Nach der Ausweitung der Finanzkrise im Jahr 2008 fokussieren sich viele Unternehmen auf eine sprunghafte Reduzierung der Kosten, um bei einer niedrigeren weltwirtschaftlichen Nachfrage weiterhin profitabel arbeiten zu können. Diese Maßnahmen bringen schnell den benötigten Handlungsspielraum. Sie sind jedoch auf Dauer beschränkt und in dieser Größenordnung nicht beliebig wiederholbar. Weiterhin besteht die Wahrnehmung, dass ebenfalls in Folge der Finanzkrise organische Wachstumsstrategien an Bedeutung gewinnen. Das ist deshalb von Interesse, weil ein effizientes KVP ein wesentlicher Erfolgsfaktor für organisches Wachstum ist. Aus diesem Grund soll diese europaweite KVP-Studie herausfinden, ob KVP von den Führungskräften als eine langfristig sinnvolle Basis für profitables Wachstum angesehen wird, wie der Umsetzungsgrad von KVP in den wichtigsten Wirtschaftsnationen Europas zur Zeit ist, welche Erfahrungen Unternehmen mit KVP gemacht haben, ob sich Investitionen in KVP amortisieren und auf welchen Gebieten KVP nutzbringend zur Anwendung kommen kann. Im Zeitraum vom 14. März bis 18. April 2009 wurden 7.000 Manager in den fünf größten
europäischen Wirtschaftsnationen Deutschland, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Italien und Spanien zum Business Profit des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses befragt.
Die Studie hat den Nachweis erbracht, dass eine nennenswerte Anzahl von Unternehmen KVP anwendet und damit einen hohen Nutzen erzielt. KVP ist eine hervorragende Möglichkeit, um unbemerkt für den Wettbewerb die Kern-Kompetenzen und die Leistungsfähigkeit des gesamten Unternehmens weiterzuentwickeln und auf Dauer zu verteidigen. Optimierungsgegenstand ist das ganze Unternehmen – die Besten machen es vor.
Diese Studie ist auch in einer englischen Übersetzung erhältlich.
(GRIN-Verlag Archivnummer v138376.
Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort
2 Executive Summary
3 Einleitung
3.1 Ziele der Studie
3.2 Studienmethode
3.3 Studienbeteiligung
3.4 Basisdaten der teilnehmenden Unternehmen
3.4.1 Anzahl der Beschäftigten
3.4.2 Branchenzugehörigkeit
3.4.3 Rechtsformen der beteiligten Unternehmen
3.4.4 Unternehmensstrategie und Markteinschätzung
4 Ergebnisse der KVP-Cluster
4.1 Implementierung
4.1.1 Implementierungsgrad in Unternehmen
4.1.2 Aktueller Betrachtungsumfang von KVP
4.2 Organisation
4.2.1 Zuständigkeit für KVP
4.2.2 Effizienz der KVP-Organisation
4.3 Methoden
4.3.1 Systematik des Methodeneinsatzes
4.3.2 Methoden des KVP
4.3.3 Veränderungskultur- und bereitschaft
4.3.4 Rolle der Informationstechnologie
4.3.5 Einbeziehung Kunden und Lieferanten in KVP
4.4 Ergebnisse
4.4.1 KVP-Ergebnisse
4.4.2 Durchdringung im Unternehmen
4.4.3 Messbarkeit und Transparenz der KVP-Ergebnisse
4.4.4 Akzeptanz im Unternehmen
4.4.5 KVP-Einsatzgebiete
4.4.6 Verprobung der Marktsituationen mit den Möglichkeiten des KVP
4.4.7 Die Basis: Veränderungsbereitschaft und -kultur
4.4.8 KVP - Gesamtbeurteilung
5 Informationen zum Autor
6 Literaturverzeichnis
7 Tabellenverzeichnis
8 Verzeichnis der KVP-Beispiele
9 Abbildungsverzeichnis
10 Stichwortverzeichnis
Anlage A: Der führungsbezogene KVP-Ansatz
1 Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,
viele mir bekannter Experten sagen, dass sich KVP zur Zeit im „Dornröschen-Schlaf“ befinde. In vielen Unternehmen und Branchen würde KVP nicht oder nur in geringem Umfang angewendet. Im Automobilbau - so die Experten - sind die Optimierungspotentiale zum Beispiel in der Endmontage so gering, dass KVP dort am Ende seiner Möglichkeiten ist oder sein soll. Vielfach liegt KVP auch unter dem Staub einer falsch verstandenen oder angewandten ISO 9000 Norm vergraben. Wo steht KVP nun wirklich in der unternehmerischen Praxis?
