Wettbewerbe können manipuliert werden. Bereits mit dem Wettbewerbdesign, d.h. mit der Festlegung von Organisationsform und Ziel eines Wettbewerbs, übt der Organisator Einfluss auf einen Wettbewerb und dessen Ergebnisse aus. So kann auf Basis eines Standardmodells für wettbewerbliche Fragestellungen, dem Rent-Seeking-Modell von Gordon Tullock, gezeigt werden, dass es dem Organisator mithilfe einer einfachen Regeländerung beispielsweise möglich ist, die Gewinnwahrscheinlichkeiten der Wettbewerber umzukehren.
Diese Arbeit fokussiert auf sportliche Wettbewerbe und hat die Erhebung von Möglichkeiten, Parametern und Wirkungen des Wettbewerbdesigns in Bezug auf die Ergebnisbeeinflussung von Sportwettbewerben zum Inhalt. Hierzu werden im Rahmen einer Meta-Analyse die Ergebnisse verschiedener Arbeiten untersucht, deren gemeinsame Modellbasis das Rent-Seeking-Modell von Tullock ist. Es werden die folgenden Einflussnahmen beleuchtet: Bevorzugung eines Spielers, Erstattung des Aufwands des Gewinners,
Ausschreibung eines zweiten Preises, Wettbewerbsform und Kostenaufschlag. Die beschriebenen Wirkungen werden als Kombinationen aus Einflussnahme und den in den Arbeiten vorausgesetzten Parametern in einer vorläufigen Ergebnismatrix systematisiert zusammengefasst. Anschließend werden die von der Meta-Analyse nicht erfassten Kombinationen aus Einflussnahmen und Parametern aufgegriffen und die offene Frage nach ihren
Wirkungen schrittweise im Rahmen einer eigenständigen Analyse beantwortet. Mit Ende der Arbeit wird eine über die Ergebnisse der Meta-Analyse hinausgehende und im Hinblick auf den zuvor aufgespannten Ergebnisraum vollständige Ergebnismatrix vorgelegt.
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1. ZENTRALE FRAGESTELLUNGEN
Den Impuls für die thematische Ausrichtung dieser Arbeit liefert der Artikel „Manipulations in contests“ von Chen Cohen und Aner Sela (2005). Die Autoren zeigen exemplarisch, dass sich der Ausgang eines Wettbewerbs bereits durch einen einfachen Eingriff in das Wettbewerbdesign beeinflussen lässt. Konkret betrachten sie „Alles-oder-Nichts“-Wettbewerbe (winner-takeall contests), in denen der Gewinner eine Siegprämie erhält und der Verlierer leer ausgeht. Die untersuchte Einflussnahme auf den Wettbewerb besteht lediglich aus der Regel, dem Gewinner den entstandenen Aufwand zu erstatten, nicht aber dem Verlierer. Die Analyse dieses Wettbewerbdesigns liefert als Ergebnis die folgenden drei, hier vereinfacht dargestellten Aussagen: (I) In Zwei-Spieler-Wettbewerben gewinnt der im Vorfeld als schwächer eingestufte Akteur mit höherer Wahrscheinlichkeit als der stärkere, (II) in Multispieler-Wettbewerben mit einer Spielerzahl n > 2 weist ggf. ein ursprünglicher Außenseiter die höchste Gewinnwahrscheinlichkeit aus und (III) in Multispieler-Wettbewerben ist es für den Favoriten unter Umständen rational, dem Wettbewerb fernzubleiben.
