Der Einfluss des Menschen auf den Klimawandel ist seit dem Vierten Sachstandsbericht zur Klimaänderung des IPCC des Jahres 2007 wissenschaftlicher Fakt. Wie die naturwissenschaftlichen Forschungsergebnisse der ersten Arbeitsgruppe des Vierten Sachstandsberichts belegen, stellen die Treibhausgase die Hauptursache des Klimawandels dar. Dabei sind in der EU etwa 40 % der Emissionen des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlenstoffdioxid auf die Herstellung und Nutzung energiebetriebener Produkte zurückzuführen. Da mit einem Rückgang der Nachfrage nach energiebetriebenen Produkten nicht gerechnet werden kann und auch das Verbraucherverhalten schwer zu beeinflussen ist, will die EU die Umweltbelastungen verringern, die von den Produkten selbst ausgehen. Einen Ansatzpunkt bildet die 2005 erlassene Ökodesign-Richtlinie. Dabei liegt der Blickpunkt auf der umweltgerechten Gestaltung energiebetriebener Produkte. Dies wird als wirksame Methode zur Schaffung einer höheren Umweltverträglichkeit eingeschätzt, da etwa 80 % aller einem Produkt zurechenbaren Umweltauswirkungen bei seinem Entwurf bestimmt werden.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Ökodesign-Richtlinie als rechtliche Grundlage für die umweltgerechte Gestaltung energiebetriebener Produkte vorzustellen. Zunächst wird jedoch in Kapitel B das Konzept der „Integrierten Produktpolitik“, welches die Grundlage des Ökodesigns ist, dargestellt. Nach der Vorstellung einiger schon ergangener Durchführungsmaßnahmen für spezielle Produktgruppen in Kapitel C, wird in Kapitel D einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen gegeben.
Inhalt
Kapitel A Einleitung
Kapitel B Ökodesign als Konzept der Integrierten Produktpolitik
Kapitel C Die Ökodesign-Richtlinie
I. Zielsetzung der Richtlinie
II. Die Ökodesign-Richtlinie als Rahmenrichtlinie
III. Anwendungsbereich der Ökodesign-Richtlinie
1) Sachlicher Anwendungsbereich
2) Persönlicher Anwendungsbereich
IV. Die Ökodesign-Richtlinie und der Mechanismus der Durchführungsmaßnahme
V. Anforderungen und Pflichten
VI. Rechtsfolgen der Pflichtverletzung
Kapitel D Konkrete Regelungen einzelner Produktgruppen
Kapitel E Ausblick
Abkurzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kapitel A Einleitung
Der Einfluss des Menschen auf den Klimawandel ist seit dem Vierten Sachstands- bericht zur Klimaänderung des IPCC[1] des Jahres 2007 wissenschaftlicher Fakt. Wie die naturwissenschaftlichen Forschungsergebnisse der ersten Arbeitsgruppe des Vierten Sachstandsberichts belegen, stellen die Treibhausgase die Hauptursa- che des Klimawandels dar.[2] Dabei sind in der EU etwa 40 % der Emissionen des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlenstoffdioxid auf die Herstellung und Nut- zung energiebetriebener Produkte zurückzuführen.[3] Da mit einem Rückgang der Nachfrage nach energiebetriebenen Produkten nicht gerechnet werden kann und auch das Verbraucherverhalten schwer zu beeinflussen ist, will die EU die Um- weltbelastungen verringern, die von den Produkten selbst ausgehen. Einen An- satzpunkt bildet die 2005 erlassene Ökodesign-Richtlinie. Dabei liegt der Blick- punkt auf der umweltgerechten Gestaltung energiebetriebener Produkte. Dies wird als wirksame Methode zur Schaffung einer höheren Umweltverträglichkeit einge- schätzt, da etwa 80 % aller einem Produkt zurechenbaren Umweltauswirkungen bei seinem Entwurf bestimmt werden.[4]
Ziel dieser Arbeit ist es, die Ökodesign-Richtlinie als rechtliche Grundlage für die umweltgerechte Gestaltung energiebetriebener Produkte vorzustellen. Zunächst wird jedoch in Kapitel B das Konzept der „Integrierten Produktpolitik“, welches die Grundlage des Ökodesigns ist, dargestellt. Nach der Vorstellung einiger schon ergangener Durchführungsmaßnahmen für spezielle Produktgruppen in Kapitel C, wird in Kapitel D einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen gegeben.
