„Karriere zur Employability“ , „boundaryless career“ – solche oder ähnliche Themen werden derzeit in personalwirtschaftlichen Fachkreisen diskutiert. In Anbetracht steigender Umwelt-komplexität und -dynamik distanzieren sich Organisationen zunehmend davon, für ihre Beschäftigten vorgezeichnete Karrierepfade zu entwickeln. Sie sehen sich eher als ‚Impulsgeber und Karrierebegleiter‘, während die Beschäftigten für die Erhaltung und Entwicklung ihrer Beschäftigungsfähigkeit sowie für ihre berufliche Laufbahn selbst verantwortlich sind, wobei Kompetenzen letztlich als einzige Garanten für die Beschäftigungsfähigkeit dienen können. Von den Beschäftigten wird vermehrt rasche Anpassung, Flexibilität und lebenslanges Lernen gefordert. Doch Betroffene wissen häufig nicht, welches Know-how und welche Kompetenzen sie bereits besitzen und wie sie sich optimal weiterentwickeln können. Beratung hat in diesen Zeiten der Unsicherheit Hochkonjunktur. Auch die Personalarbeit ist auf dem Gebiet der Laufbahnberatung gefordert, ihren Beschäftigten Hilfestellung zu leisten. Dabei zeichnet sich ein Trend zu verschiedenartigen Lebensentwürfen und Berufslaufbahnen ab. In der Fachwelt wird die These diskutiert, dass eignungsdiagnostische Verfahren und klassische Ansätze der Laufbahnberatung mit den aktuellen Problemen der Ratsuchenden überfordert sind. Begründet wird dies damit, dass diese Ansätze statische Annahmen über die Passung von Eigenschaften der Person mit ihrer beruflichen Umwelt machen, obwohl die berufliche Umwelt nicht mehr stabil ist. An dieser Problematik setzt die vorliegende Arbeit an und beleuchtet einen kompetenzorientierten Ansatz der Laufbahnberatung. Die meisten Untersuchungen der Karriereforschung fokussieren jedoch primär die Ratsuchenden. Noch weitgehend unerforscht auf dem Gebiet der neuen Karrieren sind die Folgen und Implikationen, die sich für die Unternehmen ergeben. Da der Erfolg eines Unternehmens maßgeblich davon abhängt, ob es gelingt, die Potenziale der Beschäftigten zu erkennen, zu fördern und zu nutzen, um einen Wettbewerbsvorteil aus deren besonderen Kompetenzen zu generieren, wird die kompetenzorientierte Laufbahnberatung in der vorliegenden Arbeit aus der Unternehmensperspektive beleuchtet.Dabei werden zwei Hauptziele verfolgt: zum einen die Darstellung der kompetenzorientierten Laufbahnberatung mit ihren Verfahren, Me-thoden und Zielen ... zum anderen die Diskussion möglicher Ansatzpunkte im Human Resource Management.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Rahmenbedingungen und konzeptionelle Grundlagen
2.1. Wirtschaftliche und soziale Rahmenbedingungen der Laufbahnberatung
2.1.1. Wandel der Berufswelt und Veränderung der Arbeitsanforderungen
2.1.2. Wertewandel und instabile psychologische Verträge
2.1.3. Bedarf neuer Strategien für die Laufbahnberatung
2.2. Charakterisierung der kompetenzorientierten Laufbahnberatung
2.2.1. Systematisierung und Definition des Kompetenzbegriffs und der Employability
2.2.2. Begriffliche Abgrenzung der Laufbahn
2.2.3. Definition und Zielsetzung der Laufbahnberatung
3. Ausgewählte Theorien, Modelle und Verfahren der Laufbahnberatung
3.1. Ausgewählte Laufbahntheorien, Modelle und neuere Karrierekonzepte
3.1.1. Das dynamische Modell der Lebensplanung in Beruf- und Privatleben von Abele
3.1.2. Die Theorie der ,boundaryless career' und der ,protean career'
3.2. Ausgewählte Verfahren der kompetenzorientierten Laufbahnberatung
3.2.1. Kompetenz-Diagnostik und -Entwicklungsverfahren KODE©
3.2.2. Die ,Kompetenzenbilanz Tirol'
4. Diskussion möglicher personalwirtschaftlicher Anwendungsfelder einer kompetenzorientierten Laufbahnberatung in Organisationen
4.1. Implikationen für die Personalentwicklung
4.1.1. Individuelle Weiterbildungsplanung und Lernpotenzial-Assessment-Center
4.1.2. Mitarbeitergespräche, Einzelcoachings und Workshops zur Laufbahnberatung
4.1.3. Laufbahnförderung durch Mentoring und Unterstützungsnetzwerke
4.2. Kompetenzorientierte Placement-Beratung und Outplacement-Beratung
4.2.1. Placement-Beratung im Unternehmen
4.2.2. Outplacement-Beratung bei Trennung von Beschäftigten
5. Schlussbetrachtung
Anhang/ Anlagenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
,,Karriere zur Employability"1, ,,boundaryless career"2 - solche oder ähnliche Themen werden derzeit in personalwirtschaftlichen Fachkreisen diskutiert. In Anbetracht steigender Umwelt-komplexität und -dynamik distanzieren sich Organisationen3 zunehmend davon, für ihre Be-schäftigten vorgezeichnete Karrierepfade4 zu entwickeln. Sie sehen sich eher als ,Impulsgeber und Karrierebegleiter', während die Beschäftigten für die Erhaltung und Entwicklung ihrer Beschäftigungsfähigkeit sowie für ihre berufliche Laufbahn selbst verantwortlich sind, wobei Kompetenzen letztlich als einzige Garanten für die Beschäftigungsfähigkeit dienen können.5 Von den Beschäftigten wird vermehrt rasche Anpassung, Flexibilität und lebenslanges Lernen gefordert.6 Doch Betroffene wissen häufig nicht, welches Know-how und welche Kompeten-zen sie bereits besitzen und wie sie sich optimal weiterentwickeln können. Beratung hat in diesen Zeiten der Unsicherheit Hochkonjunktur.7 Auch die Personalarbeit ist auf dem Gebiet der Laufbahnberatung gefordert, ihren Beschäftigten Hilfestellung zu leisten. Dabei zeichnet sich ein Trend zu verschiedenartigen Lebensentwürfen und Berufslaufbahnen ab.
In der Fachwelt wird die These diskutiert, dass eignungsdiagnostische Verfahren und klassi-sche Ansätze der Laufbahnberatung mit den aktuellen Problemen der Ratsuchenden überfor-dert sind. Begründet wird dies damit, dass diese Ansätze statische Annahmen über die Pas-sung von Eigenschaften der Person mit ihrer beruflichen Umwelt machen, obwohl die berufli-che Umwelt nicht mehr stabil ist.8 An dieser Problematik setzt die vorliegende Arbeit an und beleuchtet einen kompetenzorientierten Ansatz der Laufbahnberatung.