Dieses Ergebnis überrascht und lohnt eine nähere Betrachtung. Es bedeutet mit anderen Worten, dass der Wettbewerbdesigner den Akteur mit der höchsten Gewinnwahrscheinlichkeit im Vorfeld des Wettbewerbs bestimmen und damit den Wettbewerb manipulieren kann. Übertragen auf das Umfeld sportlicher Wettbewerbe, und hierauf soll der Fokus dieser Arbeit liegen, scheint diese Feststellung nur schwer mit dem Gedanken des Fairplay vereinbar. Jedoch könnte die Möglichkeit der Einflussnahme auf einen Wettbewerb auch mit allgemein positiv empfundenen Auswirkungen verbunden sein. So ist denkbar, dass aufgrund der erhöhten Gewinnwahrscheinlichkeit die Motivation der Außenseiter steigt und dies zu spannenderen Sportwettbe-
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2. DAS TULLOCK-MODELL ALS INSTRUMENT ZUR
ANALYSE SPORTLICHER WETTBEWERBE
Das hier vorgestellte Grundmodell stammt aus dem Aufsatz „Efficient rent seeking“ von Gordon Tullock (1980). Ausgangspunkt seiner Arbeit ist die Beobachtung, dass Anwärter auf ein staatlich geschaffenes oder geschütztes Monopol einen erheblichen Aufwand zur Erlangung des Monopols betreiben, weil mit der Erlangung des Monopols eine Monopolrente zu erwarten ist. Mithilfe des von Tullock vorgestellten Modells ist es möglich, die Höhe dieses Aufwands zu bestimmen, von dem bis dato von einem Großteil der Ökonomen angenommen wurde, dass er mit der Höhe der Monopolrente gleichzusetzen sei (vgl. Tullock, 1980, S. 97). Dieser als Rentenstreben (rent-seeking) bezeichnete Vorgang weist Analogien zu Sportwettbewerben auf, in denen die Akteure ebenfalls um eine ausgeschriebene Siegprämie wetteifern, weshalb das Rent-Seeking-Modell auch in der Sportökonomie eine Rolle spielt.
2.1 Das Grundmodell von Tullock
Tullock modelliert das Rentenstreben als Lotterie. Als Gewinn ist ein bestimmter Geldbetrag V ausgeschrieben und der Gewinner wird durch Losentscheid ermittelt. Jedem Spieler ist es erlaubt, im Vorfeld der Lotterie so viele Lotterielose zu kaufen, wie er möchte. Die Käufe müssen zeitgleich erfolgen und können weder erhöht noch zurückgezogen werden. Der Gewinnbetrag ist unabhängig von den Einsätzen der Spieler, d.h. der von den Spielern eingesetzte Geldbetrag wird von der Lotterie vollständig vereinnahmt und nicht auf den Gewinn aufgeschlagen.
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2. Das Tullock-Modell als Instrument zur Analyse sportlicher Wettbewerbe 12
2.1.1 Ausgangsbeispiel mit zwei Spielern
Die Gewinnwahrscheinlichkeit p des Spielers i kann im Zwei-Spieler-Fall geschrieben werden als
Die Spieler bestimmen damit ihre Gewinnwahrscheinlichkeit endogen und sind dabei vom Einsatz des jeweils anderen Spielers abhängig. Die erwartete Nettoauszahlung π für Spieler i beträgt
Der optimale Einsatz für Spieler i lässt sich durch Bildung der ersten Ableitung nach x i bestimmen mit
Tullock illustriert die Suche nach dem optimalen Einsatz am Beispiel der Verlosung eines $100-Gewinns mit zwei rational handelnden Teilnehmern, die Lose zu je $1 kaufen. Sein Beispiel kann grafisch dargestellt werden, indem für einen Gewinn von V = 100 die Reaktionsfunktionen beider Spieler in ein gemeinsames Koordinatendiagramm eingezeichnet werden. Aus der nach x i aufgelösten Funktion (2.3) ergibt sich die vom Einsatz x j des zweiten Spielers abhängige Reaktionsfunktion R i = x i = Vx j − x j von Spieler i. Die
Reaktionsfunktion R j von Spieler j lässt sich grafisch durch Spiegelung der Reaktionsfunktion von Spieler i an der Winkelhalbierenden ermitteln. Wie Abbildung (2.1) zeigt, liegt die optimale Strategie beider Spieler im Schnittpunkt ihrer Reaktionsfunktionen bei einem jeweiligen Einsatz von $25 bzw. Kauf von 25 Losen.