Kapitel B Ökodesign als Konzept der Integrierten Produktpolitik
Die Diskussion über den Ansatz der Nachhaltigkeit im Unternehmen konzentrierte sich in der Vergangenheit stark die laufenden Produktionsprozesse.[5] Im Hinblick auf diesen „produktionsintegrierten Umweltschutz“ wurden zahlreiche Manage- mentinstrumente - wie die Umweltmanagementsysteme EMAS[6] oder ISO 14001 - entwickelt.[7] Im Laufe der Zeit rückten jedoch die Produkte selbst in den Mittel- punkt der Betrachtung. Hierbei handelt es sich um das Konzept der „Integrierten Produktpolitik“[8], wonach die Auswirkungen eines Produkts über den gesamten Lebensweg hinweg erfasst werden.[9] Dies ist der Anknüpfungspunkt des Ökode- signs, das nicht als neues Verfahren, sondern als neue Sichtweise - eine ganzheit- liche Betrachtung des Lebenswegs des Produkts - zu verstehen ist.[10]
Der ökologische Produktlebenszyklus betrachtet ein Produkt hinsichtlich seiner Umweltauswirkungen von der Gewinnung der Rohstoffe bis letztendlich zur Entsorgung und umfasst damit folgende Stufen:[11]
1) Gewinnung und Verarbeitung der Rohstoffe
2) Herstellung des Produkts
3) Vertrieb und Transport
4) Nutzung des Produkts
5) Entsorgung
Um nicht nur die Konzentration auf den Herstellungsprozess des Produkts und dessen Optimierung zu lenken, ist hinsichtlich des Ökodesigns zudem beispiels- weise die Auswahl der Materialien, die Reduktion des Werkstoffeinsatzes, die Op- timierung der Distribution und Nutzungsphase, die Verlängerung der Produktle- bensdauer und die Recyclingfähigkeit bzw. Wiederverwertung zu betrachten.[12] In Form einer Ökobilanz werden die einzelnen Umweltauswirkungen untersucht und bewertet[13], woraus sich die Umweltverträglichkeit des Produkts ergibt.
In vielen Fällen ist der Energieverbrauch - gerade bei langlebigen energiebetriebe- nen Produkten - für die Umweltverträglichkeit entscheidend, während in anderen Fällen der Werkstoff oder die Entsorgung des Produkts ausschlaggebend ist. Oft- mals lässt sich die Umweltverträglichkeit jedoch nicht auf ein Produktmerkmal zurückführen, sodass bei der Gestaltung des Produkts ein Kompromiss zwischen verschiedenen umweltrelevanten Merkmalen der unterschiedlichen Lebenszyklus- phasen[14] gefunden werden muss.[15]
Kapitel C Die Ökodesign-Richtlinie
Die Ökodesign-Richtlinie 2005/32/EG[16] - auch EuP-Richtlinie[17] genannt - stellt ein konkretes Beispiel für den Ansatz der „Integrierten Produktpolitik“ dar und schafft nach Art. 1 Abs. 1 Ökodesign-RL einen Rahmen für die Festlegung ge- meinschaftlicher Ökodesign-Anforderungen für energiebetriebene Produkte. Die am 6. Juli 2005 erlassene Richtlinie stützt sich auf die Ermächtigungsgrundlage des Art. 95 EGV, welcher die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmark- tes verfolgt, und wurde gemäß dem Mitentscheidungsverfahren des Art. 251 EGV erlassen. Die Richtline 2008/28/EG vom 11. März 2008[18] führte zu kleineren An- passungen der Ökodesign-Richtlinie.
Die Mitgliedstaaten waren verpflichtet die Ökodesign-Richtlinie bis zum 11. August 2007 in nationales Recht umzusetzen (Art. 25 Abs. 1 Ökodesign-RL). Dies geschah in Deutschland mit dem Energiebetriebene-Produkte-Gesetz (EBPG) vom 27. Februar 2008.
I. Zielsetzung der Richtlinie
Unterschiedliche Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energiebetrie- bener Produkte in den Mitgliedstaaten können unmittelbare Auswirkungen auf den Binnenmarkt haben, indem sie Handelshemmnisse schaffen und den Wettbewerb verzerren. Deshalb wird durch die Ökodesign-Richtlinie ein umfassender und ein- heitlicher Rechtsrahmen hinsichtlich Ökodesign-Anforderungen geschaffen.[19]
Im Hinblick auf die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung im Interesse künf- tiger Generationen ist neben der Vereinheitlichung der Vorschriften auf dem Bin- nenmarkt vorrangiges Ziel die von energiebetriebenen Produkten ausgehenden Umweltbelastungen zu mindern.[20] Dies soll auf Basis des Konzepts der „Inte- grierten Produktpolitik“ geschehen.[21] Mit der Ökodesign-Richtlinie wird somit der Gedanke der „Integrierten Produktpolitik“ erstmals in eine Richtlinie einge- bracht.[22] Ziel ist die Verringerung von Umweltauswirkungen während des gesam- ten Lebenszyklus, was schon bei der Produktgestaltung berücksichtigt werden soll.
