Seit mehr als 100 Jahren sind Lese-Rechtschreibschwierigkeiten Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen und werden meist unter dem Begriff „Legasthenie“ abgehandelt. Doch noch immer herrscht wegen fehlender Übereinstimmung der Fachleute in grundlegenden theoretischen Fragen eine Uneinheitlichkeit der Definitionen, was durch die sachliche Komplexität der Legasthenieproblematik bedingt ist.
Problematisch bei der Suche nach einer gültigen Definition ist natürlich, dass schon der Begriff „ Legasthenie“ kaum fassbar ist. Denn schon Ausdrücke wie „Schwäche“, „Lesen“, „Rechtschreiben“, die zu ihrer Beschreibung verwendet werden, sind nach dem heutigen Stand der Wissenschaft sehr vieldeutige Benennungen. Angermaier beschäftigte sich 1970 mit einer weiteren Problematik: Bei all der Fülle von Beziehungen und Verursachungsmomenten fehlt ein Funktionsmodell, das die Vielzahl der Befunde ordnet, das die Querverbindungen zwischen Leistungsdispositionen, Umweltbedingungen und Lernverhalten zeigt. Doch die Uneinigkeiten der Fachleute und die daraus resultierende Vielzahl der Definitionen zeigt: Legasthenie ist keine Krankheit mit einheitlichem Syndrom, sondern eine komplexe Lernstörung unterschiedlicher Erscheinungsformen und Verursachungen. Bei allen Unstimmigkeiten der Forscher gibt es dennoch Theorien, die sowohl Inhalt historischer Ansätze waren als auch heute noch als wichtige Gründe für Legasthenie angesehen werden, weshalb auf diese in der vorliegenden Arbeit eingegangen wird.
Inhaltsverzeichnis
- Legasthenie - Verschiedene Definitionen und ihre Probleme
- Organisch-physiologische Ursachen der Legasthenie
- Fehler in den neurologischen und neurobiologischen Grundlagen der Informationsverarbeitung (primäre Ursachen)
- Hirnstörungen
- Folgeschäden nach Unfällen
- Abweichende Gehirnstrukturen
- Störungen kortikaler Prozesse
- Schwächen bei der Wahrnehmung (sekundäre Ursachen)
- Abschließende Betrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Ursachen von Legasthenie, indem sie verschiedene Definitionen der Störung beleuchtet und organisch-physiologische Faktoren näher betrachtet. Das Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis der komplexen Ursachen von Legasthenie zu vermitteln, ohne dabei auf definitive Schlussfolgerungen einzugehen.
- Vielfalt der Legasthenie-Definitionen und die damit verbundenen Herausforderungen
- Neurologische und neurobiologische Grundlagen der Legasthenie
- Bedeutung von Hirnstrukturen und -funktionen für Lese- und Rechtschreibfähigkeiten
- Rolle von Wahrnehmungsstörungen bei der Entstehung von Legasthenie
- Zusammenhang zwischen organischen Faktoren und Lese-Rechtschreibschwierigkeiten
Zusammenfassung der Kapitel
1. Legasthenie – Verschiedene Definitionen und ihre Probleme: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung der Legasthenie-Definitionen und die Schwierigkeiten, eine einheitliche Beschreibung zu finden. Es zeigt, wie sich die Definitionen von einer rein defizitorientierten Sicht hin zu einem multifaktoriellen Verständnis entwickelt haben. Die Komplexität der Problematik und die unterschiedlichen Auffassungen der Experten werden hervorgehoben, wobei verschiedene Definitionen von Ranschburg (1916), Linder (1962) und Warnke, Wewetzer und Grimm (1998) verglichen werden. Der Mangel an einem umfassenden Funktionsmodell, das die vielfältigen Einflussfaktoren vereint, wird als zentrale Herausforderung diskutiert. Das Kapitel legt den Grundstein für die weitere Auseinandersetzung mit den Ursachen von Legasthenie, indem es die Vielschichtigkeit des Themas verdeutlicht.