Das grundlegende Problem ist die unzureichende Einführung von KVP, zumindest was Deutschland betrifft. Die Japaner haben den Ansatz des Amerikaners Deming an ihre Verhältnisse angepasst und sehr erfolgreich angewendet. Bei der Übernahme des japanischen Vorgehens wurde in Deutschland keine Anpassung vorgenommen. Da sich die Unternehmens-, Führungs- und Arbeitskultur dort von der japanischen unterscheidet, sind die Bemühungen oft im Sande verlaufen. Die Einführung konzentrierte sich zu sehr auf die operativ tätigen Mitarbeiter und berücksichtigte nicht oder nur sehr gering die ergebnisverantwortlichen Führungskräfte. In dem von mir 2005 vorgestellten führungsbezogenen KVP-Ansatz (Anlage A) ordne ich KVP als eine normale Führungsaufgabe ein, deren Anwendung von den Führungskräften zu initiieren und zu verantworten ist. Im Vergleich zu der alten „KVP-Denke“ geht dieser Ansatz deutlich weiter. Inhalt des Tagesgeschäfts ist die Erstellung von Angeboten, die Auftragsverhandlung, die Materialbeschaffung, Fertigung und Montage der Teile, Endkontrolle und Auslieferung. Alle Aktivitäten, die mit einer Optimierung dieser primären Aufgaben oder auch der Unterstützungsprozesse zu tun haben, sind Teil des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Das KVP-Objektmodell ist ein wesentlicher Bestandteil des Ansatzes. In diesem Modell werden systematisch Maßnahmen zu Optimierungsobjekten zugeordnet. Aktuell sind es mehr als 600 verschiedene detaillierte Optimierungsansätze.
Diese Studie ist eine persönliche Initiative. Die Unterstützung und das Sponsoring seitens der RWE AG in Person von Frau Henriette Viebig (Unternehmenskommunikation, RWE AG), Herrn Dr. Jürgen Riehn und Klaus Sulimma (RWE Power AG) sowie dem kompetenten Übersetzungsservice war sehr konstruktiv und hat einiges leichter gemacht. Die Diskussion mit Frau Dr. Nina Skorupska (Director Performance Improvement at RWE Group) war sehr bereichernd.
Besonders bedanke ich mich bei meiner Frau Isabel. Sie hat mir den Rücken freigehalten und sich unzählige Stunden alleine mit unseren vier Söhnen beschäftigt (letzteres ist auch ein Entwicklungsthema der besonderen Art..).
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen dieser Studie und viele neue Erkenntnisse.
Herzliche Grüße
Frank Alexander Reusch
European Initiative Continuous Improvement (EICI) Chairman
2 Executive Summary
Im Zeitraum vom 14. März bis 18. April 2009 wurden 7.000 Manager in den fünf größten europäischen Wirtschaftsnationen Deutschland, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Italien und Spanien zum Business Profit des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses befragt. Nach einer Eingangsprüfung und Bereinigung der zurückkehrenden Fragebögen haben sich 789 Führungskräfte an dieser Studie beteiligt. Das entspricht einer Netto-Rücklaufquote von 11,37 %.
Das Ziel dieser Studie war die flächendeckende Überprüfung, wie Unternehmen heute KVP anwenden, welche Ergebnisse sie erzielen und mit welchen Methoden sie ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern.
Organische Wachstumsstrategien auf dem Vormarsch
In dieser Studie wurde die dominante Unternehmensstrategie ermittelt, um auf dieser Basis differenzierte Aussagen erarbeiten zu können. 69 % der Führungskräfte schätzen die Bedeutung organischer Wachstumsstrategien hoch oder sehr hoch ein. Im Vergleich dazu wird die Bedeutung des Zukaufs von Unternehmen mit 42 % als hoch oder sehr hoch bewertet.