Zudem trägt die Ökodesign-Richtlinie durch verminderten Energieverbrauch zur Senkung des Kohlenstoffdioxidausstoßes und damit zur Erreichung der Zielvor- gaben des Kyoto-Protokolls[23] bei.[24] Mehr als die Hälfte dieser Reduktionsver- pflichtung könnte durch die Ökodesign-Richtlinie erreicht werden, was die Effizi- enz des Emissionshandels weit übersteigen würde.[25] Außerdem lässt sich mit der Senkung des Energieverbrauchs die Versorgungssicherheit in der EU erhöhen.[26]
II. Die Ökodesign-Richtlinie als Rahmenrichtlinie
Die Ökodesign-Richtlinie ist als Rahmenrichtlinie ausgestaltet, die lediglich den Rechtsrahmen für die umweltgerechte Gestaltung energiebetriebener Produkte festlegt. Verpflichtungen ergeben sich erst dann, wenn die Europäische Kommis- sion produktspezifische Durchführungsmaßnahmen[27] mit konkreten Anforderun- gen - wie Grenzwerte oder Informationspflichten - erlässt.[28] Wegen großer Unter- schiede zwischen den einzelnen Produktgruppen konnten diese nicht in eine einzi- ge Richtlinie integriert werden. Zudem musste dem stetigen wissenschaftlichen und technischen Fortschritt Rechnung getragen werden.[29] Damit folgt die Richtli- nie dem Verfahren des „New Approach“, wonach Richtlinien nur einen allgemei- nen Rahmen festlegen und spezifische technische Anforderungen in Fachaus- schüssen und nach Konsultation der Stakeholder beschlossen werden.[30]
[...]
[1] „IPCC“ ist die Abkürzung für den UN-Ausschuss „Intergovernmental Panel on Climate Chan- ge“, der als zwischenstaatliche Sachverständigengruppe Klimafragen untersucht.
[2] Vgl. IPCC 2007, working group 1, 98 ff.
[3] Vgl. Lustermann, NVwZ 2007, 895 (895).
[4] Vgl. Kommissionsvorschlag, KOM (2003) 453 endgültig, Begr. 2.1. 1
[5] Vgl. Lustermann, NVwZ 2007, 895 (895).
[6] EMAS ist die Kurzbezeichnung für „Eco Management and Audit Scheme“.
[7] Vgl. BMU/UBA, Ökodesign von Produkten, 3.
[8] Dies wird auch „produktintegrierter Umweltschutz“ genannt.
[9] Vgl. Biebeler/Mahammadzadeh, Gesetzesfolgenabschätzung und IPP, 9.
[10] Vgl. BMU/UBA, Ökodesign von Produkten, 3.
[11] Vgl. Hopfenbeck/Jasch, Ökodesign, 91 f.
[12] Vgl. Lang-Koetz/Heubach/Beucker; in: Antes/Fichter/Pfriem u.a., Innovationen in eine nach- haltige Umwelt, 426 f.
[13] Vgl. Hopfenbeck/Jasch, Ökodesign, 92.
[14] Soll bspw. eine Waschmaschine weniger Waschmittel verbrauchen, muss dafür mit höheren Temperaturen gewaschen (und damit einem höheren Energieverbrauch) werden.
[15] Vgl. Kommissionsvorschlag, KOM (2003) 453 endgültig, Begr. 8.
[16] Richtlinie 2005/32/EG […] zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Anforderun- gen an die umweltgerechte Gestaltung energiebetriebener Produkte und zur Änderung der Richtlinie 92/42/EWG des Rates sowie der Richtlinien 96/57/EG und 2000/55/EG des Europäi- schen Parlaments und des Rates; ABl. EG L 191 vom 22.07.2005, S. 29-58.
[17] „EuP“ ist die Abkürzung der englischen Bezeichnung „energy using products“.
[18] Richtlinie 2008/28/EG […] zur Änderung der Richtlinie 2005/32/EG […]; ABl. EG L 81 vom 20.03.2008, S. 48-50.
[19] Vgl. Erwägungsgrund 1 und 6 der Ökodesign-RL.
[20] Vgl. Kommissionsvorschlag, KOM (2003) 453 endgültig, Begr. 3.1.3.
[21] Vgl. Erwägungsgrund 3 der Ökodesign-RL
[22] Vgl. Biebeler/Mahammadzadeh, Gesetzesfolgenabschätzung und IPP, 5.
[23] Die EG, als eigenes Rechtssubjekt, hat sich im Kyoto-Protokoll zur Verminderung der Treib- hausgasemissionen von 8% bis 2012 gegenüber den Werten von 1990 verpflichtet.
[24] Vgl. Erwägungsgrund 4 der Ökodesign-RL.
[25] Vgl. Biebeler/Mahammadzadeh, Gesetzesfolgenabschätzung und IPP, 21.
[26] Vgl. Erwägungsgrund 4 der Ökodesign-RL.
[27] Näheres siehe Kapitel C IV.
[28] Vgl. Wirtschaftskammer Österreich, Ökodesign und CE-Kennzeichnung, 1.
[29] Vgl. Lustermann, NVwZ 2007, 895 (896).
[30] Vgl. Biebeler/Mahammadzadeh, Gesetzesfolgenabschätzung und IPP, 23.
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