Die meisten Untersuchungen der Karriereforschung fokussieren jedoch primär die Ratsuchen-den. Noch weitgehend unerforscht auf dem Gebiet der neuen Karrieren sind die Folgen und Implikationen, die sich für die Unternehmen ergeben. Da der Erfolg eines Unternehmens maßgeblich davon abhängt, ob es gelingt, die Potenziale der Beschäftigten zu erkennen, zu fördern und zu nutzen, um einen Wettbewerbsvorteil aus deren besonderen Kompetenzen zu generieren, wird die kompetenzorientierte Laufbahnberatung in der vorliegenden Arbeit aus der Unternehmensperspektive beleuchtet.9 Dabei werden zwei Hauptziele verfolgt: zum ei-nen die Darstellung der kompetenzorientierten Laufbahnberatung mit ihren Verfahren, Me-thoden und Zielen sowie die Einordnung in den theoretischen Kontext, zum anderen die Dis-kussion möglicher Ansatzpunkte im Human Resource Management. Diesbezüglich stellt sich die Frage, welche Verfahren der kompetenzorientierten Laufbahnberatung im Unternehmen eingesetzt werden können und wie.
Um die genannten Ziele zu erreichen, wird in dieser Arbeit im Rahmen einer Literaturstudie10 wie folgt vorgegangen: In Kapitel 2 werden die Rahmenbedingungen der Laufbahnberatung untersucht, um darauf aufbauend die Implikation des Wandels für die Laufbahnberatung he-rauszuarbeiten. Danach werden grundlegende Charakteristika der kompetenzorientierten Laufbahnberatung dargestellt und relevante Begriffe definiert, um zu einer Arbeitsdefinition der kompetenzorientierten Laufbahnberatung zu gelangen. Das anschließende Kapitel 3 be-handelt zum einen Laufbahntheorien und -modelle mit dem Ziel, das Bild der Laufbahnbera-tung abzurunden, indem aufgezeigt wird, wie Laufbahnberatung theoretisch fundiert werden kann. Dabei stellt sich die Frage, ob es für die Praxis der Laufbahnberatung neue, zeitgemäße Theorien gibt. Zum anderen werden ausgewählte Verfahren der kompetenzorientierten Lauf-bahnberatung vorgestellt und deren Anwendungsmöglichkeiten im Unternehmen aufgezeigt. Den Schwerpunkt der Arbeit bildet Kapitel 4, in dem personalwirtschaftliche Anwendungs-felder einer kompetenzorientierten Laufbahnberatung in Organisationen diskutiert werden. In Kapitel 5 werden die wichtigsten Resultate zusammengefasst und die Zielsetzung und Fra-gestellung abschließend betrachtet. Es werden Trends und Implikationen für die weitere For-schungsarbeit aufgezeigt, womit die vorliegende Arbeit ihren Abschluss findet.
2. Rahmenbedingungen und konzeptionelle Grundlagen
2.1. Wirtschaftliche und soziale Rahmenbedingungen der Laufbahnberatung
Um die Thematik der Laufbahnberatung zu analysieren, ist es zunächst angebracht, deren Rahmenbedingungen aufzuzeigen. Dieses Kapitel soll aufzeigen, warum viele Autoren einen Paradigmenwechsel11 der Laufbahnberatung attestieren und für die Zukunft einen gestiegenen Bedarf einer solchen Beratung über die Lebensspanne des Menschen hinweg prognostizie-ren.12
2.1.1. Wandel der Berufswelt und Veränderung der Arbeitsanforderungen
Die Arbeit selbst wandelt sich, und ihr Bewertungsmaßstab hat sich aufgrund des generellen Wertewandels, der im nächsten Kapitel beschrieben wird, und der vielfältigen Freizeitmög-lichkeiten in unserer Wohlstandsgesellschaft verändert.13 Viele AutorInnen sprechen von ei-nem Wandel oder Umbruch der Arbeitswelt.14 Dabei ist der Bedeutungswandel der Arbeit komplex und viele AutorInnen widmen sich dieser umfassenden Thematik. Daher erhebt die folgende Ausführung, die sich im Wesentlichen an der Darstellung von Rump und Eilers so-wie von Hohner und Hoff orientiert, keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr werden für die Laufbahnberatung relevante Aspekte fokussiert. Rump und Eilers stellen technologi-sche, ökonomische, gesellschaftliche und demografische Entwicklungen der entstehenden post-industriellen Gesellschaft15 dar, die die Arbeit beeinflussen und Veränderungen auslösen.
