Hermes Phettberg fällt aus jeder Norm heraus. Ein bewegtes Leben, eine gescheiterte Existenz – und ein schwer durchschaubares, widersprüchliches Individuum. Eine autobiographisch höchst interessante Figur, die jedoch mit klassischen Mitteln kaum zu entschlüsseln ist. Der Querdenker und Aktionist Hermes Phettberg spaltet die Öffentlichkeit, als Außenseiter wird er gerade in Österreich oft radikal als solcher behandelt. Kurt Palm, der mit ihm schon vorher in Fernsehformaten zusammen gearbeitet hat, und ihm seit vielen Jahren nahe steht, ist ihm nahe genug, um eine Art biographisches Portrait des Phänomens Phettberg filmisch umzusetzen. Vielleicht eine Möglichkeit einigen Menschen die Augen für diese außerordentliche Existenz zu öffnen.
INHALT:
I. EINLEITUNG
II. HERMES PHETTBERG – EIN ÖSTERREICHER
III. ‘HERMES PHETTBERG, ELENDER’ – DER FILM
IV. BIBLIOGRAPHIE
I. EINLEITUNG
Hermes Phettberg fällt aus jeder Norm heraus. Ein bewegtes Leben, eine gescheiterte Existenz – und ein schwer durchschaubares, widersprüchliches Individuum. Eine autobiographisch höchst interessante Figur, die jedoch mit klassischen Mitteln kaum zu entschlüsseln ist. Der Querdenker und Aktionist Hermes Phettberg spaltet die Öffentlichkeit, als Außenseiter wird er gerade in Österreich oft radikal als solcher behandelt. Kurt Palm, der mit ihm schon vorher in Fernsehformaten zusammen gearbeitet hat, und ihm seit vielen Jahren nahe steht, ist ihm nahe genug, um eine Art biographisches Portrait des Phänomens Phettberg filmisch umzusetzen. Vielleicht eine Möglichkeit einigen Menschen die Augen für diese außerordentliche Existenz zu öffnen.
II. HERMES PHETTBERG – EIN ÖSTERREICHER
Das wesentlichste Element in Phettbergs Leben und Schaffen sei der Widerspruch, meint Palm im Gespräch mit Hans Langsteiner.
"Wenn man sagt, Phettberg ist ein Künstler, dann muss man gleichzeitig sagen, er ist ein Antikünstler, wenn man sagt, er ist ein Lebenskünstler, dann muss man auch sagen, er ist ein Gescheiterter, wenn man sagt, er ist Knecht, dann muss man sagen, als Knecht hat er so viel tyrannisches Potenzial, dass er wieder zum Herrn wird. Phettberg ist für mich der lebende Widerspruch".[1]
Vor allem ist Phettberg nach Kurt Palms Meinung eines: Österreicher.[2] Man darf Hermes Phettberg nicht vergessen, gerade weil es so wenige außergewöhnliche, wirklich originelle Menschen gibt. Ein einfaches Leben ist es nicht – mit so einer Persönlichkeit, aber es ist wichtig und schön, wenn man ab und an zeigen kann, wozu das Wesen Mensch sonst noch fähig ist außer zum Funktionieren.[3]
Phettberg, der gleichzeitig Autor, Performer und Querdenker in einer Person ist, zählt seit über 20 Jahren zu den außergewöhlichen und besonderen Persönlichkeiten des österreichischen Kulturbetriebs. Der Niederösterreicher ist in einem tief katholisch geprägtem Milieu aufgewachsen. Er wurde 1952 mit dem Taufnahmen Josef Fenz geboren. Bevor er nach Wien kam, wirkte er als Ministrant, Kellner und Nachtwächter. Nach seinem Umzug nach Wien setzte er sich auf radikale Weise mit seiner Herkunft auseinander. Für ihn ist sein Pseudonym von besonderer Wichtigkeit was dazu führte, das er seinen bürgerlichen Namen Josef Fenz abgelegt hat.[4]
Da er zu den unglücklichen Kindern zählte, die mit den Dingen wie sie sind selten zufrieden waren, gab er sich zu seinem Vornamen noch den weiteren Namen Phettberg dazu. Als er sich in einer Zeit in der er den Kampf gegen das Übergewicht noch nicht aufgegeben hatte in ein anonymes Anmeldeformular bei den Weight-Watchers eintrug, ließ er später verlauten: „Aus der Diät is nix wordn, wenigstens der Name is bliebn.“[5]
Obwohl er als Aktenträger in der niederösterreichischen Landesregierung arbeitete und ein großes Engagement in Bezug auf die katholische Kirche hatte, wurde von ihm in den achtziger Jahren die Gruppe „Polymorph Perverse Klinik Wien“ gegründet. Nach der Gründung wurde er in den Medien durch seine schockierenden Performances bekannt. Dort hatte er sehr schnell den Ruf eines Aktionisten mit sadomasochistischen Zügen. Im Oktober 1990 gab er im WUK Wien eine live Performance und stellte sich 16 Tage lang 24 Stunden aus. Das Schockierende für die Besucher bestand darin, dass er sich selbst nackt und mit verbundenen Augen angekettet hatte und jeden der Besucher aufforderte mit ihm zu machen was sie wollen. Er übergab sich bewusst seiner Handlung und seines Körpers in die Hände der Öffentlichkeit was seine neue provokante Art deutlich herausstellt. Im Jahre 1991 wurde er Mitglied der Theatergruppe „Sparverein Die Unzertrennlichen“. Diese Theatergruppe, die in Wien Ende der achtziger Jahre große Erfolge feierte bestand aus Leuten, die sich in Nischen mehr zu Hause fühlen als an den großen Theatern.