Mit dem Regierungsentwurf des BilMoG wird vom Gesetzgeber versucht, auf die Kritik des bestehenden Handelsbilanzrechts zu reagieren, indem neue Regelungen geschaffen werden, die sich an der IFRS orientieren und die tatsächliche Vermö-gens-, Finanz- und Ertragslage darstellen sollen. Ferner soll die Informationsfunktion der Handelsbilanz verstärkt in den Vordergrund gestellt, die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse untereinander verbessert und darüber hinaus eine kostengünstigere Alternative der Bilanzaufstellung gewährleistet werden.
Für die Rückstellungen ergeben sich sowohl auf der Ansatz- als auch auf der Bewertungsebene Innovationen: so werden die Aufwandsrückstellungen nach § 249 Abs. 2 HGB abgeschafft und das Passivierungswahlrecht für Instandhaltungsrückstellungen aufgehoben.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
I Einleitung
II Rückstellungsbewertung nach BilMoG und ihre eventuellen
Auswirkungen auf die Steuerbilanz
1. Allgemeine Rückstellungensbewertung
1.1. Einführung des Erfüllungsbetrags
1.2. Einführung der Diskontierungspflicht
1.3. Einführung des durchschnittlichen Marktzinses
2. Pensionsrückstellungen
2.1. Einbeziehung der Gehalts- und Kostensteigerungen
2.2. Diskontierung
2.3. Bewertungsverfahren
III Kritische Würdigung
1. Vergleich mit Steuerbilanzrecht
2. Vergleich mit IFRS
IV Fazit
Anhang A: Durchschnittliche Kapitalmarktzinssätze
Anhang B: Eigene Berechnung des aktuellen durchschnittlichen
Marktzinssatzes
Literaturverzeichnis
Rechtsquellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
I Einleitung
Mit dem Regierungsentwurf des BilMoG wird vom Gesetzgeber versucht, auf die Kritik des bestehenden Handelsbilanzrechts zu reagieren, indem neue Regelungen geschaffen werden, die sich an der IFRS orientieren und die tatsächliche Vermö-gens-, Finanz- und Ertragslage darstellen sollen. Ferner soll die Informationsfunktion der Handelsbilanz verstärkt in den Vordergrund gestellt, die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse untereinander verbessert und darüber hinaus eine kostengünstigere Alternative der Bilanzaufstellung gewährleistet werden.1
Für die Rückstellungen ergeben sich sowohl auf der Ansatz- als auch auf der Bewertungsebene Innovationen: so werden die Aufwandsrückstellungen nach § 249 Abs. 2 HGB abgeschafft und das Passivierungswahlrecht für Instandhaltungsrückstellungen aufgehoben.2 Die Neuregelungen bezüglich der Bewertung von Rückstellungen werden im Rahmen dieser Seminararbeit näher beleuchtet. Hierzu werden zunächst die Bewertungsvorschriften nach BilMoG vorgestellt und ihre Auswirkungen auf die Steuerbilanz veranschaulicht. Ferner werden die geltenden Bewertungsregelungen in Steuerbilanzrecht und IFRS dargestellt und schließlich untersucht, ob die Zielsetzung des Gesetzgebers durch das BilMoG erreicht wurde.
II Rückstellungsbewertung nach BilMoG und ihre eventuelle Auswirkungen auf die Steuerbilanz
1. Allgemeine Rückstellungensbewertung
1.1. Einführung des Erfüllungsbetrags
Der Regierungsentwurf sieht in § 253 Abs.1 S. 2 HGB-E vor, dass die Bewertung der Rückstellungen nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung erfolgen soll, wobei der notwendige Erfüllungsbetrag anzusetzen ist. Durch die Einführung des Begriffs „Erfüllungsbetrag“ wird vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgeschrieben, dass die künftigen Preis- und Kostensteigerungen bei der Rückstellungsbewertung einbezogen werden müssen.3 Weiterhin wird im Regierungsentwurf konkretisiert, dass „die Höhe einer Rückstellung von Preis- und Kostenverhältnissen im Zeitpunkt des tatsächlichen Anfalls der Aufwendungen ... abhängt“.4 Aus dieser Formulierung lässt sich schließen, dass auch die Preis- und Kostensenkungen berücksichtigt werden müssen.5 Diese Neuerung verstößt gegen das Höchstwertprinzip, denn beim Vorliegen von zwei möglichen Werten auf der Passivseite der Bilanz muss der höhere angesetzt werden.6
In der Steuerbilanz ist die Berücksichtigung der künftigen Wertsteigerungen mit der Neueinführung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG ausdrücklich untersagt, mit der Folge, dass die Vorschrift des HGB-E keine Auswirkung auf die steuerliche Bewertung hat und an dieser Stelle das Auseinanderfallen der Handels- und Steuerbilanz vorprogrammiert ist.7
1.2. Einführung der Diskontierungspflicht
