Geschichtsbewusstsein wird bei Jugendlichen heutzutage sehr stark durch das Medium Film (in Fernsehen, auf Video oder DVD) beeinflusst. Filme sind ein Teil der Geschichtskultur geworden, man betrachte nur die Zunahme der Dokumentationen im Fernsehen, aktuell die ZDF-Reihe „Die Deutschen“, die sogar didaktisch aufbereitetes Material zur Unterrichtsvorbereitung für Lehrer anbietet und Schüler zu der Mitmachaktion „Geschichte vor Deiner Haustür“ anregt. Doch nicht nur in Dokumentationen wird dem Zuschauer ein Geschichtsbild vermittelt, auch in Spielfilmen hat Geschichte nach wie vor ihren Stellenwert. War es in den 1950er Jahren Ernst Marischkas „Sissi“-Trilogie, die die Zuschauer begeisterte, so sind es heute Hollywood-Produktionen wie „Troja“ (2004) von Wolfgang Petersen oder auch deutsche Produktionen wie „Der Untergang“ (2004) von Oliver Hirschbiegel, die versuchen, Geschichte darzustellen.
Diese Arbeit soll aufzeigen, wie das Medium Film einerseits im Geschichtsunterricht fungieren kann, andererseits welches Wissen dem Schüler vermittelt werden muss, damit er reflektiert mit dem Film als Teil der Geschichtskultur umgehen kann. Zuerst werden allgemeine Hinweise zum Film im Geschichtsunterricht gegeben: Welche Vorteile kann die Arbeit mit dem Medium Film bieten? Weiterhin soll aufgezeigt werden, wie der Schüler das Medium Film aufnimmt und welche Vorarbeit nötig ist, um einen kompetenten Umgang mit dem Film im Geschichtsunterricht und darüber hinaus zu ermöglichen. Dies soll durch eine ausführliche Filmtypologie und durch die Darstellung der filmischen Mittel erreicht werden. Als Beispiel für eine Arbeit mit Filmen im Geschichtsunterricht werden daraufhin zwei Dokumentationen herangezogen. Dabei wird noch einmal ausführlich auf die positiven Aspekte der Arbeit mit Dokumentationen eingegangen, bevor dann der didaktisch aufbereitete Unterrichtsfilm „Machtergreifung und Gleichschaltung“ (1992) vom Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (FWU) und die Spiegel-TV-Produktion „1933 – Hitlers Machtergreifung“ (2008) kurz vorgestellt und analysiert werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Film im Geschichtsunterricht
2.1 Vorteile der Arbeit mit Filmen im Geschichtsunterricht
2.2 Darstellungsvarianten
3. Filmerziehung
3.1 Filmtypologie
3.2 Filmsprache
4. Arbeit mit Dokumentationen
4.1 Ziele der Arbeit mit Dokumentarfilmen
4.2 Subgattungen des Dokumentarfilms
5. Filme zum Thema Machtergreifung
5.1 FWU-Film „Machtergreifung und Gleichschaltung“
5.1.1 Filminhalt
5.1.2 Filmkritik und Verwendung im Unterricht
5.2 Spiegel TV-Dokumentation „1933-Hitlers Machtergreifung“
5.2.1 Filminhalt
5.2.2 Filmkritik und Verwendung im Unterricht
6. Schlussbetrachtung
7. Literaturverzeichnis
8. Benutzte Homepages
9. Benutzte Medien
Der Schlüssel der Geschichte ist nicht in der Geschichte,
er ist im Menschen.
Théodore Simon Jouffroy (1796-1842)
1. Einleitung
Geschichtsbewusstsein wird bei Jugendlichen heutzutage sehr stark durch das Medium Film (in Fernsehen, auf Video oder DVD) beeinflusst. Filme sind ein Teil der Geschichtskultur geworden, man betrachte nur die Zunahme der Dokumentationen im Fernsehen, aktuell die ZDF-Reihe „Die Deutschen“, die sogar didaktisch aufbereitetes Material zur Unterrichtsvorbereitung für Lehrer[1] anbietet und Schüler zu der Mitmachaktion „Geschichte vor Deiner Haustür“ anregt.[2] Doch nicht nur in Dokumentationen wird dem Zuschauer ein Geschichtsbild vermittelt, auch in Spielfilmen hat Geschichte nach wie vor ihren Stellenwert. War es in den 1950er Jahren Ernst Marischkas „Sissi“-Trilogie, die die Zuschauer begeisterte, so sind es heute Hollywood-Produktionen wie „Troja“ (2004) von Wolfgang Petersen oder auch deutsche Produktionen wie „Der Untergang“ (2004) von Oliver Hirschbiegel, die versuchen, Geschichte darzustellen.
