Immer mehr Unternehmen beginnen ihre Produkte nicht mehr zu verkaufen, sondern nur noch die Nutzung der Produkte den Kunden als Service anzubieten. Dabei ändert sich jedoch nicht nur das gesamte Geschäftsmodell, die Unternehmen müssen auch ihren gesamten Vertriebsprozess anpassen. Das Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, wie sich der Vertriebsprozess von SaaS-Lösungen von dem Vertriebsprozess von On-Premise Software und anderen Produkten unterscheidet.
Um die Forschungsfrage zu beantworten, wurden für diese Arbeit qualitative Interviews mit Vertriebsexperten aus dem Bereich SaaS-Vertrieb geführt. Die Interviews wurden mit verschiedenen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen im B2B-Bereich geführt. Durch die Interviews soll der gesamte Vertriebsprozess von SaaS-Lösungen im B2B-Vertrieb abgebildet und im Anschluss der bestehenden Literatur gegenübergestellt werden.
Die Auswertung zeigt, dass der Vertriebsprozess von SaaS-Lösungen sich in einigen Bereichen von dem Vertriebsprozess üblicher Software unterscheidet. Hierzu wurde, auf Basis bestehender Modelle, ein angepasstes Modell entwickelt, um den optimalen Vertriebsprozess von SaaS im B2B-Bereich aus Vertriebsperspektive abzubilden.
3 Status Quo in der Sekundärliteratur
4 Methodik bei der durchgeführten Primärforschung
5 Diskussion der Ergebnisse
6 Interpretation der Ergebnisse
7 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Anhang
Inhaltsverzeichnis
1.2 Problemstellung und Forschungsfrage
2.2 Chancen und Risiken einer Migration von On-Premise in die Cloud
2.3 Klassifikationen durch Organisationsdimensionen
2.4 Liefer- und Bereitstellungsmodelle
2.5 Cloud Service- und Nutzungsmodelle
2.6 Status Quo des Marktes und Wachstumsprognose
3 Status Quo in der Sekundärliteratur
3.1 Kauf- und Vertriebsprozess im B2B-Bereich
3.1.1 Vom Marketing Funnel zum Bow-Tie-Model
3.1.2 Vertriebsprozess nach Kotler & Keller
3.2 Besonderheiten des B2B-SaaS-Vertriebes vor dem Kaufabschluss
3.3 Besonderheiten des B2B-SaaS-Vertriebes nach dem Kaufabschluss
4 Methodik bei der durchgeführten Primärforschung
4.2 Auswahl der Interviewpartner
5.2 Proof-of-Concept und Values
5.3 Sales Team und Buying Center
5.5 Implementierung und Einführung
5.6 Kundenzufriedenheit und Nachbetreuung
5.7 Beziehung zu Bestandskunden ausbauen
5.8 Zahlungsmodell Pay-per-Use
6 Interpretation der Ergebnisse
6.1 Vergleich des Status-quo in der Sekundarliteratur mit den Ergebnissen der Primärforschung
6.2 Weiterentwicklung des Bow-Tie-Models und Handlungsempfehlungen
Abstract
Immer mehr Unternehmen beginnen, ihre Produkte nicht mehr zu verkaufen, sondern nur noch die Nutzung der Produkte den Kunden als Service anzubieten. Dabei ändert sich jedoch nicht nur das gesamte Geschäftsmodell, die Unternehmen müssen auch ihren gesamten Vertriebsprozess anpassen. Das Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, wie sich der Vertriebsprozess von SaaS-Lösungen von dem Vertriebsprozess von On-Premise Software und anderen Produkten unterscheidet. Hierzu wird die folgende Forschungsfrage aufgestellt:
„Wie ist ein erfolgreicher Vertriebsprozess für SaaS-Lösungen aufgebaut und was gilt es besonders zu beachten?“
Um diese Forschungsfrage zu beantworten, wurden für diese Arbeit qualitative Interviews mit Vertriebsexperten aus dem Bereich SaaS-Vertrieb geführt. Die Interviews wurden mit verschiedenen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen im B2B-Bereich geführt. Durch die Interviews soll der gesamte Vertriebsprozess von SaaS-Lösungen im B2B-Vertrieb abgebildet und im Anschluss der bestehenden Literatur gegenübergestellt werden.