Unternehmen erzielen hohe Ergebnisse durch KVP
6,3 % der Führungskräfte erzielten durch KVP-Maßnahmen ein Ergebnis von mehr als 10 Mio. EUR pro Jahr. 18,2 % der Befragten erzielten ein Ergebnis von mehr 5 Mio. EUR im Jahr. Wenn allerdings nur 20,5 % der Führungskräfte ihre aktuelle KVP-Organisation für effizient oder sehr effizient halten, offenbart das noch erhebliches Steigerungspotential hinsichtlich der durch KVP erzielbaren Ergebnisse. Insgesamt haben 72,4 % der Teilnehmer KVP in unterschiedlichen
Formen implementiert. 27,6 % betreiben kein KVP. Unternehmen mit dem Ziel der
Kostenführerschaft betreiben mit einem Anteil von 37 % kein KVP. Qualitäts- und
Innovationsführer sind deutlich besser aufgestellt und erzielen auch höhere KVP-Ergebnisse.
Führung im Kreuzfeuer - eine Frage des mangelnden Selbstverständnisses?
Obwohl KVP nachweislich hohe Ergebnisse erwirtschaften kann, fehlt es in Unternehmen häufig an der Akzeptanz. Diese ist bei den Vorständen und Geschäftsführern sehr gering. Die Befragten schätzen die Akzeptanz dort mit 3,7 % für sehr gut und 8,6 % für gut ein. In den Unternehmen mit sehr hohen Akzeptanzwerten im Top-Management sind die KVP-Ergebnisse durchschnittlich um das 14-fache höher. Die Akzeptanz der Bereichsleiter ist noch niedriger als die der Vorstände. Nur die Abteilungsleiter erhalten mit 26,3 % einen guten oder sehr guten Akzeptanzwert. Im Gegenzug - bei der Frage nach den Gründen für die schlechte Akzeptanz - nennen 25,5 % der Befragten fehlende Sponsoren im Management und 13,9 % fehlende Vorbildfunktion als die beiden Hauptgründe. Nur 8 % der Führungskräfte halten KVP für einen normalen Bestandteil der Führungsaufgabe. Dieses Ergebnis ist sehr ernüchternd und wirft viele Fragen bezüglich des Führungs- und Selbstverständnisses auf. Neben der Gestaltung des Tagesgeschäfts gehört auch dessen Weiterentwicklung zur Aufgabe einer Führungskraft. Das erfordert neben dem erforderlichen Selbstverständnis auch Argumentations-, Überzeugungs- und Durchsetzungsfähigkeit, denn nicht alle Mitarbeiter springen automatisch und gerne auf den KVPZug. Dieses Führungsdilemma wirft viele Fragen auf und scheint eines der größten Probleme im Einsatz von KVP und der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit zu sein.
Ab einer Einbeziehung von 27 % der Mitarbeiter bringt KVP keinen zusätzlichen Gewinn
Diese Studie kann einen ersten Hinweis liefern, wie hoch der Durchdringungsgrad im Unternehmen sein muss, um mit KVP den größtmöglichen Gewinn zu erzeugen. Der Durchdringungsgrad stellt die Anzahl der an KVP-Maßnahmen beteiligten Mitarbeiter in einem Unternehmen fest. Ab einem Durchdringungsgrad von 9,1 % stieg das KVP-Ergebnis überproportional an. Ab einem Grad von 27,5 % bringt eine höhere Durchdringung bzw. Mitarbeiter-Einbindung keine nennenswerten Ergebnisvorteile mehr.
Umfang der KVP-Aktivitäten und Methodeneinsatz
Bei 3 % der Führungskräfte sind alle Unternehmensfunktionen im Focus des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Von den hier genannten 24 Führungskräften erzielen 17 die höchsten KVP-Ergebnisse. Der bevorzugte Einsatz konzentriert sich auf die spontane Auswahl von Einzelthemen (31,4 %), individuell ausgewählte Prozesse (21,0 %), systematische Auswahl der Maßnahmen mit der größten Hebelwirkung (19,6 %) und auf die Betrachtung aller Kern- Geschäftsprozesse (15,9 %).
COO verantwortlich für KVP - ein Modell der Zukunft
Im Durchschnitt ist der COO nur bei 5,3 % der Befragten für KVP verantwortlich. Allerdings erzielen rund 80 % dieser Unternehmen mehr als 5 Mio. EUR Ergebnis aus KVP, 58 % mit COO- Verantwortlichen erreichten mehr als 10 Mio. EUR Ergebnis. Da der COO für das gesamte operative Geschäft die Verantwortung trägt, ist es folgerichtig konsequent, wenn er auch die Verantwortung für die kontinuierliche Verbesserung des operativen Geschäfts übernimmt.