Besonders bedeutsam für die Arbeitswelt sind die technologischen Entwicklungen der Kommunikations- und Informationsbranche, weil durch sie Arbeitsprozesse schneller, Vor-gänge kürzer und viele Lebens- und Arbeitsbereiche verändert werden. Folglich verändert sich auch das System der Berufe, wobei erworbene Qualifikationen schneller veralten und ein häufiger Wechsel von Tätigkeiten und Berufen sowie ein selbstgesteuertes lebenslanges Ler-nen erforderlich werden. In der Arbeitswelt benötigte Fähigkeiten erweitern sich und werden angereichert. Menschliche Tätigkeit wird zunehmend zur Steuerungstätigkeit.16
Die Globalisierung und die Entwicklung zur Wissensgesellschaft sind ökonomische Trends, die sich wechselseitig beeinflussen und Auswirkungen auf die Arbeitswelt haben. Unter dem Begriff der Globalisierung17 werden weltweite makroökonomische Veränderungen subsu-miert, die Grenzen immer mehr in den Hintergrund treten lassen und einen dynamischen Wandel von Unternehmen und Märkten nach sich ziehen.18 Des Weiteren kommt es, verbun-den mit Technologieentwicklungen, zu Veränderungen bzw. Verschiebungen innerhalb der Wirtschaftssektoren. In den vormaligen Industrieländern nimmt der Anteil der Erwerbstätigen im Industriesektor immer weiter ab. Dabei entsteht eine Dienstleistungsgesellschaft; es wird auch von Informations- und Kommunikationsgesellschaft gesprochen, denn immer neue Technologien und Medien ermöglichen neue Arbeits- und Kommunikationsformen. Men-schen im industriellen Sektor sind dabei besonders von Erwerbslosigkeit bedroht, da sie durch neue Maschinen ersetzbar sind. Hohner und Hoff sehen das Hauptmerkmal von Professionen und ihren Entwicklungen in der fortschreitenden Verwissenschaftlichung des beruflichen Handels und der Ausdifferenzierung der Expertenrollen.19 Die Bedeutung des Wissens in un-serer Gesellschaft nimmt zu, so dass bereits von einer Entwicklung zur Wissensgesellschaft gesprochen wird. Dabei wächst und veraltet Wissen heute so schnell, dass es unmöglich ist, Universalwissen zu besitzen. Wissen wird daher immer bruchstückhafter und spezieller, wo-durch Expertentum und die Fähigkeit zum ganzheitlichen und kreativen Denken immer essen-tieller werden. Für Beschäftigte bedeutet dies eine permanente Qualifizierung und wachsende Anforderungen an umfassende Kompetenzen, eine ständige Neuorientierung und Anpassung, mit der lebenslange Lernprozesse verbunden sind.20
In Organisationen führt die geschäftspolitisch gewollte Schaffung flacherer und flexibler Or-ganisationsstrukturen, um der gestiegenen Umweltdynamik zu begegnen, zu einem personal-wirtschaftlichen Problem: Da häufig Management-Posten im mittleren Bereich wegfallen, gibt es weniger Aufstiegschancen bzw. Karrierepfade als Leistungsanreize.21 Somit sind Kar-rierewege selten geradlinig, sondern eher instabil und dynamisch. Die Arbeitsplatzgarantie auf Lebenszeit gibt es kaum noch. Insbesondere in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise steigen die Arbeitsplatzunsicherheit und die Arbeitslosenzahlen. Der Anteil der Stammbeleg-schaft, die langfristig an ein Unternehmen gebunden ist, geht zurück. Projekt- und netzwerk-artig aufgebaute Organisationen gewinnen an Bedeutung, wobei die Arbeit immer weniger zeit- und ortsgebunden erbracht wird. Berufs- und Betriebswechsel, pluralistische Formen der Arbeitszeitgestaltung sowie Lern- und Sabbatical-Phasen lassen so genannte ,Patchworklauf-bahnen`22 entstehen. Diese ersetzen immer mehr den Lebensberuf, was zu einer fehlenden Planbarkeit der Laufbahn führt. Beschäftigte müssen mit unvorhersehbaren Veränderungen, denen unkonventionelle Karriereschritte folgen, umgehen.23
Demografisch betrachtet schrumpft und vergreist unsere Bevölkerung. Dies führt in der Zu-kunft zu einem Fachkräftemangel. Die zunehmende Lebensarbeitszeit durch Erhöhung des Renteneintrittsalters führt dazu, dass die Belegschaft immer älter wird.24
2.1.2. Wertewandel und instabile psychologische Verträge
Wertesysteme bestehen aus mehreren, bezüglich ihrer Intensität ranghierarchisch angeordne-ten Werten25 und unterliegen einem individuellen und gesellschaftlichen Wandel. Der Werte-wandel bezeichnet dabei eine Änderung der Wertehierarchie. Rump erläutert den Wertewan-del in Bezug auf die verschiedenen Generationen, was sinnvoll erscheint, da diese abwei-chende Erfahrungswerte und Sozialisationsmuster haben und sich dementsprechend in ihren Verhaltensweisen und Erwartungshaltungen unterscheiden.26 Rump weist darauf hin, dass bereits heute fünf Generationen mit unterschiedlicher Werthaltung zusammenarbeiten und leben. Eine Klassifizierung der Generationen heutiger Arbeitnehmer unterscheidet 1) die Nachkriegsgeneration (bis 1955 geboren), 2) die Babyboomer-Generation (bis 1965 geboren), 3) die Generation X oder Generation „Golf" (bis 1975 eboren), 4) die Generation Y oder Generation dot.com (bis 1985 geboren) und 5) die Generation Game (ab 1985 geboren). Die Nachkriegsgeneration und die Babyboomer zeigen dabei eine stärkere Tendenz zu traditionel-len Werten „wie Leistungsorientierung, Disziplin, starke Berufsorientierung, Kollegialität, Sicherheitsdenken und die Suche nach Beständigkeit"27. Bei den jüngeren Generationen ist die Wertorientierung nicht eindeutig und es bestehen Spannungsfelder zwischen Lebensge-nuss und Leistungsorientierung, zwischen Familie und Beruf, zwischen Individualisierung und der Orientierung an gemeinsamen Zielen sowie zwischen Flexibilität und Beständigkeit. Rump beschreibt diese jüngeren Generationen wie folgt: Sie sind leistungsbereit im Berufsle-ben, aber ihre Arbeit muss sinnhaft sein, Freude bereiten und es darf nicht an Perspektiven mangeln. Eine Balance zwischen Arbeit und Familie ist heute ebenfalls enorm wichtig.28
Die Zukunftsforschung bestätigt diese Entwicklung, die seit den 1970er-Jahren zu beobachten ist. Es wird ein sich fortsetzenden Trend hin zur Familienorientierung gesehen, wobei auf Ansehen, Autorität, Status und steile Karriere immer mehr zugunsten des Privatlebens ver-zichtet wird. Rump erläutert, dies gehe mit der abnehmenden Arbeitsplatzsicherheit einher, so dass sich Wohlstand für die einzelne Person immer stärker auf immaterielle Güter bezieht.29
Diese Entwicklungen haben Auswirkungen auf die Beziehung zwischen Unternehmen und Beschäftigte. In Wissenschaft und Praxis beschäftigt man sich gleichermaßen mit der Thema-tik des Wandels des ,psychologischen Vertrags`.30 Psychologische Verträge stellen dabei sub-jektive Auslegungen der Beziehung zwischen Beschäftigten und Unternehmen dar, die sich dynamisch verändern und informeller Natur sind. Sie bestehen aus drei wesentlichen Kompo-nenten: Versprechen, bestimmte Verhaltensweisen zu zeigen bzw. zu unterlassen, Belohnun-gen im Austausch für das Versprechen und die beiderseitige Akzeptanz des Vertrages.31 Breulmann beschreibt, dass der traditionelle Vertrag , welcher lebenslange Beschäftigung für lebenslange Loyalität zum Inhalt hatte, vermehrt ersetzt wird durch den sog. neuen Vertrag.32 Die Ver nderun beschreibt sie als eine „Verschiebung von Arbeitsplatzsicherheit zur Be-schäftigungsfähigkeit"33, wobei sie ein ,Nebeneinander` von traditionellem und neuem Ver-trag in unterschiedlichen Ausprägungen in der Praxis annimmt und die Reinform des neuen psychologischen Vertrags am ehesten in Unternehmen mit massiven Veränderung vermutet. Die unterschiedlichen Inhalte beider Vertragsformen werden in Tabelle 1 im Anhang nochmal gegenübergestellt. Lombriser und Lehmann (2001)34 definieren den ,neuen psychologischen Vertrag` wie folgt: Beschäftigte setzten sich für Aufgaben und Projekte ein, in denen sie ei-genverantwortlich weiter lernen können, um ihren Wert für den Arbeitsmarkt generell zu er-halten. Der Arbeitgeber schafft im Gegenzug die dafür benötigten Bedingungen. Grundvor-aussetzungen für das Funktionieren des Vertrags ist eine wechselseitige Akzeptanz der Inhal-te, die Transparenz voraussetzt.35
Zusammenfassend kann der Wertewandel als Reaktion auf die veränderten Rahmenbedingun-gen wie bspw. abnehmende Arbeitsplatzsicherheit, Schnelllebigkeit der Märkte oder Ände-rungen der sozialen Sicherungssysteme angesehen werden. Konsequenzen daraus sind zum einen die Ausrichtung auf die eigene Person, zum anderen sind Wissen und Kompetenzen Vermögenswerte der Menschen, die es zu erhalten und zu entwickeln gilt. Für die Personalar-beit und die Laufbahnberatung ergeben sich gleichermaßen neuen Herausforderungen.