Die folgende Arbeit soll aufzeigen, wie das Medium Film einerseits im Geschichtsunterricht fungieren kann, andererseits welches Wissen dem Schüler vermittelt werden muss, damit er reflektiert mit dem Film als Teil der Geschichtskultur umgehen kann. Zuerst werden allgemeine Hinweise zum Film im Geschichtsunterricht gegeben: Welche Vorteile kann die Arbeit mit dem Medium Film bieten? Weiterhin soll aufgezeigt werden, wie der Schüler das Medium Film aufnimmt und welche Vorarbeit nötig ist, um einen kompetenten Umgang mit dem Film im Geschichtsunterricht und darüber hinaus zu ermöglichen. Dies soll durch eine ausführliche Filmtypologie und durch die Darstellung der filmischen Mittel erreicht werden. Als Beispiel für eine Arbeit mit Filmen im Geschichtsunterricht werden daraufhin zwei Dokumentationen herangezogen. Dabei wird noch einmal ausführlich auf die positiven Aspekte der Arbeit mit Dokumentationen eingegangen, bevor dann der didaktisch aufbereitete Unterrichtsfilm „Machtergreifung und Gleichschaltung“ (1992) vom Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (FWU) und die Spiegel-TV-Produktion „1933 – Hitlers Machtergreifung“ (2008) kurz vorgestellt und analysiert werden.
2. Der Film im Geschichtsunterricht
Leider sind die Möglichkeiten und Vorteile des Films im Geschichtsunterricht (wie auch in anderen Fächern) noch nicht ausreichend erkannt und umgesetzt worden. Filme werden meist sowohl von Lehrern, als auch von Schülern als Erholungsphase zwischen den anstrengenden Lehr- und Lerneinheiten empfunden oder als eine Art „Belohnung“ am Ende einer Lerneinheit bzw. vor den Ferien. Dies mag einerseits daran liegen, dass viele Lehrer im Umgang mit den neuen Medien zu wenig vertraut sind, andererseits bereitet der Einsatz des Films auch einen erheblichen Aufwand, den manche Geschichtslehrer vermeiden wollen. Der Einsatz des Films brächte jedoch den Vorteil mit sich, dass innerhalb der Arbeit der Geschichte nicht nur das Speichergedächtnis, sondern auch das Funktionsgedächtnis anregen würde, was zu einer intensiveren, nachhaltigeren Verarbeitung von Geschichte führt.[3]
2.1 Vorteile der Arbeit mit Filmen im Geschichtsunterricht
„Es gibt keine Quelle, es gibt kein Medium, das hinsichtlich seiner Intensität, seiner Faszination, Suggestivität, Ausdrucksstärke und Erlebnisqualität, aber auch seiner Genauigkeit und Realitätsnähe dem Film gleich käme.“[4] Diese Qualität des Filmes sollte auch im Geschichtsunterricht genutzt werden. Der Einsatz des Filmes im Unterricht bringt zentrale didaktische, lernpsychologische und motivationale Aspekte mit sich, wie Norbert Zwölfer in neben stehendem Schaubild aufzeigt.[5]
Wie bekannt ist, zeigen Bilder oft mehr als tausend Worte, deshalb sollte die Betrachtung von Filmen im Unterricht nicht zum „Zuckerl“ in der letzten Stunde vor den Ferien degradiert werden, sondern das Medium Film wirkungsvoll in den Unterricht miteinbezogen werden. Im Geschichtsunterricht soll ja nicht das Auswendiglernen von Zahlen und Fakten im Vordergrund stehen, sondern die Schüler sollen im Unterricht Kompetenzen aufbauen, die sie auch für ihr späteres Leben vorbereiten:[6]
a) Historische Fragekompetenzen: Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft, mit historischen Fragestellungen umzugehen
b) Historische Methodenkompetenzen: Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft, Vergangenes zu re-konstruieren bzw. vorliegende historische Narration, die Dritte verfasst haben, zu untersuchen
c) Historische Sachkompetenzen: Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft, mit theorie-, subjekt-, inhalts- und methodenbezogenen Begriffen bzw. Prinzipien, Konzepten, Kategorien und Scripts umgehen zu können
d) Historische Orientierungskompetenzen: Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft, sich mit Hilfe von Geschichte Orientierung zu verschaffen
All diese Kompetenzen kann die Arbeit mit Filmen im Geschichtsunterricht bieten, wie später am Beispiel von Dokumentarfilmen (einem Unterrichtsfilm und einer TV-Produktion) verdeutlicht werden soll.