IT ist eine wichtige Voraussetzung für KVP
Die Rolle der IT in Zusammenhang mit dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess wird durch die Befragten sehr deutlich festgestellt. 9,5 % sind der Meinung, dass IT eine Voraussetzung für den Erfolg von KVP-Aktivitäten ist. Weitere 52,7 % glauben, dass IT wichtig für den KVP-Erfolg ist. 8,5 % der Führungskräfte haben dazu eine neutrale Meinung oder sehen keinen wesentlichen Zusammenhang zwischen der IT-Nutzung und dem KVP-Erfolg (29,3 %). Die Führungskräfte haben durch diese Studie der IT-Industrie allerdings auch eine deutliche Botschaft mitgeteilt, ITInnovationen besser und für das Business verständlicher zu kommunizieren.
KVP erhöht die Wettbewerbsfähigkeit
Insbesondere im Bereich der nachhaltigen Kostensenkung, der Produktivitäts- und Qualitätsverbesserung wird KVP von vielen Unternehmen erfolgreich eingesetzt. Die vierte Dimension - Optimierung des Umsatzes - hat in der Praxis als ein wesentlicher Bestandteil von KVP-Maßnahmen allerdings erst eine geringe Verbreitung.
Die Studie hat den Nachweis erbracht, dass eine nennenswerte Anzahl von Unternehmen KVP anwendet und damit einen hohen Nutzen erzielt. KVP ist eine hervorragende Möglichkeit, um unbemerkt für den Wettbewerb die Kern-Kompetenzen und die Leistungsfähigkeit des gesamten Unternehmens weiterzuentwickeln und auf Dauer zu verteidigen. Optimierungsgegenstand ist das ganze Unternehmen - die Besten machen es vor.
Führungskräfte legen in Zukunft mehr Gewicht auf KVP
Abschließend hat die Studie ermittelt, dass die Bedeutung von KVP sehr hoch eingeschätzt wird.
Die absolute Mehrheit der Befragten (62,8 %) hat sich für KVP als ein zielführendes Instrument ausgesprochen. Spanische Führungskräfte überraschen mit der höchsten Einschätzung von 71,3 %, dass für sie KVP in Zukunft von großem Interesse sei.
3 Einleitung
3.1 Ziele der Studie
Nach der Ausweitung der Finanzkrise im Jahr 2008 fokussieren sich viele Unternehmen auf eine sprunghafte Reduzierung der Kosten, um bei einer niedrigeren weltwirtschaftlichen Nachfrage weiterhin profitabel arbeiten zu können. Diese Maßnahmen bringen schnell den benötigten Handlungsspielraum. Sie sind jedoch auf Dauer beschränkt und in dieser Größenordnung nicht beliebig wiederholbar.
Weiterhin besteht die Wahrnehmung, dass ebenfalls in Folge der Finanzkrise organische Wachstumsstrategien an Bedeutung gewinnen. Das ist deshalb von Interesse, weil ein effizientes KVP ein wesentlicher Erfolgsfaktor für organisches Wachstum ist.
Aus diesem Grund soll diese europaweite KVP-Studie herausfinden,
- ob KVP von den Führungskräften als eine langfristig sinnvolle Basis für profitables Wachstum angesehen wird,
- wie der Umsetzungsgrad von KVP in den wichtigsten Wirtschaftsnationen Europas zur Zeit ist,
- welche Erfahrungen Unternehmen mit KVP gemacht haben,
- ob sich Investitionen in KVP amortisieren und
- auf welchen Gebieten KVP nutzbringend zur Anwendung kommen kann.
3.2 Studienmethode
Die Auswahl der Teilnehmerländer erfolgte anhand von Angaben der OECD.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Bruttoinlandsprodukt, Billionen US Dollar, OECD 2009
Aufgrund der Anzahl von Unternehmen in den hier betrachteten fünf wichtigsten Wirtschaftsnationen Europas (Deutschland, England, Frankreich, Italien, Spanien) kam nur eine Teilerhebung für diese Studie in Betracht.
