Im Vordergrund dieser Arbeit steht das Wesen des Prinzipats und damit die durch Octavian, den späteren Kaiser Augustus, geschaffenen verfassungsrechtlichen Strukturen des Römischen Imperiums. Von besonderem Interesse ist dabei das Zusammenspiel zwischen der alten republikanischen Tradition mit neuen monarchistischen Elementen. Wie ein kurzer Blick auf die historischen Entstehungsumstände zeigen wird, war die Genese des neuen Herrschaftssystems kein akribisch geplanter Akt, sondern die Summe situationsbedingter Entscheidungen.
Der Begriff des Prinzipats wurde vor allem durch Theodor Mommsen und seine staatsrechtlichen Untersuchungen geprägt. Auch wenn dessen Arbeit in vielerlei Hinsicht immer noch aktuell ist, wird sie von der aktuellen Forschung in manchen Aspekten auch infrage gestellt. So etwa Mommsens Charakterisierung des Prinzipats als „Dyarchie“, mit Senat und Princeps als mehr oder weniger gleichberechtigten Vertretern des Staates. Heute zweifelt kaum noch jemand an der dominierenden Machstellung des römischen Caesars, von dem sich später der deutsche Kaisertitel herleitete.
Nachdem die grundlegenden Elemente des Prinzipats während seiner Entstehung unter Augustus um die Zeitenwende aufgezeigt wurden, sollen die ursprünglichen Strukturen mit einigen ausgewählten Aspekten aus der Zeit der Severer verglichen werden (193 – 235 n.Chr.). Dabei wird es erstens um die staatliche Bedeutung des Militärs gehen und zweitens soll überblicksartig das Verhältnis zwischen Princeps, Senat und Gesellschaft thematisiert werden. Erst dieser Vergleich zwischen der Gründungsphase und der Abenddämmerung des Prinzipats offenbart, ob und wie weit es sich über einen Zeitraum von etwa 250 Jahren verändert hat.
Inhalt
1. Einleitung zu Thema und Fragestellung
2. Die Quellen und ihre Glaubwürdigkeit
3. Die Republik in der Krise
4. Die Begründung des Prinzipats durch Augustus
4.1. Die formale Rechtsstellung des Princeps
4.1.1. Die wichtigsten Gewalten des Augustus
4.1.2. Augustus“ Verhältnis zu Senat und Volksversammlung
4.1.3. Die Republik als Fassade des Prinzipats
4.2. Die tatsächliche Stellung des Princeps
4.2.1. Das Heer als wichtigste Machtbasis
4.2.2. Verwaltung und Rechtsprechung
5. Das Prinzipat in der Severer-Dynastie
5.1. Militär und Senat unter Septimus Severus
5.2. Caracalla und Elagabal
5.3. Rückkehr zur Republik unter Severus Alexander?
6. Ergebnis
Literaturverzeichnis
1. Einleitung zu Thema und Fragestellung
Im Vordergrund der vorliegenden Arbeit steht das Wesen des Prinzipats und damit die durch Octavian, den späteren Kaiser Augustus, geschaffenen verfassungsrechtlichen Strukturen des Römischen Imperiums. Bemerkenswert ist insbesondere das Zusammenspiel zwischen der alten republikanischen Tradition und den neuen monarchistischen Elementen. Wie ein kurzer Blick auf die historischen Entstehungsumstände zeigen wird, war die Schaffung des neuen Herrschaftssystems jedoch kein akribisch geplanter Akt, sondern die Summe situationsbedingter Entscheidungen. Der Begriff des Prinzipats wurde vor allem durch Theodor Mommsen und seine staatsrechtlichen Untersuchungen geprägt. Auch wenn dessen Arbeit in vielerlei Hinsicht immer noch aktuell ist, werden seine Theorien von der modernen Forschung in manchen Aspekten infrage gestellt. So etwa Mommsens Charakterisierung des Prinzipats als „Dyarchie“, mit Senat und Princeps als mehr oder weniger gleichberechtigten Vertretern des Staates. Heute bezweifelt kaum noch ein Historiker die dominierende Machstellung des römischen Caesars (später dt.: Kaiser) als Monarch des Imperiums.