Die Auswertung zeigt, dass der Vertriebsprozess von SaaS-Lösungen sich in einigen Bereichen von dem Vertriebsprozess üblicher Software unterscheidet. Hierzu wurde, auf Basis bestehender Modelle, ein angepasstes Modell entwickelt, um den optimalen Vertriebsprozess von SaaS im B2B-Bereich aus Vertriebsperspektive abzubilden.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 33: Ausprägung von Cloud Computing (Reinheimer, 2018)
Abbildung 44: Umsatz von Cloud Computing nach IaaS, PaaS und SaaS (Statista, 2021)
Abbildung 55: Marketing Funnel basierend auf dem AIDA-Model (Wenger, 2021, S292, eigene Darstellung)
Abkürzungsverzeichnis
AI Artificial Intelligence
AWS Amazon Web-Service
B2B Business-to-Business
BPaaS Business-Process-as-a-Service
CaaS Communication-as-a-Service
CAGR Compound Annual Growth Rate
CaS Customer Acquisition Cost
CDC Center for Disease Control
CEO Chief Executive Officer
CIO Chief Information Officer
DaaS Desktop-as-a-Service
DSGVO Datenschutz-Grundverordnung
etc. et cetera
GUI Graphical User Interface
IoT Internet of Things
HuaaS Human-as-a-Service
IDC International Data Corporation
IaaS Infrastructure-as-a-Service
inkl. Inclusive
NIST National Institute of Standards and Technology
PaaS Platform-as-a-Service
PoC Proof of Concept
SaaS Software-as-a-Service
SLA Service-Level-Agreement
TCO Total-Cost-of-Ownership
VUCA Volatility Uncertainty Complexity Ambiguity
XaaS Everything-as-a-Service
z.B. zum Beispiel
1 Einleitung
1.1 Relevanz des Themas
Die dritte industrielle Revolution ab den 1970er Jahren beschreibt den Einzug der IT in alle Wirtschaftssysteme. Während sich das Silicon Valley zum Epizentrum von digitalem Fortschritt und Innovation wandelt, führt die erste Welle zu einer flächendeckenden Digitalisierung von Geschäftsprozessen. Mit dem Siegeszug der Heimcomputer, der Dot.com Blase und letztendlich dem Smartphone schwappt eine zweite Welle über die Nutzer hinein: die Digitalisierung von Produkt- und Serviceleistungen. Aus der Perspektive des Vertriebes eröffnen sich über Nacht eine Vielzahl von neuen Vertriebskanälen mit dem Zugang zu Millionen potenziellen Kunden. Bezugnehmend auf das viel zitierte Dogma „Digital First“ und dem weltbekannten Essay „Why Software is Eating The World“ lässt sich behaupten, dass diese zweite Welle ihren Zenit bereits überschritten hat (The Wall Street Journal, 2011).
Wer in diesen Zeiten erfolgreich sein möchte, hält bereits Ausschau nach der nächsten Welle, denn auch diese wird die Zukunft von Unternehmen maßgeblich mitbestimmen. Der ehemalige und langjährige CEO von Verizon, Lowell McAdam und viele andere Experten sind sich einig: „Cloud Computing is the third wave of the digital revolution.” (McAdam, 2019).
Im Mittelpunkt dieser dritten Revolution steht der Kunde, dessen Bedürfnisse es spezifischer zu bedienen gilt als je zuvor. Geprägt von den Innovationen unserer Zeit, wie zum Beispiel Künstlicher Intelligenz, Machine Learning, Internet of Things, dem Wunsch nach unbegrenzter Rechenleistung, aber auch den Umständen der weltweiten Pandemie, ist Cloud Computing die Lösung. Ein Indikator für die Erwartungen an diese Technologie vermag ein Blick auf den BVP Nasdaq Emerging Cloud Index (EMCLOUD) geben, der die Kursentwicklung von börsennotierten Cloud Unternehmen abbildet (Bessemer Venture Partners, 2022). Betrachtet man die Entwicklung des Index der letzten 10 Jahre, so wird die Relevanz des Themas sofort bewusst. Seit 2013 liegt die Performance des EMCLOUD Index bei +796,8%, was einer jährlichen Rendite von 37,6% entspricht. Vergleicht man dies mit dem NASDAQ oder dem S&P 500, erreichten diese im gleichen Zeitraum nur eine Steigerung von +276,2% bzw. 163,9%.
Innerhalb dieses ökonomischen Wirkungsfeldes bildet das Cloud Computing, mitsamt seines bekanntesten Teilbausteins Software-as-a-Service (SaaS) eines der dynamischsten Zukunftsfelder. Sodass diese schriftliche Ausarbeitung für Manager jeder Branche und Studenten jeder betriebswirtschaftlichen Fachrichtung von enormer Relevanz ist.
1.2 Problemstellung und Forschungsfrage
Inspiriert von den großen Tech-Giganten versuchen nun immer mehr Unternehmen ihr Geschäftsmodell auf SaaS-Lösungen umzustellen (Engelen & Schneider, 2021, S. 19). Denn nicht nur für den Kunden, der Produkte nicht mehr besitzen, sondern nur noch als Dienstleistung buchen will, hat dies viele Vorteile. Auch die Unternehmen, die diese Services anbieten, profitieren stark davon. Doch nicht nur Startups folgen diesem Trend, selbst mittelständische Unternehmen versuchen nun ihre Produkte nicht mehr nur zu verkaufen, sondern als Everything-as-a-Service (XaaS) anzubieten. Umso wichtiger ist es für diese Unternehmen zu verstehen, was dies für ihren Vertrieb bedeutet und wie sich auch ihr Vertriebsprozess an diesen neuen Trend anpassen muss.
Da der SaaS-Markt noch sehr jung ist, existiert noch wenig Literatur zum Thema SaaS allgemein und noch weniger speziell bezogen auf den Vertrieb von SaaS-Lösungen (Srinivasa, Jayasimha, & Rajendra, 2019). Hinzu kommt, dass der Markt sich in einer extremen Geschwindigkeit weiterentwickelt, wodurch Forschungen, die einen aktuelle Stand abbilden wollen, zusätzlich erschwert werden.
Dies hat zur Folge, dass sich die Unternehmen nur schwer in ihrem Handeln an theoretischen Arbeiten orientieren können und dadurch die Entwicklungen in der Branche selbst mitbestimmen können.
