In der vorliegenden Hausarbeit wird ein Konzept zum Besuch eines ökologischen Betriebes vorgestellt und dessen Durchführung beschrieben und evaluiert.
Die Hausarbeit gliedert sich in den allgemeinen Teil sowie in Vorbereitung, Durchführung und produktionsorientierte Nachbereitung des Hofbesuchs. In die Phase der Nachbereitung fällt auch die Teilnahme an einem bundesweiten Wettbewerb.
Ein Bauernhof als außerschulischer Lernort
Ein außerschulischer Lernort ermöglicht umfassende und unmittelbare Erlebnisse, die im zeitlich und räumlich reglementierten Unterrichtsgeschehen des Klassenzimmers häufig nicht möglich sind. Das Erlebnis wird hierbei folgendermaßen verstanden: Als Erlebnis gilt ein Ereignis im Leben von Menschen, das nicht dem Alltag entspricht und lange im Gedächtnis verbleibt. Die Erlebnispädagogik, geschichtlich fußend in der Reformpädagogik, nutzt das Erlebnis in einer handlungsorientierten Methode, um durch Gruppenerlebnisse oder Gemeinschaft in und mit der Natur Ziele der Umweltbildung zu erreichen.
Neben organisatorischer Vorbereitung erfordert es Aufwand, einen außerschulischen Ort für Schüler zu einem gelungenen Ort des Lernens werden zu lassen. Dieser Aufwand, der Absprachen im Kollegium und mit den außerschulischen Experten, Genehmigung seitens der Schulleitung genauso wie Einverständniseinholung bei den Erziehungsberechtigten, sowie das Auseinandersetzen mit Sicherheitsrichtlinien umfasst, wird jedoch vom möglichen Nutzen eines Unterrichts außerhalb des Klassenzimmers aufgewogen. „Die vielseitigen Eindrücke hinterlassen dabei Spuren im Fühlen, Denken und Handeln und können über die reine Vermittlung fachlicher Kenntnisse hinaus ein lebendiges Bewusstsein für den Wert der Natur hervorrufen. Dies ist ein wesentlicher Einflussfaktor für umweltgerechtes Verhalten.“ , ist in der Biologie-Fachdidaktik nach Eschenhagen, Kattmann und Rodi zu lesen, die hiermit den ganzheitlichen Aspekt einer solchen Maßnahme positiv herausstellen und mit der Entwicklung eines Umwelt-Bewusstseins verbinden.
Doch das pädagogische Prinzip von Naturerleben beim Aufsuchen eines außerschulischen Lernortes wird nicht nur positiv gewertet. In der Biologiedidaktik von Berck finden sich kritische Aussagen zu Naturerleben und zur Erlebnispädagogik.
Inhaltsverzeichnis
Problemstellung
Ziele und Gründe für „Ein Tag auf dem Bauernhof“
Ein Bauernhof als außerschulischer Lernort
Bauernhof ist nicht gleich Bauernhof
Der Demeter-Hof Sackern
Ökologische Landwirtschaft
Umsetzung des Konzepts „Ein Tag auf dem Bauernhof“
VORBEREITUNG des Hofbesuchs
Evaluation der Vorbereitung
DURCHFÜHRUNG des Hofbesuchs
Evaluation der Durchführung
NACHBEREITUNG des Hofbesuchs
Evaluation der Nachbereitung
Evaluation und Bewertung der Gesamtreihe – Ein Tag auf dem Bauernhof
Relevante Lehrerfunktionen
Reflexion und Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Problemstellung
Für den Biologie Chemie Differenzierungsbereich gibt es derzeit keine einheitlichen Lehrpläne des Schulministeriums NRW. Nach G 9[1] werden verschiedene Fächerkombinationen als Differenzierungsbereich in den Klassen 9 und 10, nach G8[2] in den Klassen 8 und 9 den Schülern zur Wahl gestellt. Biologie Chemie ist ein Differenzierungskurs, der an den meisten Gymnasien in NRW angeboten wird.
Abhängig vom schulinternen Curriculum[3] können verschiedene Bereiche in den Fokus des Unterrichts gerückt werden. Das aktuelle Curriculum der Ausbildungsschule sieht vor, dass Bereiche behandelt werden, die entweder der Biologie oder Chemie (oder beidem) zuzurechnen sind und/oder einen lokalen Bezug zur Region aufweisen. Idealerweise wird dies bereits im Themenbereich Wasser berücksichtigt, wo die chemischen und biologischen Eigenschaften von Wasser genauso behandelt werden, wie die Besichtigung des örtlichen Wasser- und Klärwerks.
Für den Bereich Landwirtschaft und Ernährung gab es bislang keinen festen lokalen Bezug bzw. außerschulischen Lernort. Dieser soll, ebenso wie der dazugehörige Teilkomplex Landwirtschaft durch das hier vorgestellte Konzept, an der Schule langfristig gefestigt und etabliert werden. Meist wurde bislang, auch auf Wunsch der Schüler[4], der Teilbereich Landwirtschaft zu Gunsten des Teilbereichs Ernährung gestrichen oder stark eingegrenzt. Da jedoch auch im Biologie-Unterricht der Sekundarstufe I meist keine Vor-Ort-Auseinandersetzung mit der Landwirtschaft stattfindet, bietet es sich an, diese in den stärker projektorientierten Differenzierungsbereich einzuplanen. Denn wo, wenn nicht durch und mit der Schule, kann eine prägende Kontaktaufnahme mit der Landwirtschaft für Schüler erfolgen? Ferien auf dem Bauernhof oder der eigenständige Besuch von Hoffesten oder Bauernhofführungen sind, wenn man Schüler der Ausbildungsschule befragt[5], wenig angesagt bzw. überhaupt bekannt.
Ausgesucht werden sollte daher ein Bauernhof, der auf kleinem Raum viele verschiedene landwirtschaftliche Bereiche bietet, gut erreichbar ist und dessen Betreiber bereits Erfahrungen im Umgang mit Schülergruppen gesammelt haben. In der näheren Umgebung und in Witten selbst kommen hierfür zwei Betriebe in Frage, beides sind Demeter-Höfe. Der Trantenrother Hof in Witten hat sich weitgehend auf Gemüse spezialisiert, hält aber auch viele Nutztiere. Der Hof Sackern in Wetter hat, wie eingangs erwähnt, ein sehr breites Spektrum an Pflanzenanbau und Tierhaltung. Die Entscheidung fiel auf Hof Sackern, da dieser ein vielseitigeres und gleichzeitig sogar preiswerteres Angebot der Hofführung unterbreiten konnte. Vorteilhaft sind auf Hof Sackern auch die im Frühjahr noch kurzen Wege, da die meisten Tiere zu dieser Zeit im Stall gehalten werden und noch nicht auf mehreren, teilweise schwer erreichbaren Weiden befindlich sind.
