Vergleicht man den Herzmuskel mit der Skelettmuskulatur, dann bestehen bei der
Erregung des Herzens, ihrer Ausbreitung und der Kontraktion des Herzmuskels eine
Reihe von Besonderheiten. Nimmt man im Tierversuch, z. B. beim Frosch, das Herz
aus dem Körper heraus und führt ihm genügend sauerstoff- und nährstoffreiches Blut
zu, dann kann das isolierte Herz einige Stunden lang außerhalb des Körpers spontan
schlagen, d. h. sich rhythmisch kontrahieren, ohne dass es von Nerven versorgt wird
(sogenannte Autorhythmie). Demnach besitzt das Herz ein automatisch arbeitendes
System, das Erregungen bilden und innerhalb des Herzmuskels weiterleiten kann.
In der folgenden Arbeit soll nun zunächst auf das Ruhe- und Aktionspotential der
Herzmuskelzelle eingegangen werden. Im nachfolgenden Punkt wird die
Erregungsbildung und Erregungsausbreitung im Herzen behandelt und im Anschluss
daran soll noch eine kurze Einführung in das Elektrokardiogramm gegeben werden. Der Herzmuskel besteht aus einem Geflecht von Herzmuskelzellen. Dabei
unterscheidet man zwei Typen von
Herzmuskelzellen (-fasern): Zum einen
Zellen, die fähig sind, Impulse zu bilden
und weiterzuleiten (= Erregungsbildungs-
und Leitungssystem:
Sinusknoten, Atrioventrikularknoten,
His-Bündel, Tawara-Schenkel,
Purkinje-Fasern), zum anderen Zellen,
die solche Impulse mit einer
Verkürzung bzw. Kontraktion
beantworten (= Arbeitsmyokard). Die
Zellgrenzen der Herzmuskelzellen sind
als Glanzstreifen (Disci intercelares)
miteinander verbunden sind. Diese
Glanzstreifen sind kein Hindernis für
die Erregungsfortleitung. [...]
Gliederung
1 Einleitung
2 Ruhe- und Aktionspotential der Herzmuskelzelle
2.1 Grundlagen
2.2 Ruhemembranpotential
2.3 Aktionspotential
2.4 Refraktärphase
3 Erregungsbildung und –ausbreitung im Herzen
3.1 Reihenfolge der Erregungsausbreitung
3.2 Hierarchie der Herzerregung und Ersatzrhythmen
3.3 Die Erregungsbildung im Herzen
3.4 Elektromechanische Kopplung
3.5 Vegetative und afferente Innervation des Herzens
4 Das Elektrokardiogramm (EKG)
4.1 Grundlagen der Elektrokardiographie
4.2 Die einzelnen Abschnitte des EKG
5 Fazit
6 Literatur
1 Einleitung
Vergleicht man den Herzmuskel mit der Skelettmuskulatur, dann bestehen bei der Erregung des Herzens, ihrer Ausbreitung und der Kontraktion des Herzmuskels eine Reihe von Besonderheiten. Nimmt man im Tierversuch, z. B. beim Frosch, das Herz aus dem Körper heraus und führt ihm genügend sauerstoff- und nährstoffreiches Blut zu, dann kann das isolierte Herz einige Stunden lang außerhalb des Körpers spontan schlagen, d. h. sich rhythmisch kontrahieren, ohne dass es von Nerven versorgt wird (sogenannte Autorhythmie). Demnach besitzt das Herz ein automatisch arbeitendes System, das Erregungen bilden und innerhalb des Herzmuskels weiterleiten kann.
In der folgenden Arbeit soll nun zunächst auf das Ruhe- und Aktionspotential der Herzmuskelzelle eingegangen werden. Im nachfolgenden Punkt wird die Erregungsbildung und Erregungsausbreitung im Herzen behandelt und im Anschluss daran soll noch eine kurze Einführung in das Elektrokardiogramm gegeben werden.
2 Ruhe- und Aktionspotential der Herzmuskelzelle
2.1 Grundlagen
Der Herzmuskel besteht aus einem Geflecht von Herzmuskelzellen. Dabei unterscheidet man zwei Typen von Herzmuskelzellen (-fasern): Zum einen Zellen, die fähig sind, Impulse zu bilden und weiterzuleiten (= Erregungs-bildungs- und Leitungssystem: Sinusknoten, Atrioventrikularknoten, His-Bündel, Tawara-Schenkel, Purkinje-Fasern), zum anderen Zellen, die solche Impulse mit einer Verkürzung bzw. Kontraktion beantworten (= Arbeitsmyokard). Die Zellgrenzen der Herzmuskelzellen sind als Glanzstreifen (Disci intercelares) miteinander verbunden sind. Diese Glanzstreifen sind kein Hindernis für die Erregungsfortleitung. Die Herzmuskelzellen sind somit zu einem funktionellen Synzytium verknüpft, d. h. wenn irgendwo im Herzen eine Erregung entsteht, breitet sie sich in der Regel über das ganze Herz aus. Das Herz gehorcht deswegen als Ganzes dem Alles-oder-nichts-Prinzip. Das bedeutet, dass je nach Reizstärke entweder das ganze Herz erregt wird und kontrahiert oder dass – bei einem unterschwelligen Reiz - überhaupt keine Erregung und Kontraktion stattfindet (vgl. Antoni 200028, 472).