Um dem entgegenzuwirken wird die folgende Forschungsfrage aufgestellt:
„Wie ist ein erfolgreicher Vertriebsprozess für SaaS-Lösungen aufgebaut und was gilt es besonders zu beachten?“
Zur Beantwortung dieser Frage soll der Vertriebsprozess von SaaS im B2B-Bereich durch Experten-Interviews abgebildet und diese praktischen Erkenntnisse anschließend mit den Ergebnissen aktueller theoretischer Forschungen gegenübergestellt werden. Dadurch soll herausgearbeitet werden, wie der optimale Vertriebsprozess für SaaS im B2B-Bereich aussehen könnte und zusätzlich dazu einen Leitfaden mit operativen Handlungsempfehlungen geben, wie sich dieser Vertriebsprozess praktisch für Unternehmen umsetzen lässt.
1.3 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit ist in 8 Abschnitte gegliedert:
Nach der Einleitung wird in Kapitel 2 zunächst Bezug auf das Cloud Computing mit all seinen Facetten genommen. Die wichtigsten Begriffe werden definiert, als auch in einen praxisbezogenen Kontext gesetzt, um ein allgemeines Verständnis zu erlangen. Zudem wird der Status quo des SaaS-Marktes und dessen Wachstumspotential dargestellt.
Das Kapitel 3 umfasst den aktuellen Stand der Sekundärliteratur zum B2B-Vertrieb von SaaS-Lösungen. Hierbei wird zunächst der Einkaufsprozess von SaaS-Lösungen aus Kundensicht betrachtet, als auch der Vertriebsprozess zum allgemeinen B2B-Vertrieb. Des Weiteren werden einzelne Besonderheiten im Vertrieb von SaaS-Lösungen näher beleuchtet.
Das Kapitel 4 beschäftigt sich mit der angewandten Methodik der durchgeführten Primärforschung in Form von Experteninterviews mit Vertriebsexperten aus der Praxis. Dabei wird speziell auf die Erhebung der Daten und die Vorgehensweise bei der Auswertung eingegangen.
Darauffolgend werden im Kapitel 5 die Ergebnisse aus den Experteninterviews in kategorisierter Form wiedergegeben.
Im Anschluss werden diese Ergebnisse im Kapitel 6 interpretiert und mit der in Kapitel 3 dargestellten Sekundärliteratur verglichen. Auf dieser Grundlage wird ein Modell zum B2B-Vertrieb von SaaS-Lösungen präsentiert. Darauf basierend werden zusätzlich Handlungsempfehlungen für den Vertrieb bereitgestellt.
Im abschließenden Kapitel 7 werden die Erkenntnisse der gesamten Arbeit zusammengefasst, die Implikationen für die Forschung und Praxis werden dargelegt und die Limitationen der Arbeit aufgezeigt.
Für ein einheitliches Bild und einen leichten Lesefluss werden nachfolgende Regeln eingehalten: Einzeln stehende Wörter, Begrifflichkeiten und Zitate im Englischen, werden ohne Übersetzung im Textverlauf integriert. Ferner wird zur besseren Lesbarkeit hauptsächlich die männliche Sprachform verwendet (z.B. „der Kunde“). Es ist aber jeweils die männliche und die weibliche Person gemeint.
2 Cloud Computing
Mit dem Zitat “[…] the cloud is for everyone. The Cloud is a democracy.”, beschrieb der Firmengründer und CEO von Salesforce, Marc Rusell Benioff, einst das Zielbild der Cloud. In den Anfängen galt der Begriff des Cloud Computing eher als Hirngespinst visionärer Persönlichkeiten aus dem Silicon Valley. Nur wenige Menschen konnten ihn verstehen oder erklären. Die Rede des damaligen Google CEO Eric Schmidt auf der Search Engine Strategies Conference 2006 in Kalifornien beschrieb Cloud Computing als Nachfolge des Client-Server-Modells und sollte den Wendepunkt darstellen. Das Client-Modell galt bis dato als Status Quo der IT-Infrastruktur und bat die Möglichkeit, Aufgaben und Dienstleitungen in einem Netzwerk von Computern zu verteilen. Ab dieser Rede gewann die Begrifflichkeit der Cloud innerhalb der IT-Landschaft, aber auch in Unternehmenskreisen, an enormer Popularität und gipfelte im Jahre 2011 in einem Höhepunkt (Google Trends, 2020).
Seitdem Privatanwender über einen Internetanschluss und ein eigenes E-Mail-Postfach verfügen, ist das Bildnis der „Rechenleistung aus der Wolke“ als gängige Vereinfachung einer technologischen Entwicklung mit universeller Anwendbarkeit geläufig. In der Literatur gilt Cloud Computing als der wichtigste Trend in der IT-Branche seit den 80er Jahren. Ohne die Cloud wären heutige Digitalisierungsprojekte, wie zum Beispiel das stetige Optimieren von Prozessen, die Verarbeitung von Unmengen an Daten und die Neuentwicklung von Geschäftsmodellen, Produkten und Services, kaum denkbar. Heutzutage dient sie als Enabeling-Technologie als wichtigste Voraussetzung für Industrie 4.0, Big Data oder IoT (Lindner, Niebler, & Wenzel, 2020, S. 6). Mit dem zunehmenden Verständnis über die Cloud innerhalb der Gesellschaft, deren Funktionsweise und den damit einhergehenden Möglichkeiten für Start-ups, Entrepreneurs und Privatanwendern, behält das Zitat von Marc Rusell Benioff seine Gültigkeit. Die hohen Anforderungen der Konsumenten und Nutzer erfordern eine irrsinnig schnelle Verarbeitung von Daten ohne örtliche oder zeitliche Begrenzung. Diese flächendeckende Demokratisierung erzeugt ein enormes Momentum für die Entwicklung und den Fortschritt und macht unsere Welt immer abhängiger von der Cloud.