Der Curriculums-Komplex Landwirtschaft, der üblicherweise kombiniert mit Ernährung auf ein Schulhalbjahr angesetzt ist, nennt „Herkunft und Herstellung von Lebensmitteln“ und „Produktkettenanalyse“ als einen Schwerpunkt. Dazu kommen konventionelle und ökologische Landwirtschaft als weiterer Themenkomplex[6]. Es ist hierbei wichtig, den Schülern zu vermitteln, welchen ideellen wie materiellen Wert (ökologisch) landwirtschaftlich erzeugte Produkte haben. Dies und auch die Unterscheidung zwischen konventionell und ökologisch, kann Schülern sehr gut am Beispiel eines ökologisch bewirtschafteten Bauernhofes deutlich gemacht werden. Die Verknüpfung mit einer Produktkettenanalyse wird Idealerweise dann erreicht, wenn die Schüler hier auch selbst tätig werden können, etwa indem sie ein landwirtschaftliches Produkt selbst herstellen und verkosten.
Ziele und Gründe für „Ein Tag auf dem Bauernhof“
Der Besuch eines Bauernhofs wird häufig in der Primarstufe realisiert; im Gymnasium gibt es ab und an noch Klassen in der Unterstufe, die im Rahmen des Biologie-Unterrichts einen Bauernhof besuchen, in der Ausbildungsschule finden solche Besuche nur noch sehr selten statt, wie eine Nachfrage bei den Biologielehrern des Kollegiums ergab. Vielmehr wird das Thema Landwirtschaft bzw. Nutztiere und –pflanzen im Rahmen der schulinternen Curricula in Klasse 6 im Klassen- bzw. Biologieraum erarbeitet. Befragt man Mittelstufenschüler, was sie sich unter Landwirtschaft oder einem Bauernhof vorstellen, so ist man überrascht, wie wenig Wissen hier vorliegt. Eine Einführungs-Fragerunde zum Thema Landwirtschaft im hier thematisierten Differenzierungskurs zeigte, dass die wenigsten[7] der 26 Schüler zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft unterscheiden können oder triviale Fragen, wie etwa, ob für die Milcherzeugung Kälbchen geboren werden müssen[8], wie Käse hergestellt wird[9] oder aus welchem Getreide das Frühstücksbrötchen[10] gemacht ist, zutreffend beantworten können. Daher müssen, wie es das Curriculum der Differenzierungsstufe ja auch fordert, diese Grundlagen mit in den Fokus dieses Konzepts gerückt werden, wenn auch für eine Jahrgangsstufe 9 der Schwerpunkt nicht allein die ganzheitliche Vermittlung des Ursprungs von Lebensmitteln und das Herstellen eines Bezugs zur Landwirtschaft für die Schüler sein sollte.
Doch gerade hierfür bietet der Lernort Bauernhof vielfältige Möglichkeiten des Lernens mit Kopf, Herz und Hand, wie es schon der Pädagoge Pestalozzi propagiert hat, bzw. der Verwirklichung eines handlungsorientierten und erlebnispädagogischen Ansatzes. Hierzu werden in erster Linie Begegnungsmöglichkeiten mit Tieren, Pflanzen, aber auch Maschinen, typischen Arbeitsabläufen und den Menschen, die auf einem solchen Hof tätig sind, geschaffen. Diese Begegnungen dienen dazu, erzeugte Lebensmittel wertzuschätzen und Sozialkompetenzen durch den Kontakt und den Umgang mit Tieren und Menschen aufzubauen. Durch die aktive Teilnahme können darüber hinaus die ökologischen Zusammenhänge von Boden, Pflanzen und Tieren erlebbar gemacht und die Sinnhaftigkeit eines Einbettens aller Bereiche der Landwirtschaft in ökologische Kreisläufe begreifbar werden. Daraus erwächst bei den Schülern im besten Fall ein differenziertes Verständnis für Lebensmittel, eine hohe Kompetenz in Fragen der Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und ein Gefühl der Verantwortung im Sinne des eigenen (oder des familiären) Konsums von Lebensmitteln. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Vielmehr sind der Klassenstufe angemessene Blicke hinter die Kulissen, vor allem hinsichtlich der Produktionswege und der Wirtschaftlichkeit eines solchen Agrarbetriebes einzuplanen und deren Reflexion zu berücksichtigen.
Durch die Möglichkeit, Schüler selbst Lebensmittel herstellen und sie schließlich selbst geerntete, erzeugte Lebensmittel verzehren zu lassen, wird eine starke Identifizierung mit dem Herstellungsprozess und dem Produkt erreicht. Diese Identifikation lässt sich gut nutzen, um über Preise und Preisvorstellungen im Bereich der Lebensmittel nachzudenken. Denn sicherlich wird dem selbst gebackenen Brötchen ein höherer „Wert“ beigemessen als dem Fertigprodukt aus der Supermarkttheke, dessen Herkunft und Herstellungsweg für den Konsumenten weitgehend unbekannt sind und ihm vermutlich auch unwichtig erscheinen.
Mit all diesen Aspekten bietet der Lernort Bauernhof eine andere Qualität des Lernens als dies im Klassenzimmer möglich wäre. Landwirtschaft kann mit allen Sinnen erfahren, so kann etwa der Geruch des Schweinestalls direkt wahrgenommen, die Wärme eines Komposthaufens erspürt, Kräuter durch ihren Geruch identifiziert oder das frisch geborene Kälbchen gestreichelt werden, wobei ein emotionaler Bezug hergestellt wird. Weiter können Produktionsabläufe handlungsorientiert, etwa indem aus der gemolkenen Milch erst Sahne abgeschöpft und daraus Butter hergestellt wird, die dann mit Kräutern vermischt als Brotaufstrich dient, vermittelt werden, was letzten Endes dazu dienen soll, Vorstellungen über die Arbeit und Zeit, die in einem Lebensmittel steckt, zu entwickeln und diese dann in Zusammenhang zu den dafür zu erzielenden Preisen zu setzen.