Nachdem die grundlegenden Elemente des Prinzipats während seiner Entstehung unter Augustus um die Zeitenwende aufgezeigt wurden, sollen die ursprünglichen Strukturen mit einigen ausgewählten Aspekten aus der Zeit der Severer verglichen werden (193 - 235 n.Chr.). Dabei wird es erstens um die staatliche Bedeutung des Militärs gehen und zweitens soll das Verhältnis zwischen Princeps, Senat und Gesellschaft thematisiert werden. Dieser Vergleich zwischen der Gründungsphase und der Dämmerung des Prinzipats ermöglichen Aussagen darüber, ob und wie weit es sich über eine Zeitspanne von etwa 250 Jahren verändert hat.
2. Die Quellen und ihre Glaubwürdigkeit
Augustus selbst schrieb im greisen Alter seinen Tatenbericht (res gastae), der auf Steintafeln im ganzen Reich veröffentlicht wurde und worin er sich zweifellos vor der Nachwelt darstellen und rechtfertigen wollte. Dort werden an ihn verliehene Ehrentitel des Senats ebenso erwähnt wie seine persönlichen Leistungen in Krieg und Frieden. Darüber hinaus beschrieb der erste Princeps hier das Verhältnis zum Senat und seine Stellung im Machtgefüge aus seiner ganz eigenen Sicht. Zwar steht an keiner Stelle wirklich die
Unwahrheit, doch ließ der Imperator die unbequemen Fakten, die ihn als Alleinherrscher des Reichs entblößt hätten, einfach weg.
Neben den res gestae hat uns auch der römische Historiker C. Suetonius Tranquillus (75160 n.Chr.) wissenswertes zu Augustus überliefert. Mit seinen Kaiserbiographien verfolgt er jedoch nicht die Absicht exakt und chronologisch die Geschichte widerzugeben, sondern wollte vor allem unterhalten. Daher findet sich in seinen Werken jede Menge Klatsch und Tratsch, deren Glaubwürdigkeit kritisch hinterfragt werden muss. Suetons eigene Quellen zu Augustus waren u.a. die res gestae, aber auch die persönliche Korrespondenz des Kaisers.
Für Informationen über das späte Prinzipat unter der Dynastie der Severer ist vor allem der römische Senator und Historiker Cassius Dio von Bedeutung. Er verfasste eine umfassende römische Geschichte in 80 Büchern, die allerdings nur noch bruchstückhaft erhalten sind. Dio erklomm die Karriereleiter des Imperiums, wurde Senator und Konsul und schrieb quasi als Augenzeuge seine Eindrücke nieder, was ihm für seine Lebenszeit besondere Glaubwürdigkeit verleiht. Selbstverständlich müssen auch politisch bedingte Intentionen berücksichtigt werden, die seine Objektivität beeinträchtigt haben könnten. So war er bspw. ein starker Befürworter einer Politik, die den Senat in alle wichtigen Entscheidungen einband. Die Kaiser die dies taten, werden von ihm entsprechend positiv bewertet und hervorgehoben. Abschließend sei die wahrscheinlich im 4. Jh. entstandende Historia Augusta erwähnt, deren Glaubwürdigkeit in der Forschung höchst umstritten ist. Von unbekannten Verfassern zusammengestellt gibt sie ähnlich wie Sueton vornehmlich Klatsch und Tratsch aus den Leben der Caesaren wider. Erwähnenswert ist, dass in ihr Severus Alexander als der größte Kaiser überhaupt dargestellt wird.
3. Die Republik in der Krise
Die Errichtung des Prinzipats durch Oktavian konnte nur geschehen, weil die stadtstaatlichen Strukturen der Republik den Ansprüchen des Römischen Weltreichs nicht mehr genügten. Rom hatte sich im dritten und zweiten vorchristlichen Jahrhundert stetig ausgedehnt und sah sich schließlich mit einer sozialen und politischen Krise konfrontiert, deren Beginn von antiken und modernen Historikern allgemein mit den Volkstribunaten der Gracchen (ab 133 v.Chr.) festgemacht wurde. Die im folgenden Jahrhundert auftretenden Machtkämpfe einzelner Adliger und den daraus resultierenden Bürgerkriegen trieben den überkommenen römischen Staat an den Rand des Abgrunds. Im Verlaufe dieser turbulenten Jahre erlebte die überkommende Ordnung tiefe Einschnitte, die den Weg zur Monarchie des
Augustus erst frei machten. Von besonderer Bedeutung war etwa die Herrschaft des C. Marius, der entgegen aller republikanischen Regeln von 104 bis 100 v.Chr. Konsul war und eine tiefgreifende Heeresreform einleitete. In deren Zuge verwandelte sich die alte Bürgerarmee in ein Heer aus besitzlosen Berufssoldaten, die ihre Loyalitäten an den sie versorgenden Feldherrn banden. Schließlich diente die Diktatur des C. Julius Caesar, der 44 v.Chr. von fanatischen Anhängern der Republik im Senatsgebäude erstochen wurde, als Mahnung an Octavian, es seinem Großonkel und Adoptivvater keinesfalls gleichzutun. Zwar war der Diktator beim einfachen Volk und seinen Soldaten äußerst beliebt gewesen, aber seine offen gegen die republikanische Tradition ausgerichtete Herrschaft wurde ihm zum Verhängnis.