2. Organisch-physiologische Ursachen der Legasthenie: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die organisch-physiologischen Ursachen von Legasthenie. Es differenziert zwischen primären Ursachen, die in Fehlern der neurologischen und neurobiologischen Informationsverarbeitung liegen, und sekundären Ursachen, die in Wahrnehmungsstörungen begründet sind. Im Detail werden Hirnstörungen, wie Folgeschäden nach Unfällen und abweichende Gehirnstrukturen, wie z.B. Agenesie des Corpus Callosum und Asymmetrien des Planum temporale, als mögliche Einflussfaktoren diskutiert. Die Forschungsergebnisse von Luria, die den Zusammenhang zwischen spezifischen Hirnregionen und Lese-Rechtschreibfähigkeiten aufzeigen, werden ebenso behandelt wie die Rolle von EEG-Anomalien und die Bedeutung der kortikalen Prozesse für die visuelle und sprachliche Informationsverarbeitung. Das Kapitel verdeutlicht die komplexen Wechselwirkungen zwischen Gehirnstrukturen, neurobiologischen Prozessen und der Entwicklung von Legasthenie.
Schlüsselwörter
Legasthenie, Lese-Rechtschreibstörung, neurobiologische Ursachen, Hirnstrukturen, Informationsverarbeitung, Wahrnehmungsschwächen, Definitionen, Planum temporale, Corpus Callosum, phonologische Bewusstheit.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Ursachen der Legasthenie - Eine Übersichtsarbeit
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese Arbeit bietet einen umfassenden Überblick über die Ursachen von Legasthenie. Sie beinhaltet verschiedene Definitionen von Legasthenie und deren Problematik, eine detaillierte Betrachtung organisch-physiologischer Faktoren, Kapitelzusammenfassungen und Schlüsselwörter. Der Fokus liegt auf dem Verständnis der komplexen Ursachen, ohne definitive Schlussfolgerungen zu ziehen.
Welche Definitionen von Legasthenie werden behandelt?
Die Arbeit untersucht die historische Entwicklung der Legasthenie-Definitionen und die Schwierigkeiten, eine einheitliche Beschreibung zu finden. Sie vergleicht verschiedene Definitionen, unter anderem von Ranschburg (1916), Linder (1962) und Warnke, Wewetzer und Grimm (1998), und hebt die Herausforderungen hervor, die mit der Vielschichtigkeit des Themas verbunden sind. Der Mangel an einem umfassenden Funktionsmodell wird als zentrale Herausforderung diskutiert.
Welche organisch-physiologischen Ursachen werden betrachtet?
Die Arbeit differenziert zwischen primären Ursachen (Fehler in der neurologischen und neurobiologischen Informationsverarbeitung) und sekundären Ursachen (Wahrnehmungsstörungen). Zu den primären Ursachen gehören Hirnstörungen wie Folgeschäden nach Unfällen und abweichende Gehirnstrukturen (z.B. Agenesie des Corpus Callosum und Asymmetrien des Planum temporale). Die Rolle von EEG-Anomalien und die Bedeutung kortikaler Prozesse für die visuelle und sprachliche Informationsverarbeitung werden ebenfalls beleuchtet. Die Forschungsergebnisse von Luria zum Zusammenhang zwischen spezifischen Hirnregionen und Lese-Rechtschreibfähigkeiten werden berücksichtigt.
Welche Rolle spielen Wahrnehmungsstörungen?
Wahrnehmungsstörungen werden als sekundäre Ursachen der Legasthenie betrachtet und im Zusammenhang mit den organisch-physiologischen Faktoren diskutiert. Die Arbeit betont die komplexen Wechselwirkungen zwischen Gehirnstrukturen, neurobiologischen Prozessen und der Entwicklung von Legasthenie, wobei Wahrnehmungsstörungen einen wichtigen Aspekt dieser Wechselwirkungen darstellen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Legasthenie, Lese-Rechtschreibstörung, neurobiologische Ursachen, Hirnstrukturen, Informationsverarbeitung, Wahrnehmungsschwächen, Definitionen, Planum temporale, Corpus Callosum, phonologische Bewusstheit.
Welche Kapitel enthält die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in Kapitel zu den verschiedenen Definitionen von Legasthenie und deren Problemen, sowie zu den organisch-physiologischen Ursachen. Ein abschließendes Kapitel bietet eine zusammenfassende Betrachtung.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis der komplexen Ursachen von Legasthenie zu vermitteln, ohne dabei auf definitive Schlussfolgerungen einzugehen. Die Arbeit beleuchtet die Vielschichtigkeit der Thematik und die Herausforderungen, die mit der Definition und Erforschung von Legasthenie verbunden sind.
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- Annegret Meumann (Author), 2009, Organisch-Physiologische Ursachen der Legasthenie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139000