Die Auseinandersetzung mit Preisen und auch mit Vermarktungswegen ökologisch hergestellter Produkte können die Schüler direkt vom Feld, Stall oder der hofeigenen Mühle in den Hofladen verfolgen, etwa indem sie erfassen, dass die selbst hergestellte Butter im Verhältnis zur Milch, aus der sie besteht, im Öko-Landbau ein wirtschaftlich wesentlich weniger rentables Produkt darstellt.
Schließlich dient der Besuch eines Bauernhofes auch dazu, projektorientiert zu arbeiten. Dies bedeutet konkret, dass die Schüler selbst Verantwortung für das, was sie lernen und wie sie lernen übernehmen. Allerdings handelt es sich bei dem hier vorgestellten Konzept keineswegs um Projekt-Unterricht in Reinform, wie er etwa von Angelika Wolters[11] beschrieben wird, da viele der hierfür charakteristischen Merkmale, wie Klassen- und Jahrgangsstufenübergreifender Unterricht, etwa im Rahmen einer Projektwoche, freie Themenwahl bzw. reine Orientierung an Schülerinteressen, die starke Handlungsorientierung, nicht im geforderten Maße umgesetzt werden. Es finden sich allerdings viele Elemente projektorientierten Arbeitens wieder, vor allem Produktorientierung und der Einbezug außerschulischer Experten sowie der eines außerschulischen Lernortes.
Neben Aspekten des Projektunterrichts umfasst der Besuch eines Bauernhofes auch naturpädagogische bzw. erlebnispädagogische Ansätze. Klassischerweise wird Naturerlebnispädagogik in natürlichen oder naturnahen Räumen, nicht in Kulturlandschaften angesiedelt, allerdings bietet auch ein Bauernhof verschiedene erlebnispädagogische Ansätze. Jörg Ziegenspeck definiert Erlebnispädagogik als das Einbeziehen der natürlichen Umwelt in den Unterricht und die damit verbundene Verfolgung eines ökologischen Bildungsanspruchs[12]. Wird der Begriff ‚natürliche Umwelt‘ auch auf vom Menschen geformte Kulturlandschaft ausgedehnt, so lässt sich ein Bauernhof hier als erlebnispädagogischer Lernort gut einordnen, da der ökologische Bildungsanspruch, insbesondere bei der Wahl eines ökologischen Betriebes, berücksichtigt wird. Weiterhin entsprechen den Prinzipien der Erlebnispädagogik der ganzheitliche Ansatz, der eine originäre Begegnung mit Menschen, Tieren und Pflanzen eines Hofes ermöglicht, sowie die handlungsorientierte und gemeinschaftliche Erfahrung des Lernortes.
Die pädagogischen Ziele lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
- Grundkenntnisse über ökologische Lebensmittel-Produktion erlangen bzw. vertiefen
- Kennenlernen des Landlebens und einiger der täglichen wie auch jährlich wiederkehrenden Arbeitsabläufe
- Begegnung mit Pflanzen und Tieren
- Kennenlernen exemplarischer Produktionskreisläufe
- Wissen um Landwirtschaft und ökologische Kreisläufe wecken bzw. erweitern
- Verständnis für verantwortungsvolle Landwirtschaft erzeugen
- Förderung von verantwortungsvollem Handeln
- Anerkennung der Bedeutung der Natur für den Menschen
- Wirtschaftlichkeit der Landwirtschaft nachvollziehen
- Vermarktungswege und –ziele eines speziellen Bauernhofs aufdecken und nachvollziehen
- Finanzierungsmöglichkeiten (und –Probleme) eines Bio-Bauernhofes erkennen und beschreiben können
- Soziales Lernen erproben und einüben
- Praktischen Naturschutz und Natur am Beispiel der Kulturlandschaft Bauernhof kennen lernen
- Im Rahmen der Projektorientierung: Förderung von selbsttätigem und selbstständigem Lernen
Ein Bauernhof als außerschulischer Lernort
Ein außerschulischer Lernort ermöglicht umfassende und unmittelbare Erlebnisse, die im zeitlich und räumlich reglementierten Unterrichtsgeschehen des Klassenzimmers häufig nicht möglich sind. Das Erlebnis wird hierbei folgendermaßen verstanden: Als Erlebnis gilt ein Ereignis im Leben von Menschen, das nicht dem Alltag entspricht und lange im Gedächtnis verbleibt.[13] Die Erlebnispädagogik, geschichtlich fußend in der Reformpädagogik, nutzt das Erlebnis in einer handlungsorientierten Methode, um durch Gruppenerlebnisse oder Gemeinschaft in und mit der Natur Ziele der Umweltbildung zu erreichen.[14]
Neben organisatorischer Vorbereitung erfordert es Aufwand, einen außerschulischen Ort für Schüler zu einem gelungenen Ort des Lernens werden zu lassen. Dieser Aufwand, der Absprachen im Kollegium und mit den außerschulischen Experten, Genehmigung seitens der Schulleitung genauso wie Einverständniseinholung bei den Erziehungsberechtigten, sowie das Auseinandersetzen mit Sicherheitsrichtlinien[15] umfasst, wird jedoch vom möglichen Nutzen eines Unterrichts außerhalb des Klassenzimmers aufgewogen. „Die vielseitigen Eindrücke hinterlassen dabei Spuren im Fühlen, Denken und Handeln und können über die reine Vermittlung fachlicher Kenntnisse hinaus ein lebendiges Bewusstsein für den Wert der Natur hervorrufen. Dies ist ein wesentlicher Einflussfaktor für umweltgerechtes Verhalten.“[16], ist in der Biologie-Fachdidaktik nach Eschenhagen, Kattmann und Rodi zu lesen, die hiermit den ganzheitlichen Aspekt einer solchen Maßnahme positiv herausstellen und mit der Entwicklung eines Umwelt-Bewusstseins verbinden.
Doch das pädagogische Prinzip von Naturerleben beim Aufsuchen eines außerschulischen Lernortes wird nicht nur positiv gewertet. In der Biologiedidaktik von Berck finden sich kritische Aussagen zu Naturerleben und zur Erlebnispädagogik. Er gibt an, dass „keinerlei empirische Befunde bekannt“ seien, die belegen würden, dass sich „erlebnispädagogisches Handeln automatisch in veränderten Individualkonstellationen (also in einem veränderten Bewusstsein, Verhalten)“[17] niederschlagen würden und warnt vor einer Ideologisierung einer „harmonischen Schau der Welt“[18]. Allerdings wertet er den Besuch außerschulischer Lernorte durchaus als sinnvoll, wenn hierbei gezielt Wissen mit den ganzheitlichen Erfahrungen verknüpft wird. Dies soll im vorliegenden Konzept beherzigt werden.