2.1.3. Bedarf neuer Strategien für die Laufbahnberatung
Die dargestellten Veränderungen der Rahmenbedingungen ziehen zahlreiche Konsequenzen für Unternehmen sowie für Beschäftigte nach sich. Grundsätzlich jeder muss im privaten, aber auch im beruflichen Bereich mit Unwägbarkeiten umgehen. Der Lebensberuf wird zu-nehmend ersetzt durch diskontinuierliche Erwerbsbiografien. Damit schwindet die Planbarkeit der eigenen Laufbahn, und tradierte Laufbahnmuster, die einem vorgezeichneten Weg folgen, werden ungültig. Beschäftigte müssen mehrfach richtungsweisende berufliche Entscheidun-gen treffen und für ihre Beschäftigungsfähigkeit eigenverantwortlich sorgen.36 In der Fach-welt ist man zunehmend der Auffassung, dass der Einzelne mit diesen Anforderungen über-fordert ist und Unterstützung in Form von Beratung bzw. Coaching bedarf.37 Somit besteht ein wachsender Bedarf an Laufbahnberatung. Jedoch sehen viele Praktikerinnen und Wissen-schaftler traditionelle Ansätze als nicht mehr zeitgemäß an.38 Einmalige Empfehlungen zur Berufswahl aufgrund eignungsdiagnostischer Tests zu Interessen und Persönlichkeitsmerkma-len auszusprechen, ist nicht mehr ausreichend, wenn Menschen sich in ihrem Leben häufig mehrfach anpassen und neu orientieren müssen. Es wird eine konstruktivistische Auffassung von Laufbahnberatung gefordert, die die Belange des zu beratenden Menschen in den Vorder-grund rückt und in der gemeinsam Lösungen erarbeitet werden. Dabei soll der Mensch ein Bild seiner eigenen Entwicklung konstruieren, und die Beraterin unterstützt ihn dabei, ein passendes Bild für den weiteren Weg zu konzipieren.39
Amundson betont, dass Menschen sich nicht mehr auf Bildungseinrichtungen oder Arbeitge-ber verlassen sollen, sondern als Antwort auf die neuen Karriereherausforderungen ihre Employability und Selbstorganisationsfähigkeiten fokussieren sollen. Laufbahnberatung sollte ihm zufolge zu einer lebensbegleitenden Beratung werden. Für neue Methoden der Beratung be-tont er die Wichtigkeit einer guten Beziehung zwischen Beraterin und Klient sowie die Be-trachtung der Person als Ganzes. Es sollen berufliche sowie persönliche Belange fokussiert werden.40 Gasteiger teilt diese Auffassung und ergänzt, dass neuere Ansätze der Laufbahnbe-ratung berücksichtigen müssen, dass sich berufliche Laufbahnen immer häufiger außerhalb des organisationalen Rahmens entwickeln. Insbesondere die Veränderungen in den Organisations- und Beschäftigungsformen führen dazu, dass das Normalarbeitsverhältnis vielfältigen neuen und unüblichen Formen der Beschäftigung weicht; z. B. werden Teilzeitstellen mit selbständigen Tätigkeiten kombiniert, oder freie Mitarbeiterinnen oder Subunternehmer sind im Unternehmen tätig.41 Unternehmen bieten bei ungewisser Zukunft keine langfristigen Kar-riereentwicklungsprogramme bzw. Versprechen über Aufstiegschancen mehr. Diese Entwick-lung verlangt von den Menschen vermehrt eigenverantwortliches Arbeiten und Flexibilität. Dabei wird es immer schwerer, den individuellen Berufsweg zu planen und eigenverantwort-lich zu steuern. Auch Unternehmen müssen diese aufgezeigten Trends berücksichtigen und sich mit der Thematik der Laufbahnberatung beschäftigen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Abschließend bleibt zu betonen, dass neue Beratungsstrategien Hilfe zur Selbsthilfe leisten und Menschen befähigen sollen, ihre Laufbahn proaktiv, d. h. eigeninitiativ zu gestalten.42
2.2. Charakterisierung der kompetenzorientierten Laufbahnberatung
Es wurde aufgezeigt, dass Menschen sich in Zeiten dynamischen Wandels ständig veränder-ten Anforderungen anpassen und ihre Kompetenzen weiterentwickeln müssen. Auf der Grundlage dieser Überlegung wird nun der für die vorliegende Arbeit zentrale Begriff der Kompetenz beleuchtet. Anschließend wird der Begriff der Laufbahn bzw. Karriere definiert, der für die Laufbahnberatung geradezu konstituierend ist. Abschließend wird die Laufbahnbe-ratung dargestellt, wobei der Schwerpunkt auf der Erstellung einer Arbeitsdefinition der kom-petenzorientierten Laufbahnberatung liegt.