2.1 Allgemeine Definition
Eine Definition führt die International Data Corporation (IDC) und versteht unter dem Begriff Cloud Computing “[…] die Techniken und Bereitstellungsmodelle, mit denen Cloud Services für Unternehmen oder Konsumenten über das Internet angeboten werden. Der Betrieb – beispielweise die Speicherung der Daten – erfolgt extern bei einem Provider.” (IDC, 2021). Aufgrund des stetigen Wachstums der Branche und der Kopplung mit anderen Entwicklungen, passt das National Institute of Standards and Technology (NIST) die Definition an die den dynamischen Entwicklungsprozess and und definiert somit „Cloud computing (as) a Model for enabling convenient, on-demand network access to a shared pool of configurable computing resources (e.g., networks, servers, storage, applications, and services) that can be rapidly provisioned and released with minimal management effort or service provider interaction.” (NIST, 2011). Bei beiden Definitionen bleibt zu ergänzen, dass durch die Möglichkeiten der Virtualisierung, „[…] gleichzeitig und unabhängig voneinander auf dieselbe Hardware (Speicherplatz und Rechenleistung) […]“ zugegriffen werden kann (Metzger, Reitz, & Villar, 2011, S. 3).
Innerhalb des Cloud Computing Umfelds stellt das Nutzungsmodell Software-as-a-Service (SaaS) den größten der drei Hauptbereiche innerhalb der gesamten Cloudumgebung dar. SaaS ermöglicht es dem Kunden hohe Kapitalbindungen zu vermeiden und sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren, indem die Software von Drittanbietern verwaltet und bereitgestellt werden. Statt einer Installation der Software auf jedem einzelnen Computer, greift der Nutzer über den Browser auf die Anwendung zu. Die Mindestanforderung für ein solches Vertriebsmodell ist auf Seiten des Kunden sehr gering, denn es ist nur ein Endgerät mit einem Internetanschluss von Nöten. Die Ausstattung und das Alter der Hardware, oder die Art des Endgeräts spielt für den Zugriff auf SaaS Anwendungen keine Rolle. (Manish & Shrikant, 2009, S. 88).
2.2 Chancen und Risiken einer Migration von On-Premise in die Cloud
Die gängige Redewendung „Never change a running system“ beschrieb viele Jahre das Erfolgskonzept der deutschen Wirtschaft. Durch intern entwickelten On-Premise Softwarelösungen gelang es den Unternehmen bis heute bestehende Wettbewerbsvorteile aufzubauen. Ob selbst entwickelt oder zugekauft, die Vorteile dieser umgangssprachlichen Insellösungen liegen in der vollen Kontrolle und dem Eigentum an der Software und der Verarbeitung der dazugehörigen Daten (Metzger, Reitz, & Villar, 2011, S. 44ff.).
On-Premise beschreibt das lokale Hosting der Software und die damit verbundenen Hardwareinfrastruktur. Die weit verbreitete Annahme, dass es bei der On-Premise Software nach der Lizensierung oder Entwicklung einer Anwendung zu keinen Folgekosten kommt, ist falsch. Um Funktionen und Schnittstellen nachzurüsten, Stabilität zu gewährleisten oder Sicherheitslücken über Jahrzehnte hinweg zu schließen, müssen auch On-Premise Softwarelösungen gewartet werden. Innerhalb eines digitalen und globalisierten Geschäftsumfeldes, mit Millionen potenziellen Kunden und hunderten Wettbewerbern, bestehen bei On-Premise Lösungen Nachteile in Bezug auf niedrige Flexibilität, Elastizität und Skalierbarkeit. Dies entsteht grundsätzlich durch die beschränkte technologische Kompatibilität und die kostenintensive IT-Infrastruktur (IONOS, 2020). Das bedeutet einerseits, dass Kapazitäten nicht einfach durch virtuelle Maschinen ergänzt werden können, um somit die schwankende Echtzeit-Nachfrage und aufkommende Spitzen (=Spikes) nicht einfach befriedigt werden können. Zudem stellt die lange Implementierung, Entwicklung und der Rollout einer On-Premise Lösung, innerhalb der VUCA-Welt, für Kunden ein Problem dar. Der Wunsch liegt auf agileren Softwarelösungen, die mit der Industrie und dem Anforderungsprofil des Kunden wachsen.
Anders als im Jahr 2011 haben Unternehmen heute fundierte Kenntnisse über die Vorteile einer Cloud. Dieses Bewusstsein bestätigt die Studie des IDC aus dem Jahr 2020, in der sich 35% der Befragten eine höhere Skalierbarkeit, 33% eine schnellere Bereitstellung von Lösungen und 32% eine verbesserte IT-Sicherheit von einer Cloudlösung versprechen (Müller, 2020). Durch den richtigen Einsatz eröffnen sich für Unternehmen jeder Größe Vorteile, um branchenspezifische Probleme zu lösen und sich zu digitalisieren. Oftmals könnte klassische On-Premise Software, durch ihre lokale Funktionsweise, diese individuellen Probleme nicht lösen, was die Vergleichbarkeit in Teilen erschwert. In vielen Anwendungsfällen sollte sich eine Software-as-a-Service Lösungen jedoch als Weiterentwicklung und nicht lediglich als Alternative zu On-Premise verstehen.