Gemäß Gleichung (2.1) beträgt die Gewinnwahrscheinlichkeit in diesem Punkt für jeden Spieler 50% (p = 0, 5), was nach Gleichung (2.2) einer erwarteten Nettoauszahlung von $25 entspricht. Das Spiel befindet sich hier in einem Nash-Gleichgewicht, denn kein Spieler kann sich durch eine einseitige Änderung seiner Strategie verbessern. Tullock belegt dies mit dem Hinweis, dass ein Spieler seine Gewinnchance zwar mit Kauf eines zusätzlichen Loses auf 50,98% und damit um $0,98 erwarteter Nettoauszahlung steigern kann,
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2. Das Tullock-Modell als Instrument zur Analyse sportlicher Wettbewerbe 14
2.1.2 Das Modell mit gleichberechtigten Spielern
Es liegt nahe zu vermuten, dass die Aussicht auf Gewinn im nächsten Spiel weitere Spieler anlockt. Darüber hinaus muss die in der Gleichung (2.1) beschriebene Gewinnfunktion nicht zwangsläufig linear sein, sondern kann beispielsweise auch als Exponentialfunktion geschrieben werden. Verbindet man beide Annahmen, so kann im Multispieler Fall (n > 2) die Gewinnwahrscheinlichkeit eines Spielers i geschrieben werden als
Der Exponent m hat wesentlichen Einfluss auf die Gewinnwahrscheinlichkeit p und bestimmt die Produktivität des Einsatzes. Je höher m ist, umso stärker wirkt sich ein weiteres Los in der Urne aus. Die erwartete Nettoauszahlung für Spieler i beträgt
Mit Bildung der ersten Ableitung nach x i errechnet sich der optimale Auf-wand für Spieler i für jede mögliche Kombination der Einsätze der anderen Spieler als
Die Bedingung zweiter Ordnung ∂ 2 π i
< 0 ist erfüllt, sobald der Spieler i
∂ x 2
i
und zumindest ein weiterer Spieler am Wettbewerb teilnehmen (Ritz, 2008). Im symmetrischen Nash-Gleichgewicht gilt wieder x i = x j , womit sich Gleichung (2.6) kürzen und nach dem optimalen Einsatz x ∗ i in Abhängigkeit von
der Gesamtzahl n der teilnehmenden Spieler auflösen lässt. Man erhält
In der Tabelle (2.1) sind exemplarisch für den 2-, 4-, 8- und 16-Spieler-Fall der optimale Einsatz eines jeden Spielers sowie die Summe ihrer Einsätze n · x ∗ i in Abhängigkeit von unterschiedlichen Exponenten m aufgelistet. Das
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Monopols mittels Lobbyarbeit simuliert, dann ist dieser Aufwand letztlich unproduktiv und gleichzusetzen mit Verschwendung. Da sowohl eine wachsende Spielerzahl als auch eine Erhöhung des Exponenten m zu einem Anstieg der Summe der Einsätze führen, sind sie in dieser Modellstufe die bestimmenden Parameter für das Ausmaß der Verschwendung von Ressourcen. Dies ist bereits im ersten Bereich der Tabelle (2.1) zu erkennen.
2.1.3 Das Modell mit ungleich berechtigten Spielern
Schließlich führt Tullock in seinem Modell einen Vorteilsfaktor (bias) ein. Dieser Faktor bevorzugt einen bestimmten Spieler i einseitig, indem sein Einsatz x i mit einem Faktor b > 1 multipliziert wird und er im Vergleich zu Spieler j ein Vielfaches seines Einsatzes an Losen erhält. Im Unterschied zum Modell mit gleichberechtigten Spielern werden hier die Spieler schon durch die Spielregel unterschiedlich behandelt. Die Gewinnwahrscheinlichkeit p des Spielers i beträgt im Zwei-Spieler Fall
Aufgrund der ungleichen Behandlung der Spieler gilt wegen p j = x i , x j
x m
somit p j < p i . Die Gewinnwahrscheinlichkeit für Spieler i ist um den j
bx m i +x m
j
Faktor b größer als für Spieler j. Doch da auch nach Einführung des Vorteils-faktors im Nash-Gleichgewicht weiterhin x i = x j gilt (vgl. Tullock, 1980, S. 110), lässt sich der optimale Einsatz x ∗ i analog zu den bisher beschriebenen
Modellvarianten bestimmen. Für die Berechnung des optimalen Einsatzes x ∗
i
ergibt sich
In der Tabelle (2.2) sind die gemäß Gleichung (2.9) ermittelten optimalen Einsätze sowie die Summe ihrer Einsätze n · x ∗ i für den Zwei-Spieler-Fall unter verschiedenen Exponenten für variierende, exemplarische Vorteilsfaktoren aufgeführt. Abweichungen der aufgeführten Werte im Vergleich zur Originaldarstellung bei Tullock (1980, vgl. S. 110f) sind wieder Rundungsdifferenzen geschuldet. Das Beispiel wird auf den Zwei-Spieler-Fall begrenzt um die Übersichtlichkeit der Tabelle zu erhalten.
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faktors hat Tullock damit eine Möglichkeit gefunden, den für das Rentenstreben aufgewendeten Einsatz zu vermindern.
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