2.2.1. Systematisierung und Definition des Kompetenzbegriffs und der Employability
Es existiert keine allgemeingültige Definition des Begriffs Kompetenz.43 Vielmehr wird der Begriff in vielen Fachdisziplinen geradezu inflationär mit unterschiedlichem Begriffsinhalt verwendet, oft ohne genau zu spezifizieren, was man unter Kompetenz versteht.44 Allgemein leitet sich Kompetenz, wie auch das englische Wort competence, aus dem lateinischen compe- tere — zusammentreffen, ausreichen, zu etwas fähig sein, zustehen — ab.45 Seit der durch McClellands ,competency approach' der Motivationspsychologie ausgelösten Diskussion in den 1970er-Jahren ist der Kompetenzbegriff zu einem Modebegriff avanciert.46 Dabei war McClelland einer der ersten, der auf die Bedeutung der Kompetenz im beruflichen Kontext verwies. Kompetenz wird seitdem kurzerhand als Begriff für Fertigkeiten, Fähigkeiten, Quali-fikationen oder Eigenschaften benutzt.47 In der deutschsprachigen Aus- und Weiterbildungsli-teratur finden sich mittlerweile mindestens 654 unterschiedliche Schlüsselkompetenzen48, womit es zweckmäßig wird, den Begriff abzugrenzen.49 Erpenbeck und von Rosenstiel beto-nen, dass der Begriff der Kompetenz theorierelativ ist, d. h. nur innerhalb eines theoretischen Konstrukts eine bestimmte Bedeutung hat. Den ausgewählten Verfahren und Methoden der kompetenzorientierten Laufbahnberatung in Kapitel 3.2 der vorliegenden Arbeit liegen bspw. auch unterschiedliche Kompetenzmodelle50 bzw. -verständnisse zugrunde.
Im Rahmen dieser Arbeit wird Kompetenz nicht in seiner juristischen bzw. hierarchischen Bedeutung als Handlungsbefugnis oder Zuständigkeit verwendet51, sondern im Kontext des beruflichen Handelns. Dabei umfasst die berufliche Handlungskompetenz neben der fach-lich-funktionalen auch die sozialen, motivationalen und emotionalen Aspekte menschlichen Arbeitshandelns. Dies entspricht einem ganzheitlichen und integrativen Verständnis.52
Eine Darstellung ausgewählter Definitionen des Kompetenzbegriffs aus personalwirtschaftli-cher Sicht findet sich bei Alfes. In den dort dargestellten Definitionen werden Kompetenzen als Befähigung eines Individuums, selbstorganisiert zu denken und zu handeln, verstanden.53 So besagt z. B. die Erpenbeck'sche Definition, dass Kompetenzen „Selbstor anisationsdispo-sitionen" im Sinne von Dispositionen zu selbstorganisiertem Handeln in zieloffenen Entschei-dungssituationen sind.54 Alfes strebt für ihr Forschungsprojekt über den Zusammenhang von erforderlichen Kompetenzen der Personalverantwortlichen und der strategischen Rolle der Personalabteilung eine Verbindung der wesentlichen Elemente unterschiedlicher Kompetenz-ans tze an und kommt zu fol ender Definition: Kompetenzen sind „eine messbare Kombina-tion aus Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Motivation, Interesse und Verhaltensweisen [ ], die bei der Ausführung konkreter Arbeitsaufgaben zu selbstorganisiertem, situationsangemes-senem, zielgerichtetem und verantwortungsvollem Handeln führt und in einer erfolgreichen ew lti un der Arbeitsanforderun en resultiert."55 Nach ihrer Auffassung markieren Kom-petenzen somit Persönlichkeitsmerkmale, die Leistungsträger bezüglich ihrer Effektivität und Überdurchschnittlichkeit unterscheiden. Sonntag betont seinerseits, dass sich eine Aufschlüs-selung in Fach-, Methoden-, Sozial-, Personal- bzw. Selbstkompetenz zur Operationalisierung und Klassifizierung der Kompetenzen als geeignet erweist sowie faktorenanalytisch auch be-stätigt hat.56
Kompetenz wird in dieser Arbeit vom Begriff der Qualifikation abgegrenzt, obwohl viele Au-toren beide Begriffe synonym verwenden.57 Kompetenz kann jedoch weiter gefasst werden als Qualifikation, die als Ergebnis eines Aneignungsprozesses von vorgegebenen Lerninhalten verstanden werden kann.58 Qualifikationen sind Wissens- und Fertigkeitsdispositionen, die durch Normierung oder Zertifizierung im Sinne von Prüfungen, Abschlüssen und Titeln abge-bildet werden können.59 Sie waren lange Zeit die entscheidenden Determinanten für die Mi-tarbeiterförderung.60 Die gestiegenen Arbeitsanforderungen verlangen jedoch von Beschäftig-ten Kompetenzen, die zunehmend nicht durch formale Qualifikationen abgedeckt werden können. Besonders für die in dieser Arbeit geführte Diskussion ist die Perspektive zu erwei-tern, und der Mitarbeiter sollte mit seinen Qualifikationen und seinen Kompetenzen gesehen werden.61 Mörth und Söller betonen, dass die Erfassung der Kompetenzen der Ratsuchenden eine wichtige Aufgabe der Laufbahnberatung ist, da diese deren wichtigstes Potenzial sind.62
Kompetenzen können als die in einer Person liegenden Ressourcen verstanden werden, die es ermöglichen, neue Handlungsprogramme zu entwickeln und neue Ressourcen zu erschlie-ßen.63 Sonntag definiert den Ressourcenbegriff allgemein als Mechanismus oder Hilfsmittel, um Belastungen zu bewältigen.64
Als Kern des neuen psychologischen Vertrags wurde der Begriff Employability oder Be-schäftigungsfähigkeit genannt. Er beschreibt die Fähigkeit einer Person, auf der Basis ihrer Fach- und Handlungskompetenz Wertschöpfungs- und Leistungsfähigkeit ihrer Arbeitskraft anbieten zu können und somit eine Arbeitsstelle zu bekommen, zu halten oder eine neue zu finden.65 Fugate, Kinicki und Ashforth sehen die persönliche Anpassungsfähigkeit, die Lauf-bahnidentität und das soziale bzw. Humankapital (i. S. von Netzwerken, sozialer Beziehungen und Qualifikationen von Menschen) als die zentralen Bestandteile der Employability.66 Sie basiert zweifellos auf den fachlichen Qualifikationen, die im Rahmen einer klassischen Be-rufsausbildung oder des Studiums erworben und im Rahmen von Fort- und Weiterbildung gefestigt wurden. Diese reichen jedoch insbesondere in der heutigen dynamischen Arbeitswelt nicht aus, um lebenslange Beschäftigungsfähigkeit zu sichern. Überfachliche Kompetenzen und Einstellungen zur Arbeit nehmen an Bedeutung zu: bspw. soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Einstellungen wie Kundenorientierung oder der Wille, die eigene Laufbahn proaktiv zu gestalten. Den Veränderungskompetenzen im Sinne eines konstruktiven, offenen Umgangs mit Veränderung kommt zweifellos besondere Bedeutung zu. Menschen, die auf-grund regelmäßiger Standortbestimmungen, Umfeldanalysen und Zielfestlegungen sich ihrer Kompetenzen bewusst sind, können Veränderung als Chance für eine Verbesserung begreifen und beruflichen Erfolg und Zufriedenheit erlangen. In Abb. 1 im Anhang wird nochmal deut-lich, dass regelmäßige Reflexion für den Erwerb von Veränderungskompetenzen eine bedeut-same Rolle spielt.67