Der Vorteil von Geschwindigkeit und Risikominimierung einer Cloud- und SaaS Lösung wird durch die Beseitigung der üblichen Vorabinvestition und des Zeitaufwandes für die Implementierung und den Rollout der Anwendung erreicht. Betrachtet man die üblichen Einrichtungskosten, können Cloudlösungen 50 bis 90% schneller implementiert werden als On-Premise Lösungen (Metzger, Reitz, & Villar, 2011, S. 38). Somit resultiert die erhöhten Geschwindigkeiten in einem schnellen Time-to-Market des Kunden. In Bezug auf die Betriebskosten zieht die Abbildung 1 eine gute Bilanz. Die Grafik zeigt, dass durch den Wegfall der Hardware, Infrastruktur, IT-Personals und Wartung geringere Betriebskosten anfallen. Dadurch minimiert sich auch die Total-Cost-of-Ownership (TCO) um 30 bis 40%, da in der ersten Periode kaum höhere Kosten anfallen als während der Gesamtlaufzeit (NICE, 2011).
Abbildung 1: Einrichtungs- und Betriebskosten im Vergleich von On-Premise und Cloud (Aggarwal & McCabe, 2009)
Ein weiterer primärer Vorteil der Clouddienstleistungen ist die Monetarisierung über sogenannte Pay-per-Use Modelle. Die Zahlung richtet sich dabei nach der Anzahl der tatsächlichen Anfragen (=Traffic). Durch diesen bedarfsorientierten Ansatz verhalten sich die Kosten für den Kunden linear zur Nutzung, wodurch Organisationen den Einsatz einer Cloud besser skalieren können. Das ermöglicht es im besonderen kleinen Unternehmen und Startups, leistungsfähige Software zu nutzen und mit großen Unternehmen mitzuhalten (Lowe, 2018). Die Berechnung nach Traffic stellt die Anbieter von Cloud- und SaaS Anwendungen jedoch vor große Unsicherheiten. Um der aufkommenden Planungsunsicherheit zu begegnen und einen frühen Break-Even zu gewährleisten, koppeln die Unternehmen die flexiblen Pay-per-Use Ansätze mit statischeren Abo Modellen (= Subscriptions). In der Theorie wird der Festlegung des optimalen Preismodelles eine bedeutende Rolle zu teil. Ziel ist es, dem Risiko von ungleichmäßigen Umsatzeingängen, ausgelöst durch Pay-per-Use Modelle, zu begegnen und ein profitables wiederkehrendes Umsatzmodell (=Recurring Revenue Model) zu etablieren, welches für Kunden jedoch weiterhin bedarfsorientiert bleibt (EY, 2021).
Aus diesen Zielkonflikten der Preisgestaltung geht die große Chance und zugleich Notwendigkeit für eine starkes After-Sales-Management hervor. Dieser After-Sales ist ein weiteres markantes Merkmal von Cloud- und SaaS Anwendungen. Zusammen mit dem hervorstechenden Servicegedanken dient der After-Sales dem Ausbau der Geschäftsbeziehungen durch Cross- und Up-Selling, indem immer wieder neue Bedürfnisse erkannt werden und neue Funktionen an bestehende Anwendungen angedockt werden. Auf diese Art und Weise kann der Break-Even trotz kleinerer wiederkehrender Zahlungen schnell erreicht werden.
Neben den strategischen und finanziellen Vorteilen steigert die Cloud die Mobilität des Unternehmens. Durch den Wegfall der geographischen Limitation einer On-Premise Lösung, können sich Mitarbeiter von überall via Internet einloggen und auf die unternehmensinternen Daten zugreifen (Reinheimer, 2018, S. 8). Dies steigert die Kollaboration und die Attraktivität des Arbeitgebers, was besonders in Zeiten des Fachkräftemangels und des War-for-Talents eine primäre Rolle einnimmt (Accenture, 2021).
Wie bereits erwähnt, gipfeln die Vorteile in einem verkürzten Time-to-Value für den Kunden und dementsprechend in Wettbewerbsvorteilen für die jeweilige Organisation (Accenture, 2020). Für die Anbieter von Cloud- und SaaS Anwendungen, zeichnet sich ein großer Vorteil in der Zugänglichkeit der Kundendaten ab. Auf diese Weise zeichnen sich Nutzungsmuster je User ab, die wertvolle Kundeneinblicke generieren. Diese können daraufhin genutzt werden, um Kundenbedürfnisse im Vorfeld zu erkennen, strategische Geschäftsbeziehungen aufzubauen und wichtige After-Sales Funktionen wahrzunehmen.
Ein weiterer wichtiger Vorteil der Cloud, findet in der Literatur
bisher wenig Beachtung.