2.2 Rezeption von Filmen
Will man als Lehrer im Unterricht Filme egal welcher Art einsetzen, so muss man sich auch mit dem Kommunikationsvorgang bei den Schülern beschäftigen. Ein wertvolles Modell hierzu liefert Hagemann.[7]
Wie die Graphik verdeutlicht, so versucht der Kommunikator ein Kommunikat an den Rezipienten zu übermitteln. Auf den Film übertragen, so versucht der Filmemacher die Aussage bzw. Botschaft des Films dem Zuschauer, in unserem Falle dem Schüler, zu übermitteln. Dazu benutzt der Kommunikator (Filmemacher) bestimmte Zeichen bzw. Codes, die er verschlüsselt. Der Filmemacher kennt diese Zeichen und verwendet diese im Film. Auf der anderen Seite steht nun der Rezipient (Schüler), der versucht, die ihm vorgegebene Botschaft zu entschlüsseln. Auch er hat einen gewissen Zeichenvorrat. Doch, wie die untere Hälfte der Graphik besagt, besitzen beide, der Kommunikator (Filmemacher) und der Rezipient (Schüler) einen bestimmten Zeichenvorrat, der gemeinsame Zeichenvorrat jedoch, also die Schnittmenge, ist meist ziemlich begrenzt. Es ist daher notwendig, dass auch der Rezipient Zeichen erlernt, die der Kommunikator einsetzt. Natürlich wäre es verwegen, davon auszugehen, ein Schüler könne alle Zeichen decodieren, die ein Filmemacher in seinem Werk einbaut. Wichtig ist es für den Schüler allerdings, einen bestimmten Grundstock für die Arbeit mit Filmen zu erhalten, den die schulische Filmerziehung leisten muss.
3. Filmerziehung
Um mit einem Medium wie dem Film arbeiten zu können, bedarf es also fachspezifisches Wissen. Methodenkompetenz, in diesem Falle Medienkompetenz zu erwerben, ist in der Filmarbeit im Geschichtsunterricht ebenso wichtig, wie die wissenschaftliche Überprüfung des historischen Wahrheitsgehalts eines Films. Auch der gymnasiale Lehrplan greift dies auf, wenn es im Vorwort zum Fach Geschichte lautet: „Die Methodenkompetenz umfasst auch den sinnvollen Umgang mit neuen Medien und schließt die angemessene Nutzung moderner Präsentationsformen durch die Jugendlichen mit ein.“[8] Die Schüler sollen also, sowohl in der Schule, als auch in ihrem Privatleben, befähigt sein, mit neuen Medien sinnvoll und kritisch umgehen. In einer Zeit, in der neue Medien immer präsenter werden, abwechslungsreicher und beeinflussender gestaltet werden, müssen Schüler zur kritischen Auseinandersetzung mit diesen Medien und damit auch zur Selbstverantwortung erzogen werden.
Sie sollten dabei erkennen können, welche unterschiedlichen Präsentationsformen eines Filmes es geben kann. Genau so wichtig ist es, dass der Schüler bei einer Analyse des Films, das „Handwerkszeug“ eines Filmemachers, also die filmischen Mittel und deren Möglichkeiten begreifen und interpretieren kann.