2.2.2. Begriffliche Abgrenzung der Laufbahn
Der Begriff Karriere wird in verschiedenen Wissenschaftsfeldern uneinheitlich verwendet.68 Allgemein kann Karriere aus dem Lateinischen von carrus - der Wagen - oder vom französi-schen Wort carrière - Laufbahn, Rennbahn oder schärfster Galopp - abgeleitet werden.69 Bezogen auf den Kontext der Wirtschaftsorganisationen beschreibt Karriere zunächst das Vorankommen innerhalb der Hierarchie und den beruflichen Aufstieg in Führungspositio-nen.70 Vermehrt kommt es in der heutigen komplexen Arbeitswelt zu einem steigenden Be-darf, Beschäftigte auf Stellen mit anderen, ggf. höheren Anforderungen zu versetzen, ohne dass dies einen ranghierarchischen Aufstieg bedeutet.71 Geradlinige und geplante vertikale Entwicklungen im Stellengefüge entsprechen immer weniger der betrieblichen Realität.72 Daher wird die Karrieredefinition seit einigen Jahren weiter gefasst und nicht auf Aufstiegsorien-tierung beschränkt. In diesem Sinne kann Karriere bspw. in Anlehnung an Berthel und Becker als berufliche Entwicklung von Personen in Verbindung mit verschiedenen Stellen- und Posi-tionsfolgen innerhalb eines Unternehmens oder über verschiedene Unternehmen hinweg ver-standen werden, wobei ihr eine Orientierung nach allen Seiten zuteil wird.73 In der Karriere-forschung wird auch der Begriff ,neue Karriere' verwendet, deren Sichtweise sich von der traditionellen Karriere, die aufstiegsorientiert in vorhersagbaren Karrierepfaden verläuft, dis-tanziert. Hierzu existieren im angloamerikanischen Raum schon geraume Zeit Karrierekon-zepte wie die ,boundaryless careers' oder ,protean careers'74, die in Kapitel 3.1.1 näher be-trachtet werden.
In der Fachliteratur werden Laufbahn und Karriere häufig synonym verwendet.75 Ursprüng-lich entstammt der Laufbahnbegriff dem öffentlichen Dienstrecht. Dort ist der berufliche Werdegang eines Beamten, einer Botschafterin oder eines Berufssoldaten in der Beamten-laufbahn76 geregelt. In diesem Sinne bedeutet der Aufstieg eine starre, vorab genau definierte Abfolge von bestimmten Positionen bzw. aufsteigenden Dienstgraden. Diese Begriffsverwen-dung ist jedoch einerseits zu stark an den öffentlichen Dienst gebunden und andererseits dem heutigen Arbeitsmarkt, auf dem Stellenabfolgen bzw. der Aufstieg durch die Hierarchieebe-nen nicht mehr verlässlich vorgegeben werden können, völlig inadäquat. Daher wird der Laufbahnbegriff in dieser Arbeit weiter gefasst und beschreibt eine generelle Positionsabfolge im Laufe des Lebens eines Menschen und ist somit synonym mit dem Karrierebegriff.
In betriebswirtschaftlichen Arbeiten im deutschen Sprachraum wird Karriere meist im Rah-men der Karriereplanung77 oder der Karriereentwicklung78 von Fach- und Führungskräften thematisiert und der Personal- und Führungslehre zugeordnet. Ferner wird sie als Teil von betrieblichen Anreizsystemen diskutiert. Im Zusammenhang mit der Förderung von Beschäf-tigten werden verschiedene Karrieremodelle unterschieden. Im Hinblick auf den inhaltlichen Fokus kann zwischen Führungs-, Fach- und Projektkarrieren 79 unterschieden werden, wo-bei das Karriereverständnis lange Zeit durch die Führungskarrieren geprägt war.80 Die Lauf-bahnforschung hat sich überdies in Teilgebieten der Psychologie wie bspw. innerhalb der Or-ganisationspsychologie81 etabliert. Dagegen befassen sich im angloamerikanischen Sprach-raum mehrere Disziplinen mit den , careers `, so dass die Perspektivvielfalt verschiedene An-sätze zu diesem Forschungsgegenstand hervorgebracht hat.
2.2.3. Definition und Zielsetzung der Laufbahnberatung
Der dargestellte gestiegene Beratungsbedarf von Berufstätigen führte zu einem breiten Be-rufsberatungsangebot durch private Dienstleister. Da sich diese gemäß gesetzlicher Bestim-mungen bis 1998 nicht ,Berufsberater` nennen durften, finden sich auf dem freien Markt ,Per-sonalberater`82, Laufbahnberater`, Outplacement-Berater`83 sowie unterschiedliche Coa-ching84- und Supervisionsangebote85.86 Dabei beschreiben die verwendeten Begrifflichkeiten bestimmte Aspekte oder Teilbereiche der Laufbahnberatung, zu denen ferner noch die Exis-tenzgründungsberatung gehört.
Der Begriff der Beratung wird im Rahmen dieser Arbeit als gemeinsamer Problemlösungs-prozess der Beraterin und des Ratsuchenden begriffen, wobei die Beraterin diesen nach me- thodischen Aspekten gestaltet mit dem Ziel, die Eigeninitiative der Ratsuchenden zu unters-tützen bzw. deren Kompetenzen zu verbessern, um zukünftige Probleme bzw. Aufgaben zu bewältigen. Supervision, Coaching und Mentoring sind besondere Formen der Beratung. 87 Die zwei letztgenannten werden im Verlauf der Arbeit noch näher dargestellt. Für den Begriff der Laufbahnberatung scheint dagegen keine eindeutige Definition zu existieren. Er wird in der Literatur häufig je nach subjektiver Auffassung der Benutzerin oder des Benutzers ver-wendet.88 Orientiert an der weiten Laufbahndefinition, die im vorangegangenen Kapitel be-schrieben wurde, kann die Laufbahnberatung als „Prozess der Hilfestellun bei der berufli-chen Entwicklung und Eingliederung und beim Treffen beruflicher Entscheidungen während der esamten beruflichen Laufbahn" verstanden werden.89 In dieser Arbeit wird sie als Ober-begriff für individuelle Formen der professionellen Beratung von Menschen bei der Gestal-tung ihrer Laufbahnentwicklung verwendet. Dabei soll sie besonders zur erfolgreichen Bewäl-tigung von Übergangsphasen90 beitragen und Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Grundsätzlich zielt zeitgemäße Beratung somit darauf ab, Menschen zu befähigen, ihre persönliche und berufli-che Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen.91 Eine solche umfassende Sichtweise, die nicht nur die ,Berufsberatung`92, also die einmalige Unterstützung bei der Berufsfindung, um-fasst, scheint sinnvoll vor dem Hintergrund zunehmender ,Patchworklaufbahnen` und stützt sich auf Untersuchungen von Hohner und Hoff sowie von Lang-von Wins und Triebel, die die Laufbahnberatung systematisch untersucht haben.93
Diese Sichtweise vertreten auch Mörth und Söller, die als Zielsetzung der Beratung die Un-terstützung und Ermutigung der Ratsuchenden sehen, sich aktiv mit den Veränderungsprozes-sen auseinanderzusetzten und passende Lösungen zu finden. Dabei betonen sie, dass persönli-che Voraussetzungen bzw. soziale und berufliche Bedingungen berücksichtigt werden müs- sen. Zudem sollen Ratsuchende befähigt werden, Kompetenzen zu entwickeln, um zukünftig ihre Laufbahn aktiv gestalten und Entscheidungen treffen zu können.94
[...]