Neben den also positiv oder neutral zu wertenden Erlebnis-Erfahrungen bietet der außerschulische Lernort auch in besonderem Maße Chancen für Teamarbeit und für die Begegnung mit Mensch und Umwelt. Nach Gropengießer und Kattmann[19] lässen sich die Möglichkeiten und Bedeutungen eines außerschulischen Lernortes folgendermaßen bündeln:
1. Möglichkeit der originären Begegnung mit allen Sinnen
2. Herstellen eines authentischen Kontextes.
3. Ansprechen einer affektiven Dimension (Naturerleben)
4. Kennenlernen biologischer Arbeitsweisen (Feldmethoden)
5. Förderung von Handlungsorientierung und selbstständigem, praktischen Arbeiten
6. Durchführung projektartiger Arbeitsvorhaben
7. Soziales Lernen[20]
Der außerschulische Lernort Bauernhof kann alle diese Punkte abdecken, wenn er sich auch etwa für geobotanische Feldmethoden weniger anbietet als für Beobachtungsaufgaben. Der Bauernhof bietet in erster Linie für Lehrer und Schüler die Möglichkeit, auf Tuchfühlung mit der Herkunft und der Erzeugung vieler von uns tagtäglich verzehrter Lebensmittel zu gehen. Die ehemalige Verbraucherministerin Renate Künast formulierte dazu treffend:
„Auf einem Bauernhof wird das Zusammenspiel zwischen Mensch und Natur ganzheitlich sichtbar und erlebbar. Ökologie, Ökonomie, Soziologie, Landschaftsbild und Landwirtschaft fügen sich hier zu einer Einheit zusammen. Gleichzeitig zeigen sie aber auch das Spannungsfeld auf, in dem sich unsere Landwirtschaft heute befindet. Denn die Anforderungen an Umweltverträglichkeit, Tierschutz und Nahrungsmittelqualität müssen mit der Wirtschaftlichkeit des Betriebes in Einklang gebracht werden.“ [21]
Das von Künast genannte Spannungsfeld durch die Schüler aufdecken und erklären zu lassen ist in diesem Konzept unter dem Begriff agrarwirtschaftlicher Aspekte subsummiert.
Bauernhof ist nicht gleich Bauernhof
Der Kernlehrplan für das Fach Biologie gibt als Beitrag des Fachs zur naturwissenschaftlichen Bildung an, den Schülern einen „Beitrag zur Wertschätzung und Erhaltung der biologischen Vielfalt“ nahe zu bringen und ihre „Bewertungskompetenz für ökologische, ökonomische und sozial tragfähige Entscheidungen“[22] zu wecken. Demnach ist bei der Entscheidung für ein zu behandelndes Thema in der Biologie stets ein ökologischer Bildungsanspruch zu berücksichtigen. Für die Biologie Chemie Differenzierung kann dieser Bildungsanspruch sicherlich ebenso gelten, auch wenn es für dieses Fach keinen eigenen Kernlehrplan gibt.
Ökologisch betriebene Bauernhöfe, deren Verhältnis zur Umwelt den Prinzipien der Nachhaltigkeit, also dem Ziel, Natur und Umwelt für die nachfolgenden Generationen zu erhalten folgt, erfüllen den ökologischen Bildungsanspruch in idealer Weise. Im Gegensatz dazu steht die konventionelle Landwirtschaft, die diese Prinzipien nicht oder nur eingeschränkt verfolgt. Solche Betriebe sind als wenig geeignet anzusehen, Schülern ökologische Verhaltensweisen und die Wertschätzung der biologischen Vielfalt nahe zu bringen. Weiterhin sind konventionelle Betriebe im Gegensatz zu ökologischen in der Regel hoch technisiert, was zum Einen ein eigenes Handeln der Schüler gar nicht oder nur in begrenztem Umfang zulässt und zum Anderen die Wirtschaftsweise schwer durchschaubar werden lässt. Die verschiedenen Initiativen und Vereine, die sich mit dem Lernort Bauernhof befassen, empfehlen daher übereinstimmend ökologische Höfe für außerschulische Aktivitäten[23].
Für eine Jahrgangsstufe 9 eines Gymnasiums bietet es sich an, insbesondere die Wirtschaftlichkeit eines solchen Betriebes, wie auch die Produktionswege in ihrem ökologischen Kreislaufsystem in den Fokus zu nehmen. Neben der intensiven Begegnung mit Mensch und Tier auf dem Bauernhof soll damit der differenzierte Blick auf Hintergründe und Arbeitsabläufe klar werden, im Hinblick auf die Vermarktungsstrategie, die eine auf den ersten Blick unwirtschaftlich erscheinende Produktionsweise trägt.
Der Demeter-Hof Sackern
Der Hof Sackern in Wetter ist dem Demeter e.V. zugeordnet, einem Verband der ökologischen Landwirtschaft, der neben dem ganzheitlichen auch einem anthroposophischen Konzept der Landbewirtschaftung folgt. In Deutschland gibt es laut Angaben des Demeter-Verbandes rund 1400 Landwirte, die über 50.000 Hektar[24] landwirtschaftliche Flächen nach den biologisch-dynamischen Vorgaben des Anthroposophen Rudolf Steiner bewirtschaften. Die Anthroposophie war bei der Auswahl dieses Betriebes als Exkursionsziel allerdings kein Kriterium. Im Gegensatz dazu war der ganzheitliche Ansatz auf Hof Sackern sehr wohl ausschlaggebend für die Wahl dieses Bauernhofes. Der Hof folgt strikt der Idee des möglichst geschlossenen ökologischen Kreislaufsystems. Auf ca. 50 Hektar Gesamtfläche werden Getreide, Kartoffeln, Gemüse und Kleegrasfutter angebaut, daneben gibt es einen umfangreichen Kräutergarten und eine Streuobstwiese, die unter anderem Äpfel für den ausschließlich selbst genutzten Apfelsaft liefert. Für das Getreide; es wird Weizen, Roggen und Gerste angebaut, existiert eine eigene Mühle, in der das Mehl erzeugt, welches in der eigenen Bäckerei weiter verarbeitet wird. Im Winter in Trittmistställen, im Sommer auf der Weide leben rund zehn Milchkühe und ihr Nachwuchs. Weiterhin gibt es eine Ziegenherde aus zehn Mutterziegen, zehn Schweine, rund einhundert Hühner, einige Gänse, Enten, ein Bienenvolk und dazu zwei Ponys und ein Pferd sowie mehrere Katzen und Hunde auf dem Gelände. Kompost, Gülle und Mist werden lückenlos wieder in den Kreislauf rückgeführt. Der Gemüse- und Salatanbau folgt den, die Bodenfruchtbarkeit erhaltenden, Fruchtfolgen des ökologischen Kreislaufsystems. Über eine eigene Schlachterei verfügt der Hof nicht.