Zur Gewährleistung einer hohen Repräsentativität wurde die Grundgesamtheit durch ein kombiniertes Verfahren ermittelt. Zunächst erfolgte durch ein Konzentrations- bzw. Cut-off- Verfahren (nichtzufällige Stichprobe) eine Reduzierung der Unternehmen nach den Kriterien der Unternehmensgröße und der Zugehörigkeit zu 15 definierten Branchen. Im Anschluss wurde durch eine einfache Zufallsauswahl der Stichprobenumfang von insgesamt 7.000 Führungskräften bzw. 1.400 teilnehmenden Managern je Land ermittelt. Diese sind den ersten drei Führungsebenen zuzuordnen.
Der Fragebogen wurde zur Verbesserung der inhaltlichen Aussagequalität sowie zur Vermeidung von unklaren Formulierungen, Missverständnissen und anderen Fehlern einem Pre-Test unterzogen. Dieser Pre-Test wurde durch Fachleute der RWE Power AG in Köln durchgeführt.
Die Offline-Datenerhebung erfolgte auf Basis des Fragebogens, der mittels E-Mail an die Teilnehmer versendet wurden. Für Deutschland wurde ein Fragebogen in deutscher Sprache verwendet. Alle weiteren Länder haben den Fragebogen in englischer Sprache erhalten. Die Datenerhebung fand im Zeitraum vom 14. März bis 18. April 2009 statt.
Allen Teilnehmern wurde selbstverständlich die Einhaltung aller Anforderungen des Datenschutzes zugesichert. Sämtliche Mailadressen, Mails und Fragebögen, auf deren Basis eine personenbezogene Rückverfolgbarkeit möglich wäre, wurden nach Beendigung und Qualitätssicherung der Auswertung vollständig gelöscht. Die Gewährleistung des Datenschutzes ist eine Selbstverständlichkeit. Der explizite Hinweis diente aber auch der Sicherstellung einer höheren Rücklaufquote. Auf Preise oder Benefits jeder Art wurde allerdings verzichtet, da die Seriosität dieser Studie nicht durch nebensächliche Erwägungen beeinflusst werden sollte.
Nach dem Rücklauf der Antworten erfolgte eine Eingangsprüfung, um die Ergebnisqualität sicherzustellen. Demnach wurden Fragebögen mit einem Anteil von mehr als 10% fehlender Antworten nicht berücksichtigt. Fehlende oder unplausible Daten wurden nicht durch Schätz- oder Prognosewerte ersetzt1. Zur Ermöglichung von mehrdimensionalen Analysen wurde zur Auswertung ein Data-Cube benutzt.
3.3 Studienbeteiligung
Die unbereinigte Rücklaufquote lag bei
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Studienbeteiligung
Die angeschriebenen Führungskräfte haben sich in den jeweiligen Ländern sehr unterschiedlich an dieser Studie beteiligt (Details s. Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Studienbeteiligung / Netto-Rücklaufquote je Teilnehmerland
Die Netto-Rücklaufquote ist für eine Offline-Aktion sehr zufriedenstellend. Nach Auswertung der Daten kann das hohe Interesse mit drei Aussagen erklärt werden:
Die beteiligten Führungskräfte schätzen die Bedeutung des organischen Unternehmenswachstums sehr hoch ein (vgl. Kapitel 3.4.4)
Gleichzeitig wird der Shareholder-Value-Ansatz in den fünf führenden Wirtschaftsnationen Europas zunehmend kritisch gesehen (vgl. Kapitel 3.4.4)
KVP wird von der absoluten Mehrheit der Führungskräfte (62,8%) als ein zielführendes Instrument eingeschätzt.
Daraus ergibt sich das Verständnis, dass Unternehmen gewillt sind, stärker an der Substanz ihres Unternehmens zu arbeiten und deshalb ein hohes Interesse am Thema KVP haben.
3.4 Basisdaten der teilnehmenden Unternehmen
Am Anfang des Fragebogens wurden Basisdaten erhoben. Dadurch sollte eine differenzierte Aussage über den Einsatz von KVP ermöglicht werden. Setzen Kostenführer KVP anders ein als Qualitäts- oder Innovationsführer? Gibt es Unterschiede in der KVP-Nutzung, die mit der Größe des Unternehmens zu tun haben? Diese und andere Fragen konnten sehr genau heraus gearbeitet werden.