[6] Im Mittelpunkt der Arbeit lag der Gedanke ein Theater für Menschen zu kreieren, die das Theater in seiner Grundform ablehnen und trotzdem eine gewisse Affinität zu dieser Kunstform haben. Aus diesem Grund hatte es sich der „Sparverein“ zum Zeichen gesetzt immer nur den Seiteneingang zu benutzen. Obgleich der Verein die großen Werke und Autoren, wie Joyce, Kafka und Stifter im Repertoire hatte, wurden diese in einer Form gezeigt, die eine ganz neue Sichtweise auf die Autoren zuließ. So wurde Joyce beispielsweise als Sonderling gezeigt oder Stifter als Schnorrer und Esssüchtiger. Durch diese besonders ironisierende Sichtweise wurde auch ein theaterfremdes Publikum angezogen, da hier die allgemeine Leseart aufgesprengt wurde.[7] Phettberg war außerdem von November 1994 bis April 1996 Talkmeister in der von Kurt Palm inszenierten Produktion „Phettbergs Nette Leit Show“ die in Österreich Kult Status erhielt. Das Format wurde 24mal im ORF ausgestrahlt und gehört mit der obligatorischen Begrüßungsfrage „Frucade oder Eierlikör?“ zum österreichischen Selbstverständnis unvermeidlich dazu. In seiner Theateraktivität trat Phettberg unter anderem in Stücken von Flann O Brien, Erich Möchel, Frederik Knott und vielen anderen auf.[8]
"Ich bin ja 1999 durch Krankheiten trocken geworden für 14 Monate. Eine unglaublich glückhafte Konstellation: Nierenversagen, Diabetes und und und haben mich getreten zum Abnehmen. Und die Panik: Jetzt ist's aus! Dann kam ich ins Spital und hatte schon einen Haufen abgenommen. Mir hat wieder a Mantel gepasst. Durchs Spital hab i scho a Routine gehabt, was i essen kann und wie ich nicht Appetit errege. Es entstand eine Abnehmsucht, gleichzeitig eine Reihe von Erfolgs-erlebnissen. Eine Bettelaktion von der ich eine Zeitlang leben konnte. Und davon ließ sich ein ganzes Jahr finanzieren. Sogar ein Theaterstück von Franzobel wurde geschrieben und im Wiener Volkstheater aufgeführt. I hab mir gedacht: Wenn wer so bedeutend ist, dass es ein solches Theater gibt, dann muss er auch in der Lage sein, von irgendwas zu leben. Der Franzobel wollte vorher mit mir reden, aber ich habe gemeint: Er soll so schreiben, als wäre ich schon gestorben. Aber das Spiel ist noch nicht zu Ende. Ich habe es weder gelesen noch gesehen. Wenn es mir eines Tages wieder besser gehen sollte, so dass ich wie Goethes Faust zum Augenblick sage: Verweile doch du bist so schön - so haben wir vereinbart -, wird mir der Franzobel das Stück in einer langen Nacht öffentlich vorlesen. Und wir würden jeden diskutablen Punkt an Ort und Stelle erörtern."[9]
[...]
[1] Kurt Palm im Gespräch. Langsteiner, Hans. „Phettberg ist Widerspruch“ In: ORF Highlights. URL: http://oe1.orf.at/highlights/112962.html Stand: 03.06.2008
[2] vgl. ebd.
[3] vgl. Zechner, Kurt. „Hermes Phettberg, Elender“ In: Skip Filmmagazin. URL: http://www.skip.at/film/10807/ Stand: 03.06.2008
[4] vgl. o.V. „Hermes Phettberg, Elender: ein Film von Kurt Palm“ In: Phettberg – der Film Homepage. URL: http://www.phettberg-derfilm.at/ Stand: 03.06.2008
[5] vgl. Weidinger, Karl. „Phettberg, Hermes: Der sanftmütige Koloss.“. In: Wiener Zeitung. Wien: 04.10.2002
[6] vgl. o.V. „Hermes Phettberg, Elender: ein Film von Kurt Palm“ In: Phettberg – der Film Homepage. URL: http://www.phettberg-derfilm.at/ Stand: 03.06.2008
[7] vgl. o.V. „Die Unzertrennlichen gehen außeinander“ In: Literaturhaus Homepage. URL: http://www.literaturhaus.at/headlines/1999/10/06 Stand: 03.06.2008
[8] vgl. o.V. „Hermes Phettberg, Elender: ein Film von Kurt Palm“ In: Phettberg – der Film Homepage. URL: http://www.phettberg-derfilm.at/ Stand: 03.06.2008
[9] Hermes Phettberg im Inteview. Weidinger, Karl. „Phettberg, Hermes: Der sanftmütige Koloss.“. In: Wiener Zeitung. Wien: 04.10.2002
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- Mag. phil. Elsa Kremser (Author), 2008, Eine kritische Annäherung an die Biographie von Hermes Phettberg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140317