Auf dem Gelände des Hofes gibt es acht Gebäude, das älteste Fachwerkhaus ist 200 Jahre alt, die überwiegend der Beherbergung der Mitarbeiter dienen. Einige Wohnungen sind allerdings fremd vermietet. Der Hof wird als Betriebsgemeinschaft in Form eines gemeinnützigen Vereins geführt. Derzeit gibt es fünf Mitglieder, die die Verantwortungsbereiche unter sich aufgeteilt haben. Dazu zählt auch ein eigener Hofladen, in dem die erzeugten Lebensmittel direkt vermarktet werden. Als weitere Vermarktungsstandbeine betreibt die Betriebsgemeinschaft einen Marktstand in Herne und einen Abo-Lieferservice.
Die Finanzierung des Hofes erfolgt neben den genannten Vermarktungsrealisationen in der Hauptsache über Subventionen der EU und des Bundes, weiterhin über Spenden, über Mieteinnahmen und auch über Hofführungen etwa mit Kindergartengruppen, Schulklassen oder auch Seniorengruppen sowie über Hoffeste. Der Hof ist mit zwei anderen Bio-Höfen in Wetter, dem Frauenheim Wengern und dem Archehof Ibing zusammengeschlossen.[25]
Ökologische Landwirtschaft
Im ökologischen Landbau werden, anders als in der konventionellen Landwirtschaft, möglichst geschlossene betriebliche Kreisläufe angestrebt. Das bedeutet, dass alle Nährstoffe für Tiere wie für Pflanzen möglichst auf dem eigenen Hof erzeugt und nicht zugekauft werden. Wenn doch zugekauft werden muss, sollten diese Zukäufe ebenfalls aus ökologischem Anbau stammen. Ziel der ökologischen Landwirtschaft ist es, besonders nachhaltig, das heißt „umweltfreundlich, bodenschonend und tiergerecht zu wirtschaften.“[26] Dies wird durch verschiedene Maßnahmen und Vorgaben erreicht. Für die Tierhaltung etwa gilt das Prinzip der artgerechten Haltung, das den Tieren weitgehend ermöglicht, ihre natürlichen Verhaltensweisen und Bedürfnisse auszuüben. Dies umfasst ein ausreichendes Platzangebot mit getrennten Funktionsbereichen zur Futter- und Flüssigkeitsaufnahme, als Liegeplatz und auch zum Melken, sowie ausreichend Auslauf, Artgenossen und artgerechtes Futter. Anbindehaltung, wie sie etwa in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzt wird, die ein Tier an einer Stelle im Stall fixieren, an der gekotet, uriniert, gefressen, getrunken und gemolken wird, sind in der ökologischen Landwirtschaft nicht erlaubt. Vorbeugende Antibiotikagaben, wie sie in der konventionellen Mast eingesetzt werden, sind ebenfalls untersagt.
Beim Pflanzenanbau muss auf alle chemischen und mineralischen Dünger verzichtet werden. Gleiches gilt für chemisch-synthetische Pflanzenschutzmaßnahmen oder Schädlingsabwehr. Hier sind lediglich mechanische Methoden oder der Einsatz von Nützlingen erlaubt. Auch das eingesetzte Saatgut unterliegt Beschränkungen. Genmanipulierte Sorten sind ausgeschlossen. Einige Anbauvereine wie etwa Demeter untersagen auch Saatgut aus F1-Hybriden, da nur samenfeste Sorten angebaut werden dürfen. Die Bodenfruchtbarkeit wird durch gezielte Fruchtfolgen, also die bestimmte Abfolge verschiedener Kulturpflanzen, Brache und Zwischenfrüchte sowie durch die Düngung mit Gülle, Mist oder Kompost erhalten. Den größten Anteil an der Flächennutzung eines ökologischen Betriebes hat in der Regel das Dauergrünland als Weide, Wiese für die Heumahd, dicht gefolgt von der Getreideanbaufläche und dem Futterbau-Ackerland[27], das für artgerechtes Viehfutter verwendet wird, da auch dieses im ökologischen Kreislauf des Hofes selbst erzeugt werden soll.
Was in der EU als ökologisch erzeugt oder „bio“ verkauft werden darf, wird durch die EU-Öko-Verordnung[28] reglementiert. Diese Verordnung ist seit Juni 1991 in Kraft[29] und fordert die oben genannten Wirtschaftsvorgaben für die ökologische Landwirtschaft ein.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[30]
Derzeit gibt es, wie in der oben stehenden Grafik ersichtlich, in Deutschland mehrere verschiedene Anbauverbände, die die EU-Öko-Verordnung erfüllen und damit das Bio-Siegel führen dürfen. Die Einhaltung der Verordnung wird streng überwacht. Nach Bioland und Naturland rangiert Demeter hier auf Platz drei der ökologischen Anbauverbände.
Die Zahl der ökologischen Betriebe ist in Deutschland in den vergangenen Jahren stetig angestiegen. Für das Jahr 2007 gibt Agrimente 2009 5,1 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche als ökologisch bewirtschaftete Fläche aus[31]. Die Gründe hierfür liegen sicherlich einerseits in der gesteigerten Nachfrage nach Bioprodukten, die mittlerweile ja auch aus Diskounter-Regalen hervorstechen, andererseits aber auch an den üppigen EU-Subventionen für Betriebe, die die EU-Öko-Verordnung erfüllen.