3.4.1 Anzahl der Beschäftigten
Die Anzahl der Beschäftigten in den Unternehmen der teilnehmenden Führungskräfte weist in den einzelnen Ländern große Unterschiede auf. Unternehmen mit 500 bis 1.000 Beschäftigten sind in dieser Studie am stärksten vertreten. Kurz danach folgen die Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Beteiligung der Führungskräfte in Relation zur Unternehmensgröße
Die Beteiligung bei den kleineren Unternehmen bis zu 50 Beschäftigten war sehr niedrig. Insbesondere gilt dies für Frankreich und Spanien. Dort lag der Schwerpunkt bei den Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Größenklassen der Unternehmen
Quelle: OECD 2009
Strukturelle Besonderheiten der beteiligten Länder finden sich in dieser Tabelle teilweise wieder. In Deutschland waren mittelständische Unternehmen in oberen Beschäftigungsklassen beispielsweise deutlich präsenter als in Frankreich. In der Klasse ab 1000 Beschäftigten hat Frankreich allerdings die höchste Anzahl an teilnehmenden Führungskräften zu bieten.
85 % der beteiligten Führungskräfte sind in Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten tätig. Dagegen haben sich nur 14,7 % Führungskräfte aus Unternehmen unterhalb von 100 Beschäftigten mit dieser Studie beschäftigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Anzahl der beteiligten Führungskräfte in Bezug zur Unternehmensgröße
Die Motivation, sich als Teilnehmer mit einer Studie zu beschäftigen oder nicht zu beschäftigen, wird hier unabhängig von der Unternehmensgröße als gleichwertig angenommen. Es ist eventuell möglich, dass die Akzeptanz von Studien und der Umgang damit in größeren Unternehmen höher ausgeprägt ist. Aus Zeitgründen wurde das nicht weiter eruiert.
Auf dieser Basis lässt sich feststellen, dass sich größere Unternehmen deutlich mehr für das Thema KVP interessieren. Gleichwohl haben auch eine Reihe von kleineren Unternehmen in der Anwendung von KVP beträchtliche Erfolge erzielt, ohne das dort die Maßnahmen bewusst einem KVP-Programm zugeordnet wurden. Andere Studien haben hier die Persönlichkeit des Unternehmens als den relevanten Erfolgsfaktor ausgemacht.
Die von der OECD ebenfalls gemessene Arbeitsproduktivität ist ein volkswirtschaftlicher Maßstab, der auch kontinuierliche Verbesserungseffekte enthält. Das ermöglicht eine erste Einschätzung über den Gesamtzustand der hier betrachteten Volkswirtschaften. Die Arbeitsproduktivität ist eine Kenngröße für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft und ein Maßstab für die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Landes.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: OECD 2009
Abbildung 5: Arbeitsproduktivität in den fünf Volkswirtschaften
Die Verprobung der Arbeitsproduktivität mit den erzielten KVP-Ergebnissen ist nur schwierig möglich, da zum Beispiel keine mehrjährigen KVP-Ergebnisse abgefragt wurden. Trotz des Negativtrends in der Arbeitsproduktivität in Italien und des starken Rückgangs in Deutschland und Frankreich (2007) sind laut Studie in den genannten Ländern viele hochprofitable Unternehmen aktiv. Spanien und UK konnten bei der Arbeitsproduktivität deutlich zulegen.
3.4.2 Branchenzugehörigkeit
Die Beteiligung von Führungskräften an dieser Studie ist ein Beleg für den Stellenwert, den KVP sowohl in dem Unternehmen als auch der Branche dieser Führungskraft hat. Folgerichtig ordnen sich die meisten Führungskräfte den Branchen zu, die sich seit langem mit diesem Thema befassen: Maschinenbau, Automobil-Zulieferindustrie und der Automobilbau selbst. Chemie, Pharma, Nahrungsmittelerzeugung und die Logistik-Branche sind ebenfalls stark vertreten. Der Unterschied zwischen dem Automobilbau und seiner Zulieferindustrie kann einerseits auf Mengeneffekte beruhen, da die Zulieferindustrie erheblich mehr Unternehmen umfasst. Andererseits ist es auch ein Beleg dafür, dass die hohen Anforderungen des Automobilbaus sich im Interesse für KVP nachhaltig auswirken.