Doch am Ende genügten die Strukturen der Republik nicht mehr den Ansprüchen des zum Großreich angewachsenen Imperiums. Die republikanischen Prinzipien der Annuität (Amt begrenzt auf Jahr), der Kollegialität (jedes Amt mit zwei Männern besetzt), der Kumulation (Verbot der Ämterhäufung) und der Kontinuation (Verbot der wiederholten Amtsausübung), liefen einer beständigen Politik in dem riesigen Territorium zuwider.
1 Auf der anderen Seite häuften ehrgeizige Adelige wie Sulla, Pompejus, Caesar oder Marc Antonius durch die Aushöhlung dieser Prinzipien, vor allem aber durch die Übertragung außerordentlicher mehrjähriger Militärkommandos in den unbefriedeten Provinzen, große Macht an, zu deren Aufgabe sie nach Ablauf ihres Auftrags nicht mehr bereit waren. Der Vorabend des Prinzipats war daher gekennzeichnet von den persönlichen Machtkämpfen von Aristokraten und deren gewaltigen Heeresklientel, von denen am Ende nur noch zwei übrig geblieben waren: Marc Antonius und Octavian.
4. Die Begründung des Prinzipats durch Augustus
4.1. Die formale Rechtsstellung des Princeps
Nachdem Octavian seinen machtpolitischen Widersacher Marc Antonius in der Schlacht bei Actium 31 v.Chr. besiegt hatte, widmete er sich zunächst der Eroberung Ägyptens und der Integration der östlichen Provinzen des Antonius in sein eigenes Machtgefüge. Erst 28 v.Chr. kehrte er in einem Triumphzug nach Rom zurück; faktisch war er jetzt alleiniger Herr über das Imperium. Seine Macht basierte verfassungsrechtlich auf dem Konsulat, welches er seit Actium ohne Unterbrechung bekleidete, und gesellschaftlich auf der von Caesar ererbten Klientel. Durch das Schicksal seines Adoptivvaters musste er wissen, dass eine Herrschaft gegen die Traditionen der Republik keine endgültige Lösung darstellen konnte und auf Dauer zu riskant war. Octavian entschloss sich also zur Aussöhnung mit dem Senat und beendete den einhundert Jahre währenden Ausnahmezustand des Bürgerkriegs. Als erstes verzichtete Octavian offiziell auf die außerordentlichen Vollmachten die ihm als Triumvir zur Wiederherstellung der Republik verliehen worden waren. Zwar waren diese sowieso schon ausgelaufen, doch hatte er sie bis dahin schweigend weiter genutzt. Faktisch herrschte er über sämtliche Provinzen, was keinesfalls auf einer ordentlichen Magistratur beruhen konnte. Ende des Jahres 28 v.Chr. wurde vom Senat ein Edikt verabschiedet, worin Octavian alle ungesetzmäßigen Maßnahmen aus der Zeit des Triumvirats für nichtig erklärte.2 Er gab also zu, in dieser Zeit gesetzeswidrig gehandelt zu haben (nicht zuletzt mochte man dies als Entschuldigung für die Proskriptionen verstehen), wenngleich natürlich aus der notwendigen Lage heraus.
Abgeschlossen war diese Aussöhnung am 13. Januar 27 v.Chr., als in einem offiziellen Akt alle Provinzen an den Senat zurückgegeben wurden. Dafür empfing Octavian den Beinamen Augustus (der Erhabene), welcher ihn quasi in heilige Sphären rückte. Hierin wird allgemein der Beginn des Prinzipats gesehen, seinen Namen änderte der junge Caesar nun in Imperator Caesar Divi filius Augustus. Nach seiner völlig unbedeutenden Position während der Triumviratszeit war der Senat wenigstens formal wieder die primäre Machtquelle im Staate, weshalb er die wiederhergestellte Republik, die res publica, ausrief. Offiziell war er wieder die Quelle für ein amtliches Imperium, also die militärische und zivile Gewalt über ein bestimmtes Territorium. Allerdings muss man freilich zwischen dieser formalen Stellung des Senats und den tatsächlichen Machtstrukturen im Reich unterscheiden.