Umsetzung des Konzepts „Ein Tag auf dem Bauernhof“
VORBEREITUNG des Hofbesuchs
Nachdem Ende Januar klar war, dass von den Schülern als dritter und letzter Bereich des Schuljahres 2008/09 Landwirtschaft und Ernährung gewünscht wurde, begannen die organisatorischen Vorbereitungen der Reihenplanung und die Überlegungen zu einem passenden außerschulischen Lernort. Schon früh wurden die Schüler in diese Planungen einbezogen. Frageplakate dienten zu Beginn der Reihe dazu, Interessen und Vorkenntnisse der Schüler bezüglich Landwirtschaft und Ernährung abzuklären, um diese berücksichtigen zu können. Es stellte sich dabei sehr schnell heraus, dass die Kenntnisse über Landwirtschaft aller Schüler gering waren und allein aus dem Unterricht im Klassenzimmer oder aus TV-Sendungen resultierten. Weiterhin war das Bild, das die Schüler von Landwirtschaft hatten, überwiegend negativ besetzt. Sie bezeichneten Landwirtschaft als langweilig, geruchsintensiv, den Beruf des Bauern kannten sie bestenfalls aus TV-Sendungen wie „Bauer sucht Frau“[32]. Ein Großteil der Mädchen fand Bauernhöfe eklig, weil es dort stark stinken würde und man ständig in Tierexkremente treten müsste. Die Vorkenntnisse der Schüler waren nicht umfassend bzw. nicht einheitlich. So waren einigen Schülern aus dem Biologie-Unterricht etwa die Vier-Felder-Wirtschaft bekannt oder auch aus dem Fach Erdkunde die Risiken von Monokulturen. Einen Bauernhof oder auch eine Lebensmittelfabrikation hatte aber bislang niemand mit der Schule besucht. Keiner der Schüler des Differenzierungskurses konnte auch nur einen Bauernhof in Witten oder der näheren Umgebung zuverlässig benennen. Lediglich zwei Schüler meinten, dass „irgendwo in Stockum[33] “ ein Bauernhof sein müsse. Erst die Recherche bei der Familie, Freunden und Bekannten sowie im Internet, in Telefonbüchern und auf Landkarten brachte die Schüler auf genaue Ergebnisse über landwirtschaftliche Betriebe in der näheren Umgebung. Zwei davon, der Trantenrother Hof und der Hof Sackern wurden von der Koordinationsstelle Lernen auf dem Bauernhof[34]: Stadt und Land e.V., empfohlen und kamen daher in die engere Wahl für einen Hofbesuch. Telefonische Anfragen bei beiden Höfen folgten. Ausschlaggebend für die Entscheidung war hier das eindeutig bessere, weil umfassendere Angebot, die freundliche, aufgeschlossene Art und das hohe Maß an Flexibilität sowie Entgegenkommen bezüglich unserer Wünsche seitens der Betreiber von Hof Sackern. Außerdem verfügt Hof Sackern über eine direkt vor dem Hof lokalisierte Bushaltestelle.
Zur Vorbereitung auf die Hofführung wurden die Schüler in die Thematik der ökologischen Landwirtschaft eingeführt. Den Einstieg hierzu gab die Aussaat von Balkontomaten, die die Schüler selbst vornahmen und deren Wachsen und Werden oder auch deren Eingehen in den Folgewochen protokolliert wurde. Die Aussaat und auch die spätere Versorgung der Tomatenpflanzen sollte wie bei einem Hobbygärtner erfolgen, klassische Dünger, normale Blumenerde waren dabei genauso erlaubt wie das Düngen mit dem garteneigenen Kompost, wenn dieser zur Verfügung stand. Wichtig war hierbei allerdings, alle eingesetzten Materialien im Protokoll zu vermerken. Über die Bedürfnisse dieser Pflanzen wurde zunächst selbstständig recherchiert. Als die Pflanzen dann pikiert und getopft mit nach Hause genommen wurden, wurden gemeinsam die Pflegerichtlinien zusammengefasst. Der abschließende Vergleich der Protokolle und Ernteerträge steht zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Arbeit noch aus.
Parallel dazu wurden die Grundlagen des ökologischen Kreislaufsystems erarbeitet. Mit Hilfe des Arbeitsblattes und Agrarlexikons der Materialien zur Wanderausstellung Ökologischer Landbau[35] arbeiteten die Schüler in Kleingruppen die Bedeutung wichtiger Fachbegriffe sowie die Maßgaben und Vorgehensweisen der ökologischen Landwirtschaft heraus.
Dann erfolgte die konkrete Organisation der Exkursion zu Hof Sackern. Es wurde positiv darüber abgestimmt, dass die Ergebnisse der Nachbereitung der Exkursion zur Teilnahme am bundesweiten Wettbewerb „Bio find ich Kuh-l“[36] genutzt werden sollten. Die Schüler schlugen mehrere Themenbereiche vor, die ihnen bei dieser Exkursion und der anschließenden Nachbereitung relevant erschienen. Sie orientierten sich dabei stark am ökologischen Kreislauf. Ein Bezug zur Wirtschaftlichkeit des Betriebes wurde mit einbezogen. So entstanden folgende acht Schwerpunkte:
1. Wie rechnet sich ein Bauernhof? àAgrarwirtschaft, Vermarktung und Hofladen
2. Woher kommt die Milch und was passiert mit ihr? à Produktionsweg Milch und Milcherzeugnisse
3. Wie kommt das Brötchen vom Acker auf den Tisch? à Produktionsweg Getreide, Brot und Brötchen
4. Wie wird aus Samen ein Kraut? à Produktionsweg Kräuter
5. Woher kommt das Schnitzel? à Schweinehaltung; Produktionsweg Schweinefleisch und Fleischerzeugnisse
6. Wie wird das Frühstücksei erzeugt? à Hühnerhaltung; Produktionsweg Ei
7. Was liefert die Ziege? à Ziegenhaltung; Produktionsweg Ziegenkäse
8. Was kommt raus, was kommt wieder rein? à Ende und Neubeginn des Kreislaufs: Mist, Jauche, Gülle und Kompost.
Die Schüler verteilten sich anschließend nach dem Zufallsprinzip auf die acht Gruppen, so dass sechs Dreier- und zwei Vierergruppen entstanden.
Bei einer Vorabbesichtigung auf Hof Sackern wurden Vorgehensweise, Gruppenaufteilung, Zeitplanung und die Kosten detailliert ausgearbeitet und der Termin ausgemacht. Dem folgten die schulüblichen Genehmigungsprozesse und die Einverständniseinholung[37] bei den Eltern.