1 Fuchs 2006, S. 186ff.
2 Arthur, Rousseau 1994, 1996a, 1996b, siehe auch Defillippi, Arthur 1994.
3 Zur Vereinfachung werden die Begriffe Organisation, Unternehmen und Unternehmung im Folgenden synonym verwendet.
4 Die Begriffe Karriere und Laufbahn werden im Rahmen dieser Arbeit synonym verwendet, ebenso alle daraus abgeleiteten Begrifflichkeiten wie Laufbahn-/Karriereberatung, -planung etc. Vgl. Kapitel 2.2.2 dieser Arbeit.
5 Vgl. Hasebrook, Zawacki-Richter, Erpenbeck 2004, S. 5.
6 Vgl. Rump, Schmidt 2004, S. 58.
7 Vgl. Groher 2007, S. 1.
8 Vgl. Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 14, 41 sowie S. 57.
9 Vgl. Barthel, Gieri, Kühn 2004, S. 19.
10 D. h., es wird methodisch deskriptiv vorgegangen und es findet keine empirische Erhebung statt.
11 Ein Paradigma ist ein Modell oder Denkmuster um die Realität besser zu verstehen. Vgl. Weinert 2004, S 6.
12 Vgl. Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 15.
13 Vgl. Schuler 2006, S. 35.
14 Vgl. ebenda, siehe auch Rump, Eilers 2006, S. 14, sowie Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 7ff.
15 Vgl. Tractenberg, Streumer, van Zolingen 2002, S. 85ff.
16 Vgl. Rump, Eilers 2006, S. 14, siehe auch Ernst et. al. 2000, S. 11, 39 sowie Rimser 2006, S. 7.
17 Globalisierung ist vielschichtig und kommt z. B. in einer uneingeschränkten Mobilität von Märkten, Produzen-ten und Konsumenten zum Ausdruck. Der Arbeitsmarkt ist global im Sinne gestiegener Flexibilität und Mobi-lität von Beschäftigten. Vgl. Rump, Eilers 2006, S. 14. Die Thematik wird hier nicht näher betrachtet, da sie für diese Arbeit nicht zielführend ist. Für eine ausführliche Darstellung vgl. Rump 2008, S. 8f.
18 Vgl. Hohner, Hoff 2008, S. 829.
19 Vgl. ebenda.
20 Vgl. Rump, Eilers 2006, S. 14-15, siehe auch Mörth, Söller 2005, S. 19-20.
21 Vgl. Breulmann 2008, S. 59.
22 ,Patchworklaufbahnen` beinhalten mehrere berufliche Stationen. Vgl. Lang-von Wins, Triebel 2005, S. 33.
23 Vgl. Brümmer, Szogas 2006, S. 152, siehe auch Sattelberger 1997, S. 235.
24 Vgl. Rump, Eilers 2006, S. 16.
25 Werte stellen Grundüberzeugungen dar, nach denen eine bestimmte Verhaltensweise bzw. ein Endzustand gegenüber den entgegengesetzten aus persönlichen oder gesellschaftlichen Gründen vorzuziehen ist. Robbins 2001, S. 85.
26 Für die Darstellung des Wertewandel im Vergleich zwischen den Generationen vgl. Rump 2008, S. 13ff.
27 Rump 2008, S. 13.
28 Vgl. Rump 2008, S. 13-14.
29 Vgl. ebenda, S. 14, siehe auch o.V. (2007) B.A.T. Freizeitforschungsinstitut.
30 Vgl. Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 18.
31 Vgl. ebenda, siehe auch Nerdinger 1997, S. 45.
32 Vgl. Breulmann 2008, S. 44ff.
33 Ebenda, S. 45.
34 Vgl. Lombriser und Lehmann 2001, zitiert nach Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 20.
35 Vgl. Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 20.
36 Vgl. Egle, Bens 2004, S. 234.
37 Vgl. ebenda, S. 245.
38 Vgl. Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 13-14, siehe auch Hohner 2006, S. 34 sowie Groher 2007, S. 9ff.
39 Vgl. Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 13-15.
40 Vgl. Amundson 2006, S. 5.
41 Vgl. Sattelberger 1996, S. 94.
42 Vgl. Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 41 sowie S. 24f.
43 Vgl. Alfes 2009, S. 27.
44 Vgl. Preißer, Völzke 2007, S. 62.
45 Vgl. Alfes 2009, S. 23.
46 Vgl. McClelland 1973, S. 1ff., siehe auch Erpenbeck, von Rosenstiel 2005, S. 39.
47 Vgl. Erpenbeck, von Rosenstiel 2005, S. 39.
48 Schlüsselkompetenzen stellen einen Schlüssel dar, um sich in einer dynamischen Gesellschaft und in Zeiten schnell veraltenden Wissens wechselndes Spezialwissen zu erschließen — so die Definition in Anlehnung an Mertens, der 1974 den Begriff der Schlüsselqualifikation geprägt hat. Vgl. ebenda, S. 40.
49 Vgl. Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 36.
50 Das Kompetenzmodell stellt dabei den Rahmen für die Beschreibung von Anforderungen an die Mitarbeiter und an die Führungskräfte dar und ist somit die Grundlage für Auswahlverfahren, Beurteilungssysteme und besonders für Entwicklungsaktivitäten im Unternehmen.