Im Bereich der Banken und Versicherungen sowie im Handel scheint KVP zur Zeit kein aktuelles Thema zu sein.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Teilnehmende Branchen
3.4.3 Rechtsformen der beteiligten Unternehmen
Durch die Frage 3 wurde die Rechtsform der Unternehmen ermittelt. 72 % der Führungskräfte gehören zu Kapitalgesellschaften. Die Personengesellschaften sind in dieser Studie mit 28 % vertreten. In Deutschland waren besonders stark die Aktiengesellschaften, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sowie die GmbH & Co. KG vertreten. In England ist die Limited Company (private company limited by shares) sowie die Public Limited Company (PLC) als Unternehmensform fast ausschließlich vertreten. Die Société anonyme ist bei den teilnehmenden französischen Führungskräften am häufigsten vertreten. Zusätzlich ist die vereinfachte Form der Aktiengesellschaft, die Société par Actions Simplifiée (S.A.S) sowie die Société à responsabilité limitée“ (SÀRL) als Form der haftungsbeschränkten Gesellschaft ebenfalls beteiligt. In Italien gehörten die meisten Führungskräfte zur Rechtsform der Società per Azioni (S.p.A.). Spanische Führungskräfte zählten in der Mehrheit zur Sociedad Anónima (S.A.).
3.4.4 Unternehmensstrategie und Markteinschätzung
Mit dieser Frage sollte die dominante Strategie ermittelt werden, um Zusammenhänge zwischen der Strategie und der Anwendung und den Ergebnissen von KVP zu ermitteln.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Wachstumsstrategien
Die deutliche Mehrheit für die Kostenführerschaft ist nicht überraschend, da dies auch schon vor der Finanzkrise ein wesentlicher Strategiebestandteil in vielen Unternehmen war.
Die Führungskräfte mussten sich für eine der dargestellten Strategien entscheiden. In der Praxis kommen natürlich auch differenzierte Strategien zur Anwendung, die beispielsweise Kosten-, Markt- oder Innovationsbestandteile enthalten.
Wichtig für diese Studie ist der Abgleich der dominanten Strategie mit der effizienten Anwendung von KVP bzw. den erzielten KVP-Ergebnissen. Es stellte sich die Frage, ob Kostenführer höhere KVP-Ergebnisse aufweisen als Qualitäts- und Innovationsführer.
Zusätzlich ergeben sich interessante Erkenntnisse durch den Vergleich mit der ShareholderValue-Bedeutung und der Präferenz für organische Wachstumsstrategien.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Bedeutung des Shareholder-Value
Der Shareholder-Value-Ansatz und die Weiterentwicklung zur wertorientierten
Unternehmensführung hat viele Befürworter. Er wird allerdings auch von vielen Kritikern als der falsche Weg bezeichnet. Sie verweisen auf die fehlende Betrachtung der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens und bemängeln eine kurzfristige Orientierung an Finanzzielen. Diese Problematik wäre ein ideales Thema für eine separate Studie. Es geht an dieser Stelle allerdings nicht um eine Bewertung dieser Ansätze sondern um deren Einfluss auf die operativen Strategien.
Das Ergebnis ist überraschend. Während im Vereinigten Königreich 48,7 % und in Deutschland 42,1 % der Führungskräfte die Bedeutung des Shareholder-Value-Ansatzes als wichtig oder sehr wichtig bezeichnen, ist in Frankreich, Italien und Spanien eine deutlich reduzierte Zustimmung erkennbar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9:Bedeutung des Shareholder-Value-Ansatzes (länderspezifisch)
Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Bain & Company2hat als Ergänzung zu den oben stehenden Ergebnissen folgende Resultate gebracht:
76 % geben an, dass Innovationen langfristig wichtiger als Kostenkürzungen sind Für 44 % der Führungskräfte sind kurzfristige Finanzziele wichtiger als langfristige Strategien 44% der Befragten verfolgen im Gegensatz zu der vorgenannten Gruppe Nachhaltigkeitsziele, auch wenn es den Gewinn verringert.
Auch in dieser Umfrage gibt es zwei sehr dominante Lager der Befürworter kurzfristiger Ziele und derjenigen, deren Ziele und Verhalten nachhaltig und langfristig angelegt sind.
[...]
1Vgl. Runte, M.: Missing Values - Konzepte und statistische Literatur. Universität Kiel, Lehrstuhl für Marketing; zur Ursache, Analyse und Behandlung fehlender Daten.
2Bain & Company, Boston, Darrell Rigby/Barbara Bilodeau, 2009; Befragung von 1430 Führungskräften aus Nord- und Südamerika, Europa, Afrika und Asien.
- Arbeit zitieren
- Diplom-Betriebswirt (FH) Frank Alexander Reusch (Autor:in), 2009, Erste europaweite Studie zum Business-Profit des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/141968
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