sie in sich trägt, auch viel später noch aktualisieren kann.
Denn der einzelne Text „ist in dem Maße bedeutend, in dem er paradigmatisch wirkt, weniger schon, wenn er nur exemplarisch ist, am wenigsten, wenn er bloß illustriert“.
Das Gedicht An den Mond wirkt paradigmatisch. Und zwar nicht für die Klassik, auch nicht für den Sturm und Drang. Es zeigt seine ganze lyrische Potenz in seiner Wider-ständigkeit, die dazu geführt hat, dass Generationen von Interpretierenden immer wie-der auf ihre eigenen Gefühle hinwiesen, die sie beim Lesen dieses Gedichtes haben, sodass, soweit ich sehe, bis jetzt keine befriedigende Werksdeutung zustande kommen konnten.
Im möchte zunächst die Entstehungsgeschichte des Gedichtes beleuchten und eine werkgeschichtliche Einordnung vornehmen. Hierauf soll eine kurze Darstellung der Deutungsansätze dieses Gedichtes folgen.
Daran anschließen soll sich ein Kapitel über das Volkslied – dessen Nähe dieses Ge-dicht offensichtlich sucht - und Herders Dichtungstheorie dazu, worauf schlussendlich ein eigenes Interpretationsangebot folgt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- An den Mond, Entstehungsgeschichte und werkgeschichtliche Einordnung
- Deutungsansätze
- Das Volkslied und Herders Dichtungstheorie
- Werksanalyse zu An den Mond
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Aufsatz „An den Mond“ von Simon Wordtmann befasst sich mit der Analyse von Goethes Gedicht „An den Mond“ (2. Fassung) und untersucht dessen Bedeutung für die Literaturgeschichte. Die Arbeit zielt darauf ab, die lyrische Potenz des Gedichtes aufzuzeigen und zu beleuchten, wie es menschliche Erfahrung trotz seiner biografischen Grenzen aktualisieren kann.
- Entstehungsgeschichte und werkgeschichtliche Einordnung von „An den Mond“
- Deutungsansätze des Gedichtes
- Die Bedeutung des Volksliedes und Herders Dichtungstheorie für das Gedicht
- Die Rolle der Natur und der menschlichen Sehnsucht in Goethes Lyrik
- Die Aktualität von „An den Mond“ für die Literaturgeschichte
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik des Aufsatzes ein und verdeutlicht Goethes Einfluss auf die Literaturgeschichte. Sie stellt die zentrale Fragestellung nach der Bedeutung des Einzeltextes und seiner Fähigkeit, menschliche Erfahrung zu aktualisieren, heraus.
- An den Mond, Entstehungsgeschichte und werkgeschichtliche Einordnung: Dieses Kapitel befasst sich mit der Entstehungsgeschichte des Gedichtes, untersucht die unterschiedlichen Fassungen und ordnet es in den Kontext der Lida-Lyrik ein. Dabei werden auch Parallelen zu anderen Gedichten Goethes, wie „Jägers Abendlied“, aufgezeigt.
- Deutungsansätze: In diesem Kapitel werden verschiedene Interpretationen des Gedichtes beleuchtet. Die Autorin zeigt auf, wie die lyrische Potenz von „An den Mond“ Generationen von Interpreten zu eigenen Deutungen angeregt hat.
- Das Volkslied und Herders Dichtungstheorie: Das Kapitel untersucht den Bezug des Gedichtes zum Volkslied und dessen Bedeutung im Kontext von Herders Dichtungstheorie.
Schlüsselwörter
Goethe, An den Mond, Lida-Lyrik, Volkslied, Herders Dichtungstheorie, Lyrische Potenz, menschliche Erfahrung, Aktualität, Literaturgeschichte, Interpretation.
- Quote paper
- Simon Wordtmann (Author), 2008, "Füllest wieder Busch und Tal...", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142082