Der modifizierte § 253 HGB-E regelt die Diskontierung von Rückstellungen mit der Laufzeit von mehr als einem Jahr: sie sind mit einem durchschnittlichen Marktzins der vergangenen sieben Geschäftsjahre abzuzinsen. Der Gesetzgeber begründet diese Änderung mit der folgenden Argumentation: für die tatsächliche Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Unternehmen muss der Gedanke einbezogen werden, dass die im Unternehmen für Rückstellungen gebundenen Finanzmittel investiert werden, um daraus den Nutzen zu erwirtschaften.8 Die generelle Abzinsungspflicht der mittel- und langfristigen Rückstellungen, auch wenn sie einen Zinsanteil enthalten, führt zum Verstoß gegen handelsrechtliche Grundsätze: ist der durchschnittliche Marktzins kleiner als der in den Rückstellungen enthaltene Zinsanteil, bleibt die Zinsschuld teilweise im Erfüllungsbetrag enthalten; ist der durchschnittliche Marktzins dagegen höher - oder liegt überhaupt kein Zinssatz zugrunde - verstößt die Neuregelung gegen das Realisationsprinzip, wonach die Gewinne nur bei der Realisierung am Abschlussstichtag zu berücksichtigen sind.9 Im Regierungsentwurf weist der Gesetzgeber ausdrücklich auf den Ausschluss der Rückstellungen mit Restlaufzeit von einem Jahr und weniger aus der Abzinsungspflicht hin.10 Doch dies ist nicht mit der Argumentation vereinbar, mit der die Einführung der Abzinsungspflicht begründet wurde, denn auch die in die kurzfristigen Rückstellungen gebundenen Finanzmittel werden nutzbringend investiert; daher ist die Auslegung zugunsten eines Abzinsungswahlrechts eher nachvollziehbar.11
Für die Neuregelung sprechen u. a folgende Argumente: die Einführung des einheitlichen Zinssatzes, Einengen der Ermessensspielräume und die Annäherung an die Steuerbilanz, denn der § 6 EStG sieht auch eine allgemeine Abzinsungspflicht für die Rückstellungen vor.12
1.3. Einführung des durchschnittlichen Marktzinses
Weiterhin regelt der modifizierte § 253 HGB-E die Art und Weise der Ermittlung des durchschnittlichen Marktzinssatzes: er wird von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe einer noch nicht verabschiedeten Rechtsordnung ermittelt und monatlich auf ihren Internetseiten bekannt gegeben. Die Ermittlung stützt sich auf die Zinsstrukturkurve, die die Fristigkeitsstruktur der Rendite von Nullcoupon-Anleihen am Kapitalmarkt wiedergibt und aus auf Euro laufenden Festzinsswaps berechnet wird. Aus Vereinfachungsgründen gilt der Euro-Marktzinssatz auch für die Rückstellungen, die nicht in Euro, sondern in anderen Währungen zu erfüllen sind; eine Ausnahme stellen jene Fremdwährungsrückstellungen dar, bei denen eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nicht möglich ist.13 Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Zinsverhältnisse im Land der Fremdwährungsverpflichtung der des Euro-Raums nicht entsprechen.14 In solchen Fällen liegt die Ermittlung des Zinssatzes in Händen der Unternehmen bzw. der darauf spezialisierten privaten Anbieter.15 Der derzeit ermittelte durchschnittliche Marktzinssatz beträgt 4,2 %.16 Die Differenz zu dem in der Bilanzierungspraxis verwendeten und steuerlich maximal zulässigen Zinssatz von 6 % beträgt 1,8 Prozentpunkte.17 Um die einmaligen Effekte u.a. aus der Veränderung des Zinssatzes aufzugreifen, wird der Art. 65 EGHGB-E eingeführt, der die ratierliche Ansammlung der Zuführungen zu den Rückstellungen bis 31.12.2023 erlaubt.18
In seiner Stellungnahme gibt der Bundesrat bekannt, dass er einen anderen Standpunkt für die Ermittlung des Marktzinssatzes vertritt, der einen Stichtagsmarktzinssatz bevorzugt; die Bundesregierung lehnte diesen Vorschlag mit der Begründung ab, dass mit der Verwendung des durchschnittlichen Marktzinssatzes die Verbesserung der Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse untereinander, die Einschränkung der Ermessensspielräume und der Ausschluss der zufälligen Volatilität des Zinssatzes gewährleistet wird.19
Der nach neuen handelsbilanziellen Vorschriften errechnete Marktzinssatz weicht vom in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG steuerlich geregelten Diskontierungszinssatz von 5,5 % ab - somit gibt es in Zukunft einen Unterschied zwischen Handels- und Steuerbilanz.20
2. Pensionsrückstellungen
2.1. Einbeziehung der Gehalts- und Kostensteigerungen
Die Gehalts- und Kostensteigerungen haben einen signifikanten Einfluss auf Rentenbarwert und Rentenhöhe, die sich oftmals nach dem Gehalt im Jahr vor der Pensionierung orientieren.21 Werden die Gehalts- und Kostentrends nicht berücksichtigt, entstehen stille Lasten, die eine Nachfinanzierung der Versorgungsansprüche mit sich bringen.22 Obwohl hiermit ein Verstoß gegen das Stichtagsprinzip vorliegt, führt der Gesetzgeber die Neuregelung bezüglich der Berücksichtigung der Gehalts- und Rentenerhöhungen bei Pensionsrückstellungen ein, mit der Absicht, die Über- und Unterdotierung einzuschränken.23 Problematisch bei dieser Regelung ist allerdings die Schätzung der künftigen Gehalts- und Kostentrends. Diese Schwierigkeit wird ebenso bei der Schätzung der bestandspezifischen Fluktuationswahrscheinlichkeit gegeben sein, die das Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Unternehmen vor Eintritt des Versorgungsfall darstellt und demnächst nicht mehr pauschalisierend über die Anwendung des § 6a Abs. 2 Nr. 1 EStG erfolgen soll.24
Steuerlich finden die Gehalts- und Kostentrends keine Berücksichtigung, ähnlich wie die bestandspezifische Fluktuationswahrscheinlichkeit.