Die Absprache mit den beiden Mitarbeitern auf Hof Sackern, die die Führung/Gruppenarbeit übernehmen sollten, ergab folgende Planung:
1. Ankunft ca. 9.00 Uhr: kurze Hofführung, damit alle Schüler mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut gemacht werden und Verhaltensregeln vor Ort geklärt werden können.
2. Aufteilung in drei Gruppen, je eine von einem Mitarbeiter des Hofes (Kühe, Getreide) und eine durch Lehrperson (Kompost und Aussaat) betreut, jeweils mit dem Schwerpunkt auf dem Aufzeigen und Erarbeiten von Produktionswegen.
3. Während der Gruppenphase Führung von Teilgruppen in den Hofladen.
4. Gemeinsames Backen der Brötchen, die die Getreide-Gruppe hergestellt hat, Mischen der Butter mit den geernteten Kräutern und gemeinsames Verzehren der Bärlauchbutter-Brötchen am Lehmbackofen.
5. Abschließende Fragerunde aller offen gebliebenen Fragen der Schüler (Fragekartenrunde).
6. Abreise ca. 12.30 Uhr.
Für die Hof-Exkursion wurden die acht Schwerpunkt-Gruppen möglichst thematisch passend auf die drei Gruppen Brötchen, Butter und Kompost verteilt.
Die Vorbereitung auf die Exkursion erfolgte weitgehend in Eigenrecherche. Mit Hilfe der Daten und Fakten, die über den Hof im Internet verfügbar waren und mit der Unterstützung durch Broschüren des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft und verschiedener Agrar-Vereine sowie durch Recherche in Schulbüchern, dem Internet und Garten-/Agrarbüchern[38] wurden auf den Hof zugeschnittene Fragekarten ausgearbeitet und bereits erste Informationen für die Nachbearbeitung zusammen gestellt.
Als Hilfe wurde den Schülern auf einem Arbeitsblatt ein mögliches Vorgehen an die Hand gegeben, an dem sie sich festhalten, von dem sie aber stellenweise auch durchaus abweichen dürften.[39]
Für Recherche, Erarbeitung von Fragen, Strukturierung und Zwischenpräsentation wurden insgesamt fünf Unterrichtseinheiten verwendet. In der Zwischenpräsentation zeigte sich, dass einige Schülergruppen ihre Fragen sehr allgemein und sehr einfach gehalten hatten und wenig auf den Hof und seine speziellen Bedingungen eingingen. Mit Hilfe des gesamten Kurses wurde dies jedoch aufgezeigt und es wurden Vorschläge zur Abhilfen gegeben.
Die zahlreichen erarbeiteten Fragen wiesen schließlich ein großes Spektrum auf, welches –beispielhaft am Produktionsweg Ei- sowohl die Namen der auf dem Hof lebenden Hühner als auch den Platz pro Huhn im Winter und im Sommer, die Preise für Hühnerfutter und die der im Hofladen zum Verkauf angebotenen Eier umfasste. Die Fragekarten wurden eingesammelt und auf dem Hof wieder ausgegeben.
Die Organisation der An- und Abfahrt wurde zuerst an mit dem ÖPNV vertraute Schüler delegiert. Da hierbei jedoch wenig fruchtbare Ergebnisse zustande kamen, wurde dies von der Lehrperson übernommen. Ein von der Wittener Verkehrsinfobüro[40] erstellter Busfahrplan kam dann zum Einsatz. Zwei Schüler stellten sich zusätzlich als Fahrtkoordinatoren zur Verfügung, die über den exakten Fahrplan sowie Ersatzfahrpläne verfügten und via Handy für alle Schüler erreichbar waren.
Das Wissen der Schüler um Verhaltensregeln und Sicherheitshinweise für die An- und Abreise, aber auch für den Hofbesuch selbst wurde gemeinsam mit den Schülern erarbeitet und vor dem Fahrtantritt noch einmal sicher gestellt.
Evaluation der Vorbereitung
Die Schüler beurteilten die Vorbereitung folgendermaßen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[41]
Besonders gut hat vielen hierbei gefallen, dass sie selbstständig und in Gruppen Fragen erarbeiten und auf verschiedene Weise Informationen zusammen tragen konnten. Bemängelt wurde vereinzelt, dass zuviel über den Hof gesprochen wurde und dass einige der ausgegebenen Broschüren zu umfangreich gewesen wären.
DURCHFÜHRUNG des Hofbesuchs
Bis auf einen Schüler, der erkrankt war, konnten alle an der Exkursion teilnehmen. Zwei Lehrpersonen begleiteten die Exkursion, eine weitere Begleitperson, ein Gärtnermeister, kam auf dem Hof hinzu. Die Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln gestaltete sich für alle Beteiligten mehr als unerfreulich, da der im Fahrplan ausgewiesene Anschlussbus in Wetter Nordstraße nicht kam. Bei noch recht frischen Außentemperaturen um 5 Grad hätte die Gruppe eine ganze Stunde in einer Häuserzeile auf den nächsten Bus warten müssen. Daher entschloss man sich, den Rest des Weges zu Fuß zurück zu legen. Dies dauerte erwartungsgemäß fast genauso lange, wie auf den zweiten Bus zu warten und sorgte bei den Schülern für einigen Unmut. Glücklicherweise waren eine längere Anfahrt bzw. Unwägbarkeiten hierbei vorab eingeplant worden, so dass dadurch für den Hofbesuch keine Nachteile entstanden.
Die Gruppe wurde gleich nach der Ankunft freundlich auf dem Hof begrüßt, die beiden Mitarbeiter stellten sich vor und machten die Schüler mit den Örtlichkeiten und den einzuhaltenden Verhaltensregeln vertraut. Die Schüler erhielten zu fast allen Bereichen des Hofes uneingeschränkten Zugang. Sie dürften sich frei bewegen, wurden allerdings angewiesen, auf ihre Sicherheit acht zu geben und die Ställe nicht alleine zu betreten.
Zunächst blieben noch alle zusammen für die gemeinsame Hofführung. Als erstes wurde den Schülern der spätere Treffpunkt fürs Brötchenbacken gezeigt. Ein offenes, lediglich überdachtes Holz-Lehmhaus mit einem Lehmbackofen und Strohballen als Sitzgelegenheiten. Auf einer weiteren Feuerstelle wurde hier bereits Wasser für einen Tee erhitzt und auf einem Tisch standen schon einige Materialien für die Butterherstellung, die Kräuterverarbeitung und die Aussaat bereit. An diesem Platz konnten die Schüler auch ihre Taschen deponieren.