3.1 Filmtypologie
Wie Gerhard Schneider feststellt, hat sich zur „fachspezifischen Nutzung des Films als Unterrichtsmedium […] bislang noch keine einheitliche, allgemein akzeptierte Terminologie durchgesetzt.“[9] Er selbst unterscheidet zwischen dem kommentierten Dokumentarfilm, dem Filmdokument und Historischen Spielfilmen.[10] Norbert Zwölfer „geht davon aus, dass bestimmte Typen von Filmen durch die hauptsächliche Verwendung ihres Materials bestimmt werden“[11] und nennt infolgedessen die filmische Fiktion, die filmische Rekonstruktion und den Archiv- bzw. Dokumentarfilm.[12] Michael Sauer und Peter Meyers differenzieren hingegen vier unterschiedliche Filmgattungen, das Filmdokument, den Dokumentarfilm, den Spielfilm und den Unterrichtsfilm, die im Folgenden genauer vorgestellt werden sollen.[13]
a) das Filmdokument
Bei einem Filmdokument handelt es sich um „filmisches Quellenmaterial mit dem höchsten Authentizitätsgrad.“[14] Gemeint sind also alle Aufzeichnungen der Vergangenheit, die im Original – ohne nachträgliches Zufügen von Ton, Texten oder Bildern – erhalten sind. Dabei kann man Zufallsaufnahmen, Live-Sendungen oder auch Dokumentationen unterscheiden, die im Nachhinein nicht mehr bearbeitet wurden, also in Originalbild und Originalton auf dem Originalmedium erhalten sind. Jeweils „[m]it dem Grad der Bearbeitung nimmt die Authentizität und Wirklichkeitsnähe der Aufnahmen zu oder ab.“[15] Gerade beim Filmdokument steht der Film als Quelle besonders im Vordergrund, das Dargestellte darf aber nicht unumstößlich als Realität betrachtet werden, da der jeweilige Filmemacher schon im Vorfeld versucht, das Dargestellte „in Szene“ zu setzen.
b) der Dokumentarfilm
Im Gegensatz zum Filmdokument steht beim Dokumentarfilm „eine Reproduktion von Wirklichkeit […] im Mittelpunkt, die sich der einzelnen Filmdokumente bedient und sie im Sinne der inhaltlichen Zielsetzungen des Filmemachers kommentierend oder interpretierend aneinanderreiht.“[16] Im Dokumentarfilm können also aus Filmdokumenten jeweils unterschiedliche Realitäten produziert werden, je nach Thema und Vorhaben des Filmemachers. Peter Meyers[17] unterscheidet zwei Realitätsebenen von Dokumentarfilmen: Einerseits kann der Dokumentarfilm die unmittelbare Dokumentation von Wirklichkeit sein, wie man sie täglich in Nachrichtensendungen zu sehen bekommt. Hier besteht die Motivation darin, über aktuelle Ereignisse und Realitäten zu informieren. Davon zu differenzieren sind Dokumentationen, die die Absicht enthalten, an bestimmte Ereignisse und Realitäten zu erinnern. Hier steht der Aspekt der Rekonstruktion der Geschichte – meist in einem größeren Zeitabstand zum Ereignis – im Vordergrund, was nicht allzu selten zur Manipulation des Inhalts führen kann. „Der Filmemacher zeig[t] eben nicht die Wirklichkeit, sondern mit Hilfe bestimmter Präsentations-, Darstellungs- und Verstehensmuster nur Ansichten von ihr.“[18]
Wenn man von Manipulation spricht, so kann legitime und gefährliche Manipulation voneinander abgrenzen. Erlaubte Manipulation ist diejenige, „die die Wirklichkeit nicht entstellt, sondern nur auswählt, durch ‚ein Temperament’ sieht.“[19] Unerlaubte und daher gefährliche Manipulation hingegen versucht, durch die geschickte Aneinanderreihung von Fakten die Wirklichkeit zu entstellen um bestimmte Ziele zu verfolgen (so zum Beispiel NS-Propagandafilme wie Leni Riefenstahls „Triumph des Willens“). Gerade durch die Sachlichkeit, durch die eine Dokumentation überzeugen will, wird der Zuschauer dazu verführt, die belegten Aussagen als objektive Realität anzunehmen und die subjektiven Ziele des Filmemachers zu ignorieren.
Technisch gesehen ist nahezu jeder Dokumentarfilm ein Kompilationsfilm, also „[e]in Film, der aus bereits vorhandenem, meist schon anderweitig verwertetem Filmmaterial zusammengestellt ist.“[20] Dokumentarfilme zeichnen sich weiterhin durch gesprochenen Kommentar, durch Einfügen von Texten, Skizzen, Karten, usw. aus, um „ein Thema mit visuellen Mitteln so abzuhandeln […], wie dies etwa mit sprachlichen Mitteln in einem wissenschaftlichen Vortrag geschieht.“[21]
c) der Spielfilm
Die eben erwähnte Sachlichkeit des Dokumentarfilms ist in Spielfilmen meist nicht gegeben, hier steht die Fiktion im Vordergrund. Weiterhin ist für jeden guten Spielfilm ausschlaggebend, dass eine Handlung geschaffen wird, die vor allem die Emotionen des Zuschauers anspricht. Dadurch entsteht allerdings eine ungeheure, oft auch sublime Wirkungs- und Suggestivkraft, die der distanzierten Betrachtung des Films entgegensteuern kann.