Es handelt sich dabei um die verbesserte Nachhaltigkeitsbilanz, durch eine
Migration in die Cloud. Der Cloudanbieter Microsoft wirbt bei Unternehmen mit
einer Energiereduktion von bis zu 93%, sollte man sich von seiner bestehenden
On-Premise Lösung trennen (Microsoft, 2020). Im Zuge des rapide steigenden
Energiekonsum von IT- und Serverinfrastruktur, sollte dieses
Einsparungspotential nicht vernachlässigt werden. Cloud Anbieter können diese
Potentiale durch innovative Severkühlungen, Luftstrom-Managementsysteme,
intelligenten Lastenausgleich und den Einsatz von erneuerbaren Energieträgern
erzielen (Si-Yuan, Shahzad, Kun, & Yi, 2011). Die hohen
Einsparungspotentiale können außerdem durch den Bau von Hyperscaling
Datencenter innerhalb von Regionen mit kühler Umgebungstemperatur weiter erhöht
werden. Grundlegend können diese Serverfarmen die Economies of Scale nutzen, um
bessere Effizienzgrade und einen geringeren CO2 Ausstoß zu realisieren werden. bessere
CO2 und Effizienzgrade erzielen als Unternehmen im kleineren Maßstab. Dadurch
können die Kunden durch Cloudlösungen ihre Klimaziele unterstützten und sich
bei Investoren positionieren.
Innerhalb des Auswahlprozesses für eine Cloud- und SaaS Lösung sollten sich Unternehmen stark an der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und Compliance Regeln orientieren (Suruy, 2020). Eine unkoordinierte Verwendung von SaaS oder Cloudlösungen im generellen, wird als Schatten-IT bezeichnet und birgt ein hohes Datenschutzrisiko für Unternehmen. Zudem wollen Unternehmen einen Lock-in-Effekt vermeiden und starke Abhängigkeiten vorbeugen. Die verschiedenen Liefer- und Bezugsmodelle, sowie deren Risiken werden im nächsten Abschnitt näher definiert und erläutert. Zum besseren Verständnis des Verkaufsprozesses wird vorab die Komplexität des Auswahlprozesses und der Cloud-Migration Journey für Unternehmen angeschnitten.
In der Theorie strukturiert sich der Auswahlprozess anhand vier Level-1 Faktoren: Funktionalität, Architektur, Bedienbarkeit, Ruf des Anbieters und die Kosten. Im folgenden Auswahlprozess müssen diese Faktoren, mitsamt der untergeordneten Level-2 Attribute priorisiert und gewichtet werden (Manish & Shrikant, 2009). Die Wichtigkeit des Auswahlprozesses kann durch den Aufwand und die Bandbreite von Einsatzmöglichkeiten anhand eines Praxisbeispiels verdeutlicht werden. Wie bereits erläutert, stellt der Umzug in die Cloud für viele traditionelle Unternehmen einen Paradigmenwechsel dar. Im Praxisbeispiel Continental AG zeigt sich die enorme Komplexität dieses Wandels, aber auch dessen Einfluss auf alle Unternehmensbereiche (Wulf, Westner, & Schön, 2021). Im Jahr 2011 begann die Continental AG mit dem Umzug (=Migration) ihrer Daten in die Cloud. Bis 2019 wurden somit, abhängig vom Anwendungszweck und Datenursprungs, zwei Petabyte an Daten auf hunderte Cloud Accounts verschoben und die Migration erfolgreich abgeschlossen. Die Literatur, sowie die Continental AG kategorisiert die Migration in drei fundamentale Bestandteile, die aus der Abbildung 2 zu entnehmen sind.
Abbildung 22: Phasen der Cloud-Computing-Nutzung bei der Continental AG (Wulf, Westner & Schön, 2021)
Im Zuge der erfolgreichen Migration, wurden drei primäre Anwendungsfälle umgesetzt. Sie sollen innerhalb der Continental AG als wiederverwendbarer Use-Case dienen. Das erste Anwendungsbeispiel bezieht sich auf die Interpretation der Produktionsdaten durch einen Lernalgorithmus, der fehlerhafte Maschinen frühzeitig identifiziert. Der zweite Use-Case bezieht sich auf ein Dienstleistungsfeature, das es ermöglicht Produkte und Funktionen, wie zum Beispiel die Motorenleistung, nachträglich zu erhöhen. Ähnliche Upgrades bieten Automobilhersteller wie Tesla, Volvo und Ford bereits im großen Umfang bei ihren Elektrofahrzeugen an. Das letzte Anwendungsbeispiel zielt auf Mobilitätsdienste ab, um die Fahrzeuge via Ferndiagnose zu warten. Neben der operativen Relevanz verdeutlicht dieses Beispiel die strategischen Wettbewerbsvorteile, die der Einsatz von Cloud- und SaaS Lösungen erzielen kann.
Sollten Unternehmen jetzt noch nicht damit begonnen haben, die Migration anzustoßen oder ein Cloud Strategiepapier zu verabschieden, so könnten sie in wenigen Jahren bereits nicht mehr wettbewerbsfähig sein (EY, 2021). Laut einer Studie des IDC befinden sich bereits 46%, der für diese Studie befragten 200 Organisationen, in einer fortgeschrittenen Phase der Migration, was ein Verständnis über die Dringlichkeit bestätigt (Müller, 2020). Gemessen an dieser Befragung, ist der deutsche Markt für die kommenden Herausforderungen gut aufgestellt.
2.3 Klassifikationen durch Organisationsdimensionen
2.4 Liefer- und Bereitstellungsmodelle
Wie im vorherigen Kapitel erwähnt, spielt die Art des Liefer- und Bereitstellungsmodells eine große Rolle, ob die On-Premise Lösung erfolgreich und DSGVO konform in die Cloud migriert werden kann. Vorab erfordert die Cloud ein Verständnis der verschiedenen technischen Dimensionen und Arten des Produktes, wessen sich dieses Kapitel widmet. Bei einer Cloudlösung kann zwischen drei verschiedenen Liefer- bzw. Bereitstellungsmodellen unterschieden werden (Reinheimer, 2018, S. 7ff.):
Private Cloud: Ein fester Benutzerkreis innerhalb eines Unternehmens oder Departments hat Zugang in die Cloud, deren Serviceumfang durch die Vertragsbestimmungen limitiert ist. Die Cloud Umgebung kann entweder von einem Drittunternehmen oder dem Unternehmen selbst betrieben werden, sollte viel Wert auf Unabhängigkeit gelegt werden (z.B. Marktführendes Unternehmen oder Behörde mit hochsensiblen Kundendaten).