Als erste Station wurde der Ziegenstall besucht.
Abbildung aus rechtlichen Gründen entfernt
Abbildung 1: Erste Station der Hofführung: Ziegenstall
Die Ziegen wurden zu diesem Zeitpunkt gerade gemolken und es wurde den Schülern erlaubt, mit in den Stall zu gehen und dem Melker zu assistieren. Die sehr agilen Ziegen mit ihren Zicklein konnten angefasst und gestreichelt werden, während die Hofmitarbeiter über Haltungsbedingungen, Tragzeiten, Verwendung der Ziegenmilch, des Ziegenfleischs, -Fells und –Leders und die Gründe für das Fehlen eines Ziegenbocks informierten. Der Ziegenbock fehlt, laut Aussage der Hof-Mitarbeiter, weil dessen Haltung zu anstrengend und aufwendig sei und man daher zu gegebener Zeit einen Bock ausleihen würde.
Anschließend ging es an einigen freilaufenden Laufenten und Gänsen und dem unter Denkmalschutz stehenden Teich der Hofsiedlung weiter zu den Schweinen in überdachter Außenstallhaltung und den Hühnern auf dem Dachboden mit eigener Hühnerleiter zu einer großen, eingezäunten Wiese. Die Schweine waren wie die Ziegen sehr zutraulich, die Schüler wurden allerdings zu ihrer eigenen Sicherheit angewiesen, hier vorsichtig zu sein, da die Schweine auch eine streichelnde Hand zuweilen auf Genießbarkeit untersuchen würden. Hier wie auch bei den Hühnern wurden die Schüler durch die Hofmitarbeiter ausführlich über Haltung, Trag- bzw. Legezeiten, Verwendung der Tiere, Tierprodukte, Anzahl der Tiere, Futter usw. informiert.
[...]
[1] G9 meint das bisherige Gymnasium mit 9 Klassen.
[2] G8 bezeichnet das in NRW neu eingeführte Gymnasium in 8 Klassen.
[3] Schulinternes Curriculum siehe Anhang: Differenzierte Mittelstufe Biologie Chemie – Curriculum der Ausbildungsschule
[4] Aus Gründen der Ökonomie wird in dieser Arbeit nur die männliche Bezeichnung verwendet.
[5] Befragt wurden im Unterrichtsgespräch 26 Schüler des untersuchten Differenzierungskurses aus vier 9. Klassen.
[6] Schulinternes Curriculum siehe Anhang: Differenzierte Mittelstufe Biologie Chemie – Curriculum des AUSBILDUNGSSCHULE
[7] Gerade einer von 26 Schülern konnte diese Unterscheidung korrekt treffen.
[8] Dies wussten zwei von 26 Schülern.
[9] Dass das Lab, welches aus Milch Käse werden lässt, ursprünglich aus Kälbermägen stammt, war allen 26 gänzlich unbekannt; gleiches gilt für die verschiedenen Abläufe der Käseherstellung.
[10] Sieben von 26 Schülern konnten dies treffend beantworten.
[11] WOLTERS, siehe Wolters in Bovet/Huwendiek (Hrg.), S. 123 f.
[12] Vergleiche MARQUARDT, S. 11f.
[13] Vergl. WIKIPEDIA: Erlebnis
[14] Vergl. WIKIPEDIA: Erlebnispädagogik und MARQUARDT, S. 9 f.
[15] WANDERERLASS: In NRW regelt der sog. „Wandererlass“, welche Maßnahmen bei Schulfahrten einzuhalten sind.
[16] GROPENGIESSER, S. 421
[17] BERCK, S. 19 f
[18] BERCK, S. 24
[19] GROPENGIESSER: S. 422
[20] GROPENGIESSER: S. 422
[21] LF, S.1
[22] KERNLEHRPLAN: S. 9
[23] Etwa LERNORT BAUERNHOF, OEKOLANDBAU, BMVEL
[24] DEMETER
[25] Die Daten und Angaben wurden teilweise erfragt und stammen von HOF SACKERN.
[26] AGRIMENTE, S. 15
[27] AGRIMENTE, S. 19
[28] Auszug siehe Anlagen: Agrimente: Eu-Öko-Verordnung
[29] AGRARLEXIKON
[30] AGRIMENTE CD, Agrimente
[31] AGRIMENTE, S. 16
[32] „Bauer sucht Frau“ ist eine Sendung des Senders RTL. Informationen hierzu sind unter www.rtl.de zu finden.
[33] Stockum ist einer der acht Stadtteile von Witten. Er liegt im Nordosten des Stadtgebiets.
[34] LERNORT BAUERNHOF: Hinweis auf Koordinationsstellen in allen Bundesländern, für Raum Ennepetal, NRW: Stadt und Land e.V., Düsseldorf
[35] JUNG
[36] BMVEL „Bio find ich Kuh-l“
[37] Einverständniserklärung siehe Anhang: Einverständniserklärung und Erlaubnis der Erziehungsberichtigten für Verwendung der Fotos von Schülern
[38] Eine genaue Auflistung dieser Materialien ist im Anhang: Den Schülern zur Verfügung stehende Materialien zu finden.
[39] Die Hinweise des Arbeitsblattes zum Vorgehen finden sich im Anhang: Planungshilfe für die Schüler für Recherche, Fragekarten und Nachbereitung.
[40] Wittener Verkehrsbetriebe sind Teil des regionalen Nahverkehrsverbundes, zu welchem folgende Einzelbetriebe zählen: BOGESTRA, VER, VRR und DB. Verantwortlich für das Land NRW: Ministerium für Bauen und Verkehr (MBV).
[41] Die Evaluationsergebnisse fußen auf einem Evaluationsbogen, der im Anhang geführt wird. Dort finden sich auch die als zutreffend anzukreuzenden Aussagen in vollständiger Form. Siehe: Ergebnisse der Evaluation der Unterrichtsreihe – Ein Tag auf dem Bauernhof
- Arbeit zitieren
- Eva Fuchs (Autor:in), 2009, Ein Tag auf dem Bauernhof – Agrarwirtschaftliche Aspekte und Produktionswege in der Landwirtschaft , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140830
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