Für Geschichtswissenschaftler im Allgemeinen, wie auch für Geschichtslehrer im Speziellen sind vor allem Historische Spielfilme von Interesse, aber gerade der Terminus Historischer Spielfilm scheint Probleme zu bereiten, da man sich bei dem Begriff oft nicht darüber im Klaren ist, ob sich das „Historische“ auf den Inhalt oder die Entstehungszeit des Films bezieht. Meyer[22] plädiert dafür, dass derjenige Film als Historischer Spielfilm bezeichnet wird, der sich mit historischem Inhalt beschäftigt, die Entstehungszeit ist wie bei jeder anderen Filmgattung separat zu analysieren und in die Filmkritik mit einzubeziehen.
Bezüglich der Spielfilme gibt es zahlreiche Untergattungen, die hier genannt sein wollen und deren Bezeichnung für sich selbst spricht: Einen Unterscheid macht man zwischen dem historischen Spielfilm, dem historischen Abenteuerfilm, dem historischen Ausstattungsfilm, dem didaktischen Rekonstruktionsfilm, der Klassikerverfilmung, dem Legendenfilm, dem Vergangenheitsbewältigungsfilm, dem historischen Gegenwartsbewältigungsfilm, dem Propagandafilm und dem Nostalgiefilm. Der Objektivitätsgrad des Films, d.h. inwiefern der Film die Realität tatsächlich abbilden möchte, weicht mit der Filmgattung ab, so ist zum Beispiel einem didaktischen Rekonstruktionsfilm ein höherer Objektivitätsanspruch inhärent, als einem Legendenfilm.[23]
d) der Unterrichtsfilm
Die letzte Filmgattung, die hier vorgestellt werden soll, ist der so genannte Unterrichtsfilm. Er bezieht sich, wie der Name bereits sagt, auf den schulischen Bereich und ist daher „eine spezielle Form der Gattung ‚Lehrfilm’, zu der auch Forschungsfilme, wissenschaftliche Dokumentationen, Übungsfilme usw. gehören.“[24] Der Unterrichtsfilm ist wie der Dokumentarfilm ein Kompilationsfilm, allerdings überwiegend didaktisch aufbereitet.
Die Produktion von Unterrichtsfilmen wurde vor allem in der Zeit des Nationalsozialismus vorangetrieben, unter dem Kultus- und späteren Reichserziehungsminister Bernhard Rust wurde 1934 die Reichsstelle für den Unterrichtsfilm (RfdU), ab 1940 Reichsanstalt für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (RWU), gegründet. Lange Zeit wurde der Film als Medium genutzt, um den Schülern die Vergangenheit zu illustrieren (im Nationalsozialismus wohl auch zu manipulieren). „Unterrichtsfilme waren nichts anderes als Lehrervorträge mit bildlichem Anschauungsmaterial.“[25] Joachim Rohlfes nimmt an, dass auch heute die Zahl der gelungenen Unterrichtsfilme nicht groß sei und sie nach wie vor dem Frontalunterricht ähneln würden, der Kommentar ersetzte den Lehrervortrag, das Bild die Lehrerdemonstration.[26] In Bezug auf diese Aussage scheint Rohlfes veraltet, denn Regine Mainka-Tersteegen setzt dem entgegen, dass seit Ende der 1990er Jahre im Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (FWU) „mit Hilfe der neuen Medien und interaktiver, modularer Systeme neue Formen des ‚Unterrichtsfilms“ entwickelt [werden], die diese Problematik aufgreifen und sowohl Lehrern als auch Schülern neue Rollen und Aufgaben zuweisen.“[27] Der Film dient nicht mehr nur zur bloßen Illustration, sondern ist selbst Gegenstand des Unterrichts. „Die Verbindung von fachspezifisch-historischen mit medienspezifischen Fragestellungen setzt Erkenntnisprozesse in Gang, die den Schülern neue Zugänge zu historischer Dokumentation eröffnen können.“[28]
[...]