Public Cloud: Mehrere Kunden nutzen die Cloud-Infrastruktur, wodurch sich der jeweilige Kostenanteil reduziert (z.B. ein Startup mit einem schnellen und günstigen Go-to-Market). Durch die Verteilung an alle Teilnehmer sind die physischen Ressourcen der Infrastruktur jedoch limitiert, was bei Spikes oder Services des Grundinfrastruktur kritisch zu bewerten ist. Vertragsbestandteile wie Service-Level-Agreements (SLA’s) regeln in einem solchen Fall, ob die Erreichbarkeit von sicherheitskritischen Anwendungen auch in Engpässen gewährleistet ist. Zudem müssen die Gesetze des Landes, in dem die Public Cloud betrieben wird, mit den Rechtsprechungen des Landes des Kunden übereinstimmen, um Datenschutzverletzungen zu vermeiden.
Hybrid-Cloud: Am häufigsten wird eine Mischform, der von Public- und Private Cloud verwendet, um die Grundversorgung und die Sicherheit einzelner IT-Systeme zu gewährleisten, aber gleichzeitig flexibel auf Engpässe zu reagieren. 87% der Unternehmen mit einer Cloud wählen den hybriden Ansatz für ihr Geschäft (EY, 2021). Die individuelle Schlüsselung wird meistens durch die Unternehmenspolitik in Verhandlung mit den Cloud Anbietern abgestimmt und bedarf somit einem internen Strategiepapier und einer Compliance Richtlinie.
2.5 Cloud Service- und Nutzungsmodelle
In der Praxis haben sich drei Abstraktionsebenen von Cloud Servicemodellen durchgesetzt, die in ihrem Zusammenspiel auch als Everything-as-a-Service (XaaS) beschrieben werden. Neben den drei großen Servicemodellen Infrastructure-as-a-Service (IaaS), Platform-as-a-Service (PaaS) und Software-as-a-Service (SaaS), die in diesem Kapitel näher beschrieben werden, bündelt es weiter Nutzungsmodelle. Mögliche Beispiel sind Desktop-as-a-Service (DaaS), Cloud-Business-Process-as-a-Service (BPaaS), Communication-as-a-Service (CaaS) oder neuerdings Humans-as-a-Service (HuaaS) welche menschliche Intelligenz als Webservice für zum Beispiel die Bild- und Gesichtserkennung zur Verfügung stellt.
Die drei wichtigsten Nutzungsmodelle bauen aufeinander auf und benötigen mit der fortlaufenden Komplexität und Ausbaustufe das vorherige Nutzungsmodell. Es gilt festzuhalten, dass jedes dieser Nutzungsmodelle entweder über eine Private, Public oder Hybrid-Cloud bereitgestellt werden kann (Reinheimer, 2018, S. 7ff.). Die Abbildung 3 dient dazu, die bisherigen Informationen bezüglich der Liefer- und Bereitstellungsmodelle mitsamt der Nutzungsmodelle darzustellen.
Abbildung 33: Ausprägung von Cloud Computing (Reinheimer, 2018)
Die erste Klassifizierung definiert Infrastructure-as-a-Service (IaaS) als Teil einer Dienstleistung, die dem Kunden eine IT-Infrastruktur (z.B. Speicher,- Prozessor- oder Netzkapazität) über das Internet zur Verfügung stellt. Typische Beispiele im Geschäftskundenbereich sind Datenspeicher und Back-Up Services über den Amazon Web-Service (AWS) oder T-Systems. IaaS kann als Einsteigerservice gesehen werden, wenn komplexere IT-Strukturen vorherrschen, die eine klassische Hardware nicht mehr bewältigen kann, oder erst keine eigene Infrastruktur aufgebaut werden soll. Sehr verbreitet sind IaaS-Lösungen bereits im Consumer Bereich, wenn der begrenzte Speicherplatz des Rechners, Postfachs durch Google Drive oder OneDrive erweitert werden soll oder das WhatsApp Backup gesichert wird. Im unternehmerischen Umfeld stellt IaaS jeden Anfang der Migration dar. Es dient als Startpunkt für eine Cloud-Infrastruktur.
Die mittlere Schicht, Plattform-as-a-Service (PaaS), steht in enger Verbindung mit der dritten Klassifizierung, richtet sich jedoch an Entwickler und System Architekten, indem sie eine Entwicklungsumgebung für das Entwickeln, Testen und Ausführen von Software bietet. Die Vorteile zu On-Premise Lösungen ist die Implementierung vieler Programmier- und Skriptsprachen, sodass immer weitere Schnittstellen zu Drittanbietern und neuen Anwendungen hergestellt werden kann.