2.2. Diskontierung
Im neueingeführten § 253 Abs. 2 S. 2 HGB-E ist das Wahlrecht für Rückstellungen für laufende Pensionen oder Anwartschaften auf Pensionen geregelt. Demnach dürfen sie anstatt mit dem durchschnittlichen Diskontierungszinssatz der letzten sieben Geschäftsjahre pauschal mit dem Marktzinssatz abgezinst werden, der sich aus Wertpapieren mit einer angenommenen Laufzeit von 15 Jahren ergibt.25 Der Gesetzgeber wählt mit Absicht diese Laufzeit pauschalisierend, obwohl ihm bekannt ist, dass die Ansammlungs- und Auszahlungsphase wesentlich länger dauert.
[...]
1 Vgl. BMJ, Gesetzesentwurf, S. 115 (Internetquelle)
2 Vgl. § 249 Abs.1 HGB-E
3 Vgl. BMJ, Gesetzesentwurf, S. 114 (Internetquelle)
4 Vgl. ebenda, S. 114
5 Vgl. Küting/Cassel/Metz, Bewertung, DB 2008, S. 2318
6 Vgl. Federmann, Bilanzierung, S. 169
7 Vgl. Küting/Cassel/Metz, Bewertung, DB 2008, S. 2318; Zülch/Hoffmann, Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, BB 2008, S. 1275;
8 Vgl. BMJ, Gesetzesentwurf, S. 118 (Internetquelle)
9 Vgl. Küting/Cassel/Metz, Bewertung, DB 2008, S. 2319f; Federmann, Bilanzierung, S. 165
10 Vgl. BMJ, Gesetzesentwurf, S. 118 (Internetquelle)
11 Vgl. Küting/Cassel/Metz, Bewertung, DB 2008, S. 2320
12 Vgl. ebenda, S. 2320
13 Vgl. BMJ, Gesetzesentwurf, S. 119 (Internetquelle)
14 Vgl. Theile/Stahnke, Bilanzierung, DB 2008, S. 1757
15 Vgl. BMJ, Gesetzesentwurf, S. 119 (Internetquelle); Theile/Stahnke, Bilanzierung, DB 2008, S. 1757
16 Eigene Berechnung aus den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank [s. Anhang] (Internetquelle)
17 Vgl. Meer-Schell/Zimmermann, Neuregelung, StuB 2008, S. 19
18 Vgl. Kirsch, Übergangsvorschriften, DStR 2008, S.1205
19 Vgl. BMJ, Stellungnahme, S. 2 (Internetquelle)
20 Vgl. Herzig, Konsequenzen, DB 2008, S. 1344
21 Vgl. Meer-Schell/Zimmermann, Neuregelung, StuB 2008, S. 19
22 Vgl. ebenda, S. 21
23 Vgl. Meer-Schell/Zimmermann, Neuregelung, StuB 2008, S. 21; BMJ, Gesetzesentwurf, S. 115 (Internetquelle)
24 Vgl. Petersen/Zwirner/Künkele, Rückstellungen, StuB 2008, S.698; Meer-Schell/Zimmermann, Neuregelung, StuB 2008, S.19ff
25 Vgl. Höfer/Hagemann, Altersversorgung, DStR 2008, S. 1748
- Quote paper
- Lana Gorelisvili (Author), 2008, Rückstellungsbewertung nach BilMoG, IFRS und Steuerbilanz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139515