Ähnlich wie in der Skelettmuskulatur „wird auch die Kontraktion des Herzmuskels durch Veränderungen des Membranpotentials mit Überschreitung des Schwellenpotentials hervorgerufen, das über eine veränderte Membranpermeabilität für Ionen zum Ablauf eines Aktionspotentials (Erregung) führt“ (Kurowski / Renz-Polster 2000, 27) (vgl. Abb. 1).
2.2 Ruhemembranpotential
Das Ruhemembranpotential[1] der Herzmuskelzellen beträgt in der Diastole ca. –90 mV (Zellinneres immer negativ gegen den extrazellulären Raum) und wird hauptsächlich durch die ungleiche Konzentration der Kaliumionen im Intra- und Extrazellulärraum verursacht. Dieser Konzentrationsunterschied wird durch die Na+-K+-ATPase (Na+-K+-Ionenpumpe) bewirkt, die mehr Na+ aus der Zelle heraus als K+ hinein pumpt und dadurch ein negatives Membranpotential verursacht (vgl. Marées 20029, 53-54).
2.3 Aktionspotential
Der initiale Reiz, der das Aktionspotential (vgl. Abb. 1) der Herzmuskelzelle einleitet, geht in der Regel vom Sinusknoten aus (siehe 3). Er bewirkt eine Depolarisation der Membran bis auf –65 mV, das sogenannte Schwellenpotential[2] , das ein Aktionspotential der Herzmuskelzellen auslöst. Das Aktionspotential lässt sich in drei charakteristische Phasen unterteilen: eine rasche Depolarisationsphase, eine Plateauphase und eine Repolarisationsphase.
In der schnellen Depolarisationsphase bewirkt durch kurzfristige Öffnung von Na+-Kanälen ein sehr rascher Na+-Einstrom eine überschießende Änderung des Membranpotentials auf ca. +30 mV (Overshoot). Die Na+-Kanäle schließen sich danach wieder und können erst ab einem Membranpotential von ca. –60 mV erneut aktiviert werden (vgl. Antoni 200028, 474-475). „Der gesamte Aufstrich dauert nur wenige Millisekunden“ (Antoni 200028, 474).
Während der Plateauphase öffnen sich die Calcium-Kanäle in der Membran und die Ca2+ strömt langsam in den Intrazellularraum ein. Die K+-Leitfähigkeit nimmt gleichzeitig ab, so dass die Depolarisation aufrechterhalten wird (vgl. Antoni 200028, 474-475). Das Maximum der Muskelkontraktionsamplitude des Ventrikelmyokards liegt zeitlich am Ende der Plateauphase.
Die Repolarisationsphase ist durch drei verschiedene Vorgänge gekennzeichnet: die Ca2+-Leitfähigkeit nimmt mit der Zeit ab, spezielle K+-Kanälen werden verzögert aktiviert und die Ruhe-K+-Leitfähigkeit steigt mit fortschreitenden Repolarisation wieder an, d. h. K+-Ionen strömen aus der Zelle in den Extrazellularraum und bewirken eine Repolarisation auf ca. –90 mV (vgl. Antoni 200028, 474-476).
2.4 Refraktärphase
Der wesentlichste Unterschied des Aktionspotentials des Herzen zum Aktionspotential des Skelettmuskels ist die absolute Refraktärzeit während der Plateauphasendauer, d. h. solange die Herzmuskelfaser depolarisiert ist, kann eine neue Erregung nicht ausgelöst werden. Ursache ist eine Inaktivierung der potentialabhängigen Na+-Kanäle, deren Erholung erst wieder ab einem Wert von ca. –40 mV einsetzt, so dass sich im mittleren Drittel der Repolarisationsphase ein deutlich verkleinertes Aktionspotential mit stark erhöhter Erregungsschwelle auslösen lässt. Dieser Abschnitt wird als relative Refraktärzeit bezeichnet. Gegen Ende der Repolarisation sinkt die Schwelle der Erregbarkeit rasch und die Amplitude des Aktionspotentials erreicht wieder Normalwert (vgl. Antoni 200028, 476).
„Die Dauer der Refraktärperiode ist daher in der Regel eng mit der Dauer des Aktionspotentials verknüpft. Verkürzungen oder Verlängerungen führen infolgedessen zu einer entsprechenden Veränderung der Refraktärperiode“ (Antoni 200028, 476).
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[1] Membranpotential im Ruhezustand erregbarer Zellen.
[2] Kritischer Wert, bei dessen Überschreitung Na+-Kanäle aktiviert werden.
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