51 Vgl. Alfes 2009, S. 23.
52 Vgl. Sonntag, Schaper 1999, zitiert nach: Sonntag 2002, S. 60.
53 So bspw. Bergmann 1999, Kappelhoff 2004, Erpenbeck, von Rosenstiel 2007, zitiert nach: Alfes 2009, S. 29.
54 Vgl. Erpenbeck 2004, S. 58.
55 Alfes 2009, S. 31.
56 Vgl. Sonntag, Schäfer-Rauser 1993, siehe auch Wardanjan 1997, zitiert nach: Sonntag 2002, S. 60.
57 Vgl. für eine wortgleiche Verwendung z. B. Berthel, Becker 2007, S. 182 und für eine Differenzierung beider Begriffe Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 37.
58 Vgl. Sonntag 2002, S. 60.
59 Vgl. Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 38.
60 Vgl. Kolb, Burkart, Zundel 2008, S. 484.
61 Vgl. Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 38.
62 Vgl. Mörth, Söller 2005, S. 92.
63 Vgl. Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 46-47.
64 Vgl. ebenda.
65 Vgl. Rump, Eilers 2006, S. 15.
66 Vgl. Fugate, Kinicki und Ashforth 2004, S. 14-38, siehe auch Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 21f.
67 Vgl. Brümmer, Szogas 2006, S. 151.
68 Zuerst wurde der Begriff ,Karriere' in den Sozialwissenschaften verwendet, um die Stationengebundenheit eines bestimmten (typischen) Lebenslaufs, insbesondere bezogen auf abweichendes Verhalten (kriminelle Kar-riere, Drogenkarriere), zu bezeichnen. Vgl. Hermann 2004, S. 114, siehe auch o. V. 1990, Brockhaus-Enzyklopädie, S. 494.
69 Vgl. Hermann 2004, S. 114, siehe auch Stengel 1997, S. 65 sowie Becker 2002, S. 361.
70 Vgl. Walger 2004, Sp. 990, siehe auch Weinert 2004, S. 24 sowie Kapitel 3.1.1 dieser Arbeit.
71 Vgl. Berthel, Becker 2007, S. 274.
72 Vgl. Stock-Homburg 2008, S. 199.
73 Vgl. Stock-Homburg 2008, S. 199, siehe auch Berthel, Becker 2007, S. 372.
74 Hall 1976, 2004; Hall, Mirvis 1994; Hall, Moss 1998.
75 Der Begriff Karriere wurde eher in der Psychologie/Soziologie und der der Laufbahn in der Betriebswirtschaft verwendet. Seit einigen Jahren wird Karriere jedoch auch im betriebswirtschaftlichen Kontext verwendet. Da Laufbahn und Karriere somit nicht einheitlich verwendet werden, ist die genaue Abgrenzung nicht einfach und erscheint im Rahmen dieser Arbeit nicht sinnvoll. Beide Begriffe werden synonym verwendet.
76 Regelungen des Bundesbeamtengesetzes zu Laufbahnen finden sich in §§ 16-19 BBG. Eine Legaldefinition findet sich in § 2 Abs. 2 der Bundeslaufbahnverordnung (BLV). Der Grundsatz, die Ämter nach Laufbahnen zu ordnen, ergibt sich unmittelbar aus Art. 33 Abs. 5 GG (Laufbahnprinzip).
77 Z. B. Berthel, Koch 1985.
78 Z. B. Gerpott 1988.
79 F hrun skarrieren sind dabei „eine Fol e hierarchisch aufstei ender Versetzun en von F hrun s- und Füh-rungsnachwuchskräften innerhalb eines Funktionsbereichs als sog. Kaminaufstieg", meist einher ehend mit zusätzlicher Personal- und Or anisationsverantwortun . Eine Fachkarriere ist ein „hierarchisches Positions e-f e f r hochqualifizierte Fachkr fte". Der Aufstie in einer Projektkarriere beinhaltet die Übernahmen der Planung, Entscheidung, Steuerung und der Kontrolle innerhalb eines projektbezogenen Teams. Für eine be-schränkte Zeit werden Projektverantwortung und anspruchsvolle Aufgaben in Projekten übernommen.Vgl. Stock-Homburg 2008, S. 201.
80 Vgl. Stock-Homburg 2008, S. 199.
81 Z. B. von Rosenstiel, Lang-von Wins, Sigl 1997.
82 Personalberatung stellt eine Dienstleistung im Auftrag von Unternehmen dar. Vgl. Mörth, Söller 2005, S. 58.
83 Vgl. Unterkapitel 4.4 in dieser Arbeit.
84 Vgl. Unterkapitel 4.2 in dieser Arbeit.
85 Auf die Supervision als Beratung durch gezielt Reflexion des beruflichen Handelns, meist im sozialen sowie im Bildungsbereich, wird im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen. Vgl. Greif 2008, S. 64.
86 Mit dem am 1.1.1998 erlassenen SGB III fiel das Alleinrecht auf berufliche Beratung der staatlichen Arbeits-verwaltung. Vgl. Groher 2007, S. 31 und S. 37.
87 Vgl. Greif 2008, S. 54ff.
88 Vgl. Groher 2007, S. 37.
89 Vgl. Seifert 1990, S. 590, zitiert nach: Bergmann, Eder 2006, S. 49.
90 Zu diesen Laufbahnübergängen bzw. ,kritischen Brüchen` zählen bspw. der Übergang von der Schule ins Erwerbsleben bzw. bei Beendigung der Ausbildung oder des Studiums, bei Beendigung der Familienphase oder bei Wiederaufnahme von Erwerbsarbeit, bei Erwerbslosigkeit, bei unbefriedigenden Beschäftigungsver-hältnissen, bei freiwilligem oder erzwungenem Berufswechsel, beim Übergang in den Ruhestand, bei Prozes-sen emotionaler Erschöpfung im Rahmen der Arbeit (Burn-out) sowie bei Laufbahnplateaus(Punkt in einer Karriere, an dem eine weitere hierarchische Beförderung äußerst unwahrscheinlich ist). Vgl. Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 6, siehe auch Hohner 2006, S. 38ff.
91 Vgl. Hohner 2006, S. 38.
92
Die Berufsberatung beinhaltet die Beratung von Jugendlichen bei der ersten Berufswahl und wird von der Laufbahnberatung daher abgegrenzt. Vgl. Mörth, Söller 2005, S. 59.
93 Vgl. Lang-von Wins, Triebel 2006, S. 39ff., siehe auch Hohner 2006, S. 34ff.
94 Vgl. Mörth, Söller 2005, S. 58-59.
- Quote paper
- Christina Heckmann (Author), 2009, Personalwirtschaftliche Ansatzpunkte einer kompetenzorientierten Laufbahnberatung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138589
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