Die dritte und letzte Abstraktionsschicht, Software-as-a-Service (SaaS), richtet sich wieder stärker an den Endnutzer und Anwender und ist dadurch auch der Mittelpunkt der Arbeit. Durch die Bereitstellung von standardisierten Anwendungen innerhalb der Cloud kann der Nutzer über ein Graphical User Interface (GUI) und on-demand per Laptop, Tablet oder Smartphone auf die Software zugreifen. Neuartige Technologien wie HTML5 und JavaScript ermöglichen immer intuitivere Interfaces und stellen die Bedürfnisse des Anwenders weiter in den Mittelpunkt.
Umgesetzt werden SaaS-Lösungen in beinahe jedem Bereich, obwohl sich ein hoher Grad an wiederkehrenden Prozessen vorteilig ausübt. Bekannte Beispiele sind hierbei Office365, Microsoft Power BI oder CRM- und ERP-Software von Salesforce oder SAP. Bezogen auf letzteres lässt sich die Funktionsweise einer SaaS-Lösung anhand von SAP S/4HANA erklären. Wahlweise in der Private Cloud oder als Hybrides Modell bildet SAP mit dieser SaaS-Lösungen alle betriebswirtschaftlichen Funktionen eines Unternehmens ab. Hosting, Support, Wartung, Updates und Back-Ups laufen vollständig auf den SAP eigenen Rechenzentren, während sich der User einfach über sein Gerät der Wahl einwählt. Individuelle Anpassungen auf die Wünsche des Kunden, werden durch SAP Consultants, oder zertifizierte SAP-Partner übernommen und in Zusammenarbeit mit unternehmensinternen Projektteams implementiert. Für die Leistungen bezahlt der Geschäftskunde in diesem Beispiel aber einen monatlichen fixen Mietpreis, anstatt nach dem Pay-per-Use Ansatz (Reinheimer, 2018, S. 11).
2.6 Status Quo des Marktes und Wachstumsprognose
Aus einer weltweiten Studie von Gartner ist die segmentale Verteilung der einzelnen Abstraktionsebenen auf ihren Umsatz zu entnehmen (Abbildung 4). Dabei ist erkenntlich, dass SaaS den größten Teil des Umsatzes ausmacht und gleichzeitig die größten Wachstumsraten verzeichnet (Statista, 2021). Trotz des Wachstums von 34,1% zwischen den Jahren 2016 und 2020 ist anzunehmen, dass sich dieser Trend geradlinig fortsetzt, da bisher erst knapp 20% der gesamten Ausgaben von Unternehmen auf SaaS Lösungen entfallen (Kinsta, 2021).
Abbildung 44: Umsatz von Cloud Computing nach IaaS, PaaS und SaaS (Statista, 2021)
Eine weitere umfangreiche Prognose aus dem Jahr 2020 bestätigt diesen Trend. Laut dieser Studie werden im Jahr 2022 rund 60% der Unternehmen einen Clouddienstleister in Anspruch nehmen, was in nur vier Jahren einer Verdopplung der Zahlen von 2018 entspricht (Grandviewresearch, 2021). Anteilig sind die umsatzstärksten Industrien Banking, Financial Services und Versicherungen, die IT- und Telekommunikationsbranche und das produzierende Gewerbe. Als Treiber für den Anstieg des globalen Cloud Computing Marktes auf insgesamt 791,5 Milliarden US-Dollar und jährlichen Wachstumsraten (=CAGR) von 17,9% bis 2028, können zwei Treiber identifiziert werden (Cloud Computing Industry, 2021).
Zum einen benötigen Entwicklungen und deren breite Verfügbarkeit im Geschäftsumfeld, im Bereich Künstliche Intelligenz (KI), Internet of Things (IoT), Industrie 4.0 und Machine Learning enorme Rechenleistungen, weshalb viele Unternehmen für ihre Services und Produkte auf die Cloud zurückgreifen müssen. Viele komplexe Funktionen (z.B. Gesichtserkennung, Sprachassistenten, etc.) sind nur noch über die Kombination mit einer Cloudlösung realisierbar (Reinheimer, 2018, S. 55). Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass Cloud Dienstleister wie zum Beispiel Snowflake Inc. heute mit 12,4 Milliarden US-Dollar bewertet werden und die größten IPO’s der Geschichte vollziehen (Sonders, 2021).
Zum anderen diente die Corona Pandemie als Treiber für den Bedarf an Cloudlösungen. Zum Beispiel wurde nur durch den Einsatz von Cloud- und SaaS Anwendungen ein flächendeckendes Homeoffice ermöglicht. Durch dieses außerplanmäßige Ereignis wurden in den letzten zwei Jahren auch wachstumsschwache Branchen migriert. Beispiele dafür sind das Center for Disease Control (CDC), das seine Impfprozesse in die Cloud ausgelagert hat, und die US-Regierung, die 5,91 Milliarden Dollar ausgab, um während der Corona-Krise einsatzfähig zu bleiben. Auffällig zeigt sich das Wachstum jedoch auch Sektor IaaS. Dort sind fünf Anbieter für knapp 80% der Marktkapitalisierung verantwortlich. In den letzten 2 Jahren konnte der Umsatz von Alibaba um 52,8% auf 6 Billionen US-Dollar steigen. Ähnlich erging es dem amerikanischen Softwarekonzern Google, der ganze 66% zulegen konnte (Gartner, 2021). Als Gründe für diesen rekordverdächtigen Wachstum gelten IaaS Dienstleitungen im Bildungswesen und dem Gesundheitssystem.
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- Tim Schick (Author), 2022, Leitfaden zu einem erfolgreichen Vertriebsprozess für SaaS-Lösungen im B2B-Bereich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1381914