[1] In der folgenden Arbeit soll der Einfachheit halber „Schüler“ und „Lehrer“ als Begriff für männliche als auch weibliche Schüler und Lehrer gelten.
[2] Vgl. hierzu die Homepage http://www.diedeutschen.zdf.de/.
[3] Vgl. von Borries, Bodo: Arbeit mit „Dokumentarfilmen“ als Erwerb „Historischer Kompetenz“. In: Schreiber, Waltraud / Wenzl, Anna (Hrsg.): Geschichte im Film. Beiträge zur Förderung historischer Kompetenz. Neuried 2006, S. 46. Er bezieht sich bezüglich Speicher- und Funktionsgedächtnis auf Aleida Assman.
[4] Schneider, Gerhard: Filme. In: Pandel, Hans-Jürgen / Schneider, Gerhard (Hrsg.): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. Schwalbach 1999, S. 370.
[5] Zwölfer, Norbert: Filmische Quellen und Darstellungen. In: Günther-Arndt, Hilke (Hrsg.): Geschichtsdidaktik – Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II. Berlin 2003, S. 128.
[6] Vgl. hierzu Schreiber: Geschichte, S. 11-14.
[7] Hagemann, Wilhelm: Medienpädagogik. Köln, 1979, S. 12. Graphik aus Meyers, Peter: Film im Geschichtsunterricht. Realitätsprojektionen in deutschen Dokumentar- und Spielfilmen von der NS-Zeit bis zur Bundesrepublik. Frankfurt am Main 1998, S. 6.
[8] Lehrplan G8, Vorwort zum Fach Geschichte. Aufgerufen unter: http://www.isb-gym8-lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/index.php?StoryID=26390
[9] Schneider: Filme, S. 367.
[10] Vgl. ebd., S. 367f.
[11] Zwölfer: Quellen, S. 129.
[12] Ebd.
[13] Sauer, Michael: Geschichte unterrichten. Seelze 2008, S. 218f.; Meyers: Film (1998), S. 37-53; Ders.: Film im Geschichtsunterricht. In: GWU 52 (2001), S. 247-253. Die nachstehenden Erläuterungen beziehen sich, wenn nicht anders angegeben auf Meyers (1998).
[14] Ders.: Film (1998), S. 42.
[15] Rohlfes, Joachim: Geschichte und ihre Didaktik. Göttingen 2005, S. 339.
[16] Meyers: Film (1998), S. 44.
[17] Vgl. ders.: Film (2001), S. 249f.
[18] Ebd., S. 250.
[19] Ders.: Film (1998), S. 48.
[20] Bawden, Liz-Anne: Buchers Enzyklopädie des Films. 2 Bände. München, 1983, S. 419.
[21] Rohlfes: Geschichte, S. 339f.
[22] Vgl. Meyers: Film (1998), S. 48. Er beruft sich hier auf das rororo-Filmlexikon.
[23] Rohlfes fügt seiner Typologie neben den vier genannten Gattungen den dokumentarischen Spielfilm hinzu, der in dieser Auflistung dem didaktischen Rekonstruktionsfilm entspräche und der zwei Elemente miteinander verbinden soll: „die dokumentarische, am Maßstab historischer Korrektheit orientierte Vergegenwärtigung der Geschichte und ihre fiktionale, auf Einfühlungs- und Einbildungskraft angewiesene Inszenierung.“ Nach dem Autor beansprucht diese Filmgattung denselben Zuverlässigkeitsgrad wie jede andere Geschichtsschreibung. Es ergibt sich hier allerdings das Problem, dass der Zuschauer „nicht in der Lage ist, dass Authentische vom bloß Nachempfundenen und Erdachten zu unterscheiden.“ Vgl. Rohlfes: Geschichte, S. 340f.
[24] Meyers: Film (1998), S. 52.
[25] Ebd.
[26] Rohlfes: Geschichte, S. 341.
[27] Mainka-Tersteegen, Regine: Neue Perspektiven im Unterrichtsfilm. In: Baumgärtner, Ulrich / Fenn, Monika: Geschichte und Film. Erkundungen zu Spiel-, Dokumentar- und Unterrichtsfilm. München 2004, S. 49.
[28] Ebd.
- Quote paper
- Andrea Surner (Author), 2008, Film im Geschichtsunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138732
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