4.1.1. Die wichtigsten Gewalten des Augustus
Auch nach 27. v.Chr. bekleidete Augustus das Amt des Konsuls, und besaß damit weiterhin großen Einfluss. Seine quasi private Kommandogewalt über die Legionen des Reichs wurde nachträglich auch staatsrechtlich legitimiert, indem alle Provinzen in befriedete senatorische und unbefriedete kaiserliche aufgeteilt wurden. Daraus ergab sich für Augustus ein imperium proconsulare für zehn der zwanzig Reichsprovinzen, in welchen sich auch noch der Großteil des Heeres konzentrierte. Während die senatorischen Provinzen (darunter das reiche Asia und Africa) weiterhin von Proprätoren und Prokonsuln regiert wurden, entsandte der Kaiser ihm verantwortliche Statthalter (legati Augusti pro praetore).[3]
Im Gegensatz zu seiner Vorrangstellung in den Provinzen, war Augustus“ Einfluss in Rom umstritten. Der offensichtliche Bruch mit dem Prinzip der Annuität (Amt beschränkt auf ein Amtsjahr) durch die ständige Bekleidung des Konsulats, musste den Anhängern der Republik ein Dorn im Auge sein, zumal er damit eine der höchsten Positionen der senatorischen Laufbahn blockierte. Nach einer senatorischen Verschwörung im Jahre 23 v.Chr., welche bis heute im Dunklen liegt, verzichtete Augustus auf die erneute Ausübung dieses Amtes. Um den Verlust auszugleichen, ließ er sich die Amtsgewalt eines Volkstribuns verleihen (tribunicia potestas), ohne das Amt selbst zu bekleiden, was ihm als Patrizier auch untersagt gewesen wäre. Mit dieser Gewalt waren verschiedenste Rechte verbunden. So genoss er einen religiösen Bannschutz (sacrosanctitas), hatte ein Vetorecht gegenüber allen Entscheidungen der Magistrate (auch der Konsuln) und konnte Gesetzesanträge in der Volksversammlung und im Senat einbringen.
Im Unterschied zu seinen Kollegen, den regulären Volkstribunen, waren Augustus“ Vollmachten nicht auf ein Jahr begrenzt, zumal er gleichzeitig noch seine prokonsularischen Imperien innehatte. Auch wurde ihm nach der Niederlegung des Konsulats dennoch die konsularische Amtsgewalt übertragen, das imperium consulare. Nahm er anfangs im Senat noch bei den Volkstribunen Platz, so erhielt er bald einen Amtssessel zwischen den Konsuln.[4] Durch die Trennung der Amtsgewalt vom Amt verstieß der Princeps damit nicht gegen die republikanische Tradition.[5] Zwar hatte der Verlust des Konsulats Einfluss auf sein Mitspracherecht in den senatorischen Provinzen, da er offiziell nur noch Prokonsul war und nur die ihm unterstellten Gebiete beeinflussen konnte. Doch wurde auch hier Abhilfe geschaffen, da Augustus vom Senat ein imperium maius erhielt, was ihm erlaubte in den Machtbereich der senatorischen Provinzen und Roms einzugreifen.[6] Als Lepidus im Jahre 12 v.Chr. starb, kam dann noch das Amt des Oberpriesters (pontifex maximus) hinzu, welches mit dessen Tod fei wurde. Als Leiter des Priesterapparats konnte nicht mal mehr aus religiösen Gründen gegen die Entscheidungen des Augustus vorgegangen werden.
[...]
[1] Dulckei/Schwarz/Waldstein, S. 175-184.
[2] K. Bringmann/T. Schäfer, S.46.
[3] K. Bringmann/T. Schäfer, S. 48.
[4] J. Bleicken, S. 103.
[5] Ebd., S. 95.
[6] K. Bringmann/T. Schäfer, S. 51.
- Quote paper
- Markus Huth (Author), 2003, Das Prinzipat unter Augustus und den Severern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140341
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